interview

Antriebskomponenten im Hygienic Design von igus

Im Interview mit Lars Braun, Branchenmanager der Sparte Verpackungsindustrie bei igus, und Stefan Niermann, Leiter des Geschäftsbereichs Lineartechnik bei igus, werden aktuelle Hygienic Design-Neuentwicklungen aus motion plastics vorgestellt und die Frage erläutert, weshalb igus kürzlich Mitglied des EHEDG-Konsortiums geworden ist.

„Der Schlitten unserer neuen drylin Linearführung im Hygienic Design besteht komplett aus Kunststoff, das Design ist komplett offen und totraumfrei gestaltet. Das System ist vollständig spülbar – auch mit CIP-Verfahren – und somit hygienegerecht.“  Stefan Niermann, Leiter des Geschäftsbereichs Lineartechnik bei igus.: (Bild: igus GmbH)

„Der Schlitten unserer neuen drylin Linearführung im Hygienic Design besteht komplett aus Kunststoff, das Design ist komplett offen und totraumfrei gestaltet. Das System ist vollständig spülbar – auch mit CIP-Verfahren – und somit hygienegerecht.“ Stefan Niermann, Leiter des Geschäftsbereichs Lineartechnik bei igus.: (Bild: igus GmbH)

Das igus-Programm an hygienegerechter Lagertechnik für die Lebensmittel- und Verpackungsindustrie wächst – welche Neuheiten gibt es aktuell, Herr Niermann?

Es gibt mehrere Neuheiten, von denen uns eine besonders wichtig ist. Wir haben eine drylin-Linearführung speziell für die Nahrungsmittelindustrie entwickelt – mit einem optimierten hygienegerechten Design nach EU-Normen und unter Berücksichtigung der EHEDG-Guidelines.

Lars Braun, Branchenmanager der Sparte Verpackungsindustrie bei igus „Die Diskussion ´Offen oder geschlossen´ führen wir bei vielen Kunden, und die Argumente für offene Systeme sind aus unserer Sicht überzeugend.“ (Bild: igus Gmbh)

Lars Braun, Branchenmanager der Sparte Verpackungsindustrie bei igus „Die Diskussion ´Offen oder geschlossen´ führen wir bei vielen Kunden, und die Argumente für offene Systeme sind aus unserer Sicht überzeugend.“ (Bild: igus Gmbh)

Was sind die wesentlichen Merkmale dieser Linearführung?

Als Basis haben wir eine „ganz normale“ drylin W-Linearführung verwendet, die die identischen Anschlussmaße wie eine übliche Kugelführung hat. Der Schlitten besteht aber komplett aus Kunststoff, das Design ist komplett offen und totraumfrei gestaltet. Das System ist vollständig spülbar – auch mit CIP-Verfahren – und somit hygienegerecht.

Beispiel Thermoform-Verpackungsanlagen von GEA: In den hygienisch gestalteten Folienumlenkrollen kommen xiros F180-Kunststoffkugellager zum Einsatz.

Beispiel Thermoform-Verpackungsanlagen von GEA: In den hygienisch gestalteten Folienumlenkrollen kommen xiros F180-Kunststoffkugellager zum Einsatz.

Gibt es schon erste Erfahrungen der Anwender, Herr Braun?

Die gab es von Anfang an. Wir sind mit mehreren Ideen und Produktstudien gestartet, die wir einigen Pilotkunden vorgestellt haben. Auf dieser Basis haben wir dann gemeinsam das jetzt serienreife Konzept entwickelt, das ein Hersteller von Mehrkopfwaagen bereits einsetzt.

Die wartungsfreie automatische Bahnkantenregelung mit drylin Trapezgewindemutter und drylin R-Linearfolien schafft die Voraussetzung für die Verarbeitung diverser Folienqualitäten.

Die wartungsfreie automatische Bahnkantenregelung mit drylin Trapezgewindemutter und drylin R-Linearfolien schafft die Voraussetzung für die Verarbeitung diverser Folienqualitäten.

Warum sprechen Sie von einem Konzept und nicht von einem Produkt oder einer Baureihe, Herr Niermann?

Wir gehen hier bewusst einen anderen Weg und passen eben dieses Konzept individuell an den Anwendungsfall an. Zum Beispiel müssen die Spülkanäle je nach Einbaulage anders angeordnet werden. Wir sind fertigungstechnisch so flexibel, dass wir für jeden Kunden eine optimale hygienegerechte Linearführung projektieren und fertigen können. Das gilt übrigens auch für den Werkstoff. Neben iglidur A160 mit FDA-Zulassung gibt es als Alternativen auch andere Hochleistungs-Polymere mit guten Gleiteigenschaften – natürlich immer in blau.

Das Innoket Neo-Modul für Abfüllanlagen von KHS etikettiert bis zu 60.000 Flaschen pro Stunde – auf kompaktem Raum und mit hoher Präzision. (Bild: KHS GmbH)

Das Innoket Neo-Modul für Abfüllanlagen von KHS etikettiert bis zu 60.000 Flaschen pro Stunde – auf kompaktem Raum und mit hoher Präzision. (Bild: KHS GmbH)

Aber: Wie sieht es mit anderen Grundsätzen des Hygienic Design aus – zum Beispiel abgerundete Kanten oder glatte Oberflächen? Haben Sie das ebenfalls berücksichtigt?

Selbstverständlich. Das gesamte Design ist darauf abgestimmt, dass sich keine Schmutznester anlagern können – hier haben wir umfassende Erfahrung. Oberflächengüte, Dichtungsmaterialien, Spülbohrungen, angeschrägte Kanten und gerundete Formen, keine verlierbaren Teile: Alle einschlägigen Anforderungen des Hygienic Design sind erfüllt.

Die wartungsfreie automatische Bahnkantenregelung mit drylin Trapezgewindemutter und drylin R-Linearfolien schafft die Voraussetzung für die Verarbeitung diverser Folienqualitäten.

Die wartungsfreie automatische Bahnkantenregelung mit drylin Trapezgewindemutter und drylin R-Linearfolien schafft die Voraussetzung für die Verarbeitung diverser Folienqualitäten.

Sie erwähnten eingangs die EHEDG-Guidelines. Die fordern ja nun, dass bewegliche Bauteile entweder ein spaltfreies Design aufweisen oder, wenn sie dies nicht tun, entsprechend gekapselt sein müssen. Das trifft auf Ihre Linearführung nicht zu. Wie passt das zusammen?

Niermann: Es ist richtig: Stand heute würden wir für diese Linearführung keine EHEDG-Zertifizierung erhalten, weil sie nicht gekapselt ist. Aber wir sehen – auch aufgrund unserer großen Erfahrung mit hygienesensiblen Anwendungen – deutliche Vorteile einer offenen gegenüber einer gekapselten Bauweise. Man kann ´in place´ reinigen und sich dabei vergewissern, dass alle Schmutzreste entfernt wurden. Was sich in einer Kapselung verbirgt, weiß man hingegen nicht. Außer-dem ist eine offene Komponente immer kompakter und auch servicefreundlicher. Realisieren lassen sich diese Vorteile nur, wenn man schmierstofffrei arbeitet, wie wir es tun.

Braun: Die Diskussion ´Offen oder geschlossen´ führen wir bei vielen Kunden, und die Argumente für offene Systeme sind aus unserer Sicht überzeugend. Wir möchten diese Diskussion auch in den Gremien wie der EHEDG anstoßen und anregen, eine Zertifizierung für offene bewegliche Teile zu ermöglichen. Nicht zuletzt deshalb sind wir kürzlich der EHEDG beigetreten.

Die neue Studie zum Hygienic Design ist ein sauberes System mit FDA- und EU10/2011-konformen Komponenten. Dabei ist sie abmessungsgleich zu Kugelumlaufführungen und besonders leicht zu reinigen.

Die neue Studie zum Hygienic Design ist ein sauberes System mit FDA- und EU10/2011-konformen Komponenten. Dabei ist sie abmessungsgleich zu Kugelumlaufführungen und besonders leicht zu reinigen.

Außer dieser Linearführung, Herr Braun, haben Sie noch ein weiteres neues und hygienegerechtes Lagerelement vorgestellt.

Ja, auf der Basis einer Designstudie aus dem vergangenen Jahr haben wir ein PRT-Drehkranzlager entwickelt – in gekapselter Bauweise, mit Edelstahl und einem FDA-konformen iglidur Polymer als Gleitpaarung.

Einbaufertig, schmierfrei und im Hygienic Design: Das PRT Drehkranzlager kann auch während der Reinigung in einer Anwendung mit Lebensmittelkontakt eingebaut bleiben

Einbaufertig, schmierfrei und im Hygienic Design: Das PRT Drehkranzlager kann auch während der Reinigung in einer Anwendung mit Lebensmittelkontakt eingebaut bleiben

Wo sehen Sie für dieses Lager Anwendungen in der Nahrungsmittelproduktion?

Eine typische Anwendung sind Fahrerlose Transportsysteme oder mobile Roboter, die in hygienesensiblen Bereichen arbeiten. Die PRT-Lager sind leicht und kompakt und sofern keine extreme Präzision der Drehbewegung erforderlich ist, stehen ihnen viele Anwendungen offen – jetzt auch in der Lebensmittelindustrie.

Wir haben bis jetzt nur über einen Ihrer beiden Geschäftsbereiche gesprochen – die Lagertechnik. Wie sieht es bei den Energieketten aus – haben Ihre Kollegen hier auch eine Hygienic Design-Baureihe im Programm, Herr Braun?

Das haben sie, und das ebenfalls ganz aktuell. Die Baureihe TH3 ist unsere erste Energiekette, die von Grund auf für den Einsatz in Hygienebereichen entwickelt wurde. Auch hier setzen wir auf das offene Konzept mit Spülbohrungen für eine perfekte Reinigbarkeit. Und wir bieten der Lebensmittelindustrie eine Innovation mit einem ausgereiften und leistungsfähigen Serienprodukt. Das ist deshalb erwähnenswert, weil viele Hersteller hier bisher mehr oder weniger überzeugende ´Do it yourself´-Lösungen verwendet haben, um Leitungen und Schläuche unter Hygienebedingungen zu führen. Jetzt können sie ein Katalogprodukt nutzen, das exakt für diese sensible Anwendung entwickelt wurde.

Vielen Dank für das Gespräch.

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