Eplan Pro Panel: Methodenwechsel im Schaltschrankbau

Virtueller Prototyp pulverisiert Zeitbedarf für Verdrahtung: Der bisher verwendete Ordner mit Betriebsmittellisten, Montageplänen und Stromlaufplänen ist als zentrale Fertigungsunterlage nicht mehr zeitgemäß. Er hat ausgedient. Auf der SPS IPC Drives 2018 präsentierte Eplan aufeinander abgestimmte Software-Lösungen und digitale Assistenzsysteme für das Engineering, die Arbeitsvorbereitung und die Fertigung im Schaltschrankbau. Ein Showcase verdeutlichte die enormen Potenziale zur Reduktion der Fertigungs- und Montagezeiten in der Verdrahtung durch die Digitalisierung und Automatisierung der Wertschöpfungskette. Von Peter Kemptner, x-technik

Eplan Smart Wiring visualisiert den Verdrahtungsprozess übersichtlich und Schritt für Schritt, auch auf Mobile Devices.

Eplan Smart Wiring visualisiert den Verdrahtungsprozess übersichtlich und Schritt für Schritt, auch auf Mobile Devices.

Ing. Martin Berger
Geschäftsführer Eplan Software & Service GmbH

„Ganzheitliche Lösungen ermöglichen auch die ganzheitliche Steigerung von Produktivität und Effizienz im Produktherstellungsprozess und darüber hinaus.“

Nicht nur die Anwender von Produktionsmaschinen, sondern auch deren Hersteller sind bemüht, ihre Produktionsprozesse zu automatisieren. Sie wissen, dass u. a. davon ihre Fähigkeit abhängt, am Standort Europa international konkurrenzfähig zu bleiben. Ein weiter wachsender Anteil der Produktionsaufwendungen im Maschinen- und Anlagenbau fließt in den Schaltschrankbau. Dieser steht angesichts einer zunehmenden Komplexität der Steuerungstechnik und ihrer Komponenten vor großen Herausforderungen. Dazu trägt der Fachkräftemangel bei vollen Auftragsbüchern ebenso bei wie Normen, der Kundenwunsch nach Individualisierung, immer engere Liefertermine und späte Änderungswünsche.

In Eplan Electric P8 und Eplan Pro Panel entstehen alle Daten, die für die Effizienzsteigerung im Schaltschrankbau benötigt werden, insbesondere zur Beschleunigung der Verdrahtungsprozesse.

In Eplan Electric P8 und Eplan Pro Panel entstehen alle Daten, die für die Effizienzsteigerung im Schaltschrankbau benötigt werden, insbesondere zur Beschleunigung der Verdrahtungsprozesse.

Digitalisierung der Handarbeit

Zwar gibt es auch Maschinen, die eine weitgehgende Automatisierung dieser Aufgabe ermöglichen. Ihre hohen Investitionen refinanzieren sich jedoch erst ab recht hohen Stückzahlen. Allerdings gibt es sehr wohl Möglichkeiten, die wertschöpfenden Prozesse im Steuerungs- und Schaltschrankbau auch mit überschaubarer Investition schneller, wirtschaftlicher und präziser zu gestalten.

Das geniale daran: Alles, was es dazu braucht, ist bereits in der einen oder anderen Form vorhanden und muss nur noch entlang einer abgestimmten Prozesskette nutzbar gemacht werden. Das Geheimnis liegt in der Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette im Schaltschrankbau, um Engineering und Konstruktion einerseits sowie Arbeitsvorbereitung und Produktion andererseits zu einem einzigen, durchgängigen Prozess zu verknüpfen.

Entwicklungsdaten für Produktion nutzen

Sehr weit fortgeschritten hat Eplan die Digitalisierung bereits in der Entwicklung. Dazu trägt im Schaltschrankbau vor allem das nahtlose Zusammenspiel der Engineering-Software Eplan Electric P8 mit Eplan Pro Panel für die 3D-Schaltschrankkonstruktion bei. Damit entsteht – beschleunigt und erleichtert durch Integration fertiger Komponenten aus dem Eplan Data Portal – ein vollständiger virtueller Prototyp des Schaltschrankes.

Beim Montageaufbau in Eplan Pro Panel fallen Informationen über erforderliche Bohrungen oder Blechausschnitte für die Komponentenmontage an. Diese können über Fertigungsschnittstellen direkt an CNC-Bearbeitungsmaschinen weitergegeben werden und so die Blechbearbeitung wesentlich beschleunigen.

In Eplan Pro Panel erhalten auch alle in der Elektrokonstruktion funktional definierten elektrischen Verbindungen ihre mechanischen Ausprägungen. Dabei werden die optimalen Verlegewege ermittelt und die erforderlichen Leitungslängen kalkuliert. Während die Kennzeichnung üblicherweise bereits in Eplan Electric P8 festgelegt wird, erfolgt bei dieser Gelegenheit die Festlegung der Farbe und Adernendbehandlung für jeden einzelnen Draht. Damit liegen alle Informationen vor, die zum Vorbereiten der einzelnen Drähte benötigt werden.

Ausgehend von einer Verbindung kann mit Eplan Smart Wiring jederzeit im Schaltplan nachgesehen werden. Das gibt Sicherheit bei der Umsetzung.

Ausgehend von einer Verbindung kann mit Eplan Smart Wiring jederzeit im Schaltplan nachgesehen werden. Das gibt Sicherheit bei der Umsetzung.

Automatisierte Drahtkonfektion

Rund 50 % der Arbeitszeit im Schaltschrankbau wird für das Verdrahten aufgewendet. Laut einer Studie der Universität Stuttgart sind zum Vorbereiten des Drahtes für die Verdrahtung (Ablängen, Crimpen und Beschriften) mit herkömmlichen Methoden durchschnittlich mehr als 2 ½ Minuten Arbeitszeit erforderlich.

Wie sich dieser Vorgang um den Faktor acht beschleunigen und dabei auch noch die Qualität heben lässt, zeigte auf der SPS IPC Drives ein kompakter Drahtkonfektionier-Vollautomat als Teil der optimierten Prozesskette. Das in Nürnberg erstmals vorgestellte Wire Terminal WT von Rittal verwendet die Daten aus Eplan Pro Panel, um Drähte ohne manuelle Eingriffe zu konfektionieren. Die fertig abgelängten, abisolierten und gecrimpten sowie optional auch bedruckten Drähte werden in der passenden Reihenfolge für die Weiterverarbeitung bereit gestellt. Näheres erfahren Sie in einem eigenen Artikel über das Rittal Wire Terminal auf Seite 76 dieser Ausgabe von x-technik AUTOMATION.

In der Version 2.8 von Eplan Smart Wiring unterstützt ein neuer Prüfmodus bei der finalen Kontrolle des fertigen Schaltschranks.

In der Version 2.8 von Eplan Smart Wiring unterstützt ein neuer Prüfmodus bei der finalen Kontrolle des fertigen Schaltschranks.

Assistenzsysteme für manuelles Verdrahten

Für das Installieren einer Verbindung aus dem Schaltplan im Schaltschrank braucht ein Elektriker laut der erwähnten Studie durchschnittlich 4 ½ Minuten. Knapp ein Drittel davon geht für das Lesen und fachgerechte Interpretieren des Stromlaufplanes drauf, 13 % für das Vorbereiten des Drahtes – grobes Führen und Abschätzen der Drahtlängen. Nur 56 % widmet der Fachmann dem eigentlichen Verdrahten (Ablängen, Kabelschuh aufbringen, Crimpen, Verlegen).

An einem realen Verdrahtungsarbeitsplatz konnten Besucher die manuelle Konfektionierung von Drähten und die Verdrahtung mittels digitaler Assistenzsysteme erleben. Die Systemunterstützung kam von der Software Eplan Smart Wiring. Auf Basis der Daten des virtuellen Prototyps visualisiert sie übersichtlich Schritt für Schritt den Verdrahtungsprozess. Auf Wunsch lassen sich die Informationen für den Verdrahter auch auf Mobile Devices bereitstellen.

Der Arbeitsprozess erfolgt in derselben Reihenfolge wie die Ausgabe der Konfektionen im Wire Terminal. Verdrahter nehmen die vorgefertigten Drähte einfach der Reihe nach aus den bereitstehenden Drahtmagazinen und verlegen diese wie von Eplan Smart Wiring aufgezeigt. So können sie ihre Aufgaben Stück für Stück abarbeiten. Das vereinfacht den sehr komplexen Verdrahtungsprozess enorm und macht ihn für weniger qualifiziertes Personal handhabbar, denn wer lesen kann, kann verdrahten, ohne den Schaltplan zu konsultieren.

Digitales Informationsmanagement

Nach wie vor werden alle für Reparatur und Instandhaltung benötigte Informationen meist in der klassischen Schaltplantasche aufbewahrt, üblicherweise auf Papier in Form von Betriebsmittellisten, Stücklisten, Klemmenplänen und natürlich dem Schaltplan. Das von Eplan und Rittal gezeigte Digital Information Management ermöglicht als zentrales Informationsmanagement-Tool den digitalen Zugriff auf die Maschinen- und Anlagendokumentation. Zentral und sicher verwaltet, ist die Dokumentation jederzeit verfügbar und lässt sich immer aktuell halten.

Der Zugriff auf das Eplan-Projekt in der „digitale Schaltplanmappe“ erfolgt über eine Rittal-App durch Scannen eines serienmäßig aufgebrachten QR-Codes am Schaltschrank. Per Kopplung zur neuen Cloud-Lösung Eplan eVIEW lassen sich zudem auch in Service und Maintenance Redlining-Szenarien abbilden.

Nicht ohne Beratung

Jeder Betrieb ist anders. Um durch einen Methodenwechsel die Engineering-, Fertigungs- und Integrationspotenziale bestmöglich auszuschöpfen, brauchen Unternehmen Methodik-Wissen ebenso wie Know-how und Erfahrung in der Prozessoptimierung. Eplan hat daher ein breites Angebot an Beratungs- und Consultingleistungen. Dabei kommt auch ein neues Prozess-Analyse-Tool zum Einsatz. Es ermöglicht das Erfassen der Ist-Situation beim Kunden und das Ermitteln von Optimierungspotentialen im Prozess.

Anhand des Messe-Showcases zeige Eplan, welch enormer Nutzen in der Digitalisierung und Automatisierung der Wertschöpfungskette liegt. Besucher konnten sich davon überzeugen, wie stark sich die Fertigungs- und Montagezeiten allein in der Verdrahtung reduzieren lassen.

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