Endress+Hauser Field Xpert SMT70: Sensorik für die Energiewende

Das im Frühjahr 2022 eröffnete Biomassekraftwerk bei Norske Skog Bruck deckt einen Großteil des Energieverbrauches der Papierfabrik, verringert den Verbrauch von Erdgas um bis zu 75 %, senkt die fossilen CO₂-Emissionen um bis zu 150.000 t pro Jahr und spielt eine tragende Rolle bei der Fernwärmeversorgung im Großraum Bruck. (Bild: Norske Skog)

Die Digitalisierung schreitet in allen Lebensbereichen stetig voran, manche beschwören seit beinahe 40 Jahren das papierlose Büro. Dennoch ist von einem sinkenden Bedarf an Papier nichts zu bemerken. Der erstmals vor knapp 2.000 Jahren in China hergestellte, äußerst vielseitige Werkstoff ist im beruflichen wie privaten Umfeld als Informationsträger nicht wegzudenken. Zusätzlich erfreut sich Papier in Form von Pappe steigender Beliebtheit als nachhaltigere Alternative zu Kunststoffen für Verpackungen.

Die Papierproduktion ist besonders energieintensiv, da dem Papier beim Produktionsvorgang auf den riesigen Papiermaschinen das Wasser entzogen wird, aus dem es anfangs zu 99 Prozent besteht. (Bild: Norske Skog Bruck)

Christian Trieb
Instandhaltung, Leiter Elektrotechnik/Automation bei Norske Skog Bruck

„Wir profitieren von einem einheitlichen, zukunftssicheren und instandhaltungsfreundlichen Gerätepark und der hervorragenden Qualität der partnerschaftlichen Betreuung durch den Hersteller.“

Papier, Umwelt und Energie

Außerhalb von Museen und Jahrmärkten wird Papier nicht Bogen für Bogen per Hand geschöpft, sondern in Form tonnenschwerer Papierrollen von gigantischen Hochleistungsmaschinen produziert. Österreich hat eine überdurchschnittlich starke Papierindustrie. Diese produziert laut Austropapier-Branchenbericht mit 7.600 Mitarbeitern an 23 Standorten 2 Mio. t Zellstoff und 5,1 Mio. t Papier, das sie zu 88,8 % exportiert.

Papier entsteht in einem komplexen Prozess hauptsächlich aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Die daraus gewonnenen Fasern werden in einem Stoffkreislauf immer wieder verwendet, der Altpapieranteil beträgt rund 50 %. Für die Papierproduktion wird sehr viel Wasser benötigt und sie ist sehr energieintensiv. Allerdings ist die Papierindustrie – zumindest rechnerisch – energieautark und somit nicht auf eine externe Versorgung angewiesen. Rund 16.000 GWh Verbrauch steht eine Erzeugung von ca. 18.000 GWh Energie (2020) in Form von Elektrizität und Wärme in eigenen Kraftwerken gegenüber. Der Überschuss wird in Fernwärmenetze ausgekoppelt bzw. ins allgemeine Stromnetz eingespeist.

Bereits heute werden dafür 60 % aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen. In erster Linie kommen dafür Reststoffe aus der Produktion wie Rinde, Biolauge oder Schlämme aus der Abwasserreinigung zum Einsatz. Mit jährlich rund EUR 100 Mio. an Umweltinvestitionen ist es der Branche gelungen, die CO2-Emissionen pro Tonne Papier im Vergleich zu 1990 um 40 % zu senken.

In dem vom Anlagenbauer schlüsselfertig übergebenen Kraftwerk stammt wie in der gesamten Papierfabrik die Messtechnik für alle Prozessgrößen überwiegend von Endress+Hauser.

Reinhard Ebner
Instandhaltung, E-AUT Werkstätte bei Norske Skog Bruck

„Für die Differenzdruckmessung liegen solche der instandhaltungsfreundlicheren Nachfolgegeneration im Ersatzgerätepool. Sie werden die ursprünglich eingeplanten Geräte sukzessive ablösen und mit zusätzlichen Diagnosemöglichkeiten die Instandhaltung vereinfachen.“

Papierfabrik im Umbruch

In Bruck an der Mur (Stmk.) wird bereits seit 1881 im industriellen Maßstab Papier erzeugt. Die Papierfabrik gehört seit 1996 zum norwegischen Papierkonzern Norske Skog (Deutsch: Norwegischer Wald). Dieser gehört mit rund 2.500 Mitarbeitern in sieben Werken zu den globalen Top 15 der Branche. Die rund 410 Mitarbeiter in Bruck erzeugen auf zwei Papiermaschinen jährlich ca. 470.000 Tonnen Verpackungs- und Magazinpapiere (LWC-Papier) für Wellpappeprodukte oder das monatliche Magazin. Der aktuell laufende Großumbau der Papiermaschine 3 auf hochwertiges Verpackungspapier wie z. B. Containerboard soll im Februar 2023 abgeschlossen sein.

In den vergangenen Jahren investierte Norske Skog viel in die Produktivität und die Effizienz des Standortes, vor allem auch auf den Gebieten Sicherheit, Gesundheit und Umwelt. Das seit 1996 nach ISO 14001 und EMAS zertifizierte Unternehmen hat 2003 den Global Compact unterzeichnet. Es verarbeitet nur Holz, das aus Gebieten mit verantwortungsbewusst bewirtschafteten Wäldern stammt und bietet die hier erzeugten Papiersorten auch mit dem EU Ecolabel an.

Norske Skog Bruck nutzt in der Instandhaltung künftig den Tablet-PC Endress+Hauser Field Xpert SMT70. Das ebenso robuste wie leistungsstarke Gerät kommuniziert per Bluetooth mit den Feldgeräten und ermöglicht das einfache Konfigurieren und das Überprüfen des Zustandes der Geräte.

Ing. Mirsad Cazinkić
Technischer Vertrieb bei der Endress+Hauser GmbH

„Die über alle Geräte der aktuellen Generation einheitliche Elektronik trägt zur Vereinfachung von Ersatzteilhaltung und Instandhaltung bei. Zudem ermöglicht die Heartbeat-Technology zeitgemäße Konzepte der vorausschauenden Wartung.“

Mehr Energie aus weniger Gas

Schon bisher war Norske Skog Bruck in der Lage, den Energieverbrauch aus den Gas- und Dampfturbinen der eigenen Kraftanlagen zu decken. Im Kessel K4 nutzt das Unternehmen Rinde und andere forstwirtschaftliche Abfälle zur Stromerzeugung. Am 28. April 2022 eröffnete Norske Skog im Werk Bruck nach zwei Jahren Bauzeit den neuen Kessel K9, in dem Reststoffe auch aus der Papiererzeugung verfeuert werden. Der Kessel mit 50 MW Wärme- und 10 MW elektrischer Leistung aus einer Dampfturbine deckt zwei Drittel des Wärmebedarfs der Papierfabrik und ein Drittel ihres Bedarfs an elektrischer Energie. Ein zusätzlicher E-Kessel sorgt für eine hohe Netzstabilität bei starken Bedarfsschwankungen.

Durch den Einsatz regionaler Ersatzbrennstoffe und Reststoffe verringert K9 laut Norske-Skog Unternehmenssprecher Gert Pfleger den Verbrauch von Erdgas um bis zu 75 Prozent und reduziert dadurch deutlich die Abhängigkeit von ausländischem Gas. Zugleich senkt das Kraftwerk die fossilen CO₂-Emissionen um bis zu 150.000 t pro Jahr und spielt eine wichtige Rolle bei der Stromnetzstabilisierung. Zusätzlich spielt es eine tragende Rolle bei der Fernwärmeversorgung im Großraum Bruck.

Der Tablet-PC Field Xpert SMT70 von Endress+Hauser ist ein ebenso robustes wie leistungsstarkes Gerät. Er kommuniziert per Bluetooth mit den Feldgeräten und ermöglicht das einfache Konfigurieren und das Überprüfen des Zustandes der Geräte.

Infos zum Anwender

Die 1881 gegründete Papierfabrik Bruck/Mur (Stmk.) gehört seit 1996 zum norwegischen Papierkonzern Norske Skog mit Hauptsitz in Oslo, der in sieben Werken in Europa, Asien und Australien rund 2.500 Mitarbeiter beschäftigt. Ihre rund 410 Mitarbeiter produzieren auf zwei Papiermaschinen jährlich 400.000 Tonnen Zeitungsdruckpapier und Magazinpapier (LWC-Papier) für die tägliche Zeitung oder das monatliche Magazin.
(Bild: Norske Skog Bruck GmbH)

Messtechnik entscheidet

Der Neubau der Kraftwerksanlage ist ein Vorgriff auf die Erneuerung der Papiermaschine 3, deren Reststoffe im K9 thermisch verwertet werden sollen. Geplant und schlüsselfertig errichtet wurde der Kessel vom erfahrenen finnischen Kessel- und Anlagenbauer Valmet Oy. Die Anlagenentwicklung erfolgte dabei stets in enger Abstimmung mit dem Standort Bruck.

Eine effiziente, ressourcen- und umweltschonende Energieerzeugung aus biogenen Brennstoffen mit wechselnder Zusammensetzung erfordert ein ständiges Nachregeln vieler Stellgrößen. „Messtechnisch geht die Aufgabe daher weit über den eigentlichen Kessel und die Turbine hinaus“, erläutert Christian Trieb, Leiter Elektrotechnik und Automatisierung bei Norske Skog Bruck. „Sie reicht bis zu chemischen Analysen direkt im Kessel selbst bis zur Kontrolle der Abwasserqualität.“

Dementsprechend bildete die umfangreiche Instrumentierung der komplexen Anlage einen entscheidenden Teil dieses Gesamtwerkes. An weit über 100 Messpunkten werden Prozessgrößen wie Füllstand, Druck, Differenzdruck, Durchfluss bzw. Mengen und Temperaturen gemessen. Dazu kommen Messungen des pH-Wertes und der Leitfähigkeit sowie radiometrische Dichtemessungen als Grundlage für die Steuerung des Brennstoffeintrages.

Die radiometrische Dichtemessung am Kessel steuerte Endress+Hauser Österreich bei, einschließlich einer Strahlungsquelle aus österreichischer Produktion.

Gamma Know-How aus Österreich

Für die Ausstattung des Kessels mit der radiometrischen Dichtemessung holte Valmet Oy die Experten von Endress+Hauser Österreich ins Boot. „Beim Umgang mit radiometrischen Präparaten gibt es in jedem Land etwas andere Vorschriften und Zertifizierungsverfahren“, nennt Mirsad Cazinkić, Technischer Vertrieb bei Endress+Hauser, den Grund dafür. „Wir können auf jahrzehntelange Erfahrungen zurückgreifen und lieferten auch eine Strahlungsquelle aus eigener Produktion zu.“ Dabei war auch der Strahlenschutzbeauftragte von Norske Skog direkt eingebunden.

Langjährige Nutzung prägt Vorgaben

Maschinen und Anlagen in einer Papierfabrik sind besonders langlebig, der Anspruch an ihre Verfügbarkeit ist hoch. So stand z. B. die aktuell im Umbau befindliche Papiermaschine 3 seit 1953 beinahe ohne Unterbrechungen im Betrieb. Deshalb sind gerade im Fall der Messtechnik und Automatisierung neben der Präzision und Datenqualität auch die Langlebigkeit im harten industriellen Umfeld sowie eine einfache Instandhaltung mit guter Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Herstellersupport entscheidende Auswahlkriterien.

„Wir betreuen Norske Skog Bruck seit vielen Jahren und sind mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut“, sagt Herbert Springer, der Norske Skog im Vertriebsinnendienst bei Endress+Hauser Österreich betreut. „Zudem kann ein Servicemitarbeiter bei Bedarf sehr schnell aus kurzer Entfernung anreisen.“

„Bei der Messtechnik haben wir unseren hausinternen Standard vorgegeben“, erklärt Christian Trieb. „Für den überwiegenden Anteil der Messgrößen kommen Geräte von Endress+Hauser zum Einsatz.“

Mit diesen sind die 12 Projekt- und Instandhaltungstechniker sowie 21 Facharbeiter der Abteilung Elektrotechnik und Automatisierung bei Norske Skog Bruck bestens vertraut. Gleiches gilt für die insgesamt neun Lehrlinge im Bereich E-Aut. Im Zuge ihrer Ausbildung fahren diese ins Stammwerk von Endress+Hauser in der Schweiz. Umgekehrt verbringen Lehrlinge von Endress+Hauser einen Teil ihrer Ausbildungszeit bei verschiedenen Kunden, um sich mit der Praxis vertraut zu machen.

Zukunftsfit durch Predictive Maintenance

Reinhard Ebner ist in der Elektro- und Automationswerkstatt von Norske Skog Bruck für die Überleitung von Projekten in die Instandhaltung verantwortlich. „Wegen der oft recht langen Realisierungszeiträume gehören zu dieser Aufgabe nicht selten auch Anpassungsarbeiten an frisch installierten Anlagen“, berichtet er. „So konnten wir gemeinsam mit Endress+Hauser Österreich statt der ursprünglich eingeplanten Geräte für die Differenzdruckmessung gleich solche der Nachfolgegeneration als Ersatzgeräte vorsehen.“

Diese ist nicht nur voll kompatibel mit den ursprünglich vorgesehenen Geräten, sondern bringt diesen gegenüber einige Vorteile. „Die über alle Geräte dieser Generation einheitliche Elektronik trägt zur Vereinfachung von Ersatzteilhaltung und Instandhaltung bei“, bekräftigt Ing. Mirsad Cazinkić. „Zudem ermöglicht die Heartbeat-Technology zeitgemäße Konzepte der vorausschauenden Wartung.“

Weiterer Digitalisierungsschritt

Um die Vorteile der aktuellen Gerätegeneration besser ausschöpfen zu können, wird Norske Skog Bruck in der Instandhaltung künftig den Tablet-PC Endress+Hauser Field Xpert SMT70 nutzen. Das ebenso robuste wie leistungsstarke Gerät kann unter anderem über Bluetooth mittels vorinstallierter Gerätetreiber mit nur einem Klick Verbindung mit den Feldgeräten aufnehmen. Die touch-optimierte Gerätekonfigurationssoftware samt Gerätediagnose nach NAMUR NE 107 ermöglicht das einfache Konfigurieren der Geräte und das Überprüfen des Zustandes auch ganzer Gerätegruppen.

„Die kabellose Kommunikation mit den Feldgeräten erspart zeitraubende Wege, die intuitiv zu bedienende Software unterstützt Instandhalter mit Detailinformationen über sämtliche Geräte von Endress+Hauser in Reichweite“, erklärt Herbert Springer. “Das erleichtert die Umsetzung von Predictive Maintenance zum Schutz vor unvorhergesehenen Ausfällen.“

In Zukunft noch nachhaltiger

Gemeinsam mit der überarbeiteten Papiermaschine wird Anfang 2023 eine Biogasanlage in Betrieb gehen. Damit wird die Energieerzeugung in der Papierfabrik Bruck von Norske Skog noch nachhaltiger. „Auch dabei ziehen wir die Messtechnik von Endress+Hauser in Betracht“, stellt Christian Trieb fest. „So profitieren wir von einem einheitlichen, zukunftssicheren und instandhaltungsfreundlichen Gerätepark und der hervorragenden Qualität der partnerschaftlichen Betreuung durch den Hersteller.“