gastkommentar
Industrie 4.0 ernst nehmen
Eine kürzlich veröffentlichte Studie berichtet, dass das Thema Industrie 4.0 auch für den Mittelstand keine Vision bleiben muss. Das nimmt Philipp Wallner, Industry Manager bei MathWorks, zum Anlass für einen Kommentar zum Umgang mit dem Thema Industrie 4.0 im klassischen Maschinenbau.
Philipp Wallner, Industry Manager bei MathWorks.
Der Maschinen- und Anlagenbau entwickelt sich weltweit immer mehr zu einer mechatronischen Disziplin, bei der nicht nur die drei Fachbereiche Mechanik, Elektrik und Software enger zusammenarbeiten müssen, sondern bei der auch die Software oder die Maschinenapplikation einen zunehmend bedeutenderen Anteil einnimmt. Für den europäischen – speziell auch für den deutschen und österreichischen Maschinenbau – sehen wir immer noch ein enormes Verbesserungspotenzial durch die Einführung modellbasierter Entwicklung. Sie kann Maschinen- und Anlagenbauern durch höhere Produktionsqualität und Maschineneffizienz einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und die Entwicklungszeit verkürzen.
Industrie 4.0 ist mehr
Modellbasierte Entwicklung – die Modellbildung von Maschine und Funktionalität, die Simulation des Zusammenspiels und die anschließende automatische Code-Generierung für die SPS – ist an sich nichts Neues. Sie begegnet sehr effizient den größten Herausforderungen im Maschinenbau. Das Wissen um die Modellierung mechatronischer Systeme und um Software-Design ist in den klassischen Maschinenbauunternehmen allerdings immer noch sehr spärlich vorhanden. Es reicht auch nicht aus, sich das Thema Industrie 4.0 einfach nur auf die Fahne zu heften. Um es tatsächlich im Unternehmen zu verankern, benötigt man auch die richtigen Mitarbeiter, die richtigen Entwicklungs-Workflows und die richtigen Tools.
Neue Chancen durch Software
Und es bietet sogar die Chance, neue Geschäftswege zu beschreiten: Maschinen und Anlagen haben heute eine Lebensdauer von 20 Jahren und mehr, in denen sie meist rund um die Uhr im Einsatz sind. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Die Verlagerung von kritischer Funktionalität in die Software ermöglicht eine zusätzliche Flexibilität, etwa um Maschinen auch während des laufenden Betriebs nachzurüsten. Ein neuer Softwareregler kann eingesetzt werden, ohne die Anlage anhalten oder umbauen zu müssen.
Bewährte Methoden übernehmen
Heutige IT-Unternehmen sind sicher nicht die besseren Maschinenbauer von morgen. Viel Know-how, das für die Entwicklung von Maschinen und Anlagen essentiell ist, haben sich die klassischen Maschinenbauer über viele Jahrzehnte selbst angeeignet. Allerdings werden wohl nur jene Maschinenbauer langfristig wettbewerbsfähig sein, die das Thema Industrie 4.0 ernst nehmen und die in der IT bereits bewährten Möglichkeiten in ihr eigenes Produktdesign und in ihre Workflows in der Entwicklung einbauen.
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