anwenderreportage

30 Millisekunden machen den Unterschied

Viele Unternehmen sagen von sich, innovativ zu sein. Die Berhalter Swiss Die-Cutting belegt diesen Anspruch mit ihrer B6 aber auch eindrucksvoll. Eine fehlersichere Bedienung, digitale anstatt mechanische Bewegungen sowie eine Hub-Korrektur in Echtzeit sind nur einige Highlights der komplett zustandsüberwachten Stanzmaschine.

Die Swiss Die-Cutter B6 von Berhalter, die komplett zustandsüberwachte Stanzmaschine.

Die Swiss Die-Cutter B6 von Berhalter, die komplett zustandsüberwachte Stanzmaschine.

Shortcut

Aufgabenstellung: Produktivitätssteigerung einer Stanzmaschine bei gleichzeitiger Senkung der Herstellerkosten.

Lösung: Intelligente Servoachsen, Reaction-Technologie, Mapp-Technologie,Visualisierung von B&R.

Nutzen: Rasche Entwicklungszeit der Maschine, geringere Herstellerkosten, Performancesteigerung von 400 auf 500 Takte pro Minute.

Spätestens wenn die Zitrone ausgequetscht ist, sollte man sich Gedanken machen, wie sich neue Quellen erschließen lassen. So war es auch bei der Berhalter Swiss Die-Cutting im schweizerischen Widnau. „Wir haben unsere Maschinen permanent weiterentwickelt und erreichten irgendwann einmal den Punkt, an dem es nicht mehr weiterging“, erzählt Dalibor Schuman, Managing Director di-cutting und Mitglied der Geschäftsleitung bei Berhalter. Die Kostenstruktur verteuerte sich wieder und ließ sich weder konstruktiv, herstellungs- noch rohstofftechnisch kompensieren. Das war der Startschuss für die Entwicklung der Swiss Die-Cutter B6.

Bei deren Projektierung befassten sich die Verantwortlichen auch mit der Frage, ob sich mit den heutigen technischen Möglichkeiten eine Maschine bauen lässt, die einen 20 bis 25 % höheren Output bei zugleich tieferen Herstellkosten erzielt. Die Voranalysen waren ernüchternd. „Es zeigte sich, dass wir Technologien benötigen, die es so am Markt überhaupt noch nicht gibt“, erinnert sich Schumann.

Um den Fertigungsaufwand zu reduzieren, bildet die B6 Bewegungen nicht mehr mechanisch, sondern digital ab – umgesetzt wurde dies von Berhalter mit Hilfe der Mapp-Technology von B&R.

Um den Fertigungsaufwand zu reduzieren, bildet die B6 Bewegungen nicht mehr mechanisch, sondern digital ab – umgesetzt wurde dies von Berhalter mit Hilfe der Mapp-Technology von B&R.

Funktionsweise der Swiss Die-Cutting B6

Die B6 verarbeitet von der Rolle bedrucktes sowie unbedrucktes Material in Breiten von 100 bis 600 mm im Flachbett-Stanzverfahren. Dieses wird von der Maschine kontinuierlich abgewickelt und läuft zunächst in die Prägestation, wo die Deckel eine Struktur erhalten. Von dort geht das Material durch die Kompensationseinheit, dem Tänzer, welcher die Abwicklung und den Stanzhub ausgleicht.

Im Stanzbereich kommt ein hochpräzises Stanzwerkzeug zum Einsatz, welches Geschwindigkeiten von bis zu 500 Takten die Minute ermöglicht. Da der durchschnittliche Yoghurtdeckel einen Durchmesser von 75 mm hat, verfügt das Stanzwerkzeug über 16 Kavitäten, was einen Ausstoß von über 400.000 Deckeln in der Stunde ermöglicht.

Hub-Korrektur in Echtzeit

Was also tun, wenn es etwas braucht, das es so überhaupt noch nicht gibt? Genau, einen Partner suchen, der über das entsprechende Portfolio und Know-how verfügt, diese benötigten Technologien zu entwickeln. Diesen fand das im St. Galler Rheintal ansässige Unternehmen im Automatisierungsspezialisten B&R. „Für uns zeigte sich, dass das der ideale Partner ist“, resümiert Dalibor Schuman und begründet dies so: „B&R bietet vom Antrieb bis hin zur Visualisierung alles und ist einer der wenigen Hersteller, der überhaupt die von uns benötigten Zykluszeiten hinbekommt.“

Welche Relevanz die Zykluszeiten für die Produktivitätssteigerung der B6 haben, wird beim Nachrechnen schnell deutlich. Damit diese einen 25 % höheren Auswurf als die bisherigen Maschinen von Berhalter hinbekommt, muss diese mit 500 anstatt wie bisher 400 Takte in der Minute stanzen. Dadurch verkürzt sich die verfügbare Zeit pro Takt von 150 auf 120 Millisekunden.

Nun erscheinen diese 30 Millisekunden zunächst nicht als spielentscheidend. Möchte man aber zugleich eine Innovation wie eine Echtzeit-Hub-Korrektur realisieren, tun sich auf einmal automatisierungstechnische Welten auf. Während diese Hub-Korrektur bisher über eine Tendenzsteuerung erfolgt, also zum Beispiel 200 Hübe messen und dann entsprechend nachregeln, erfasst die Swiss Die-Cutter B6 den aktuellen Hub und korrigiert diesen während des Stanzvorgangs. Schlüssel für diesen wahrhaftigen Technologiesprung sind intelligente Servoachsen.

Wie wird nun aber eine Servoachse intelligent? Im Falle der B6 übernimmt das die Reaction-Technologie von B&R. Diese verlagert mittels FPGA die Intelligenz von der Steuerung direkt ins Feld und verleiht so dem Anwender eine enorme Flexibilität. „Die Reaction-Technologie lässt sich an beliebigen Stellen einer Maschine verbauen und ermöglicht ganz ohne CPU-Belastung Reaktionszeiten kleiner einer Mikrosekunde“, erklärt Paolo Salvagno, Geschäftsführer B&R Schweiz, deren Besonderheit.

Auch die Bewegung des sogenannten Tänzers, der Materialabwicklung und den Stanzhub kompensiert, wird direkt und dezentral auf dem Servoregler gerechnet.

Auch die Bewegung des sogenannten Tänzers, der Materialabwicklung und den Stanzhub kompensiert, wird direkt und dezentral auf dem Servoregler gerechnet.

Digitales anstatt mechanisches Antriebssystem

Die Datenverarbeitung direkt in den Aktoren ist nur eine von vielen Innovationen, mit denen der Widnauer Maschinenbauer seine Neuentwicklung versehen hat. Um deren Kostenstruktur positiv zu beeinflussen, hat sich dieser noch sehr viel mehr Cleveres überlegt. Um beispielsweise den Fertigungsaufwand zu reduzieren, bildet die B6 Bewegungen nicht mehr mechanisch, sondern digital ab. Dazu erklärt Schuman: „Der Hauptantrieb an unseren bestehenden Maschinen basiert auf einem mechanischem Hebelsystem. Dieses haben wir in der B6 durch ein digitales Antriebssystem ersetzt.“

Da es dieses nicht zu kaufen gibt, entwickelte Berhalter dieses innovative System in eigener Regie und setzte dabei auch die Mapp-Technologie von B&R ein. „Wenn wir dabei entwicklungstechnisch an unsere Grenzen kamen, konnten wir uns jederzeit an B&R wenden“, lobt Schuman das gute Miteinander. Was die Zusammenarbeit aus seiner Sicht hierbei besonders schnell und erfolgreich machte, war der exklusive Ansprechpartner: „Das hat uns vieles erleichtert, da Ralf Schmocker unsere Anliegen koordinierte.“

Dalibor Schuman
Managing Director die-cutting und Mitglied der Geschäftsleitung bei Berhalter

„B&R bietet vom Antrieb bis hin zur Visualisierung alles und ist einer der wenigen Hersteller, der überhaupt die von uns benötigten Zykluszeiten hinbekommt. Die Verkürzung der Zykluszeiten erreichten wir dank der B&R Reaction Technology beim Stanzvorgang, beim Zählprozess und bei der Materialbahnführung.“

IoT/IIoT-Plattform integriert Zustandsüberwachung

Dieser exklusive Ansprechpartner erlaubte es Berhalter, sich auf die eigene Expertise zu fokussieren – von der Idee bis zur in Marktbringung vergingen keine zwei Jahre. In dieser entwickelten die Verantwortlichen nicht nur die Echtzeit-Hub-Korrektur und die digitalen Antriebsachsen, sondern auch die IoT/IIoT-Plattform „CUTcontrol“. Diese informiert den Betreiber periodisch über den Zustand der Maschine, so dass dieser entsprechende Wartungsfenster einplanen und so ungeplante Stillstände vermeiden kann.

„Außerdem sehen wir in unserer CUTcontrol-Serviceplattform den kompletten Maschinenpark des Kunden, selbst wenn dieser an verschiedenen Standorten produziert“, betont Schumann. Den Blick auf die einzelnen Standorte ermöglicht dabei das Dashboard, das zugleich den Zustand der eingesetzten Stanzwerkzeuge und Prägeeinheiten anzeigt. Diese integrieren RFID-Technologie und übermitteln der Maschine ihr Befinden.

Von dieser Fähigkeit profitieren Betreiber der Swiss Die-Cutter B6 auch in anderer Hinsicht. Geben diese beispielsweise an einer Maschine eine Produktionsoptimierung ein, merkt sich das Werkzeug diese. Kommt es zwei Wochen später in einer anderen Maschine zum Einsatz, überträgt es die vorgenommenen Optimierungen automatisch an die Steuerung. Für den Managing Director ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil – schließlich kann ein Produktwechsel mit den nötigen Produktionsoptimierungen bis zu einem Tag Zeit in Anspruch nehmen.

Paolo Salvagno
Managing Director bei B&R Schweiz

„Bisher sind Reaktionszeiten im Mikrosekundenbereich in der Automatisierung nur mit teuren und komplizierten Speziallösungen möglich gewesen. Mit der Reaction Technology bieten wir der Firma Berhalter einfache und kostengünstige Lösungen an.“

Infos zum Anwender

Das Schweizer Familienunternehmen Berhalter mit Sitz in Widnau steht für die Herstellung innovativer und kundenindividueller Stanzsysteme. Berhalter ist der weltweit einzige Hersteller von Flachbettstanzmaschinen mit eigenem Werkzeugbau. Mit ihren leistungsstarken Stanzmaschinen und einem Spezialisten für Stanzwerkzeuge bietet er maßgeschneiderte Dienstleistungen – 100% made in Switzerland. Dem Einsatzspektrum der Berhalter-Stanzsysteme sind keine Grenzen gesetzt – Systeme, mit denen sowohl filigrane Deckel- und Etikettengeometrien als auch unterschiedlichste Materialien optimal verarbeitet und perfekt gestanzt werden können.

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