gastkommentar

Pilz PNOZ: Automation im Wandel der Geschichte

Gastkommentar Seit 1787 Edmond Cartwright die erste automatisierte Webmaschine erfunden hat, hat sich in der Automatisierungslandschaft viel verändert. War damals Hauptmotivation die Erhöhung der Produktivität, an die Sicherheit des Webers wurde eher kaum ein Gedanke verschwendet, so stehen heute die Effizienz des Produktionsablaufs und die Sicherheit des Werkers gleichermaßen im Mittelpunkt. Sicherheitstechnik ist heute fester Bestandteil der Automatisierung. Maßgeblich beteiligt an deren Etablierung war das Automatisierungs-Unternehmen Pilz: Durch seine aktive Mitarbeit bei der Erarbeitung von Sicherheitsnormen und -standards sowie der Entwicklung von entsprechenden Produkten wurde schließlich der sicheren Automation der Weg geebnet.

Ing. Walter Eichner, MBA Geschäftsführer Pilz GmbH Österreich

Ing. Walter Eichner, MBA Geschäftsführer Pilz GmbH Österreich

Impulse für die Entwicklung von Sicherheitsschaltgeräten kamen aus dem Bereich Normen: der VDMA war 1986 für den Normenkreis „Europäische Normen zur Maschinensicherheit“ auf der Suche nach Teilnehmern und fragte auch beim Unternehmen Pilz an. Gemeinsam mit Vertretern von BG, TÜV, BIA sowie der Industrie wurden Vorschläge ausgearbeitet. Die Unsicherheit, welche Sicherheitsanforderungen Maschinen nach Inkrafttreten der EN 60204-1 in der Industrie zu erfüllen hatten, war groß. Ganz zu schweigen davon, wie diese in der Praxis umgesetzt werden sollten. Hier öffnete sich ein Markt. Das Unternehmen Pilz führte weitere Recherchen zu den Einsatzmöglichkeiten von Sicherheitstechnik aus, die in ersten Produktentwicklungen resultierten.

Mit zunehmender Automatisierung und Verkettung von Maschinen, Anlagen und Prozessen, steigen aber auch die funktionalen Anforderungen an die Sicherheitstechnik.

Mit zunehmender Automatisierung und Verkettung von Maschinen, Anlagen und Prozessen, steigen aber auch die funktionalen Anforderungen an die Sicherheitstechnik.

PNOZ – das erste Not-Aus Schaltgerät der Welt

Obwohl der Name PNOZ heute oftmals auch als Synonym für Sicherheitsschaltgeräte im Allgemeinen gebraucht wird, wissen doch die wenigsten, dass der Name nicht von ungefähr kommt. „P“ steht für Pilz, „NO“ für NOT-AUS und „Z“ für zwangsgeführt. Im Frühjahr 1987 waren die Geräte schließlich serienreif und erhielten im gleichen Jahr noch vom TÜV und Anfang 1988 auch von der BG die Zulassung. Die Vorteile gegenüber der Einzelverdrahtung mit Schützen: kleinere Baubreite, Ausschluss von Verdrahtungsfehlern und geprüfte Sicherheit. Das damals neue Sicherheitsschaltgerät kam weltweit in Applikationen zum Einsatz. Der Vater des PNOZ, Karl Stipak, berichtete einmal von einem weit gereisten Mitarbeiter eines anderen Unternehmens, der ihn auf einer Messe ansprach: „Überall auf der Welt, wo ich einen Schaltschrank öffne, springt mir das PNOZ ins Auge – sogar in einer Produktionsanlage im tiefsten Dschungel Ost-Asiens“. So konnte Pilz umfassendes Know-how in der Realisierung von Sicherheitsfunktionen erarbeiten.

Das PNOZ im Wandel der Zeit vom ersten PNOZ über das PNOZ X bis zum PNOZsigma (rechts): immer schmaler bei besserer Schaltleistung und höherer Funktionalität.

Das PNOZ im Wandel der Zeit vom ersten PNOZ über das PNOZ X bis zum PNOZsigma (rechts): immer schmaler bei besserer Schaltleistung und höherer Funktionalität.

Von der statischen zur dynamischen Sicherheit

In der Vergangenheit wurde das Thema Maschinensicherheit mit der Funktion Not-Halt gleichgesetzt. Die Verbindung des normativ Möglichen, neuer technischer Lösungen für Sicherheitsaufgaben und kombiniertem Applikationswissen erlauben es, zunehmend auch die Anforderung an Produktivität und Verfügbarkeit von Maschinen zu erfüllen. Erst im Gesamtverbund von Sensorik, Steuerung und Aktorik entsteht flexible, dynamische Sicherheit. Überall wo Mensch und Maschine zusammenarbeiten, besteht die Möglichkeit einer gefahrbringenden Bewegung durch die Maschine. Sicherheit war und ist vorwiegend geprägt von binären Ereignissen wie beispielsweise der Betätigung einer Not-Halt Einrichtung, dem Öffnen einer Schutztür oder der Unterbrechung eines Lichtvorhanges. Noch heute ist das Sicherheitskonzept vieler Maschinen und Anlagen so ausgelegt, dass beim Betreten eines Schutzbereiches sämtliche Antriebe oder die gesamte Anlage stromlos geschaltet werden. Mit zunehmender Automatisierung und Verkettung von Maschinen, Anlagen und Prozessen, steigen insbesondere die funktionalen Anforderungen an die Sicherheitstechnik.

Im Hinblick auf eine stetig steigende Produktivität muss es dennoch möglich sein, in definierten Schutzzonen einer Anlage tätig zu sein, ohne dass der gesamte Produktionsprozess zum Erliegen kommt. Denn: Ein hartes Abschalten ist meist mit zusätzlichen Nachteilen verbunden. Sei es durch den Verlust an Produktivität, verlängerten Stillstandszeiten infolge von aufwändigeren Prozeduren zur Wiederinbetriebnahme oder einer Beschränkung im Bedien- und Wartungskonzept der Maschine.

Aktuelle elektronische Sensorsysteme wie das sichere Kamerasystem SafetyEYE von Pilz sind wesentlich leistungsfähiger und stellen deutlich mehr Informationen zur Verfügung als ein rein binäres Schaltsignal.

Aktuelle elektronische Sensorsysteme wie das sichere Kamerasystem SafetyEYE von Pilz sind wesentlich leistungsfähiger und stellen deutlich mehr Informationen zur Verfügung als ein rein binäres Schaltsignal.

Sicherheit nicht isoliert betrachten

Die Fertigungsindustrie ist gekennzeichnet durch einen zunehmenden Automatisierungsgrad, verkettete Anlagen und Prozesse. Sicherheit kann damit nicht für sich alleine betrachtet werden und bezieht sich in den seltensten Fällen auf einzelne Bereiche oder Komponenten einer Anlage. Im Gegenteil: Sicherheit ist zu einem wichtigen Bestandteil der Gesamtfunktion und der Gesamtkostenbetrachtung einer Anlage geworden. Aus all diesen Anforderungen erwächst der Wunsch nach dynamischer Sicherheit, also einer flexibleren Anpassung der Sicherheitsfunktionen an die sich verändernden Schutzanforderungen. Damit verändert sich auch der Blick auf die Sicherheit als solche; sie wird weniger nur als ein Produkt gesehen, sondern vielmehr als eine Geräte-übergreifende Funktion.

Sensoren mit Weitsicht

Viele Sicherheitssensoren arbeiten nach einem streng binären Modell: Eine Schutztür wird geöffnet, der Sensor erkennt dies und erzeugt ein Abschaltsignal für die sichere Maschinensteuerung. Für dynamische Sicherheitskonzepte müssen Sensoren zu einer deutlich abgestuften Betrachtung von Ereignissen in der Lage sein. Neue kamerabasierte Verfahren sind in der Lage, Schutzfelder und -räume dreidimensional sicher zu überwachen, so zum Beispiel das sichere Kamerasystem SafetyEYE. Aktuelle elektronische Sensorsysteme sind wesentlich leistungsfähiger und stellen deutlich mehr Informationen zur Verfügung als ein rein binäres Schaltsignal. Die Informationsmenge und -qualität stellt eine Voraussetzung dar, um Sicherheitsfunktionen überhaupt dynamisch gestalten zu können. Bei SafetyEYE beispielsweise liegen die Bereichsinformationen heute bereits in Form sicherer 3-dimensionaler Räume vor. Künftig werden diese Rauminformationen direkt von der sicheren Antriebstechnik ausgewertet werden können. Der Antriebsverbund kann so in die Lage versetzt werden, auf mehrdimensionale Bereichsinformationen mit dem entsprechenden Bewegungspfad vorausschauend zu regieren.

Gestern – Heute – Morgen

Bei den Anforderungen an die Sicherheitstechnik vollzieht sich ein struktureller Wandel: Die Prozesse werden immer dynamischer, der Bedarf an kontrollierten Eingriffen in den Prozess sowie die Anforderungen an die Produktivität steigen und verändern somit sukzessive auch die Sicherheitstechnik. Die bisherige Strategie des sicheren Abschaltens bei Anforderung der Sicherheit oder im Fehlerfall wird zukünftig weniger akzeptiert werden. Letztlich eröffnet der sichere Verbund von Sensorik, Steuerung und Aktorik neue Freiheitsgrade bei der Planung von dynamischen Prozessabläufen und von Arbeitsbereichen in denen Mensch und Maschine interagieren und gewährleistet zu jedem Zeitpunkt – in jeder Betriebsart – im gesamten Maschinenzyklus die Sicherheit des Maschinenbedieners.

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