interview

Vision-Entwicklungen im Umfeld von I4.0

Begreift man die moderne vernetzte Fertigung in der Analogie als Nervensystem, dann nehmen Sensoren im Allgemeinen und die Bildverarbeitung im Speziellen dabei die wichtige Rolle der Sinnesorgane ein. Ohne deren Daten gibt es keine relevanten Informationen, ohne Informationen keine sinnvollen Entscheidungen. Diese Regelschleife ermöglicht neuartige Prozessabfolgen, die zu einer höheren Qualität der Produkte führen können. Wie sich im Umfeld von Industrie 4.0 (I4.0) Bildverarbeitungssysteme verändern und weiterentwickeln beleuchtet Christof Zollitsch, Geschäftsführer der Stemmer Imaging GmbH Deutschland, im Gespräch mit x-technik-AUTOMATION.

Bildverarbeitung wird heute in nahezu allen Bereichen der industriellen Fertigung eingesetzt. (Bild: Stemmer Imaging GmbH).

Bildverarbeitung wird heute in nahezu allen Bereichen der industriellen Fertigung eingesetzt. (Bild: Stemmer Imaging GmbH).

Christof Zollitsch
Geschäftsführer der Stemmer Imaging GmbH Deutschland

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Herr Zollitsch, welche Bedeutung hat die industrielle Bildverarbeitung im Umfeld von Industrie 4.0?

Einige der Ziele von Industrie 4.0 werden bereits seit Jahren in der Bildverarbeitungswelt erfolgreich umgesetzt. Um ein Beispiel zu nennen: Selbstverständlich werden Prüfdaten aus der Herstellung von Blechen an Hersteller von Kfz-Karosserieteilen weitergegeben und sind ausschlaggebend dafür, ob diese Bleche für sichtbare Fahrzeugteile wie Kotflügel oder Motorhaube verwendet, oder ob sie z. B. aufgrund von leichten Kratzern nur im nicht sichtbaren Bereich wie im Unterboden verbaut werden. Um den Anforderungen von Industrie 4.0 zu entsprechen, ist jedoch eine optimierte und direkte Vernetzung der Bildverarbeitung mit den Produktionsanlagen und eine geeignete Datenbankanbindung erforderlich. Nur so ist eine flexible Fertigungssteuerung möglich. Diese enge Einbindung der Bildverarbeitung ist auch Voraussetzung dafür, dass eine Nachverfolgbarkeit der Produktionsdaten gewährleistet ist, wie sie bei sicherheitsrelevanten Produkten wie z. B. Bremsen oder Lenkungsbauteilen an Fahrzeugen aus Haftungsgründen unabdingbar ist.

Etliche industrielle Vision-Systeme sind bereits heute mehr als nur reine Inspektionssysteme, da sie bei entsprechender Auslegung und Aufbereitung der Ergebnisse eine frühzeitige Erkennung von Trends in den Produktionsprozessen erlauben und so ebenfalls dem Gedanken von I4.0 entsprechen. So lässt sich z. B. die zunehmende Abnutzung eines Werkzeugs anhand steigender Fehlerzahlen oder an der fortschreitenden Verschlechterung der Qualitätsmerkmale der gefertigten Produkte erkennen.

Insgesamt sehe ich die Bildverarbeitungstechnologie mit ihren zahlreichen Möglichkeiten als elementaren Bestandteil von I4.0: Ohne Bildverarbeitung ist dieses Konzept gar nicht realisierbar. Durch die hohen Anforderungen an sensorische Systeme stellt I4.0 aber auch eine große Chance für die Vision-Systeme dar, sich in der Produktion als Schlüsseltechnologie weiter zu etablieren. Bildverarbeitung ist wie keine andere Technologie in der Lage, bestimmte Fehlertypen zu klassifizieren. Diese Fähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung für die flexible Fertigung im Sinne von I4.0.

Für viele industrielle Fertigungsprozesse ist Bildverarbeitung zur Qualitätskontrolle heute unerlässlich, wie hier bei der Prüfung von Schrauben für die Automobil- und Luftfahrtindustrie (Bild: Gefra GmbH).

Für viele industrielle Fertigungsprozesse ist Bildverarbeitung zur Qualitätskontrolle heute unerlässlich, wie hier bei der Prüfung von Schrauben für die Automobil- und Luftfahrtindustrie (Bild: Gefra GmbH).

Welche Auswirkungen erlebt Stemmer Imaging als BV-Technologielieferant in dieser Hinsicht und inwieweit wird Ihr Produkt-Portfolio dadurch beeinflusst?

Natürlich stellt sich Stemmer Imaging den Herausforderungen von I4.0 und nutzt die damit verbundenen Chancen. Es war immer schon ein wichtiges Ziel von uns, durch die Zusammenarbeit mit führenden Herstellern von Bildverarbeitungskomponenten die optimale Anlaufstelle für alle Fragen rund um diese Technologie zu sein. Unsere Kunden sollen bei uns in Bezug auf die Komponenten, den zugehörigen Service und das vorhandene Know-how das Beste finden, was es am Markt gibt. Dies gilt auch in Verbindung mit I4.0: Wir werden die technischen Entwicklungen in diesem Bereich genau verfolgen und unsere Erfahrungen nach Möglichkeit mit einbringen, um auch hier im Sinne unserer Kunden immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein.

Aktuell halten sich die von Industrie 4.0 ausgelösten Veränderungen an Bildverarbeitungskomponenten noch in Grenzen. Es gibt aber bereits Initiativen, die u. a. eine engere Zusammenarbeit zwischen der SPS- und der Bildverarbeitungswelt anstreben. Ziel ist hier eine verbesserte und einfachere Integration der Bildverarbeitung in die Fertigungsumgebung, was eine wesentliche Voraussetzung für I4.0 darstellt.

Durch die immer stärker werdenden Forderungen nach variantenreichen Gütern müssen auch die dafür nötigen Produktionsanlagen flexibler gestaltet werden. Dementsprechend schwierig ist es auch für Produzenten ihre Investitionen zu tätigen. Welchen Rat würden Sie in dieser Hinsicht Ihren Kunden geben?

Es ist ganz richtig, in der heutigen Zeit werden nur noch sehr wenige Anlagen für die jahrelange Herstellung eines einzigen Produkts in hohen Stückzahlen entwickelt. Die Stückzahlen einzelner Serien nehmen häufig ab, deshalb müssen moderne Produktionsstraßen möglichst flexibel gestaltet werden, damit sie schnell und einfach auf andere Produkte umgestellt werden können. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Auswahl der integrierten Bildverarbeitung: Das Auge der Anlage muss in der Lage sein, jeden Fehler, auch bei wechselnden Produkten oder schnelleren Produktionszyklen, noch sicher zu erkennen. Die Zusammenstellung eines Bildverarbeitungssystems wird damit auch zur Gratwanderung zwischen dem technisch Machbaren und dem wirtschaftlich Sinnvollen. Hier ist Erfahrung bei der Auswahl der Komponenten gefragt, die Stemmer Imaging seinen Kunden gerne zur Verfügung stellt.

Was dürfen Ihre Kunden von Ihren gebotenen Service-Leistungen konkret erwarten?

Wir unterstützen unsere Kunden durch vielfältige Maßnahmen bei der Realisierung wettbewerbsfähiger und damit erfolgreicher Systeme und Anlagen. Dazu zählt natürlich die direkte Beratung durch erfahrene Experten zu allen Aspekten der Bildverarbeitung in der Phase der Lösungsentwicklung, die wir bei Bedarf auch durch Machbarkeitsstudien untermauern.

Wer zukunftssichere Anlagen bauen will, muss sich zudem auf eine langfristige Liefersicherheit einzelner Komponenten verlassen können. Unsere Kunden profitieren hier von der engen Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und der Bedeutung, die Stemmer Imaging bei diesen Partnern hat.

Aufgrund eigener Entwicklungskapazitäten im Bereich Hard- und Software sind wir darüber hinaus in der Lage, kundenspezifische Komponenten und Teillösungen zu realisieren, die unseren Kunden zu echten Alleinstellungsmerkmalen verhelfen können. Unter den vielen weiteren Serviceleistungen, die wir anbieten, möchte ich ganz besonders unsere Schulungsaktivitäten hervorheben, die wir in der European Imaging Academy gebündelt haben: In unseren laufenden Trainings zu allen wichtigen Aspekten der Bildverarbeitung schulen wir unsere Kunden und Interessenten und machen sie auf diese Weise fit für die Bildverarbeitung. Das große Interesse an unserem Technologieforum der Bildverarbeitung, das im November 2015 in Oberschleißheim bei München zum zweiten Mal stattgefunden hat, zeigt deutlich, dass bei den Anwendern dieser Technik ein immenser Wissensdurst vorhanden ist. Ich finde das nicht überraschend: Bildverarbeitung ist ein wichtiger Schlüssel zur Entwicklung erfolgreicher Anlagen. Wer zu diesem Thema mehr weiß als sein Wettbewerb ist auf dem besten Weg zum Erfolg.

Herr Zollitsch, vielen Dank für das informative Gespräch.

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