Modularität weiter gedacht

Automatisierungstechnik für die Maschinen von morgen: Im anbrechenden Zeitalter des ‚Internet der Dinge‘ nimmt die Bedeutung modularer Maschinenkonzepte weiter zu. Als Mittel zur flexiblen und in Zukunft sogar dynamischen Nutzung verteilter Intelligenzen zur Bewältigung einer Automatisierungs-Gesamtaufgabe stellt Sigmatek auf der SPS IPC Drives ein neues Tool der Entwicklungsumgebung LASAL vor: den Machine Manager. Er ermöglicht die übersichtliche Darstellung der einzelnen Software-Projekte in einer Maschine bzw. Anlage und regelt die Kommunikation dieser verteilten Intelligenzen. Zusätzlich dient er als Übersicht der Kommunikation mit externen Anlagenteilen sowie übergeordneter Software und erleichtert die Umsetzung adaptiver Produktionsstrategien. Autor: Ing. Peter Kemptner / x-technik

Prädestiniert für Mehr-CPU-Lösungen sind die leistungsstarken und wirtschaftlichen CPU-Module der super-kompakten Sigmatek-Baureihe S-DIAS. Sie sind mit ARM-basierenden EDGE2-Technology-Prozessoren, Echtzeituhr sowie zahlreichen Schnittstellen ausgestattet.

Prädestiniert für Mehr-CPU-Lösungen sind die leistungsstarken und wirtschaftlichen CPU-Module der super-kompakten Sigmatek-Baureihe S-DIAS. Sie sind mit ARM-basierenden EDGE2-Technology-Prozessoren, Echtzeituhr sowie zahlreichen Schnittstellen ausgestattet.

Franz Aschl
Innovationsmanagement SIGMATEK GmbH & Co KG

„Kaum ein Hersteller kann alles anbieten, was Anwender entlang einer Produktionskette brauchen. Gefragt ist daher die Möglichkeit einer individuellen Zusammenstellung unterschiedlicher Komponenten, die als Puzzleteile eine Gesamtmaschine oder –anlage ergeben.“

„Vor 50 Jahren beherrschten Großrechneranlagen die EDV“, sagt Franz Aschl, Innovationsmanagement bei Sigmatek. „Mit den steigenden Anforderungen wurden sie immer mächtiger und unhandlicher. Nachdem die Vernetzung von Arbeitsplatzrechnern – zunächst innerbetrieblich, schließlich über das Internet – Möglichkeiten der dezentralen Datenhaltung und -verarbeitung eröffnete, starben diese IT-Dinosaurier rasch aus.“

Funktionsprinzip Machine Manager: Durch Ziehen werden die Projekte, die Daten zur Verfügung stellen (links) mit den Projekten verbunden, die diese Daten verwenden sollen bzw. dürfen (oben). Die Daten werden bei Änderungen aktiv vom Producer an den Consumer gesendet.

Funktionsprinzip Machine Manager: Durch Ziehen werden die Projekte, die Daten zur Verfügung stellen (links) mit den Projekten verbunden, die diese Daten verwenden sollen bzw. dürfen (oben). Die Daten werden bei Änderungen aktiv vom Producer an den Consumer gesendet.

Revolution braucht Umdenken

Die Ziele der viel beschworenen vierten industriellen Revolution – die Kombination der Wirtschaftlichkeit und Effizienz einer Massenproduktion mit der Flexibilität der Einzelanfertigung durch adaptive Systeme – werden auch in der industriellen Automatisierung nur durch eine Abkehr von der Idee immer stärkerer Steuerrechner in abgeschlossenen Einzelmaschinen zu erreichen sein.

„Analog zur IT in anderen Bereichen wird sich die Verteilung der Aufgaben innerhalb und außerhalb der Einzelmaschine in kleineren, voneinander weitgehend unabhängigen Einheiten mit eigener Verarbeitungsintelligenz im Internet der Dinge durchsetzen“, ist Aschl überzeugt. „Das ist zwar im Grunde nichts weiter als eine Fortsetzung der Modularisierung, die bereits vor einiger Zeit im Maschinenbau Einzug gehalten hat, auf dem Weg dorthin gibt es allerdings immer noch einige bedeutende Hindernisse.“

Bei der Unterteilung einer Maschine oder Anlagen in funktionale Einheiten – hier ein Beispiel aus der Holzbearbeitung – sind kleine, kompakte CPU- und I/O-Systeme ideal, die vor Ort einsetzbar sind.

Bei der Unterteilung einer Maschine oder Anlagen in funktionale Einheiten – hier ein Beispiel aus der Holzbearbeitung – sind kleine, kompakte CPU- und I/O-Systeme ideal, die vor Ort einsetzbar sind.

Modular mit verteilter Intelligenz

Bereits seit der Gründung im Jahr 1988 sind die Steigerung von Produktivität, Effizienz und Flexibilität im Maschinenbau die beherrschenden Ziele von Sigmatek. So weisen Sigmatek-Geräte für die Ablauf- und Bewegungssteuerung sowie die Visualisierung und die sicherheitsgerichtete Steuerungstechnik bereits seit vielen Jahren eine dezentrale Architektur auf, die den Aufbau modularer Maschinenkonzepte mit zahlreichen Optionen begünstigt. Einen wesentlichen Teil dazu trägt die fortschreitende Miniaturisierung bei. So ermöglicht das von Sigmatek vor drei Jahren vorgestellte, besonders kompakte Steuerungs- und I/O-System S-DIAS die Ausstattung auch sehr kleiner Einheiten – z. B. Handlinggeräte – mit eigener Steuerungs- und Antriebstechnik.

Gleiches gilt für die Automatisierungssoftware-Entwicklung. Sie erfolgt mit hoher Usability in der Programmierumgebung LASAL. Die dabei verwendete objektorientierte Programmierung erlaubt die Verteilung der Steuerungsaufgaben auf unterschiedliche Hardware-Topologien innerhalb eines Gesamt-Projektes, auch mit verteilten Intelligenzen in unterschiedlichen Optionsmodulen.

FuDer LASAL Machine Manager regelt die Kommunikation bei Multi-Projekt/CPU-Applikationen: Wer darf mit wem worüber sprechen.

FuDer LASAL Machine Manager regelt die Kommunikation bei Multi-Projekt/CPU-Applikationen: Wer darf mit wem worüber sprechen.

Kommunikation für Industrie 4.0

An ihre Grenzen stößt die Flexibilität dieser Modularisierung dort, wo die Gesamtanlage über den Kompetenz- und Wirkungsbereich des einzelnen Maschinenbauers oder –automatisierers hinaus reicht bzw. der Baukasten der Maschinenhersteller zu groß und unüberschaubar ist. „Zur Umsetzung der Ideen von Industrie 4.0 muss die bisherige strenge Trennung zwischen Fertigung, Intralogistik und Planung durchbrochen und die Fabrik als organisches Ganzes verstanden, aufgebaut und betrieben werden. Das hat an zwei Stellen wesentliche Auswirkungen auf die Kommunikationsanforderungen an Automatisierungssysteme“, weiß Franz Aschl. „Einerseits muss die Kommunikation mit der Ebene der ERP- und MES-Systeme wesentlich reichhaltiger werden, andererseits müssen Möglichkeiten geschaffen werden, Änderungen und Erweiterungen von Anlagen flexibel auch nach deren Erstinbetriebnahme vorzunehmen.“

Die Kommunikation mit übergeordneten Systemen wird bei Sigmatek durch eine direkt in der Steuerung realisierte OPC UA Schnittstelle wesentlich vereinfacht. Sie ermöglicht einen einfachen Informationsaustausch mit Fremdsystemen und die Analyse von Prozessdaten. OPC UA ist eine international standardisierte Kommunikationslösung zur durchgängigen, horizontalen und vertikalen Integration von Anlagen und Systemen – mit oder ohne Leitsysteme als Middleware zwischen der Maschinenhalle und dem Chefbüro. Und es ist ein probates Mittel, um Cloud-fähigen Automatisierungssystemen zu ermöglichen, im ‚Internet der Dinge‘ (IoT) ohne menschliche Eingriffe auf Funktionalitäten zuzugreifen, die nicht lokal in der Fabrikhalle zur Verfügung stehen.

Mechatronisches Puzzlespiel

Begünstigt durch die zunehmende Miniaturisierung werden auf der Maschinen- und Anlagenebene künftig immer mehr Aufgaben nicht mehr von zentralen Steuerungen erledigt, sondern in applikationsspezifische mechatronische Einheiten mit integrierter Verarbeitungsintelligenz ausgelagert werden. Lösungen mit mehreren CPUs haben den Vorteil, dass nicht für alle erdenklichen Ausstattungsvarianten die maximal erforderliche Rechenleistung vorgehalten werden muss. Der Umfang der Kommunikation kann sich dabei auf die Übergabe wesentlicher Prozessparameter beschränken.

Diese unterschiedlichen Maschinen- bzw. Anlagenteile kommen üblicherweise als Teil einer Gesamtanlage vom selben Hersteller, sie können aber auch ähnlich wie heute z. B. in der IT von spezialisierten Anbietern stammen. „Kaum ein Hersteller kann alles anbieten, was Anwender entlang einer Produktionskette brauchen“, ist Franz Aschl überzeugt. „Gefragt ist daher die Möglichkeit einer individuellen Zusammenstellung unterschiedlicher Komponenten, egal ob von einem oder mehreren Herstellern, die als Puzzleteile eine Gesamtmaschine oder –anlage ergeben.“ Es ist auch nicht zu weit in die Zukunft gedacht, dass manche davon sowohl softwaretechnisch als auch mechanisch bedarfsweise zu- oder weggeschaltet werden, um auf veränderliche Produktionserfordernisse flexibel zu reagieren.

Als Hindernis auf dem Weg zur einfachen Verbindung von Systemteilen verschiedener Hersteller erweisen sich die verwendeten, oft proprietären Bussysteme und Ethernet-Protokolle. Allerdings ist deren Verwendung nur dann ein tatsächliches Erfordernis, wenn es um die starre Synchronisierung zahlreicher schneller Bewegungsachsen geht. „Dabei handelt es sich in der Regel um eine Kernkompetenz des Maschinenbauers oder –automatisierers und nicht um Aufgaben, die flexibel auf unterschiedliche mechatronische Einheiten verteilt werden“, sagt Franz Aschl. „In beinahe allen anderen Fällen gelingt die Vernetzung unterschiedlicher Systemteile am besten auf Basis von Standards wie TCP/IP.“

Machine Manager: Flexible Aufgabenverteilung

Mehr-CPU-Lösungen statten den Maschinenbauer mit viel Flexibilität aus: Jede CPU-Funktionseinheit erledigt exakt die ihr zugedachte Aufgabe. Die Systemkonfiguration lässt sich so modular kundenspezifisch zusammenstellen und bei Bedarf auch nachträglich durch optionale Funktionseinheiten wie beispielsweise ein Vision-System erweitern.

Um diese intelligente Modularität auch in der Software perfekt abbilden zu können und somit einen weiteren Schritt in Richtung Automation 4.0 zu machen, präsentiert Sigmatek auf der SPS IPC Drives erstmals den „Machine Manager“. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich ein Werkzeug zur Distribution unterschiedlicher Programmteile auf verteilte Intelligenzen. „Bereits bisher gab es dank der objektorientierten Programmierung in LASAL komfortable Möglichkeiten, die verschiedenen Teile umfangreicher Gesamtprogramme auf unterschiedliche Hardware zu verteilen“, bestätigt Franz Aschl. „Allerdings fehlte eine Übersicht, welche Programme zusammen gehören.“

Maschinensoftware kann aus vielen Teilprojekten bestehen, die wiederum in Projekte wie Ablauf und Visualisierung unterteilt sind. Mit Einsatz des Maschine Managers, wird aus diesen komplexen Zusammenhängen eine „Solution“. Der Anwender erhält eine Übersicht der einzelnen Projekte in der Maschine oder Anlage und kann einfach ersehen bzw. festlegen: Wer spricht mit wem worüber und wer tauscht mit wem welche Variablen aus.

Der Machine Manager liegt als Software-Schicht über der eigentlichen Maschinenprogrammierung und weist wie der Dirigent eines Orchesters die unterschiedlichen Teilaufgaben den vorhandenen Hardware-Steuerungseinheiten zu. Das kann und wird in vielen Fällen mit einmaliger Festlegung anlässlich der Inbetriebnahme starr konfiguriert stattfinden. Das kann jedoch während der Nutzungsdauer einer Maschine oder Anlage auch verändert werden, etwa im Fall von Nach- oder Umrüstungen.

Im Machine Manager lassen sich die Kommunikationspfade zwischen den Steuerungseinheiten und HMIs festlegen. Zur Laufzeit werden die Variablen automatisch angefordert und gesendet. Dies geschieht über projektübergreifende Client-/Serververbindungen. Zur Anzeige des Verbindungsstatus kann ein vorgefertigter Funktionsbaustein eingesetzt werden.

Entsprechende Programmierung vorausgesetzt, lässt sich der Machine Manager im nächsten Schritt auch dazu verwenden, die Verteilung einzelner Softwaremodule auf unterschiedliche Teile der Hardware dynamisch vorzunehmen. So lassen sich etwa Prozesse mit hohem Bedarf an Rechenleistung auf weniger stark ausgelastete Steuerungseinheiten auslagern. So kann die Produktionsanlage der Zukunft aber vor allem flexibel auf unterschiedliche Aufgabenstellungen reagieren, die ein Zu- oder Wegschalten optionaler mechatronischer Einheiten erforderlich machen.

Kommunikation mit Sicherheit

„Der Machine Manager ist Teil der Sigmatek-Entwicklungsumgebung LASAL und dient dazu, die dort erstellten, modularen Software-Projekte prozesssicher auf Sigmatek-Rechnerhardware zu verteilen“, sagt Franz Aschl. Er regelt die Maschinen-interne Kommunikation sowie die Anbindung an übergeordnete Systeme. „In dieser Eigenschaft kanalisiert und übersetzt der Machine Manager die Kommunikation von und zu den einzelnen Maschinenteilen.“ Das stellt gerade im anbrechenden Zeitalter des Internet der Dinge einen willkommenen Schutz gegen unerwünschte Zugriffe von außen dar.

Der wesentlichste Nutzen, den dieses Software-Rahmenwerk für den modularen Maschinenbau bringt, ist die Reduktion des Aufwandes für die Inbetriebnahme komplexer, modularer Maschinen und Anlagen für deren Anpassung an veränderte Bedürfnisse.

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