anwenderreportage

Schaltanlagen auf engstem Raum

Sonderlösungen von Rittal für die neue Schalttafel der Logos Hope: Erzeugung und Verteilung elektrischer Energie auf Schiffen stellt besondere Herausforderungen an den Schaltanlagenbau. Der auf die Ausrüstung von Schiffen spezialisierte Schaltanlagenbauer Littau hat im Rahmen des Power-Up-Projekts für die Logos Hope eine neue Hauptschaltanlage konzipiert und gebaut. Die besonderen Anforderungen – vor allem der knappe Platz für die Schaltanlage – konnte Littau mit dem Ri4Power-System und ergänzenden Sonderlösungen von Rittal erfüllen.

Für die gesamte Schaltanlage stehen auf der Logos Hope nur gut 10 Meter Länge zur Verfügung.

Für die gesamte Schaltanlage stehen auf der Logos Hope nur gut 10 Meter Länge zur Verfügung.

Kai Wermter
Konstrukteur bei Littau

„Sämtliche Bedienelemente der Abgänge ragen durch die Schaltschranktüren“

Unter dem Motto „Bildung, Hilfe und Hoffnung für Menschen weltweit“ betreibt der karitative Verein GBA Ships mit der Logos Hope ein Schiff, das als schwimmender Büchermarkt, Veranstaltungs- und Begegnungszentrum weltweit im Einsatz ist. Die Organisation hat das in den 1970er Jahren als Autofähre gebaute Schiff von 2004 bis 2009 grundlegend umgebaut. Das ursprüngliche Autodeck bietet heute Platz für einen Buchladen und ein Theater. 2009 nahm die Logos Hope ihre Arbeit auf und begrüßte seitdem in 50 Ländern bereits vier Millionen Besucher. Über 4,5 Millionen Bücher wurden verkauft, viele mehr verschenkt.

Im Winter 2014/2015 ließ GBA Ships die Logos Hope in Singapur auf den aktuellen Stand zu bringen. Das Power-Up-Projekt umfasste den Austausch der Generatoren und der elektrischen Hauptschalttafel, den Einbau eines Wärmerückgewinnungssystems sowie den Umbau des Bugstrahlruders. „Die Generatoren sind 40 Jahre alt und für die Stromversorgung der Logos Hope inzwischen unzulänglich“, sagt Andreas Röthgens. Er verantwortet als Electrical Project Manager bei GBA Ships das Repowering im Bereich Elektrotechnik. Speziell die Klimatisierung benötigt mehr Energie als beim Bau des Schiffes eingeplant. Auch die aktuellen seerechtlichen Bestimmungen fordern für das Schiff eine höhere elektrische Leistung, als die Generatoren bereitstellten. „Es gab auch wirtschaftliche Gründe für den Umbau“, erläutert Andreas Röthgens. „Mit den wesentlich wirtschaftlicheren neuen Generatoren und der Wärmerückgewinnung können wir etwa 350.000 Euro Betriebskosten pro Jahr einsparen.“

Das Sammelschienensystem für bis zu 5.000 A ist mit dem FlatPLS-System von Rittal realisiert.

Das Sammelschienensystem für bis zu 5.000 A ist mit dem FlatPLS-System von Rittal realisiert.

Kai Töllner
Projektleiter Littau

„Die Anforderungen bei diesem Projekt – vor allem sämtliche Komponenten in dem beschränkten Platz unterzubringen – konnten wir mit dem Ri4Power-System und den Sonderlösungen von Rittal optimal erfüllen.“

Spezialist für Retrofits im Schiffsbau

Mit den Umbauten im elektrischen Bereich beauftragte GBA Ships die norddeutsche L&S Elektrotechnik Littau & Sohn GmbH. „Wir haben mit unserem Pflichtenheft bei verschiedenen Firmen Angebote eingeholt“, erinnert sich Andreas Röthgens: „Trotz relativ vieler Unwägbarkeiten konnte uns Littau das passende Angebot unterbreiten.“ Der Schaltanlagenbauer verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Ausrüstung und im Retrofit von Schiffen. Kai Töllner hat als Vertriebsleiter bei Littau das Projekt geleitet. Er weiß: „Obwohl deutlich mehr elektrische Leistung benötigt wird, darf die neue Schaltanlage nicht mehr Platz beanspruchen als die alte. ZUdem mussten die bisher separat installierten Felder für die Versorgung mit 230 V in die Anlage integriert werden.“

Bisher erzeugen drei mit Dieselmotoren angetriebene Generatoren die elektrische Energie, einer mit 1,2 MW und zwei mit je 900 kW. „Bei der großen Maschine tauschten wir nur den Generator aus, die beiden kleineren wurden durch neue Maschinen mit je 1,4 MW ersetzt“, sagt Andreas Röthgens. Im Regelbetrieb ganügt dann ein Generator. Nur wenn beim Manövrieren das Bugstrahlruder mit 735 kW eingesetzt wird, ist ein zweiter Generator erforderlich. Der Dritte dient als Reserve für den Fall, dass ein Generator ausfällt, und erfüllt so die einschlägigen Redundanzvorschriften.

Der Kabelrangierraum auf der Rückseite der Schaltanlage ist eine Sonderlösung auf Basis des die Ri4Power-Systems.

Der Kabelrangierraum auf der Rückseite der Schaltanlage ist eine Sonderlösung auf Basis des die Ri4Power-Systems.

Infos zum Anwender

GBA Ships e.V. ist ein christlicher Verein mit dem Ziel, durch die weltweite Verteilung allgemeinbildender und christlicher Literatur Bildung, Hilfe und Hoffnung zu den Menschen zu bringen. Dazu betreibt es Schiffe, die als schwimmende Buchmärkte jeweils einige Wochen lang Häfen besuchen und pro Jahr ca. eine Million Besucher Besucher an Bord empfangen.

www.gbaships.org

Viele Besonderheiten

Die Schaltanlage mit allen geforderten Funktionen in dem beengten Raum unterzubringen, machte einige Sonderlösungen erforderlich. Hinter der Schaltanlage muss aus Sicherheitsgründen ein 600 mm breiter Durchgang bestehen bleiben. Die eigentliche Schaltanlage ist in 600 mm tiefen TS 8 Schaltschränken von Rittal untergebracht. Kai Wermter, als Konstrukteur bei Littau für das Projekt verantwortlich: „Um Platz für die Kabelrangierbereiche zu haben, planten wir eine Huckepacklösung mit einem zusätzlichen Schrank auf der Rückseite.“ Weil dafür nur 350 mm zur Verfügung standen, wurde der Kabelrangierraum mit einer Sonderlösung realisiert. Die gesamte Schaltanlage ist mit dem Ri4Power-Systembaukasten umgesetzt. Dank dessen Flexibilität konnte auch diese „Sonderlösung“ aus dem Systembaukasten gelöst werden. Die einzelnen Funktionsbereiche sind in verschiedenen Compartments in Formunterteilungen bis Form 4b aufgebaut. Das führt zu erhöhter Bedien- und Funktionssicherheit. Techniker können bei Wartung und Reparatur in geschotteten Funktionseinheiten arbeiten, auftretende Fehler in der Schaltanlage bleiben auf ihren Entstehungsort begrenzt. Projektiert wurde das gesamte Projekt mit Engineering-Lösungen der Rittal-Konzernschwester Eplan.

Der Gesamtbemessungsstrom des Flat-PLS-Sammelschienensystem beträgt 5.000 A. Damit ist ein gleichzeitiger Betrieb aller drei Generatoren möglich. Bei dem Anschluss der Leistungsschalter auf der Einspeiseseite entschied sich Littau für Maxi-PLS-Schienen von Rittal. „Damit lassen sich die Leitungen von den Generatoren problemlos anschließen“, erläutert Kai Wermter. Auch ein Landanschluss mit einem Bemessungsstrom bis zu 2.000 A ist als Einspeisung vorgesehen. Dadurch lässt sich die Lärm- und Abgasbelastung im Hafen vermieden. Die neue Schaltanlage ermöglicht auch eine unterbrechungsfreie Umschaltung auf den Landanschluss.

Sämtliche Bedienelemente für die Abgänge ragen durch die Schaltschranktüren – ein erheblicher konstruktiver Mehraufwand, der ein einfaches und sicheres Bedienen der Anlage erleichtert.

Sämtliche Bedienelemente für die Abgänge ragen durch die Schaltschranktüren – ein erheblicher konstruktiver Mehraufwand, der ein einfaches und sicheres Bedienen der Anlage erleichtert.

Die Einspeiseseiten der Leistungsschalter sind mit MaxiPLS-Schienen ausgestattet, was den Anschluss der Leitungen von den Generatoren vereinfacht.

Die Einspeiseseiten der Leistungsschalter sind mit MaxiPLS-Schienen ausgestattet, was den Anschluss der Leitungen von den Generatoren vereinfacht.

Sicherheit wird großgeschrieben

Bei allen in der neuen Schaltanlage umgesetzten Lösungen steht die Sicherheit im Vordergrund. So überwachen Sensoren alle Bereiche der Schaltanlage auf die Entstehung eines Lichtbogens. Bei Auftreten des für einen Lichtbogen typischen UV-Lichts wird die gesamte Anlage abgeschaltet. „Dieses System stieß bei der Abnahme durch Lloyd´s Register auf große Zustimmung, obwohl es in der Schiffklassifikation nicht vorgeschrieben ist“, erzählt Kai Töllner. Auch die Erdschlusserkennung ist deutlich komfortabler und sicherer als Standardlösungen. Dass die Erdschlusserkennung feldweise erfolgt, erleichtert die Fehlersuche.

Die Bedienung erfolgt teilweise durch angelerntes Personal. Deshalb ragen sämtliche Schalter-Bedienelemente durch die Schaltschranktüren. Das in der Schaltanlage integrierte Power-Managementsystem startet und stoppt im Automatikbetrieb selbsttätig die Generatoren und nimmt dabei einen Betriebsstundenabgleich vor. Im halbautomatischen Modus verhindert das System die Überlastung des Generators durch Abschaltung unwichtiger Verbraucher. Weil diese später manuell wieder zugeschaltet werden müssen, ragen die Bedienelemente durch die Schaltschranktüren, erklärt Andreas Röthgens. „Das Bedienpersonal erkennt so direkt, welche Verbraucher das Power-Management-System abgeschaltet hat und kann entsprechend reagieren.“

Die Lichtbogenerkennung schaltet die Anlage bei Auftreten eines Lichtbogens umgehend ab.

Die Lichtbogenerkennung schaltet die Anlage bei Auftreten eines Lichtbogens umgehend ab.

Bis zu 400 Freiwillige arbeiten auf der Logos Hope, um Bildung, Hilfe und Hoffnung zu Menschen weltweit zu bringen.

Bis zu 400 Freiwillige arbeiten auf der Logos Hope, um Bildung, Hilfe und Hoffnung zu Menschen weltweit zu bringen.

Normgerechter Anlagenbau nach IEC 61439

„Rittal ist seit vielen Jahren unser Hauptlieferant für Gehäuse und Schaltschränke“, sagt Kai Töllner. „In letzter Zeit haben wir aber verstärkt auch Stromverteilungen mit dem Ri4Power-System realisiert.“ Das mit Leistungsschaltern der führenden Hersteller typgeprüfte Baukastensystem ermöglicht den herstellerunabhängigen Aufbau von Schaltanlagen. Durch die von Rittal durchgeführten Prüfungen können Schaltanlagenbauer bauartgeprüfte Anlagen gemäß der neuen Norm IEC 61439 anzubieten. In dem Power-Up-Projekt für die Logos Hope hat auch die Unterstützung durch das Rittal-Team wesentlich zum Gelingen beigetragen. „Bei der Planung der Schaltanlage und der Auslegung des Sammelschienensystems sorgten die Projektierungsabteilung für Stromverteilungstechnik und die Spezialisten aus der maritimen Branchenabteilung von Rittal für eine schiffsspezifische Gesamtlösung“, resümiert Kai Wermter: „Nur so haben wir es geschafft, die anspruchsvollen Rahmenbedingungen zu erfüllen.“ Vor allem haben es erst die einfach realisierbaren Ri4Power Sonderlösungen von Rittal ermöglicht, sämtliche Komponenten und Funktionen trotz der sehr beengten Verhältnisse in die Anlage zu integrieren.

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