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Mechatronische Antriebstechnik-Lösungen für intelligentere Fabriken: 1965 gegründet, hat sich Nord Drivesystems erfolgreich vom reinen Getriebehersteller zum Anbieter intelligenter, hoch integrierter und kommunikativer Antriebssysteme gewandelt. Heute gehört das bis heute familiengeführte Unternehmen mit ca. 500 Millionen Euro Gruppenumsatz zu den weltweit führenden Anbietern industrieller Antriebstechnik. x-technik AUTOMATION sprach mit Ing. Manfred Zechner, Geschäftsführer der Getriebebau Nord GmbH in Linz darüber, wie dieser Erfolg an der Schwelle zum Zeitalter der Informatisierung von Produktionseinrichtungen gesichert und ausgebaut werden kann. Autor: Ing. Peter Kemptner / x-technik

Nord Drivesystems liefert mit individuell abgestimmten dezentralen Antriebseinheiten aus einer Hand smarte Antriebssysteme für flexible und komfortable Positionierlösungen in der intelligenten Fabrik.

Nord Drivesystems liefert mit individuell abgestimmten dezentralen Antriebseinheiten aus einer Hand smarte Antriebssysteme für flexible und komfortable Positionierlösungen in der intelligenten Fabrik.

Ing. Manfred Zechner
Geschäftsführer Getriebebau Nord GmbH

„Mit den weitreichenden Autonomiefunktionen und Kommunikationseigenschaften unserer Antriebstechnik-Lösungen sehen wir uns hervorragend für die Zukunft gerüstet.“

Mit Servicestützpunkten und Montagewerken ist Nord Drivesystems in über 60 Ländern der Welt vertreten. Österreich ist da keine Ausnahme, im Gegenteil: Die Getriebebau Nord GmbH bedient von ihrem Standort in Linz aus unter anderem mit einem zentralen Montagewerk neben Österreich auch ganz Osteuropa. Als Ing. Manfred Zechner Mitte 2012 die Geschäftsführung übernahm, hatte die Diskussion über Industrie 4.0, Cyber-physikalische Systeme und das Internet der Dinge gerade erst begonnen. Dank der durchgängigen Produktpalette als innovative Synthese aus kompakter Mechanik und intelligenter Elektronik übernahm er ein bestens für diese Zukunft aufgestelltes Unternehmen.

Bei Logistikanlagen entwickelt sich Nord Drivesystems zum Anbieter von Gesamtlösungen.

Bei Logistikanlagen entwickelt sich Nord Drivesystems zum Anbieter von Gesamtlösungen.

Herr Ing. Zechner, welche Zwischenbilanz können Sie nach zwei vollen Jahren als Geschäftsführer der Getriebebau Nord GmbH ziehen?

Trotz des aktuell recht schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes eine sehr gute. Wir konnten im vergangenen Jahr ein hervorragendes Ergebnis einfahren und haben sowohl in Österreich als auch in Osteuropa ein bemerkenswertes Wachstum erzielt. Gepunktet haben wir dabei in erster Linie mit neuen Produkten, die für Maschinen- und Anlagenbauer wichtige Bausteine zum Aufbau von Systemen nach dem Leitbild „Industrie 4.0“ darstellen.

Der Trend zum Ersatz mechanischer Kopplungen durch mehr, dafür kleinere Motoren für jede Einzelaufgabe hält ungebrochen an.

Der Trend zum Ersatz mechanischer Kopplungen durch mehr, dafür kleinere Motoren für jede Einzelaufgabe hält ungebrochen an.

Wo liegen die Schwerpunkte der Produktpolitik von NORD DRIVESYSTEMS im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen im Maschinen- und Anlagenbau?

Nicht erst seit ein paar Jahren ist im Maschinenbau – vor allem in Österreich, wo sehr innovative Spezialitäten entwickelt werden – ein rasanter Anstieg der Variantenvielfalt zu beobachten. Um diese beherrschbar zu halten, geht der Trend in Richtung Maschinenmodularisierung. Diese verlangt die Dezentralisierung der Antriebstechnik mit dem Umrichter oder Servoregler direkt am Motor statt in einem zentralen Schaltschrank. Diesen Trend hat Nord Drivesystems frühzeitig erkannt und aufgenommen und das Produktportfolio der dezentralen Antriebstechnik ausgebaut. Heute sind wir auf diesem Gebiet im Bereich bis 22 kW weltweiter Marktführer.

Antriebslösungen von Nord Drivesystems können über alle gängigen Feldbus- und Ethernet-Standards kommunizieren und unterstützen so die Informatisierung von Produktionsanlagen.

Antriebslösungen von Nord Drivesystems können über alle gängigen Feldbus- und Ethernet-Standards kommunizieren und unterstützen so die Informatisierung von Produktionsanlagen.

Worauf führen Sie es zurück, dass Nord Drivesystems heute in der dezentralen Antriebstechnik diese führende Rolle auf dem Markt einnimmt?

Im Jahr 2015 wird Nord Drivesystems 50 Jahre alt. Der ursprünglich reine Geriebehersteller ergänzte bereits nach kurzer Zeit sein Portfolio um eigene Elektromotoren zu ideal abgestimmten elektromechanischen Einheiten. Bereits in dieser Phase wurde ein Prozess in Gang gesetzt, bei dem bis dahin getrennte Welten ein Stück weit miteinander verschmolzen. Als logischer nächster Schritt folgte die Entwicklung und Produktion eigener Servoregler, Frequenzumrichter und Motorstarter. Diese Ansteuergeräte ergänzen Motor und Getriebe zu mechatronischen Gesamtwerken. In der Schaltschrankversion sind sie modular aufgebaut, immer öfter verschmelzen sie mit Motor und Getriebe zu dezentralen mechatronischen Einheiten. Diese senken Platzbedarf und Verkabelungsaufwand und begünstigen den modernen modularen Maschinenbau.

Die Modularisierung ist ein Haupt-Trend in Maschinenbau und eine der Voraussetzungen für Industrie 4.0. Sie erfordert die Dezentralisierung der Intelligenz auf der Feldebene und damit der Antriebslösungen.

Die Modularisierung ist ein Haupt-Trend in Maschinenbau und eine der Voraussetzungen für Industrie 4.0. Sie erfordert die Dezentralisierung der Intelligenz auf der Feldebene und damit der Antriebslösungen.

Welche Rolle spielt dabei die Österreich-Tochter Getriebebau Nord GmbH?

Während Entwicklung und Fertigung der Basisgeräte mit Mechanik, Hard- und Software an anderen Standorten stattfinden, erfolgt in Linz das anwendungsorientierte Engineering der in Österreich und Osteuropa individuell benötigten Lösungen sowie deren Zusammenbau, Parametrierung und Test sowie bei Bedarf Inbetriebnahme und Service. Bei einer Kapazität von 20.000 Einheiten pro Jahr stellen wir 4.000 kundenspezifische Varianten her. Die Losgröße pro Auftrag liegt unter fünf Stück. Damit stellt das österreichische Montagewerk ebenso wie die Komponenten- und Gerätewerke an anderen Nord-Standorten eine sehr gute Umgebung dar, um die Herausforderungen und Lösungen für die Produktionsautomatisierung im Echtbetrieb zu bewältigen.

Antriebslösung für energieeffiziente Pumpen bis 22 kW von Nord Drivesystems führen zu bis zu 60 % Energieersparnis.

Antriebslösung für energieeffiziente Pumpen bis 22 kW von Nord Drivesystems führen zu bis zu 60 % Energieersparnis.

Was sind die wichtigsten Voraussetzungen dafür, die Vision einer Informatisierung der Produktion Realität werden zu lassen?

Wesentlichstes Merkmal dieser Zukunftsstrategie ist die vertikale Integration aller Schichten der Automatisierungspyramide, von der Sensorik und Aktorik über die Steuerungs- und Leitebene hinweg bis auf die Ebene übergeordneter ERP- und Produktionsplanungssysteme. Andererseits ist auch eine horizontale Integration wichtig, sodass sich die zunehmend eigenintelligenten Geräte auf der Feldebene auch ohne den Umweg des Datenverkehrs über Steuerrechner „auf kurzem Wege“ untereinander abstimmen können. Das hilft durch die Möglichkeit zur schnellen Synchronisierung zahlreicher Bewegungsachsen, mechanische Kopplungen zu ersetzen und Maschinen mit noch mehr Modularität auszustatten. Die in den Visionen zu Industrie 4.0 skizzierten adaptiven Fertigungsanlagen werden nur auf diese Weise zu realisieren sein.

Die wesentlichste Voraussetzung dafür ist die uneingeschränkte Kommunikationsfähigkeit sämtlicher beteiligter Systeme, Subsysteme und Komponenten auf allen Ebenen der Automatisierungspyramide. Diese beschränkt sich nicht auf das bloße Vorhandensein von Schnittstellen, sondern muss ein Gesamtpaket aus Bereitstellung reichhaltiger Daten mit hoher Aussagekraft, Bedienung unterschiedlichster Schnittstellen und Kompatibilität mit Protokollen sowie rasche Reaktion auf Dateneingang darstellen.

Wie erfüllen die Produkte von Nord Drivesystems bereits heute diese Voraussetzungen?

Bereits seit längerem sprechen die Antriebssysteme von Nord Drivesystems viele Sprachen. Der Datenaustausch mit der Steuerungs- und Leitsystemebene erfolgt über alle gängigen Feldbusse sowie CANopen. Mit Profinet, Ethernet/IP, EtherCAT und POWERLINK stehen darüber hinaus alle wesentlichen Varianten von Industrial Ethernet zur Verfügung. Das ist nicht nur wichtig, um mit Echtzeitfähigkeit große Achsenzahlen schnell zu synchronisieren, das eröffnet auch transparente Datenwege über die Fabrikhalle hinaus und die Ankopplung von Geräten der allgemeinen IT, etwa von Tablet-Computern oder Smartphones für Diagnose und Wartung. Um den technologischen Vorsprung zu wahren und für seine Kunden frühzeitig nutzbar zu machen, arbeitet Nord Drivesystems in den Normungsgremien und Nutzervereinigungen aktiv an der Weiterentwicklung dieser Standards mit.

Neben Technologiefunktionen und weitreichenden Energiesparfunktionen können die intelligenten Frequenzumrichter mit Diagnostik-Funktionen wie einem Lastmonitor eine autarke Überwachung des gesamten Antriebsstranges sicherstellen. Dazu kommt die Möglichkeit, durch Überwachung von zwei Eingängen für Prozesswerte vollautomatisch und ohne Zutun der übergeordneten Steuerung auf Ereignisse zu reagieren und sowohl einzeln als auch im größeren Achsverbund z.B. mittels integriertem PI-Regler Störgrößen eigenständig auszuregeln.

Welche praktischen Vorteile bringt das Anwendern aus dem Maschinenbau?

Diese außerordentlich weitreichende Autonomie der Antriebseinheiten sowie deren Fähigkeit zur einfachen Integration externer Geber oder von Systemen für die funktionale Sicherheit maximiert die Reaktionsfähigkeit auch optionaler Anlagenteile, ohne die zentrale Steuerung unnötig aufzublähen. Auch können Maschinenbauer, die an kundenseitige Vorgaben bei der Auswahl der verwendeten Steuerung gebunden sind, die Maschine als mechatronische Einheit davon unabhängig mit einheitlicher Antriebstechnik entwickeln.

Welche Chancen ergeben sich daraus für Nord Drivesystems als Hersteller?

Am Übergang zu adaptiven Produktionssystemen ist Offenheit ein Erfolgsfaktor. Wir sehen uns mit den weitreichenden Autonomiefunktionen und Kommunikationseigenschaften unserer Antriebstechnik-Lösungen hervorragend für die Zukunft gerüstet. Die Produkte von NORD DRIVESYSTEMS bieten Schnittstellen zu allen Bus- und Steuerungssystemen. Und unsere Entwickler arbeiten natürlich auch weiterhin an der Verlagerung von immer mehr Intelligenz direkt an die Achse.

Welche Auswirkungen haben die aktuellen Entwicklungen auf den Bedarf bei Antriebstechnik-Produkten?

Als Folge der zunehmenden Bedeutung der Energieeffizienz ist in den Köpfen von Maschinenbau-Entwicklern ein Wertewandel im Gang. Beim Einzelprodukt wird einfach die Einhaltung der aktuellen Normen erwartet, etwa seit Jahreswechsel der IE 3 Motor für Leistungen ab 7,5kW. Mehr und mehr beschäftigen sich die Ingenieure mit der Abstimmung der gesamten Antriebskette im Hinblick auf einen optimalen Wirkungsgrad. Je komplexer mechatronische Antriebssysteme werden, desto mehr werden sie in der Wahrnehmung von Technikern von Normteilen zu kritischen Komponenten für die Effizienz der Gesamtanlage.

Durch die zunehmende Dezentralisierung und Modularisierung sowie den Ersatz mechanisch gekoppelter Systeme durch Einzelantriebe steigt die Anzahl der verbauten Motoren, Getriebe und Umformer. Zugleich sinkt deren durchschnittliche Größe. Wir sehen den größten Teil des Marktes in der Leistungsklasse bis 2,2 kW, mit 22 kW wird sich das heutige Maximum bei motorintegrierten Antrieben nicht weiter nach oben verschieben.

Welche Änderungen Ihres Angebotes ergeben sich daraus in der näheren Zukunft?

Bereits jetzt sind Synchronmotoren lieferbar, die der Norm IE 4 entsprechen. Geplant ist die Erweiterung des Portfolios um dezentrale Antriebe U/F-Frequenzumrichtern für Anwendungen mit geringen Präzisionsanforderungen, etwa für Pumpen oder Lüfter. Eine wesentliche Entwicklung ist das Auftreten von Nord Drivesystems als antriebstechnischer Systemanbieter. So war unser Unternehmen als Generalunternehmer von der Planung bis zur Inbetriebnahme an der Umstellung der neuen Gepäckförderanlage am Flughafen Hamburg auf dezentrale Antriebstechnik beteiligt.

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