interview

Eigene Österreich-Niederlassung für ODU gegründet

Nach jahrzehntelanger, erfolgreicher Zusammenarbeit mit Vertriebspartner Wöhrleitner & Wöhrleitner gründete der deutsche Steckverbinderhersteller ODU zum Jahreswechsel 2022/23 eine eigene Niederlassung in der Nähe von Wien. Warum es zu diesem Schritt kam und welche Vorteile das eigentümergeführte Familienunternehmen aus Bayern und dessen Portfolio österreichischen Maschinen- und Anlagenbauern bieten, erläutert im Interview Ing. Andreas Mader, MA, der den Vertrieb in Österreich verantwortet.

Mit einer eigenen Niederlassung in Österreich und dem Zugriff auf die Ressourcen in der Zentrale im nahen Bayern kann ODU heimischen Entwicklern und Herstellern von Maschinen und Anlagen eine hervorragende Betreuungsqualität bieten. Ing. Andreas Mader, MA, Regional Sales Manager Österreich bei ODU Austria

Mit einer eigenen Niederlassung in Österreich und dem Zugriff auf die Ressourcen in der Zentrale im nahen Bayern kann ODU heimischen Entwicklern und Herstellern von Maschinen und Anlagen eine hervorragende Betreuungsqualität bieten. Ing. Andreas Mader, MA, Regional Sales Manager Österreich bei ODU Austria

Herr Mader, nicht alle unsere Leser sind mit der Marke ODU vertraut. Bitte geben Sie uns zunächst einen kurzen Überblick!

Gerne. Die ODU GmbH & Co. KG entwickelt und produziert Steckverbinder und Konfektionen. Sie hat ihren Sitz in Mühldorf am Inn in Bayern und erwirtschaftet als Gruppe etwa 280 Mio. Jahresumsatz. Von den insgesamt rund 2.600 Mitarbeitenden arbeiten etwa 1.400 im Mühldorf, weitere Werke betreibt ODU in China, Mexiko und Rumänien. Das Unternehmen wurde 1942 von Otto Dunkel – daher der Name – gegründet. Der hatte für Telefon-Vermittlungen Steckverbinder Bananenstecker mit einem Drahtfederkontakt erdacht, um über sehr viele Steckzyklen hinweg eine gleichbleibend gute Kontaktqualität zu gewährleisten und damit störende Nebengeräusche zu eliminieren.

Die ODU GmbH & Co. KG entwickelt und produziert in Mühldorf am Inn (D) und drei weiteren Standorten mit hoher Fertigungstiefe eine breite Vielfalt an Steckverbindern und Konfektionen für Anwendungen mit hohen Anforderungen an die Langlebigkeit. (Bilder ODU)

Die ODU GmbH & Co. KG entwickelt und produziert in Mühldorf am Inn (D) und drei weiteren Standorten mit hoher Fertigungstiefe eine breite Vielfalt an Steckverbindern und Konfektionen für Anwendungen mit hohen Anforderungen an die Langlebigkeit. (Bilder ODU)

Auf die hohe Anzahl an Steckzyklen ist ODU auch heute noch sehr stolz, nicht wahr?

Selbstverständlich. Das definiert zum Teil auch die Markt- und Produktbereiche, in denen ODU vorrangig tätig ist. Besonders erfolgreich sind wir im Mess- und Prüfgerätebau sowie im Medizin- und Laborgerätesegment, wo naturgemäß häufiger an- oder abgesteckt wird als innerhalb von Geräten, Maschinen und Anlagen, die häufig sehr lang ohne Eingriffe arbeiten. Deshalb legt ODU den Fokus auf solche Produkte.

In Maschinenbau und Robotik legt ODU den Fokus auf modulare Rechteck-Steckverbinder. Diese ermöglichen eine hohe Signal- und Medienvielfalt und werden auch in kundenspezifischen Varianten und als fertige Konfektionen angeboten.

In Maschinenbau und Robotik legt ODU den Fokus auf modulare Rechteck-Steckverbinder. Diese ermöglichen eine hohe Signal- und Medienvielfalt und werden auch in kundenspezifischen Varianten und als fertige Konfektionen angeboten.

Warum betrachten Sie den Maschinen- und Anlagenbau als wichtigen Markt?

Konnektivität ist einer der Schlüssel zu modularen Maschinen und Anlagen, die sich nach den Grundsätzen von Industrie 4.0 flexibel auf veränderliche Anforderungen einstellen können. Zentrales Element dieser Konnektivität sind Steckverbinder für Strom, Daten, Signale und Medien mit hoher Funktionsdichte und Zuverlässigkeit, auch über viele Steckzyklen hinweg. Der Trend zu häufigen, automatisierten Konfigurationsänderungen verlangt nach Steckverbindern, die sich auch für die maschinelle Betätigung eignen. All dies macht den Steckverbinder zu einem Produkt, das über Erfolg oder Misserfolg eines Gerätes oder einer Maschine entscheiden kann.

Das ODU-MAC Blue-Line Thermopaar-Modul hat paarweise angeordnete Kontakte aus demselben Material wie diejenigen des Messaufnehmers. Das sorgt für genauere Temperaturauswertungen.

Das ODU-MAC Blue-Line Thermopaar-Modul hat paarweise angeordnete Kontakte aus demselben Material wie diejenigen des Messaufnehmers. Das sorgt für genauere Temperaturauswertungen.

Welche ODU-Produkte sehen Sie als zentral für den Maschinen- und Anlagenbau?

Wir sehen in Maschinenbau und Robotik einen Wachstumsmarkt. Insgesamt bieten wir rund 90.000 Artikel an, auch Rundstecker. Aufgrund der wenigen Steckzyklen innerhalb der Steuerungstechnik enthält unser Portfolio allerdings nicht die klassischen M12-Steckverbinder. In Maschinenbau und Robotik legen wir den Fokus auf unsere Rechteck-Steckverbinder. Deren Bedeutung wächst, denn sie ermöglichen bei bis zu 100.000 Steckzyklen eine sehr hohe Signaldichte und eignen sich durch die patentierte ODU-MAC Spindelverriegelung für oftmaliges An- und Abstecken; durch spezielle, schwimmend gelagerte Rahmen, auch für automatisches Docken.

ODU produziert mit hohem Automatisierungsgrad und 80 % Fertigungstiefe, rund 60 % sind kundenspezifisch angepasste Produkte bis hin zu komplexen Baugruppen, etwa für Steckmodule des IO-Systems eines führenden Automatisierungssystemherstellers.

ODU produziert mit hohem Automatisierungsgrad und 80 % Fertigungstiefe, rund 60 % sind kundenspezifisch angepasste Produkte bis hin zu komplexen Baugruppen, etwa für Steckmodule des IO-Systems eines führenden Automatisierungssystemherstellers.

Rechteck-Steckverbinder gibt es von vielen Herstellern. Was macht Ihre Produkte einzigartig?

In erster Linie sprechen die Anpassbarkeit an individuelle Bedürfnisse und ihre Langlebigkeit für unsere Produkte. Durch ihren modularen Aufbau ermöglichen unsere Rechteck-Steckverbinder eine hohe Signal- und Medienvielfalt. Dazu gehören neben klassischen Kupfer- und Lichtwellenleitern auch Schlauchverbindungen, etwa für Kühlschmierstoff, Hydrauliköl, Druckluft oder Vakuum. Darüber hinaus können wir sehr individuell auf Kundenbedürfnisse eingehen. Rund 60 % der Produktion sind mehr oder weniger stark kundenspezifisch angepasste Produkte. Zusätzlich bieten wir aus einer Hand auch fertig geprüfte Konfektionen an. Unser kundenspezifisches Angebot reicht bis hin zu komplexen Baugruppen, die wir hoch automatisiert fertigen, etwa für Steckmodule des IO-Systems eines führenden Automatisierungssystemherstellers.

Im Online-Produktkonfigurator ODU Product Finder bietet ODU die mechanischen und elektrischen Konstruktionsdaten in allen erdenklichen Dateiformaten zum Download an.

Im Online-Produktkonfigurator ODU Product Finder bietet ODU die mechanischen und elektrischen Konstruktionsdaten in allen erdenklichen Dateiformaten zum Download an.

Welche Produktinnovationen der jüngsten Zeit sind für industrielle Anwendungen relevant?

Besonders hervorheben möchte ich das ODU-MAC Blue-Line Thermopaar-Modul. Es wurde speziell als Schnittstelle für Hochtemperatur-Messketten entwickelt. Es hat paarweise angeordnete Kontakte aus demselben Material wie diejenigen des Messaufnehmers. So kann der materialbedingte Spannungsunterschied auch über die Steckverbindung hinweg bis zur Gegenstelle unverändert aufrechterhalten werden. Das sorgt für genauere Auswertungen und exaktere Reaktionen auf Temperaturschwankungen.

In Mühldorf am Inn, knapp 50 km von Braunau entfernt etwa auf halbem Weg zwischen Wien und Bregenz, arbeiten 1.400 der weltweit 2.600 ODU-Mittarbeiter. Neben der Struktur als eigentümergeführtes Familienunternehmen bietet die geografische Nähe ohne sprachliche Hürden Kunden in Österreich zahlreiche Vorteile.

In Mühldorf am Inn, knapp 50 km von Braunau entfernt etwa auf halbem Weg zwischen Wien und Bregenz, arbeiten 1.400 der weltweit 2.600 ODU-Mittarbeiter. Neben der Struktur als eigentümergeführtes Familienunternehmen bietet die geografische Nähe ohne sprachliche Hürden Kunden in Österreich zahlreiche Vorteile.

Welche Vorteile bietet die Unternehmenskultur von ODU Ihren Kunden?

Als eigentümergeführtes mittelständiges Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen gibt ODU nicht dem Shareholder Value oberste Priorität, sondern dem Kundennutzen. Zu den größten Stärken gehört die mit ca. 80 % sehr hohe Fertigungstiefe. ODU fertigt praktisch alles außer Dichtungen und Druckgussteile im Haus. Dazu gehört das Fräsen und Drehen der Kontakte, unter anderem auf 180 Langdrehautomaten, ebenso wie das kritische Galvanisieren und der Spritzguss. Neben der Produktion selbst hat ODU durch seine Struktur auch die Vormaterialbevorratung besser im Griff. Dadurch war das Unternehmen weniger stark von den Problemen durch unterbrochene Lieferketten abhängig und konnte in dieser Krise eine bessere Lieferfähigkeit aufrechterhalten als viele andere.

Apropos Lieferfähigkeit: In industriellen Anwendungen ist die Langzeitverfügbarkeit ein Thema. Wie sieht es damit aus?

Maschinen und Anlagen sind oft jahrzehntelang im Einsatz und in manchen Branchen zertifiziert oder homologiert. ODU-Produkte haben in der Regel kein End-of-Life, ihre Nachbeschaffung ist auch nach Jahrzehnten noch möglich. Das trifft auch auf Produkte zu, die längst nicht mehr im Katalog stehen, etwa unsere Leiterplattensteckverbinder. Eine hervorragende Verfügbarkeit haben auch die digitalen Zwillinge unserer Produkte. Wir bieten die mechanischen und elektrischen Konstruktionsdaten im Online-Produktkonfigurator ODU Product Finder in allen erdenklichen Dateiformaten zum Download an.

Was macht den Einsatz von Steckverbindern in Maschinen und Anlagen zur Herausforderung?

Steckverbinder sind keineswegs trivial. Da spielen zahlreiche Einflussgrößen eine Rolle, vom Grundmaterial der Kontaktstifte über deren Beschichtungen über das Gehäusematerial und die Abschirmung bis hin zur Beweglichkeit der Kontakte innerhalb des Trägers. Trotz zahlreicher Normen und Industriestandards lässt sich vieles davon nicht verallgemeinern, sondern ist abhängig von der individuellen Anwendung. Der Verkauf von Steckverbindern kann daher nicht aus dem Katalog erfolgen, er erfordert speziell in den Entwicklungsphasen von Geräten, Maschinen und Anlagen eine sehr intensive Beratung.

Mühldorf liegt knapp 50 km von Braunau entfernt etwa auf halbem Weg zwischen Wien und Bregenz. Warum eine eigene Österreich-Niederlassung?

Nicht zuletzt aufgrund der exzellenten Zusammenarbeit mit unserem Vertriebspartner Wöhrleitner & Wöhrleitner über die vergangenen 20 Jahre ist der österreichische Markt stark gewachsen. Herr Wöhrleitner – übrigens ein langjähriger ehemaliger ODU-Mitarbeiter – geht Ende 2023 in die verdiente Pension. Daher hat sich ODU entschlossen, keinen neuen Vertriebspartner zu suchen, sondern eine eigene Niederlassung zu gründen. Diese kommt noch mit wenig Infrastruktur aus, ich arbeite, wenn ich nicht zu Kunden und Interessenten unterwegs bin, an meinem Wohnort in Pfaffstätten bei Baden.

Das bringt uns zu Ihnen als Person. Welche Qualifikationen ermöglichen Ihnen, diesem Anspruch gerecht zu werden?

Nach Mechatronik an der HTL Mödling und einem berufsbegleitenden Masterstudium für Wirtschaftsberatung an der FH Wiener Neustadt war ich viele Jahre lang bei einem Hersteller und Distributoren mit dem Vertrieb von Steckverbindern beschäftigt. Es geht aber nicht nur und nicht in erster Linie um mich, sondern um das Unternehmen ODU, auf dessen Ressourcen ich in meiner Tätigkeit voll zugreifen kann, nicht zuletzt aufgrund der geografischen Nähe und ohne sprachliche Hürden. Nach den Konzentrationsprozessen in der Steckverbinderbranche sind viele Hersteller verschwunden oder von Konzernen mit Zentralen in Übersee übernommen worden. Da ist diese Möglichkeit ein bedeutender Vorteil für die heimischen Entwickler und Hersteller von Maschinen und Anlagen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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