Rittal VX25 Ri4Power: Online zur Stromverteilung

Per online-Produktkonfiguration zum digitalen Zwilling: Unter dem Motto „Antworten 4.0“ präsentierte Rittal auf der SPS 2019 in Nürnberg eine breite Palette an Lösungen für die Digitalisierung, Standardisierung und Automatisierung des Schaltschrankbaus. Dass es sich dabei keineswegs um abgehobene Themen handelt, zeigt das Beispiel der als bodenständig geltenden Niederspannungs-Stromverteilung. Mit VX25 Ri4Power hat Rittal diese nicht nur elektromechanisch auf völlig neue Beine gestellt, sondern zugleich mit einem vollständigen datentechnischen Angebot komplettiert. Damit kommen Kunden per Online-Konfiguration schneller zu fertigen Schaltanlagen. Von Ing. Peter Kemptner, x-technik

Rittal hat VX25 Ri4Power, ein modulares System für die Niederspannungs-Stromverteilung neu entwickelt, um die Teilevielfalt zu reduzieren und so die Produktivität und Schnelligkeit in der Montage zu erhöhen.

Rittal hat VX25 Ri4Power, ein modulares System für die Niederspannungs-Stromverteilung neu entwickelt, um die Teilevielfalt zu reduzieren und so die Produktivität und Schnelligkeit in der Montage zu erhöhen.

Michael Schell
Leiter Produktmanagement Industrie, Rittal GmbH & Co KG

„Rittal-Lösungen für die Digitalisierung, Standardisierung und Automatisierung des Schaltschrankbaus fügen sich zu einem immer vollständigeren Gesamtangebot. Sie ermöglichen unseren Kunden deutliche Effizienzgewinne bei Planung, Produktion und Instandhaltung und eröffnen ihnen neue Geschäftschancen.“

Gemeinsam mit dem Schwesterunternehmen Eplan zeigte Rittal auf der SPS 2019, wie Hersteller von Steuerungs- und Schaltanlagen eine datendurchgängige Wertschöpfungskette aufbauen können. „Nahezu alle Stationen im Anlagenbau lassen sich durch das hocheffiziente Zusammenspiel digitaler Prozesse durchgängig automatisiert verknüpfen“, sagt Michael Schell, Leiter Produktmanagement Industrie bei Rittal. „Mit dem digitalen Zwilling als Schlüssel reicht das von Engineering und Konfiguration über die mechanische Bearbeitung bis zur vollautomatischen Kabelkonfektionierung.“ Siehe dazu auch AUTOMATION Sonderausgabe 2018/19.

In den Verantwortungsbereich von Michael Schell fallen neben Schaltschränken, Klimatisierung und Stromverteilung auch die Rittal Automation Systems. Zu diesen gehören die Maschinen für die Gehäusebearbeitung, der Kabelkanalzuschnitt und die Biege-, Stanz- und Zuschnittprozesse von Stromschienen, ebenso das 2018 vorgestellte Wire Terminal für die Drahtkonfektionierung und der neue Verdrahtungstisch Wire Station WS 540.

Mit der überarbeiteten Planungssoftware Rittal Power Engineering – verfügbar ab Herbst 2020 – lassen sich Niederspannungs-Stromverteilungsanlagen einfach und schnell konfigurieren und automatisch dokumentieren (Bauartnachweis).

Mit der überarbeiteten Planungssoftware Rittal Power Engineering – verfügbar ab Herbst 2020 – lassen sich Niederspannungs-Stromverteilungsanlagen einfach und schnell konfigurieren und automatisch dokumentieren (Bauartnachweis).

Digitalisierung großgeschrieben

„Für übergeordnete Prozessthemen, digitale Workflows, die Konfiguration von Produkten und die Verknüpfung von Engineering und Maschinen hat Rittal zusätzlich die Abteilung Value Chain & Digitalisation geschaffen“, ergänzt Michael Schell. „Ihr Ziel ist, durch eine vollständige Abdeckung dieser Querschnittsmaterie unseren Kunden den digitalen Wandel zu erleichtern.“

Rittal bietet keine Engineering-Software im eigentlichen Sinn, dafür sind bekanntlich innerhalb der Friedhelm Loh Gruppe die Schwesterunternehmen Eplan und Cideon zuständig. Sehr wohl gibt es jedoch aus dem Hause Rittal digitale Produktkonfiguratoren, die es ermöglichen, Produkte zu individualisieren und in einer digitalen Form in den Workflow einzusteuern. „Ähnlich wie ein Autokäufer die Zusammensetzung seines Fahrzeuges online bestimmt, kann auch der Käufer von Rittal-Produkten für den Schalt- und Steuerungsanlagenbau diese über einen Webshop individualisiert in Auftrag geben“, erläutert Michael Schell.

Bei VX25 Ri4Power werden die Schienenhalter direkt mit dem Rahmenprofil verschraubt. Das sichert die für alle Felder durchgängig gleiche Anordnung der Schienen.

Bei VX25 Ri4Power werden die Schienenhalter direkt mit dem Rahmenprofil verschraubt. Das sichert die für alle Felder durchgängig gleiche Anordnung der Schienen.

Per Konfigurator zum Produkt

Bereits seit knapp zwei Jahren gibt es das Rittal Configuration System (RiCS), in dem die Daten der wichtigsten Rittal-Produkte hinterlegt sind. Darüber können Schalt- und Steuerungsanlagenbauer die Zusammenstellung ihrer Schaltschränke bestimmen, einschließlich dem erforderlichen Zubehör. Außerdem können auch z. B. die erforderlichen Gehäuseausschnitte gleich mitgeplant werden, um diese in die eigene Fertigung zu übernehmen. Dazu stehen die Formate Step 3D, DXF, NC-Daten für Rittal Perforex Bearbeitungscenter und PDF zur Verfügung. Neben einer Stückliste, die auch in den Rittal-Webshop übernommen werden kann, erhalten Anwender die Dokumentation inkl. Montageanleitung ihrer individuellen Zusammenstellung.

Rittal kann diese Informationen aus diesem System für die digitalisierte Produktion im neuen Produktionswerk in Haiger nutzen. Für die Kompakt- und Kleingehäuse AX und KX hat der Hersteller die gesamte Prozesskette digitalisiert. Der total vernetzte Maschinenpark arbeitet auf Basis der Daten aus dem Konfigurationssystem. So kann Rittal live zeigen, wie sich die Prinzipien von Industrie 4.0 im Planungs-, Bestell- und Lieferprozess umsetzen lassen.

Mit dem Blue E Adapter lassen sich auch ältere Bestandsgeräte in eine Vollvernetzung integrieren.

Mit dem Blue E Adapter lassen sich auch ältere Bestandsgeräte in eine Vollvernetzung integrieren.

Edge-Processing für Datensouveränität

Für die Verarbeitung der 16 Terabytes an Daten, die täglich im Werk Haiger anfallen, hat Rittal auf dem Markt keine passende Lösung gefunden. Daher entwickelte das Unternehmen gemeinsam mit den Startups German Edge Cloud und IoTOS – Neuzugänge in der Friedhelm Loh Gruppe – sowie Bosch Connected Industry ein echtzeitfähiges, datensouveränes und KI-basiertes Edge-Rechenzentrum. Auf der SPS unter dem Namen ONCITE vorgestellt, soll die schlüsselfertige „All-in-One“-Lösung produzierenden Unternehmen die Möglichkeit bieten, aus ihren Produktionsdaten Wertschöpfung zu ziehen, ohne die Sicherheit der Daten oder die vollständige Hoheit über diese zu gefährden. ONCITE ergänzt das Edge-Angebot von Rittal, für das der Hersteller kürzlich den „Rising Star“-Award erhielt. Wir werden bei Verfügbarkeit in Österreich ausführlich über ONCITE berichten.

ONCITE ergänzt das Edge-Angebot von Rittal um ein echtzeitfähiges, datensouveränes und KI-basiertes Edge-Rechenzentrum.

ONCITE ergänzt das Edge-Angebot von Rittal um ein echtzeitfähiges, datensouveränes und KI-basiertes Edge-Rechenzentrum.

Stromverteilung auf neue Beine gestellt

Hauptneuheit von Rittal im Bereich Power ist VX25 Ri4Power, ein modulares System für die Niederspannungs-Stromverteilung. Passend zum Großschaltschrank VX25 als Nachfolger des langjährig marktführenden TS8 hat Rittal das Baukastensystem umfassend überarbeitet. „VX25 Ri4Power wurde im Grunde völlig neu entwickelt. Durch Optimierung der Komponenten wurde die Teilevielfalt reduziert“, erklärt Michael Schell. „Ebenso wie der VX25 erfüllt das neue Stromverteilungssystem nun perfekt die Anforderungen nach erhöhter Produktivität und Schnelligkeit in der Montage.“

VX25 Ri4Power besteht aus geprüften und zertifizierten Komponenten. Das hat vor allem für kleinere Schaltanlagenbauer den Vorteil, dass es ihnen große Teile der Prüfungen erspart. So kann etwa die Kurzschlussprüfung sehr zeitintensiv sein und ins Geld gehen.

Schon bald online zur Stromverteilung

Ergänzend zum VX25 Ri4Power stellte Rittal für das leichte und durchgängige Engineering von Niederspannungsschaltanlagen in Nürnberg eine neue Version der Planungs-Software VX25 Rittal Power Engineering vor. Diese wird im zweiten Halbjahr 2020 erscheinen und eignet sich zur Konfiguration von Niederspannungsschaltanlagen Ri4Power und Sammelschienensysteme RiLine60. Mit mehrsprachiger Programmführung bietet die Software Zugriff auf das komplette Rittal-Produktprogramm und ermöglicht die grafische Platzierung der Baugruppen.

„Die Planungssoftware Rittal Power Engineering wird die Konfiguration von Feldtypen und Anlagen erheblich erleichtern“, erklärt Michael Schell. „Damit werden die Verbindungssätze während der Projektierung der Anlage automatisch generiert und dokumentiert.“ Der Power Konfigurator generiert ein Abbild – einen digitalen Zwilling – der Anlage. Dazu gehören komplette Bau-Unterlagen mit Stücklisten, Zeichnungen und einem Zertifikat als Bauartnachweis.

Im Rittal Power Engineering sind Schaltgeräte acht verschiedener Fabrikate eingebunden. Daher gibt das System auch Zeichnungen und Fertigungsunterlagen zur Herstellung der passenden Verbindungssätze aus, sofern diese nicht im Rittal-Programm enthalten sind. Zusätzlich beherrscht das System die Code-Generierung für automatische Bearbeitungsmaschinen.

Das Tool selbst liegt noch nicht in der Cloud, sondern im Rittal-Rechenzentrum. Der Zugang erfolgt über die Rittal-Website. Kunden benötigen für die Browser-basierte Applikation keine Software und greifen auf stets aktuelle, von Rittal gewartete Daten zu.

Durchgängige Produktentstehung

Einer der Vorteile der Konfiguration ist das Produktregelwissen, das im Konfigurationstool vorhanden ist. Es hilft Planern dabei, eine sehr wirtschaftliche Zusammenstellung der erforderlichen Komponenten zu wählen. „Deshalb lässt sich Rittal Power Engineering mit Vorteil auch bereits in der Angebotsphase nutzen“, sagt Michael Schell. „Die Informationen lassen sich für das funktionsgetriebene Engineering auch in Eplan Pro Panel übernehmen.“ In naher Zukunft werden Elektroplaner direkt aus diesem Engineering-Tool in das Power Engineering einsteigen, um dort die Teile auszuwählen und zusammenzustellen und anschließend mit der Detailarbeit fortzufahren.

Daten für die Digitalisierung

Die so geschaffenen Unterlagen bilden den digitalen Zwilling der Anlage. Sie bieten die Grundlage für die Digitalisierung des gesamten Produktlebenszyklus, einschließlich der Instandhaltung. Dafür ist es wichtig, dass für sämtliche eingesetzten Komponenten und Systeme qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung stehen. Rittal wird daher ab demnächst für alle aktuellen Systeme auf dem Eplan Data Portal sowohl Eplan-Makros als auch 3D-Konstruktionsdaten zur Verfügung stellen.

Rittal und Eplan präsentierten unter dem Stichwort „Digital Information Management“ gemeinsam den Prototyp der digitalen Schaltplantasche. Diese kann per Tablet direkt an der Steuerungs- und Schaltanlage aufgerufen werden. Die Zuordnung zum realen Schaltschrank erfolgt über einen QR-Code am Schaltschrank, über den viele Rittal-Produkte bereits heute verfügen. Mehr dazu im Eplan-Interview in dieser Ausgabe.

Bestandsgeräte intelligent gemacht

Für die intelligente, lernorientierte Instandhaltung und vorbeugende Wartung von Kühlgeräten der Serie Blue E hat Rittal bereits vor einiger Zeit ein IoT-Interface und ein Smart Monitoring System auf den Markt gebracht. Mit dem zur SPS 2019 neu vorgestellten Blue E Adapter lassen sich nunmehr auch sogenannte Brownfield-Anlagen in eine Vollvernetzung integrieren. Damit dehnte Rittal die Möglichkeiten, mittels vorbeugender Wartung Ausfälle zu vermeiden, auf ältere Bestandsgeräte aus.

„Rittal-Lösungen für die Digitalisierung, Standardisierung und Automatisierung des Schaltschrankbaus fügen sich zu einem immer vollständigeren Gesamtangebot“, schließt Michael Schell. „Sie ermöglichen unseren Kunden deutliche Effizienzgewinne bei Planung, Produktion und Instandhaltung und eröffnen ihnen neue Geschäftschancen.“

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