Pepperl+Fuchs http://www.youtube.com/watch?v=WOB9MDR1B3A: Industrie 4.0 beginnt in der Komponente

Konzeptstudie SmartBridge von Pepperl+Fuchs: Nach wie vor geistert das Schlagwort Industrie 4.0 durch die Automatisierungsbranche. Nach Dampfmaschine, Fließbandfertigung und Computer soll nun die Einführung von web-basierten Technologien den nächsten großen Entwicklungsschub bringen. Der Frage, was das nun konkret im Umfeld der industriellen Sensorik heißt, ist Pepperl+Fuchs nachgegangen. Dabei war Ziel mit den ersten Schritten in Richtung von Industrie 4.0 schon einen klar erkennbaren Nutzen zu liefern. Denn nur so erhält die Entwicklung von Industrie 4.0 den nötigen Schub durch den Anwender.

Exponat auf der sps ipc drives 2013: Mehrere Sensoren jeweils mit SmartBridge Adapter ausgerüstet kommunizieren mit einem Tablet-Computer.

Exponat auf der sps ipc drives 2013: Mehrere Sensoren jeweils mit SmartBridge Adapter ausgerüstet kommunizieren mit einem Tablet-Computer.

Die Einführung von Industrie 4.0 bedeutet zunächst einmal, dass jede Komponenten eines Automatisierungssystems (Sensor, Aktor, Steuerung, …) mit jeder anderen im Netzwerk direkt (Peer-to-Peer) kommunizieren kann ohne dabei über die zentrale Steuerung zu gehen. Solche Elemente eines CPPS (Cyber Physical Production Systems) nennt Pepperl+Fuchs I4.0-Komponenten.

Diese Multi-Kommunikationsfähigkeit jener I4.0-Komponenten hat zwei Seiten. Einerseits werden dadurch ganz neue Möglichkeiten für eine dezentrale Steuerungstechnik eröffnet, andererseits geht aber die klassische hierarchische Automatisierungspyramide mit der Steuerung als zentralem Element verloren. Davor werden viele Anwender Angst haben, weil der Vertrauen schaffende zentralistische Ansatz heutiger automatisierter Anlagen fehlt. Insofern ist der Ansatz eines autonomen Zusammenspiels von gleichberechtigten Komponenten als „verteilte“ Steuerung noch sehr fern.

SmartBridge Adapter eingeschleift in das IO-Link Sensoranschlusskabel.

SmartBridge Adapter eingeschleift in das IO-Link Sensoranschlusskabel.

Datenaustausch über Komponenten

Ganz anders sieht es aber aus, wenn diese neue Kommunikationsfähigkeit im ersten Schritt nicht zur Abbildung der Steuerungsfunktion, sondern zum Austausch von Daten für Diagnose, Inbetriebnahme und Fehlersuche genutzt wird. Und zwar so, dass dieser Austausch parallel und rückwirkungsfrei zur laufenden Steuerungsfunktion ausgeführt werden kann und dabei der Steuerung nicht einmal bekannt sein muss. Dann entsteht eine Zusatzfunktionalität, die keinen Zusatzaufwand in der Steuerung bedeutet und einfach nachzurüsten ist. Der Anwender kann sich dabei nach wie vor auf das bekannte und deterministische Verhalten der Steuerung verlassen und bekommt zusätzlich einen direkten Kommunikationskanal in die Komponente. Pepperl+Fuchs benennt das mit dem Begriff Sensorik 4.0 und lehnt sich dabei sehr stark daran an, was in der Prozessautomation HART ist. Die HART Kommunikation wird dort für Diagnose und Störmeldungen genutzt und läuft getrennt von der Prozessdatenübermittlung.

Anzeige der Sensordaten auf dem Tablet-Computer.

Anzeige der Sensordaten auf dem Tablet-Computer.

Die Idee von SmartBridge

Mit SmartBridge hat Pepperl+Fuchs auf der Messe SPS/IPC/Drives 2013 erstmalig diese Idee als Studie der Öffentlichkeit vorgestellt. Die zusätzlichen Kommunikationskanäle werden benutzt, um auf Sensoren während des Betriebs rückwirkungsfrei zuzugreifen und damit ein In-Line-Sensor-Management zu ermöglichen.

Die besondere Herausforderung liegt darin, eine Vielzahl von unterschiedlichen Sensoren mit einem geeigneten Kommunikationskanal auszurüsten, ohne zusätzlich Bauraum und Kosten für Steck¬verbinder und Verkabelung zu beanspruchen. Die Integration einer internet-tauglichen Netzwerk-Schnittstelle in jeden einzelnen Sensor scheidet aus Kosten- und Aufwandsgründen aus.

IO-Link als Kommunikationskanal

Deshalb hat sich Pepperl+Fuchs für einen anderen Weg entschieden. Mit IO-Link steht ein digitales Kommunikationsprotokoll zur Verfügung, welches von den meisten Sensorherstellern unterstützt wird. Physikalisch wird es über den ohnehin vorhandenen Prozessdatenanschluss übertragen, sodass kein zusätzlicher elektrischer Anschluss aus dem Sensor herausgeführt werden muss. Dies ist ein riesiger Kostenvorteil, da elektrische Anschlüsse von Sensoren in der Regel in IP67 ausgeführt werden müssen und somit auch mechanisch teuer in der Realisierung sind. Zudem bedeutet IO-Link kaum Mehraufwand auf der Sensorseite, es kann davon ausgegangen werden, dass künftig alle analogen und parametrierfähigen Sensoren mit IO-Link Schnittstelle ausgerüstet sind. Dadurch ist der Zugriff auf alle relevanten Diagnose-Daten gegeben.

Als Anzeige- und Einstell-Element für die Diagnose-Daten und -Parameter bieten sich moderne mobile Endgeräte wie Tablets oder Smartphones an. Diese Geräte verfügen über kontraststarke Multitouch-Displays sowie eine Vielzahl von Schnittstellen und sind vergleichsweise preislich günstig. Mit der optisch ansprechenden und intuitiven SmartBridge-App werden Tablets und Smartphones zu perfekten graphischen Benutzer-Oberflächen. Die App zeigt in einer Übersicht alle in Reichweite befindlichen Sensoren an und bietet diese zum Verbinden an. Nach abgeschlossenem Connect-Vorgang werden auf sensor-spezifischen Bildschirm-Dialogen relevante Daten und dazugehörige Parameter grafisch aufbereitet und übersichtlich angezeigt.

Datenübertragung via Bluetooth 4.0

Zur Übertragung der Sensordaten vom Sensor zum mobilen Endgerät hat Pepperl+Fuchs Bluetooth 4.0 ausgewählt. Damit wird räumlich begrenzt eine verschlüsselte drahtlose Punkt-zu-Punkt-Verbindung aufgebaut, ohne dass diese Verbindung dann Teil eines vorhandenen Rechner-Netzwerkes wird – wie es bei einer WLAN-Übertragung der Fall wäre. Auf diese Weise ist systembedingt die Übertragung von Computerviren o. ä. in das Netzwerk ausgeschlossen und IT-Security intrinsisch gegeben.

Zur Auskoppelung der Sensordaten aus dem IO-Link-Anschluss und das Übertragen per Bluetooth dient ein sogenannter SmartBridge-Adapter. Dieser Adapter wird in die 3- oder 4-Draht-IO-Link-Leitung zwischen Sensor und Steuerung eingeschleift und benötigt keine zusätzliche Versorgung. In verschiedenen Betriebsarten können damit Daten aus dem Sensor gelesen oder Parameter verändert werden, ohne die Verbindung zwischen Sensor und Steuerung zu stören oder gar aufzutrennen.

Kundennutzen von SmartBridge – die Use-Cases

Welcher Nutzen nun mit diesem Konzept verbunden ist zeigen folgende verschiedene Use-Cases:

Monitoring

Das Mobilgerät stellt Messwerte, Diagnosewerte und Parameter übersichtlich dar. Damit wird das Mobilgerät zur perfekten Anzeige-Einheit und kann Geräte gebundene Elemente wie z. B. blinkende LEDs ersetzen, welche unter Umständen nur schwer zugänglich sind.

Parametrierung

Das Mobilgerät erlaubt Zugriffe auf die Parametrierung des Sensors mit Hilfe eines einfachen und leicht verständlichen HMI. Einstellungen können in Dateien archiviert oder aus diesen heraus gelesen werden, z. B. um Auslieferungszustände zu sichern bzw. wieder herzustellen oder um Sensoren zu „klonen“.

Daten-Recording

Das Mobilgerät wird dazu genutzt, Mess- und/oder Diagnosedaten aus dem Sensor kontinuierlich aufzuzeichnen, um die Ergebnisse im Nachhinein auszuwerten.

Diese drei Use-Cases sind sowohl bei der Inbetriebnahme als auch bei einer späteren Fehlersuche sehr hilfreich. Der SmartBridge Adapter wird dazu jeweils temporär in die Leitung eingeschleift und auch nur kurzfristig eine Verbindung zum Mobilgerät hergestellt. Beim Monitoring ist auch eine längerfristige Nutzung denkbar, wenn z. B. eine gut lesbare Vor-Ort-Anzeige für den Sensor gebraucht wird. Das oft mühsame Ablesen von kleinen LCD-Anzeigen o. ä. entfällt. Wegen der drahtlosen Koppelung von Mobilgerät und Sensor kann die Anzeige-Einheit dabei ohne Verkabelungsaufwand so aufgestellt werden, dass sie leicht eingesehen werden kann, was mit integrierten Anzeigen unter Umständen nicht möglich ist.

Ausblick

Pepperl+Fuchs betont in seinem Konzept, das SmartBridge derzeit erst eine Studie ist und noch keine verkaufsfähigen Produkte verfügbar sind. Die Reaktionen auf das Messeexponat von Pepperl+Fuchs haben jedoch aufgezeigt, dass der Nutzen erkannt wird und ein echter Bedarf existiert. Die Diskussionen haben auch gezeigt, dass SmartBridge ein erster kleiner Schritt in Richtung Industrie 4.0 ist. Zusätzliche Ideen für eine Weiterentwicklung liegen schon auf dem Tisch, weitere werden kommen. Pepperl+Fuchs denkt, dass SmartBridge ein Weg sein kann, den Start der vierten industriellen Revolution zu begleiten.

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