interview

„Sehende“ Anlagen in greifbarer Nähe

Automatisierungstechnik und Bildverarbeitung wachsen immer stärker zusammen. Laut Peter Keppler, Director of Corporate Sales bei Stemmer Imaging, stehen wir mit den jüngsten Entwicklungen und der Veröffentlichung der OPC UA Companion Specification für die industrielle Bildverarbeitung aktuell vor einer Zeitenwende. „Sehende“ Anlagen nach der Idee von Industrie 4.0 dürften schon bald real werden, wie er im Gespräch mit x-technik AUTOMATION verriet.

„OPC UA wird das Zusammenspiel von Bildverarbeitung und Automatisierung herstellerübergreifend erheblich beschleunigen und so einen großen Beitrag dazu leisten, dass ‚sehende‘ Anlagen nach der Idee von Industrie 4.0 real werden“, prognostiziert Peter Keppler, Director of Corporate Sales bei Stemmer Imaging.

„OPC UA wird das Zusammenspiel von Bildverarbeitung und Automatisierung herstellerübergreifend erheblich beschleunigen und so einen großen Beitrag dazu leisten, dass ‚sehende‘ Anlagen nach der Idee von Industrie 4.0 real werden“, prognostiziert Peter Keppler, Director of Corporate Sales bei Stemmer Imaging.

Herr Keppler, das Zusammenwachsen von Steuerungs- und Bildverarbeitungswelt ist ein aktueller Trend in der Automatisierung. Wie ist hier der Stand der Dinge?

Dass diese beiden Welten tatsächlich immer näher zusammenrücken zeigt sich unter anderem daran, dass führende Steuerungshersteller wie unter anderem Beckhoff und B&R das Thema Bildverarbeitung mit mehr Engagement verfolgen als bisher. Es hat sich allgemein die Überzeugung durchgesetzt, dass „sehende“ Anlagen in vielen Bereichen der Industrie mehr leisten können als „blinde“. Wir als Bildverarbeiter sehen diese Entwicklung natürlich als logischen und sehr positiven Schritt. Die Bildverarbeitung ist mittlerweile eine etablierte Technologie im Automatisierungsumfeld und vor allem im Kontext mit Industrie 4.0 gänzlich unverzichtbar.

Automatisierung und Bildverarbeitung wachsen zusammen: Es hat sich allgemein die Überzeugung durchgesetzt, dass „sehende“ Anlagen in vielen Bereichen der Industrie mehr leisten können als „blinde“.

Automatisierung und Bildverarbeitung wachsen zusammen: Es hat sich allgemein die Überzeugung durchgesetzt, dass „sehende“ Anlagen in vielen Bereichen der Industrie mehr leisten können als „blinde“.

Wo liegen aus Ihrer Sicht aktuell die größten Herausforderungen?

Wie so häufig liegen die Schwierigkeiten auf dem Weg zu anwenderfreundlichen Lösungen im Detail. Wichtige Fragen sind zum Beispiel die herstellerübergreifende Kompatibilität und die Kommunikation zwischen Steuerung und Bildverarbeitung. Für diese Themen gab es in der Vergangenheit keine übergreifenden Standards, was das Zusammenwachsen beider Welten leider immer wieder verzögert hat.

Gute Standards sind nicht einfach der „kleinste gemeinsame Nenner“, sondern müssen weiterhin eine Differenzierung der Anbieter ermöglichen. Mittlerweile ist aber ein zunehmendes Bewusstsein entstanden, dass die Zukunft in Standardisierung und Kompatibilität liegt. Mit den jüngsten Entwicklungen und der Veröffentlichung der OPC UA Companion Specification für die industrielle Bildverarbeitung stehen wir aktuell vor einer Zeitenwende: Dieser Standard wird das Zusammenspiel von Bildverarbeitung und Automatisierung herstellerübergreifend erheblich beschleunigen und so einen großen Beitrag dazu leisten, dass „sehende“ Anlagen nach der Idee von Industrie 4.0 real werden.

Welche neuen Märkte ergeben sich durch die Zusammenführung von Steuerung und Bildverarbeitung?

Ich erwarte dadurch nicht unbedingt neue Märkte, sondern vielmehr eine wesentlich breitere Akzeptanz von Bildverarbeitung in den bestehenden Anwendungsbereichen. Für „neue Märkte“ sind aus meiner Sicht zunächst weiterhin die bewährten Bildverarbeitungsspezialisten zuständig, die bisher nur geringfügig erschlossene Anwendungsgebiete unter anderem durch den Einsatz von vielversprechenden Technologien wie Hyperspectral Imaging (HSI), Deep Learning, 3D-Bildverarbeitung, Oberflächenanalysen und anderen Ansätzen weiterentwickeln. Für die Realisierung erfolgreicher Applikationen in diesen Bereichen braucht es nach wie vor umfassende Beratungsleistung und intensive Machbarkeitsstudien.

Immer häufiger bieten auch Hersteller von klassischen Sensorikkomponenten Bildverarbeitungsprodukte an. Warum ist das der Fall?

Der Grund dafür ist klar: Die Anwender fragen danach! Viele aktuelle Industrie 4.0-Anforderungen lassen sich bereits mit recht einfachen BV-Lösungen sehr elegant lösen, während die klassische Sensorik nicht die dafür nötige Flexibilität liefert. Die Auswahl und Bedienung dieser „Vision-Sensoren“ ist dabei teilweise so einfach, dass Anwender auch über ein Sensorik-Vertriebsnetz effizient bedient werden können. Ich empfehle den Anwendern aber unbedingt, auf eine unabhängige Beratung und unabhängige Schulungen zurückzugreifen, um sicherzustellen, dass tatsächlich die optimale Lösung für die individuelle Aufgabenstellung gefunden wird.

Welche Auswirkungen hat das Zusammenwachsen der beiden Welten auf deren Anwender?

Automatisierer müssen sich aus meiner Sicht auf jeden Fall vermehrt mit dem Thema Bildverarbeitung beschäftigen, da sie die Anforderungen von Industrie 4.0 ohne diese Technologie in vielen Fällen zukünftig nicht mehr erfüllen können. Bildverarbeitungssysteme müssen für diesen neuen Anwenderkreis einfach zu bedienen sein und dessen Kenntnisstand berücksichtigen. Diese Anforderung ist jedoch zugleich eine große Herausforderung, da die Bandbreite an Bildverarbeitungsanwendungen sehr groß ist. Einerseits ist es ein Vorteil, wenn sich immer mehr Applikationen mit einfach bedienbaren BV-Geräten problemlos lösen lassen. Andererseits verhindert ein zu starker Fokus auf „einfache Applikationen“ auch die Entwicklung von wirklich innovativen Lösungen mit Alleinstellungscharakter.

Welche Ansätze sehen Sie, um den Einsatz von Bildverarbeitung auch in neuen Aufgabenfeldern voranzutreiben?

Ein wichtiges Schlagwort hierfür sind derzeit Machine Learning-Methoden. Mit diesem Thema beschäftigen wir uns bereits seit vielen Jahren und konnten mit darauf basierenden Technologien schon Tausende von Projekten erfolgreich durchführen. Durch die Begeisterung, der sich in letzter Zeit um den Begriff Deep Learning gebildet hat, ist der Einsatz dieser Technologie für die Bildverarbeitung nun auf breiter Basis populär geworden, auch wenn Deep Learning – also vielschichtige neuronale Netze – meines Erachtens für die industrielle Bildverarbeitung nicht optimal geeignet sind. Mit den richtigen Machine-Learning-Algorithmen werden wir jedoch schon bald leistungsfähige und flexible vertikale Lösungen sehen, die sogar auf günstigen Embedded-Systemen laufen und dort extrem wirtschaftliche Systeme ermöglichen werden.

Eine weitere Möglichkeit, Bildverarbeitung zu vereinfachen, besteht natürlich in der Nutzung grafischer Benutzeroberflächen, von denen vor allem Programmierer und Integratoren durch eine schnelle Einarbeitung und kurze Time-to-Market-Phasen profitieren können. Ich empfehle hier jedoch unbedingt, auf eine herstellerunabhängige Hardwareunterstützung Wert zu legen. Im Bereich der Kameratechnologie bieten die etablierten Standards GigE Vision und USB3 Vision schon heute eine gute Grundlage, um für die meisten Applikationen gerüstet zu sein. Und für die unabhängige Kommunikation mit der Anlagensteuerung wird sich OPC UA etablieren.

Herr Keppler, vielen Dank für Ihre Ausführungen!

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