interview

Beckhoff XPlanar: X-zentrischer Produktionsfluss vermehrt im Kommen

Mit den beiden intelligenten Transportsystemen XTS und XPlanar regt Beckhoff zur Neuordnung des Produkttransports in fertigenden Betrieben an. Schließlich bringe es erhebliche Vorteile mit sich, wenn hochflexible, mit individuell steuerbaren Movern bestückte Beförderungslösungen ins Zentrum des Verpackungs- bzw. Bearbeitungsgeschehens gerückt werden. Eine mit einem minimierten Anlagen-Footprint realisierbare Kapazitätssteigerung ist eines der überzeugendsten Pro-Argumente, das Leo Büchinger, Antriebstechnik-Spezialist bei Beckhoff Österreich, in diesem Zusammenhang einfällt. Das Gespräch führte Sandra Winter, x-technik

„XPlanar punktet als Flying-Motion-System mit Freiheitsgraden und Positioniergenauigkeiten, wie wir sie aus der Robotik kennen. Somit sind wir in der Lage, zwei Aufgabenbereiche, die in der Vergangenheit getrennt voneinander geregelt werden mussten, mit einer Lösung zu bewältigen: Transportieren und Positionieren.“

Leo Büchinger, Antriebstechnik-Spezialist bei Beckhoff Österreich

„XPlanar punktet als Flying-Motion-System mit Freiheitsgraden und Positioniergenauigkeiten, wie wir sie aus der Robotik kennen. Somit sind wir in der Lage, zwei Aufgabenbereiche, die in der Vergangenheit getrennt voneinander geregelt werden mussten, mit einer Lösung zu bewältigen: Transportieren und Positionieren.“ Leo Büchinger, Antriebstechnik-Spezialist bei Beckhoff Österreich

Herr Büchinger, mit welchen Argumenten lassen sich potenzielle Kunden von den Vorteilen eines XTS- oder XPlanar-Systems überzeugen?

Da gibt es viele. Schließlich bieten wir eine hochflexible Alternative zu starren Transportsystemen, die sich sehr einfach an sich verändernde Erfordernisse anpassen lässt. Es können jederzeit zusätzliche Bearbeitungs- oder Kontrollstationen eingefügt sowie für bestimmte Produktgruppen notwendige Feinjustierungen des Systems vorgenommen werden. Teilweise erübrigt sich sogar der Bau einer zusätzlichen Fertigungshalle mit einer Investition in so ein intelligentes Transportsystem, da wir mit überschaubaren Anlagenflächen sehr hohe Output-Raten erreichen können. Bei L'Oréal beispielsweise ließ sich die Funktionalität von zuvor fünf Maschinen mit einer XTS-Anlage abdecken.

Mit unseren Systemen ist man aber auch für kontinuierlich im Vormarsch befindliche Trends wie eine zunehmende Individualisierung bzw. Personalisierung von Produkten bestens aufgestellt. Da jedes zu fertigende Teil auf einem eindeutig zuordenbaren Mover unterwegs ist, fällt es leicht, die entsprechenden regelungstechnischen Weichen zu stellen, um spezielle Sonderwünsche zu erfüllen. Ein weiterer Vorteil, der sich durch die Vergabe solcher Mover-IDs ergibt: Die Anwender erhalten von jedem Produkt eine präzise Bewegungshistorie. Somit ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit gewährleistet.

Zusätzlicher Freiheitsgrad für das Planarmotor-Antriebssystem: Die XPlanar-Mover können nun auch um die eigene Achse rotieren sowie mit in 90°-Schritten geänderter Orientierung weiterbewegt werden, sodass die darauf transportierten Werkstücke korrekt ausgerichtet sind für weitere Bearbeitungs- oder Kontrollschritte.

Zusätzlicher Freiheitsgrad für das Planarmotor-Antriebssystem: Die XPlanar-Mover können nun auch um die eigene Achse rotieren sowie mit in 90°-Schritten geänderter Orientierung weiterbewegt werden, sodass die darauf transportierten Werkstücke korrekt ausgerichtet sind für weitere Bearbeitungs- oder Kontrollschritte.

Wann empfiehlt es sich XPlanar und wann XTS einzusetzen?

Die beiden Systeme adressieren unterschiedliche Anwendungsbereiche. Während unser lineares Transportsystem XTS sehr häufig bei Verpackungsvorgängen zum Einsatz kommt, zielt XPlanar mit seinen bis zu sechs Freiheitsgraden darauf ab, als zentrales Element einer Fertigungsstraße zu fungieren. Wir können unsere Planarmover neigen, drehen, anheben und wieder absenken oder seit Kurzem sogar mit einer Frequenz von bis zu zehn Hertz um die eigene Achse rotieren lassen. Ein Feature, das sich u. a. für die Vermischung von Flüssigkeiten oder eine 360°-Inspektion von Objekten anbietet.

XPlanar punktet als Flying-Motion-System mit Freiheitsgraden und Positioniergenauigkeiten, wie wir sie aus der Robotik kennen. Somit sind wir in der Lage, zwei Aufgabenbereiche, die in der Vergangenheit getrennt voneinander geregelt werden mussten, mit einer Lösung zu bewältigen: Denn zum einen können wir mit XPlanar einen völlig entkoppelten, flexiblen Produkttransport realisieren, ohne dabei eine sequenzielle Reihenfolge einhalten zu müssen. Stattdessen können wir je nach Auftrag gewisse Bearbeitungsstationen ein- bzw. mehrmals ansteuern oder überhaupt auslassen, wenn dieser Arbeitsgang für die Herstellung einer bestimmten Produktvariante gar nicht benötigt wird. Und zum anderen können wir mittels Magnetschwebetechnologie perfekt dosierte sechsdimensionale Bewegungen generieren, die sich auch für mikrometergenaue Positioniertätigkeiten, beispielsweise bei einer Löt- oder Montage-Station, nutzen lassen.

Mit den neuen Servoklemmen der ELM72xx-Reihe steht die kompakte Antriebstechnik von Beckhoff auch in einem robusten Metallgehäusezur Verfügung.

Mit den neuen Servoklemmen der ELM72xx-Reihe steht die kompakte Antriebstechnik von Beckhoff auch in einem robusten Metallgehäusezur Verfügung.

Wie kann ich mir dann so ein Anlagendesign vorstellen – stehen da rund um das XPlanar-System unterschiedlichste Bearbeitungsstationen parat?

Ganz genau. Und die Besonderheit dabei ist, dass die Produkte am Transportsystem verweilen können, während sie bearbeitet, mit einem Etikett versehen, geprüft oder was auch immer werden. Einer unserer Kunden verwendet XPlanar, um bestimmte Teile der Größe nach zu sortieren. Bei dieser Applikation nutzen wir die Möglichkeit, einzelne Mover zu parken bzw. zu überholen. Wir lassen ganz einfach die größeren Teile an den kleineren vorbeiziehen und stellen somit die gewünschte Ausgangsreihenfolge der Produkte her. TwinCAT kümmert sich dabei um ein im wahrsten Sinne des Wortes reibungsloses Verkehrsmanagement und gibt acht, dass es zu keinen Kollisionen zwischen den einzelnen Movern kommt.

Vor der Abfüllung setzt ein Handlingroboter die leeren Behälter in zum Produktformat passende Pucks (Transportbehälter) ein, die an den Movern des XTS befestigt sind.

Vor der Abfüllung setzt ein Handlingroboter die leeren Behälter in zum Produktformat passende Pucks (Transportbehälter) ein, die an den Movern des XTS befestigt sind.

Wie wird eigentlich in einem XPlanar-System kommuniziert?

Die Kommunikation zwischen den beliebig anordbaren Planarkacheln bzw. zur Steuerung erfolgt über EtherCAT G. Ohne dieses hochperformante Echtzeit-Feldbussystem wäre unsere Flying-Motion-Lösung gar nicht realisierbar gewesen, weil durch die permanente Positionserfassung der in sechs Freiheitsgraden frei schwebenden Mover extreme Datenmengen innerhalb weniger Mikrosekunden zu übertragen sind. Zwischen den Kacheln und den Movern findet eine Nahfeldkommunikation statt. Diese sorgt dafür, dass das System stets über den aktuellen Standort der einzelnen Mover informiert bleibt.

Ein schwebender Planarmover bewegt präzise das zu bearbeitende Werkstück; die Plasmadüse muss daher nicht bewegt werden. (Bild: Plasmatreat, Jan Düfelsiek)

Ein schwebender Planarmover bewegt präzise das zu bearbeitende Werkstück; die Plasmadüse muss daher nicht bewegt werden. (Bild: Plasmatreat, Jan Düfelsiek)

Haben in Zeiten von XPlanar und XTS herkömmliche Transportsysteme bald ausgedient?

Bei gewissen Abläufen, die nicht zeitkritisch sind, wahrscheinlich nicht. Aber wir merken schon eine verstärkte Nachfrage nach Systemen, bei denen es keine starre Verbindung zwischen A und B gibt. Und mit XTS oder XPlanar gehören fix vorgegebene Stationsabfolgen definitiv der Vergangenheit an. Vielmehr laden sie dazu ein, den Produkttransport in der Fertigung anforderungsgerecht zu gestalten. Einer effizienten Losgröße 1-Produktion wird somit Vorschub geleistet.

Abschließend noch ein Schwenk zu einem ganz anderen Thema: Im Bereich der kompakten Antriebstechnik bringt Beckhoff eine neue Generation von Servoklemmen auf den Markt?

Ja, die ELM72xx-Baureihe. Damit können wir im Kleinspannungsbereich Motoren mit einer Nennleistung von bis zu einem Kilowatt anbinden. Diese EtherCAT-Klemmen sind vollwertige Servoverstärker mit einem Ausgangsstrom von bis zu 16 A bei 48 V DC für die Leistungsversorgung. Da sie ein integraler Bestandteil unseres I/O-Systems sind, lassen sie sich mittels Plug-&-play ganz einfach in einen bestehenden Klemmenstrang einfügen. Eine optimale Wärmeableitung selbst bei hohen Ausgangsleistungen sowie eine perfekte Abschirmung gegenüber elektrischen Störeinflüssen wird bei dieser neuen Generation von Servoklemmen durch ein Metallgehäuse sichergestellt. Für einen direkten Anschluss von Motor, Feedback und Bremse via unserer One Cable Technology (OCT) steht ein komfortables Stecker-Frontend zur Verfügung. Durch die integrierte Brems-Chopper-Ansteuerung ist auch ein Bremswiderstand direkt anschließbar.

Wie sieht es mit den Safety-Funktionalitäten der neuen Klemmen-Generation aus?

Wir starten mit zwei Varianten: Mit der Basisvariante ELM72xx-9016, die eine STO/SS1-Funktionalität via FSoE (Safety-over-EtherCAT) bietet und mit der Variante ELM72xx-9018, die das vollumfängliche Safe Motion-Paket mit sich bringt. Mit diesem lassen sich weiterreichende Sicherheitsfunktionen abbilden, wie zum Beispiel SLS (Safe Limited Speed) – der sicheren Geschwindigkeit oder SLP (Safe Limited Position) – der Erfassung der sicheren Position. Die TwinSAFE-Kommunikation ist bei sämtlichen Vertretern der ELM72xx-Baureihe über FSoE realisiert. Das bedeutet: Das sichere Protokoll wird über EtherCAT getunnelt. Da die TwinSAFE-Logik bei allen diesen Klemmen ein integraler Bestandteil ist, läuft die Sicherheitsapplikation direkt auf der Klemme.

Was ich abschließend auch noch hervorheben möchte, ist die im TwinCAT 3 Drive Manager zur Verfügung stehende Funktion Rastmomentkompensation (Cogging Compensation). Deren Aktivierung empfiehlt sich vor allem im kleinen Drehzahlbereich bei 10 bis 15 Umdrehungen pro Minute. Denn sie kann insbesondere bei interpolierenden Anwendungen wie im Werkzeugmaschinenbau üblich zu einem deutlichen Gleichlauf der Motoren verhelfen.

Vielen Dank für Ihre detaillierten Ausführungen!

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