interview

Die Zukunft der Bewegung als Vision

Nicht erst seit gestern ist SEW-EURODRIVE als einer der führenden Anbieter von industrieller Antriebstechnik bekannt. Erst diesen Sommer erfolgte ein Wechsel in der Geschäftsleitung der Österreich-Tochter SEW-EURODRIVE Ges.m.b.H. des weltweit tätigen deutschen Unternehmens. Für x-technik AUTOMATION sprach Ing. Peter Kemptner mit dem im Juli 2012 bestellten Geschäftsführer Dipl.-Ing. Wilhelm Hofmann MBA über seine Pläne für die Zukunft und holte von den Verkaufsleitern Ing. Thomas Wiederer und Dipl.-Ing. (FH) Oliver Beschkowitz aktuelle Informationen über die Produktneuheiten an der bevorstehenden SPS IPC Drives ein.

In der 1931 als Süddeutsche Elektromotoren-Werke gegründeten SEW arbeiten weltweit 15.000 Mitarbeiter an einem Baukastensystem aus Getriebemotoren, den dazu passenden Steuer- und Regelungsgeräten und der auf dieser laufenden Software. Sie erwirtschaften einen Umsatz von über zwei Milliarden Euro. 79 Mitarbeiter sind es in Österreich, wo 1971 ein Montagewerk eröffnet wurde. Neben dem Hauptsitz im Süden Wiens und technischen Büros in den Industriezentren Linz, Graz und Dornbirn bedient SEW Österreich mit Vertretern in Slowenien, Kroatien, Serbien und Rumänien die Märkte in Südosteuropa.

Die technische Kompetenz von SEW-EURODRIVE manifestiert sich nicht nur dort, wo 550 Forscher, Techniker und Entwickler an der Weiterentwicklung der Antriebsautomatisierung arbeiten, sondern auch im Vertrieb, der ausschließlich von ausgebildeten Technikern in Form tiefgreifender Anwenderberatung erfolgt. Wie ist Ihr Werdegang?

Dipl.-Ing. Hofmann:

Dieses Unternehmen und mein Lebenslauf passen recht gut zusammen. Mein Ausbildungsweg führte mich über die HTBLA Linz an die TU Graz, wo ich 1990 mein Maschinenbaustudium abschloss. Danach führte mich mein Berufsweg in den Forschungsbereich der voestalpine. Zuletzt war ich 13 Jahre lang Geschäftsführer des Mechatronik- und Automatisierungsunternehmens vatron GmbH, das durch eine strategische Entscheidung der beiden Mutterkonzerne voestalpine und Siemens VAI aufgelöst wurde.

Was ist der Hintergrund, vor dem Sie in das Unternehmen eingestiegen sind, und was sind die Trends, die Sie auf diesem Markt sehen?

Dipl.-Ing. Hofmann:

Wir befinden uns in einer Phase der Mechatronisierung. Waren früher Motor und Getriebe die ausschlaggebende Größe, ist bereits seit längerem der Anteil der Elektronik im Steigen begriffen. Frequenzumformer und Servoverstärker sind längst nicht mehr nur steuernde Endstufen, sondern vollwertige Computer mit einem hohen Grad an Eigenintelligenz. Ein immer größerer Teil davon wird in Ausführungen zur dezentralen Montage außerhalb des Schaltschranks geliefert und unterstützt so Bestrebungen der Maschinenbauindustrie zur Modularisierung ihrer Erzeugnisse.

Neben dem Schritt heraus aus dem Schaltschrank sehe ich als wesentlichen Trend die Steigerung der Energieeffizienz. Diese ist bei SEW-Motoren bereits sehr hoch, kann jedoch durch innovative Zwischenkreis- und Rückspeiselösungen und durch Weiterentwicklung der Getriebetechnik noch erhöht werden. Angesichts einer exponentiell steigenden Produktkomplexität verlangt der Kunde nach einer Variantenreduktion. Diese kann SEW-EURODRIVE als weltweit agierendes Unternehmen mit dem Global Motor System unterstützen: Identische Motoren mit nahezu allen weltweit anerkannten Prüfzeichen und Zertifizierungen erleichtern den Export. Ebenso erkennbar ist eine steigende Bedeutung, die Anwender den Systemkosten über die gesamte Produktnutzungsdauer beimessen, ebenso einem durch herstellerseitigen, weltweiten Service problemfreien Betrieb. Mit dem Complete Drive Service CDS® bietet SEW-EURODRIVE eine ganzheitliche Produktbetreuung von der Installation und Inbetriebnahme über die Betriebsphasen und die Instandhaltung bis hin zur eventuell erforderlichen Optimierung oder Modernisierung.

Welches sind Ihre konkreten Ziele für die Entwicklung von SEW-EURODRIVE in Österreich?

Dipl.-Ing. Hofmann:

Der Maschinen- und Industrieanlagenbau ist nicht die einzige Domäne von SEW-EURODRIVE. Seine Bedeutung soll auch in den Anwendungsbereichen Intralogistik, Holzverarbeitung, Lebens- und Genussmittelerzeugung, Baustoffindustrie und Automobilbau weiter zunehmen. Angestrebt wird eine Steigerung des Umsatzes in Österreich über die nächsten fünf Jahre von derzeit 65 auf 80 Millionen Euro. Dieses Wachstum macht auch wieder einmal die Schaffung von mehr Raum erforderlich, der Montage- und Servicebereich des im Jahr 2000 als größerer Ersatz für den früheren Standort eröffneten Werks in Wien-Inzersdorf wird im kommenden Jahr auf unserem Grundstück erweitert. Dazu liegt die Genehmigung der Zentrale von SEW-EURODRIVE in Bruchsal bereits vor.

Auf welchen Messen ist SEW-EURODRIVE vertreten und womit?

Dipl.-Ing. (FH) Beschkowitz:

SEW-EURODRIVE ist natürlich durch die deutsche Konzernmutter auf Leitmessen wie der SPS/IPC/Drives, der HMI oder der MOTEK vertreten, aber auch auf Branchenereignissen wie der Pack Tech oder der Brau Beviale. In Österreich konzentrieren wir unsere diesbezüglichen Aktivitäten auf die SMART Automation in Linz und die INTERTECH in Dornbirn. Da diese Messen mit Oberösterreich und Vorarlberg zwar zwei der wichtigsten Industriezentren abdecken, aber den Osten aussparen, ist für die erste Jahreshälfte eine Hausmesse in Wien geplant. Dabei wird es sowohl um Produkte, aber auch um neue Dienstleistungen der SEW, aktuelle Trends und gemeinsame Diskussionen gehen.

Den Schwerpunkt der Produktentwicklung liegt im aktuellen Jahr eindeutig auf der Kommunikation. So wurden die Frequenzumrichter der Baureihe MOVITRAC® B für die geberlose Drehzahlsteuerung von Asynchronmotoren mit einer optionalen EtherCAT-Anbindung versehen. Die modulare, flexible und wirtschaftliche dezentrale Antriebssteuerung MOVIFIT® eignet sich nun unter Nutzung des Media Redundancy Protocol MRP für den ausfallssicheren Betrieb in Netzwerken mit Leitungsredundanz unter Verwendung der Profinet Ringtopologie. Ebenso wie die dezentrale Antriebs- und Positioniersteuerung MOVIPRO®-ADC erhielt sie über POF (Polymere optische Fasern) eine Anbindungsmöglichkeit an das optische PROFINET IO, ermöglicht also über flexible Lichtwellenleiter die Überbrückung größerer Distanzen.

Nicht zu übersehen sind Aktivitäten von SEW-EURODRIVE im Bereich der Elektromobilität, und da vor allem mit dem induktiven Laden von Batterien in Elektrofahrzeugen. Erst im Oktober 2012 startete eine Kooperation mit der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft mit Gründung eines gemeinsamen Forschungs- und Arbeitscampus auf dem Gelände. Wohin geht diese Diversifikation?

Ing. Wiederer:

Der Begriff Diversifikation ist insofern zutreffend, als es sich um einen Schritt aus der Werkshalle handelt und die Elektromobilität auch im Stammwerk als eigenes Geschäftsfeld betrieben wird. Allerdings ist SEW-EURODRIVE in zahlreichen anderen Anwendungen ebenfalls weit von klassischen Betriebsstätten entfernt, etwa bei Rolltreppen, Fahrgeschäften in Vergnügungsparks oder Flughafen-Gepäckfördersystemen. Bei der induktiven Ladetechnik handelt es sich um bewährte Technik, die bereits seit mehr als 15 Jahren im industriellen Einsatz steht. Unter dem Produktnamen MOVITRANS® sorgt sie für die kontaktlose Energieübertragung zu mobilen Verbrauchern (z. B. AGVs).

Wie passt das in Ihre mittelfristige Strategie?

Dipl.-Ing. Hofmann:

Der deutsche Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt hatte Recht, als er sagte, „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Unsere Antriebstechnik in den passenden Leistungsbereichen und die Technik zur kontaktlosen Energieübertragung geben uns diese Möglichkeit und prädestinieren SEW-EURODRIVE zugleich als Anbieter in diesem Segment. Wir werden den Bereich der industriellen Anwendungen nie verlassen, sondern wollen den Markt der E-Mobilität in Ergänzung dazu aufbauen.

Unser Benefit ist, dass die unterschiedlichen Marktbedürfnisse der verschiedenen Segmente Weiterentwicklungen auslösen werden, die auch dem jeweils anderen Bereich zugutekommen. Gelingt es uns, dabei traditionelle Werte von SEW-EURODRIVE wie hohe Qualität, Termintreue und rasche Verfügbarkeit sowie hervorragendes Service hoch zu halten, werden wir über das Wichtigste verfügen, das es für ein Unternehmen gibt: Begeisterte Kunden. Sie sind es, die für zufriedene Eigentümer sorgen. So wird SEW-EURODRIVE auch in Zukunft in führender Marktposition am Puls der relevanten Megatrends zu finden sein.

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