anwenderreportage

Fanuc CR-35iA: Zum Schütteln verpflichtet

Der erste Einsatz eines kollaborativen Fanuc Roboters bei Stihl erfolgte wohlüberlegt. Ein Jahr lang hatte der firmeneigene Betriebsmittelbau die technologischen Voraussetzungen dafür entwickelt und den Arbeitsplatz des CR-35iA entsprechend vorbereitet. Das hat sich ausgezahlt: Schon in der ersten Nachtschicht lief der Roboter alleine. Er entlastet die Mitarbeiter an der Verpackungslinie für Trennschleifer, indem er das Handling und die Schüttelprüfung der rund 10 kg schweren Teile übernimmt.

Die Stihl-Mitarbeiter wollen den kollaborativen Roboter CR-35iA von Fanuc nicht mehr missen. Er unterstützt bei Handling-Aufgaben und bei der Schüttelprüfung der rund 10 kg schweren Trennschleifer.

Die Stihl-Mitarbeiter wollen den kollaborativen Roboter CR-35iA von Fanuc nicht mehr missen. Er unterstützt bei Handling-Aufgaben und bei der Schüttelprüfung der rund 10 kg schweren Trennschleifer.

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Aufgabenstellung: Automatisierungslösung für eine Trennschleifer-Verpackungslinie, bei der rund 10 kg schwere Teile von einem Hängeförderer abzunehmen und nach einer sogenannten Schüttelprüfung in die Versandkartons einzulegen sind.

Lösung: Kollaborativer CR-35iA von Fanuc. Für die Synchronisation mit dem Hängeförderer befindet sich die „Line Tracking“-Software von Fanuc im Einsatz.

Vorteil: Entlastung der Mitarbeiter, die früher pro Schicht in Summe bis zu acht Tonnen „zu stemmen“ hatten.

Nur drei Tage dauerte der Produktionsanlauf, dann hatte man die vorgegebene Stückzahl erreicht. Ein Beweis dafür, dass der erste Einsatz eines kollaborativen Roboters bei Stihl gut vorbereitet war. Dabei kam dem Team um Gruppenleiter André Lange, verantwortlich für Service und Hardwareplanung, zugute, dass man die Robotertechnik von Fanuc bereits aus anderen Anwendungen bestens kannte. Weder Handhabung noch Programmierung seien ein Problem gewesen: „Wir konnten uns ganz auf die Umsetzung der Idee des kollaborativen Arbeitsplatzes konzentrieren“, bestätigt André Lange.

Aufgabe des Roboters ist es, aus der Montage kommende Trennschleifer von einem Hängeförderer abzunehmen und zu prüfen bevor es weiter zur Verpackung geht.

Aufgabe des Roboters ist es, aus der Montage kommende Trennschleifer von einem Hängeförderer abzunehmen und zu prüfen bevor es weiter zur Verpackung geht.

Infos zum Anwender

Stihl ist ein Familienunternehmen mit Hauptsitz in Waiblingen-Neustadt (D). Es entwickelt, fertigt und vertreibt motorbetriebene Geräte für die Forstwirtschaft, die Landschaftspflege und die Bauwirtschaft. Seine erste Motorsäge entwickelte Firmengründer Andreas Stihl im Jahre 1926. Sein Antrieb: Den Menschen die Arbeit mit und in der Natur zu erleichtern. www.stihl.de

Bedeutender Schritt zur Mitarbeiterentlastung

Die Linie mit dem CR-35iA ist Teil eines Technologie- und Entwicklungsprogramms. Insgesamt 300 Mio. Euro investiert Stihl – ein deutliches Bekenntnis zum Standort Waiblingen, dem Stammsitz des Unternehmens. Dort werden die Trennschleifer gefertigt.

In der neuen Verpackungslinie ist es die Aufgabe des Roboters, aus der Montage kommende Trennschleifer von einem Hängeförderer abzunehmen, die sogenannte Schüttelprüfung vorzunehmen und die Teile so lange zu halten, bis auch die letzte Sichtprüfung positiv absolviert ist. Anschließend positioniert der Roboter die Trennschleifer in bereitstehende Versandkartons. In diesem Kooperationsbereich verfährt der Roboter lediglich mit der zulässigen Geschwindigkeit von 250 mm/s.

Bevor der Roboter das Handling an diesem Arbeitsplatz übernahm, oblagen dem Werker Handling und Schüttelprüfung. Im Prinzip handelt es sich um eine akustische Prüfung, bei der ein Trennschleifer geschüttelt wird. Da ein Trennschleifer rund 10 kg wiegt, summierte sich das zu schüttelnde Gewicht pro Schicht und Mitarbeiter auf rund acht Tonnen. Demnach bedeutet der CR-35iA-Einsatz eine erhebliche Entlastung.

Die Mitarbeiter waren von Anfang an in das Roboter-Projekt eingebunden. Sie durften nicht nur den Testaufbau begutachten, sondern auch auf die Gestaltung Einfluss nehmen. Markus Wahl, im Betriebsmittelbau bei Stihl für die Konstruktion von Montagesystemen zuständig, war in der Entwicklungszeit täglich mit dem Thema MRK beschäftigt: „Die Mitarbeiter haben wirklich gute Ideen eingebracht, die wir umgesetzt haben“, erinnert er sich. Das sei technisch sinnvoll gewesen, weil hier Anregungen direkt aus der Praxis kamen – und es steigerte von Anfang an die Akzeptanz.

Für gut befundene Trennschleifer werden vom Roboter in bereitstehende Versandkartons eingelegt.

Für gut befundene Trennschleifer werden vom Roboter in bereitstehende Versandkartons eingelegt.

Roboter kontinuierlich auslasten

Der Hängeförderer, der für den CR-35iA relevant ist, hat rund 80 Werkstückaufnahmen. Da die Einstellarbeiten an jedem Trennschleifer in der Montageendprüfung unterschiedlich lange dauern können, ist aber nicht jede Werkstückaufnahme des kontinuierlich laufenden Förderers belegt. Manchmal bleiben sogar mehrere Positionen hintereinander „leer“. Mehrere Kamerasysteme entlang der Förderstrecke erkennen, an welchem Haken ein Trennschleifer hängt und geben diese Information an die SPS weiter.

Der Roboter synchronisiert über die Fanuc Software „Line Tracking“ seine Geschwindigkeit mit dem Förderer und greift dann im richtigen Moment zu. Nur wenn beide Griffe des Trennschleifers nacheinander gefasst sind, nimmt ihn der Roboter aus dem Hängeförderer. Wenn nicht, wartet er auf das nächste Teil. Wobei die vollständige Lastaufnahme direkt im Greifer überprüft wird. Verfehlt der Roboter ein Werkstück, gibt es unterschiedliche Abbruchszenarien.

„Wir versuchen den Roboter möglichst kontinuierlich auszulasten, sodass er keine Wartezeiten hat“, erklärt Markus Wahl. Deshalb wurde der Hängeförderer so konzipiert, dass seine Geschwindigkeit variabel – 2 bis 8 m/s – ist. Außerdem gibt es nach dem Hängeförderer noch einen Zwischenspeicher. Dieser Puffer wird beispielsweise genutzt, wenn mehr Trennschleifer bei der Packstation ankommen als der Werker prüfen kann, oder der Mitarbeiter in eine Pause geht. Dann arbeitet der Roboter vollautomatisch. Ziel ist es, den Hängeförderer auf jeden Fall leer zu machen. Kommt weniger „Nachschub“ aus der Montage, arbeitet der Roboter den Puffer leer.

Stihl hat einen eigenen MRK-Greifer für den CR-35iA  entwickelt, der über LEDs anzeigt, in welchem Modus er sich befindet: Rot bedeutet Highspeed-Modus, während eine blaue LED den sicheren MRK-Modus signalisiert.

Stihl hat einen eigenen MRK-Greifer für den CR-35iA entwickelt, der über LEDs anzeigt, in welchem Modus er sich befindet: Rot bedeutet Highspeed-Modus, während eine blaue LED den sicheren MRK-Modus signalisiert.

Stihl treibt die Technologie voran

Für den CR-35iA hat Stihl einen eigenen MRK-Greifer entwickelt. Basis war ein konventioneller Greifer. Sichtbar ist das nicht mehr, denn dieser erhielt eine Ummantelung, sodass ein Mensch den direkten Kontakt nicht als unangenehm empfindet. Außerdem wurde der Greifer von den Betriebsmittelbauern in Waiblingen mit einer Technologie versehen, die über LEDs anzeigt, in welchem Modus er sich befindet: Wenn der Roboter im High-Speed-Modus mit 750 mm/s läuft, leuchtet die rote LED. Den sicheren MRK-Modus signalisiert eine blaue LED.

Leuchttasten, die sich am Greifer befinden, dienen dem Mitarbeiter dazu, den Status „i.O.“ zu bestätigen oder eben „n.i.O.“, wenn er einen Mangel entdeckt hat und der gegriffene Trennschleifer zur Nacharbeit ausgeschleust werden soll. Steht der Roboter, etwa weil die Scanner im Sicherheitsbereich einen Menschen „entdeckt“ haben, ist die Greiffunktion außer Betrieb.

Der Aufwand der Systemintegration, nicht nur hinsichtlich des Greifers, lässt schon die Frage aufkommen, warum Stihl lieber selber machte als auf einen externen Partner zu bauen. „Wir kennen unsere Produkte, unsere Abläufe und unsere Kunden, die Produktionscenter. Und weil wir frühzeitig mit den Leuten in der Produktion gesprochen haben, wissen wir auch, welche unterschiedlichen Situationen auftreten können“, braucht Markus Wahl nicht lange nach einer Antwort zu suchen. Auch der Umgang mit den einschlägigen Produkt- und Montage-Datenbanken sowie das Wissen um die Struktur des Produktionssystems würde für einen externen Integrator sehr viel Einarbeitungszeit bedeuten. „Wir hätten unsere Anforderungen vorab kaum in einem Lastenheft definieren können“, bekennt Gruppenleiter André Lange.

Der CR-35iA von Fanuc als fleißiger Gehilfe beim Verpacken von Trennschleifern.

Der CR-35iA von Fanuc als fleißiger Gehilfe beim Verpacken von Trennschleifern.

Einheitlich bei Produktionskonzepten – bedingungslos bei der Qualität

Als großer Vorteil für Stihl erwies sich, dass der kollaborative grüne CR-35iA ebenso wie seine gelben „Kollegen“ mit der bei Fanuc üblichen Steuerung arbeitet: Steuerungstechnik, Bedienoberfläche – alles gleich. Gerade die für die Synchronisation mit dem Hängeförderer im Einsatz befindliche „Line Tracking“-Software von Fanuc, die Integration von Kamerasystemen oder die Software-Option „Collision Guard“ waren Systembestandteile, die bei Stihl bereits bestens bekannt und geschätzt sind.

Denn seit dem Einstieg in die Robotertechnik, etwa Mitte der 90er Jahre, hat sich bei Stihl jede Menge Erfahrung und viel Know-how in der Robotertechnik, vor allem mit hunderten von Fanuc Robotern in allen Werken weltweit, konzentriert. „Wir verfolgen an allen Standorten relativ einheitliche Produktionskonzepte. Durchgängige Produktionsmittel wie die Fanuc Roboter machen es uns auf unterschiedlichen Ebenen vom Engineering über die Programmierung bis zum Service einfacher“, hören wir von André Lange. „Wir haben ein dynamisches Roboterwachstum, denn für Stihl steht Spitzenqualität im Vordergrund. Und um diese bedingungslose Qualität zu produzieren, brauchen wir die Automation“, ergänzt er.

Dass nun die kollaborative Robotik in den Fokus rücke, sei lediglich die Weiterentwicklung der bisherigen Produktionsstrategie mit hoher Fertigungstiefe. „Wir haben nun die Möglichkeit, dass der Mensch Hand in Hand mit einem Roboter arbeiten kann. Das möchten wir erproben, um einen Schritt voranzukommen und um uns einen Vorsprung im Wettbewerb zu erarbeiten“, verrät André Lange. Außerdem eröffne diese Technologie neuen Spielraum bei der Gestaltung von Anlagen.

Sicherheit hat Priorität

Dass auch die Abstimmung mit der Berufsgenossenschaft reibungslos verlief, hat sicher auch etwas mit der Einstellung zu tun, mit der man bei Stihl an das Projekt herangegangen war. Markus Wahl hat das verinnerlicht: „Sicherheit hat oberste Priorität.“ Auch bei dem MRK-Projekt habe man das nie als ein „Muss“ empfunden. Im Gegenteil: Auch deshalb sei eine offene Zusammenarbeit mit der BG durchaus lohnenswert. Und den kollaborativen Roboter will von den Stihl-Mitarbeitern mittlerweile keiner mehr missen.

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