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Doppelinterview: Fertigung modular orchestrieren mit Lösungen von Copa-Data

Modulare Technologien auf allen Ebenen bringen ganz neue Anwendungsszenarien für die industrielle Automatisierung. Copa-Data CEO und Gründer Thomas Punzenberger und Entwicklungsleiter Günther Haslauer erklären in einem Doppelinterview, warum diese Konzepte keine Zukunftsmusik sind, sondern mit zenon 12 bereits umsetzbar.

Im regen Austausch: Die Copa-Data-Experten hatten nicht nur zu MTP einiges zu sagen.

Im regen Austausch: Die Copa-Data-Experten hatten nicht nur zu MTP einiges zu sagen.

Modularisierung und Automatisierung stehen im Kern der Philosophie der Softwareplattform zenon. Mit der aktuellen Version 12 hat zenon einen bedeutenden Meilenstein auf dem Weg zur modularen Automationsplattform und hin zur Smart Factory erreicht. Die Modularisierung der Produktionsanlagen und die Automatisierung der Projekterstellung gelten – nicht zuletzt auch aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels im Engineering – als alternativlose Lösungsansätze. Doch wie kam es dazu, was waren die Schritte auf dem Weg dorthin?

„Wir glauben, dass in der modularen Orchestrierung die Zukunft der Automatisierung liegt.“Copa-Data CEO und Gründer Thomas Punzenberger.

„Wir glauben, dass in der modularen Orchestrierung die Zukunft der Automatisierung liegt.“Copa-Data CEO und Gründer Thomas Punzenberger.

Die Digitalisierung der Industrie hat längst begonnen, ist aber noch nicht überall angekommen. Wird sie sich weiter ausbreiten und flächendeckend durchsetzen?

Thomas Punzenberger: Die Bandbreite dessen, was in der Industrie unter Digitalisierung verstanden wird, ist so groß wie die Vielfalt der Unternehmen. In Smart Factories sind die Produktionsanlagen untereinander und über das Industrial Internet of Things (IIoT) auch mit solchen in entfernten Standorten verbunden und zusätzlich noch mit der eigenen IT. Dadurch lassen sich nicht nur bisher analoge Prozesse und erfasste Prozessdaten digitalisiert abbilden. Richtig angewendet, bringt die Verbindung von OT und IT erhebliche betriebliche Erleichterungen und ermöglicht Unternehmen, durch Konsolidierung und Auswertung vorhandener Daten ihre Effizienz, Agilität und Kundenfreundlichkeit zu steigern. Die Unternehmen werden den einmal eingeschlagenen Weg weiter gehen, denn diese Form der Digitalisierung hat in jedem Fall vorteilhafte Auswirkungen auf deren Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung.

„Das zenon MTP Studio ermöglicht Mitarbeitern ohne vertiefende Softwarekenntnisse das Generieren eines vollständigen Leitsystems durch Orchestrieren modularer Pakete in Form der umgewandelten MTP-Dateien.“Copa-Data Entwicklungsleiter Günther Haslauer.

„Das zenon MTP Studio ermöglicht Mitarbeitern ohne vertiefende Softwarekenntnisse das Generieren eines vollständigen Leitsystems durch Orchestrieren modularer Pakete in Form der umgewandelten MTP-Dateien.“Copa-Data Entwicklungsleiter Günther Haslauer.

Sie haben Copa-Data 1987 gegründet, bevor es Begriffe wie Smart Factory, IIoT oder die Konvergenz zwischen OT und IT gab. Haben Sie diese Dinge vorweggenommen?

Die Wertschöpfung in Unternehmen mit digitalen Mitteln – die gab es bereits – zu erhöhen, war ein wesentlicher Teil der Gründungsidee von Copa-Data. Mit zenon schufen wir einen digitalen Hebel, mit dem die handelnden Personen ihre Aufgaben einfacher erledigen können, als das mit konventionellen Mitteln möglich gewesen wäre. Insofern haben wir mit unserem Software-Ansatz bereits früh vieles von dem realisiert, was heute unter dem Begriff Digitalisierung subsummiert wird. Die Entwicklung der Marktbedürfnisse und der technischen Möglichkeiten diese umzusetzen, haben in den vergangenen 35 Jahren parallel stattgefunden und sich wechselseitig angetrieben. Unabhängig von allen Schlagworten lautet auch heute das höchste Ziel sämtlicher Entwicklungsanstrengungen von Copa-Data-Anwendern, den Betrieb ihrer Anlagen sicherer, einfacher und transparenter zu machen.

Grundvoraussetzung für die durchgängige Modularisierung in der Produktion ist eine einheitliche Beschreibung der Informationen der einzelnen Module. Die Beschreibung erfolgt einheitlich über den branchen- und herstellerübergreifenden Standard MTP.

Grundvoraussetzung für die durchgängige Modularisierung in der Produktion ist eine einheitliche Beschreibung der Informationen der einzelnen Module. Die Beschreibung erfolgt einheitlich über den branchen- und herstellerübergreifenden Standard MTP.

Wie fügen sich Modularisierung und Automatisierung in die größeren Konzepte der Digitalisierung ein?

Maschinen und Anlagen werden immer öfter nicht mehr als einmal konstruierte, monolithische Gesamtwerke hergestellt. Da viele Hauptfunktionen von Kunden für alle Einsatzfälle direkt benötigt werden, ist heute ein modularer Aufbau mit Standardbaugruppen und kunden- oder anwendungsspezifischen Ergänzungen üblich. Diese Module auch steuerungstechnisch so auszustatten, dass sie einfach zusammenarbeiten können oder sogar nach den Grundsätzen von Industrie 4.0 ihre Zusammenstellung verändern können, wurde erst durch die Digitalisierung mit vernünftigem Aufwand möglich.

Günther Haslauer: Eines der Erfolgsgeheimnisse von zenon ist, dass die Software konfigurierbar ist und sich somit ohne echte Programmierung an veränderte betriebliche Erfordernisse anpassen lässt. Zudem erleichtert die universelle Konnektivität von zenon den Umgang mit modular aufgebauten Maschinen. Mit einer globalen Symbolbibliothek und globalen Projekten, dem XML-Import/Export, Wizards (Assistenten), Visual Basic for Applications (VBA) oder Add-ins eröffnete zenon bereits recht früh auch Möglichkeiten zur Wiederverwendung. Diese initiierten auch eine gewisse Modularisierung und Automatisierung im Engineering und eine dynamische, also änderbare Konfiguration.

Wie entstand die Idee zur Modularisierung von zenon?

Punzenberger: Vor etwa 15 Jahren überlegten wir, wie wir eine Möglichkeit schaffen könnten, aus einzelnen Projekten größere Gesamtprojekte zu komponieren, um die veränderten Methoden im Maschinen- und Anlagenbau optimal zu unterstützen. Bei den Möglichkeiten, in zenon bestehende Teile in ein Projekt zu integrieren, handelte es sich jedoch immer nur um Teile, etwa das SPS-Programm, das Symbol oder die Variablen. Es gab keine Möglichkeit, ein all diese Aspekte zusammenfassendes Mikroprojekt zu schaffen und auf dieser Basis ein übergreifendes Projekt zu bauen. Damals schlug die Geburtsstunde für die Idee der „Smart Objects“.

15 Jahre sind eine lange Zeit. Die Umsetzung hat nicht sofort begonnen, oder?

Haslauer: Zunächst erschien uns die Umsetzung zu kompliziert. Es würde nicht ausreichen, bestehende Projekte unverändert zu integrieren. Wir standen vor enormen Herausforderungen, die uns an der technischen Machbarkeit zweifeln ließen. Erst 2019 beschlossen wir dennoch, die Smart-Object-Technologie zu schaffen. Im Wissen, dass es nicht einfach sein würde, den Kunden eine leichte Anwendung zu ermöglichen, nahmen wir unser Team Content & Templates aus den Professional Services an Bord, um gemeinsam mit einigen Schlüsselkunden einen Reality Check durchzuführen.

Was folgt als nächster Schritt hin zur modularen Automationsplattform?

Punzenberger: Vor allem in der Prozessindustrie hat sich das seit 2015 entwickelte Module Type Package (MTP) als Standard etabliert. Es definiert mittels Beschreibungssprache die Eigenschaften technischer Produkte und liefert in Form der MTP-Datei eine Art digitale Visitenkarte. Darin ist maschinenlesbar hinterlegt, was die Komponente kann, welche Schnittstellen sie hat und welche Sensoren und/oder Aktoren vorhanden sind.

Haslauer: Verschiedene Geräte von unterschiedlichen Herstellern sollen nicht nur in Hardware zusammengeschlossen werden. Vordefinierte Beschreibungen ihrer Datenmodelle und Funktionen ermöglichen es, dazugehörige Softwaremodule zu schaffen. Mit zenon werden die einzelnen Module orchestriert und zu einem Automatisierungsprojekt zusammengefasst.

Wie kann man sich modulare Orchestrierung vorstellen und welches Potenzial sehen Sie darin?

Punzenberger: Wir glauben, dass in der modularen Orchestrierung die Zukunft der Automatisierung liegt. Im MTP-Komponentenansatz repräsentieren die Module nicht nur die Hardware, sondern auch deren Verhalten. Wer dieses kennt, kann Software gestalten, ohne zu programmieren, so wie ein Dirigent zwar die Musik verstehen muss und alle beteiligten Instrumente mit ihren Eigenheiten gut kennen sollte, aber nicht jedes einzelne davon auch beherrschen muss, um sie gemeinsam zum Klingen zu bringen. Deshalb können Anwender den Aufbau einer Anlage Personen überantworten, die zwar von der Produktions- oder Verfahrenstechnik viel verstehen, aber über keine tiefergehenden IT-Kenntnisse verfügen.

Wie kann man sich das Orchestrieren solcher Module und Modulpakete in zenon konkret vorstellen?

Haslauer: Im übergeordneten Process Orchestration Layer (zenon POL) werden MTP-Dateien importiert und in Smart Object Templates umgewandelt. Diese lassen sich in zenon-Projekten genauso behandeln wie native Objekte. Das zenon MTP Studio ermöglicht auch Mitarbeitern ohne vertiefende Softwarekenntnisse das Generieren eines vollständigen Leitsystems durch Orchestrieren modularer Pakete in Form der umgewandelten MTP-Dateien. Das spart viel Zeit und vermeidet die Probleme, die bisher oft durch die unterschiedlichen Sprachgebräuche der verschiedenen Experten entstehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Der zweite Teil des Interviews folgt in der kommenden Ausgabe und berichtet dann darüber, wie zenon als Modular Automation Platform fungiert, welche technischen Entwicklungen die Digitalisierung im Industriebereich weiter vorantreiben und inwieweit auch Linux als Betriebssystem nun von zenon unterstützt wird.

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