interview

Zimmer HRC-Produktpalette: The Know-how Factory für Automatisierungs- und Handhabungstechnik

1980 gründeten die Brüder Günther und Martin Zimmer im deutschen Rheinau-Freistett, im umgebauten Kuhstall ihre heutige Know-how Factory für Automatisierungs- und Handhabungstechnik. Sehr rasant gelang ihnen durch eigene Produktentwicklungen der Durchbruch vorerst am deutschen und im Laufe der Jahre am internationalen Markt. So zählt die heutige Zimmer Group zu den innovativsten Herstellern ihrer Branche, deren standardisierte Lösungen für Maschinen- und Anlagenbau als Qualitätsprodukte, wie auch ihre Sonderlösungen und technischen Dienstleistungen weltweit geschätzt werden. Anfang Oktober 2018 rückte die Zimmer Group auch dem österreichischen Markt näher und gründete eine Niederlassung im oberösterreichischen Dorf an der Pram. Von Luzia Haunschmidt, x-technik

Das Österreich-Team der Zimmer Group Austria. V.l. im Vordergrund Geschäftsleiter, Franz Hörmanseder, und Geschäftsführer und Prokurist, Jörg Baumann.

Das Österreich-Team der Zimmer Group Austria. V.l. im Vordergrund Geschäftsleiter, Franz Hörmanseder, und Geschäftsführer und Prokurist, Jörg Baumann.

Was macht ein Unternehmen in dem 1980 noch jungen Markt der Automatisierungs- und Handhabungstechnik derart rasch und nachhaltig so erfolgreich? Bei der heutigen Zimmer Group bildet dazu der Hintergrund die hohe Fertigungstiefe, die das Unternehmen von Beginn an stets verfolgt hat. So erfolgen die Planung, Konstruktion, Fertigung und Montage sämtlicher mechanischer Bauteile in den Technischen Werkstätten der Zimmer GmbH. Um den Vertrieb des sehr groß angewachsenen Zimmer-Handhabungstechnik-Portfolios ins eigene Haus zu holen, entschloss man sich 1999 das Ettlinger Unternehmen Sommer-Automatic zu übernehmen. Vorerst ließ man jedoch den Vertrieb unter dem etablierten Markennamen Sommer-Automatic weiterlaufen. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden in gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsarbeit beispielhafte Innovationen für die Prozessautomation. 2004 folgte bereits die Gründung der Zimmer GmbH Dämpfungssysteme in Rheinau, die sich als Entwicklungspartner der Möbelindustrie versteht und dazu Dämpfungssysteme wie innovative Einzugsmechanismen entwickelt und fertigt.

2007 entschloss man sich in Rheinau zur Gründung der Zimmer GmbH Kunststofftechnik, die sich mit der Fertigung von Serienbauteilen in Metall, Kunststoff und Elastomeren beschäftigt. Auch diese Unternehmung erwies sich recht schnell als sehr schlagkräftig durch ihre durchgängige Kompetenz von der Werkstoffentwicklung über den eigenen Werkzeugbau und die Produktentwicklung bis hin zur eigenen Nachbearbeitung. 2008 wurden dann auch neue Produktions- und Büroflächen nötig, die man in Rheinau auf gesamt 14.300 m2 errichtete.

Eine Schärfung der strategischen Aufstellung erfolgte darauf 2013: Die Zimmer GmbH Technische Werkstätten und die Sommer-Automatic GmbH verschmelzen zur Zimmer GmbH. Die eigenständigen Gesellschaften Zimmer GmbH Kunststofftechnik und Zimmer GmbH Dämpfungssysteme sowie die Benz GmbH bilden von nun an mit der Zimmer GmbH die Zimmer Group. Unter einem Dach sollen weiterhin alle Produkte für die Technologiefelder Handhabungstechnik, Lineartechnik sowie industrielle und Softclose-Dämpfungstechnik mit dem gemeinsamen Ziel „Alles aus einer Hand für den globalen Markt“ entwickelt werden. Damit schloss man den Pakt unter dem die Zimmer Group sich heute als „The Know-how Factory“ versteht.

Einstiegsbild

Einstiegsbild

Seit Oktober 2018 auch in Österreich aufgestellt

In 125 Ländern ist die Zimmer Group derzeit mit 900 Mitarbeitern weltweit tätig und beabsichtigt die schon bisherige Nähe zu ihren Kunden noch weiter zu intensivieren. So hat man sich auch mit Oktober 2018 entschlossen, in Österreich eine eigene Niederlassung zu gründen. Grund genug für x-technik, sich mit ihrem Geschäftsführer und Prokuristen, Jörg Baumann, und dem Geschäftsleiter, Franz Hörmanseder, über Intentionen und Innovationen zu unterhalten ...

Ausgezeichnet nicht nur im Design: Die IF-und Red Dot- prämierte Greiferserie 5000 - die präzise Führung gibt als Stahl-/Stahl oder Stahl-/ Aluminiumführung.

Ausgezeichnet nicht nur im Design: Die IF-und Red Dot- prämierte Greiferserie 5000 - die präzise Führung gibt als Stahl-/Stahl oder Stahl-/ Aluminiumführung.

Herr Baumann, was war der Hintergrund der Zimmer Group, nach 38 Jahren Firmengeschichte, die Zimmer Group Austria GmbH zu gründen?

Zimmer-Greifer im Einsatz für die Mensch-Roboter-Kollaboration.

Zimmer-Greifer im Einsatz für die Mensch-Roboter-Kollaboration.

Jörg Baumann:

Unser branchenübergreifendes Produktportfolio passt ideal zu den Wünschen und Bedürfnissen der österreichischen Kunden. Ein eigener Standort in Österreich ermöglicht uns noch mehr Kundenähe als bisher und somit kürzere Reaktionszeiten. Vor Ort können wir nun unsere Kunden mit unserer umfangreichen Beratungskompetenz, langjährigem Know-how im Besonderen auch als Systempartner für kundenindividuelle Lösungen und mit der hohen Qualität der Produkte bedienen, für die Zimmer bekannt ist.

Alles im Griff: Greifersteuerung über ein HMI.

Alles im Griff: Greifersteuerung über ein HMI.

Was zeichnet die Zimmer Group Ihrer Meinung nach besonders aus?

Ansteuerung der Zimmer-Komponenten über die Bedienoberfläche von Universal Robots.

Ansteuerung der Zimmer-Komponenten über die Bedienoberfläche von Universal Robots.

Jörg Baumann:

Was die Zimmer Group auszeichnet ist die enorme Fertigungstiefe, die vorwiegend im eigenen Haus abgewickelt wird. Das beeinflusst nicht nur die Qualität unserer Produkte in hohem Maße, sondern vereinfacht auch viele Fertigungsabläufe und verkürzt in Folge auch die Lieferzeiten – was bei ca. 40.000 Produkten mitunter schon eine Herausforderung darstellen könnte – nicht aber so für uns. Dabei umfasst unser Portfolio neben Standard- und Semistandardkomponenten auch Sonder- und Systemlösungen. Unsere Produkte zeichnen sich samt ihrer Langlebigkeit auch dahingehend aus, dass evtl. Ersatzteile langfristig lieferbar sind. Wir produzieren auf Lager, auftragsbezogen und auch in Losgröße 1, wenn es sich um Sonderlösungen handelt. Bei der Vielfalt an Produkten ist das nur durch eine durchgängige Vernetzung unserer Produktion auf der horizontalen Ebene und auch vertikal bis zur ERP-Ebene, möglich.

Der Bereich der Handhabungsprodukte ist durch den rasch wachsenden Robotik-Markt ein heiß umkämpfter Sektor. Welcher dieser Produkte sind bei Zimmer momentan besonders gefragt?

Franz Hörmanseder:

Wir haben ja Produkte für jede Branche – diese werden von der Automotive-, Lebensmittel-, Pharmazie- oder z. B. auch der Möbelbranche eingesetzt. Entsprechend breit gefächert ist auch unsere Palette an Handhabungserzeugnissen. Die derzeit meist angefragten Greifer- bzw. Handhabungsprodukte betreffen unsere jüngst entwickelten Baugruppen. Das begründet sich durch deren hohe qualitative Ausführungen und somit lange Lebensdauer, die sich besonders in schnellen Zyklen-Anwendungen bewähren. Andererseits decken unsere neuesten Baugruppen selbst in ihren Standardausführungen sehr vielseitige Greifer- und Handhabungsapplikationen ab – damit sind wir in der Lage, sehr rasch auch neue Applikationsfelder bedienen zu können. Viele Anfragen betreffen dazu unser MRK-Angebot – bei Zimmer nennen wir es die HRC-Produktpalette (Human Robot-Collaboration). Eingesetzt wird diese vor allem dort, wo es um sichere Bewegungs- bzw. Handhabungsabläufe im direkten Arbeitsumfeld des Menschen geht.

Arbeitet Zimmer dazu auch in der Entwicklung mit Roboter-Herstellern zusammen?

Franz Hörmanseder:

Ja, sehr intensiv sogar. Beispielsweise unterhalten wir mit vielen Kleinrobotik-Anbietern eine sehr enge Zusammenarbeit in der Entwicklung für sichere Greifer- und Handhabungsprodukte. Demzufolge haben wir auch viele Anfragen von Institutionen, wie Fachhochschulen und Universitäten, die mit unserem MRK-Handhabungsangebot gerne neue Applikationseinsätze für verschiedenste Anwendungsfelder testen und erproben.

Jörg Baumann:

Bei der Entwicklung neuer Greifer- und Handhabungssysteme übernehmen aber auch unsere Mitarbeiter im Vertrieb eine wesentliche Rolle, indem sie einerseits über hohes technisches Know-how verfügen und andererseits das direkte Ohr bei unseren Kunden haben und deren Anforderungen, Wünsche und Applikationsbedarfe quasi als erste Anlaufstelle aufnehmen. Darüber hinaus wissen sie um unser bestehendes Produktangebot bestens Bescheid. Im Grunde genommen, erhalten wir in der Entwicklungsabteilung bei Zimmer die meisten Anfragen zu Sonderlösungen von unserer Vertriebsmannschaft. Dass derartige Lösungen sich in Folge in Serienprodukte arten, kommt auch des Öfteren vor. So gesehen, ist unser Verkaufsteam nicht ausschließlich rein vertrieblich tätig – sie leisten auch einen ganz wichtigen Part zu unserer Produktentwicklung! Schlussendlich wollen wir ja nicht vorbei an unseren Märkten, sondern für unsere Kunden unsere Produkte entwickeln – und dazu brauchen wir aus erster Hand deren Anforderungen und Wünsche. Unser Vertriebsteam ist somit auch die erste Hotline dafür.

Herr Hörmanseder, haben Sie evtl. ein praktisches Beispiel für eine typische Greifer-Entwicklung, die auf Kundenwunsch beruht?

Franz Hörmanseder:

Ein gutes Beispiel dafür sind unsere jüngsten Baugruppen in der elektrischen Greiftechnik: Diese wurden auf Kundenanfragen speziell für den harten Industrieeinsatz entwickelt – sie sollten kurze Zyklen bewältigen können, hohe Leistungsfähigkeit bieten sowie leicht und klein mit hoher Greifkraft in ihrer Ausführung sein. Um die Greiffähigkeit auch bei einem Stromausfall nicht zu verlieren, haben unsere Entwickler in den Greifer eine mechanische Selbsthemmung mittels eines Schneckengetriebes integriert. Wenn der Greifer nun mit den „Fingern“ auf das Werkstück auftrifft, drücken die Backen des Greifers für den sicheren Teile-Griff stets etwas nach und das Getriebe hemmt sich selbst – diese Greifsequenz ist immer stromlos und gewährt somit den sicheren Werkstückgriff auch bei einem Not-Aus oder Energieausfall. Mit dieser auch bei Stromausfall sicheren Greiffähigkeit sind all unsere elektrischen Greifer ausgestattet – damit sind sie für den harten Einsatz in industriellen Applikationen bestens geeignet.

Wie weit geht dazu Ihre Fertigungstiefe – stammt etwa auch die Software der elektrischen Greifer von Zimmer?

Jörg Baumann:

Unsere Fertigungstiefe wie -breite ist seit jeher groß gehalten. Wenn wir beim Beispiel elektrischer Greifer bleiben, so entwickeln wir dazu beinahe alle Komponenten, wie z. B. die Elektronik und auch die Steuerungssoftware über deren Oberfläche auch die Bedienung der Greifer parametriert und konfiguriert wird. Also gibt es bei Zimmer die Verschmelzung der Welten rund um den Greifer, um die Usability – wie einfache Bedienung und Handhabung, Plug & Play und höchste Performance – gewährleisten zu können. So weiß beispielsweise bei einem Greifer-Ausfall die Software, was das Greifer-Vorgängermodell gemacht hat, überträgt die Parameter auf den neuen Greifer und übernimmt automatisch den gewünschten Arbeitsvorgang. Das lässt eventuelle Stillstände äußerst kurz gestalten.

Bedeutet dies etwa auch, dass ein Roboterbediener bei einem Greifer-Austausch keine Programmierkenntnisse haben muss?

Franz Hörmanseder:

Durchaus! Denn ein weiteres besonderes Merkmal der Zimmer-Greifer sind ihre anschlussfertigen Systemlösungen für eine Automatisierung: ein USB-Stick mit den spezifischen Greifer-Daten wird an die SPS-Steuerung gesteckt, diese erkennt so den montierten Greifer, der Bediener gibt lediglich die Greifer-IODD (IO-Link Device Description) ein und erhält auf Knopfdruck die fix und fertige Parametriermaske. Dadurch entfallen zeitaufwändige Programmierarbeiten und der Bediener benötigt überdies keinerlei Programmierkenntnisse.

Das klingt nach hoher Bedienerfreundlichkeit. Setzt aber auch ein großes Maß an Funktionsvielfalt ihrer Greifer-Welt voraus – wirkt sich diese Funktionsvielfalt mitunter nicht auch für den Bediener „erschlagend“ aus?

Franz Hörmanseder:

Der Problematik einer Überdimensionierung von Funktionen auf einem Produkt ist man sich auch bei Zimmer durchaus bewusst und gerade heute, in einer sehr innovationsfreudigen, technologisierten Welt, werden häufig sogenannte Zusatznutzen für USP-Zwecke in Produkte integriert, die für den Endanwender keinerlei Wert darstellen. Das ist auch ein weiterer Grund für Zimmer, die eigenen Produkte und deren Innovationen so zu gestalten, wie diese am Markt benötigt werden – also schlicht auf den Nutzen für unseren Kunden hin getrimmt – ohne Schnickschnack und Überflüssigkeiten. Funktionalität, Usability und Kompaktheit stehen somit im Zentrum sämtlicher Entwicklungen unserer Know-how Factory!

Verehrte Herren, vielen Dank für das informative Gespräch!

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