anwenderreportage

Phoenix Contact Radioline: Zuverlässige Daten-Weiterleitung

Funkbasierte Überwachung der Kühlwasser-Einleitung des Kraftwerks Heyden: Aus Umweltschutzgründen stellen Behörden strenge Anforderungen, wenn Kraftwerke Kühlwasser in Flüsse und Seen einleiten wollen. Das Fließwasser darf nicht verschmutzt oder unnötig erwärmt werden. Die entsprechenden Werte sind von den Kraftwerks-Betreibern lückenlos zu protokollieren. Das Funksystem Radioline von Phoenix Contact sorgt deshalb im Kraftwerk Heyden für die zuverlässige Weiterleitung der jeweilige Daten.

Schaltanlage für den Betrieb des notwendigen Kühlwassers im Kraftwerk Heyden.

Schaltanlage für den Betrieb des notwendigen Kühlwassers im Kraftwerk Heyden.

Infos zum Anwender

Das Kraftwerk Heyden ist ein deutsches Steinkohlekraftwerk und eines von 17 Steinkohlekraftwerken des Betreibers Uniper. Die Uniper AG ist eine im April 2015 gegründete Abspaltung der Energieerzeugungssparten aus Kohle und Gas von der E.ON.
www.uniper.energy

Das mit Steinkohle befeuerte Kraftwerk Heyden befindet sich direkt an der Weser in Lahde; 15 km nördlich von Minden in Westfalen. Es blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück und hat in der deutschen und europäischen Stromerzeugung immer eine besondere Rolle gespielt. So wurde Heyden bereits 1951 als erstes deutsches Nachkriegs-Kraftwerk in Betrieb genommen. Der steigende Energiebedarf in der Wirtschaftswunder-Zeit erforderte schnell den Bau der Blöcke 2 und 3 in den Jahren 1960 und 1961.

Nachdem die beiden neuen Blöcke, die 1972 von Steinkohle auf Gas umgerüstet worden waren, nicht rentabel arbeiteten, wurde 1982 mit der Errichtung von Block 4 begonnen. Bei der Inbetriebnahme im Jahr 1987 war das modernisierte Kraftwerk mit der weltweit ersten simultanen Rauchgas-Reinigungsanlage ausgerüstet. Die Leistung von 760 MW entsprach mehr als dem Doppelten der bisherigen Gesamtleistung der drei stillgelegten Blöcke. Nach verschiedenen Optimierungen stellt Heyden mit einer aktuellen Leistung von 875 MW die größte konventionelle Einzelblock-Anlage Europas dar.

Einstiegsbild

Einstiegsbild

Kontinuierliche Temperatur-Erfassung

Das benötigte Kühlwasser wird aus der Weser entnommen und nach der Verwendung über einen ca. zwei Kilometer langen, unterirdischen Kanal in den Fluss zurückgeführt. Zum Schutz der Umwelt darf sich die Wassertemperatur der Weser nach der Einleitung nur um maximal drei Grad erhöhen.

Die untere Wasserbehörde des Kreises Minden-Lübbecke verlangt Messung und Protokollierung der Temperaturen bei der Entnahme, Rückführung und nach der Durchmischung mit dem Fließwasser. Diese Werte sind genehmigungsrelevant und werden direkt zur Betriebsführung des Kraftwerks herangezogen. Übersteigt die gemessene Temperatur den erlaubten Wert oder fällt die Messung aus, muss der Betreiber die Leistung des Kraftwerks reduzieren oder dieses ganz abschalten. Deshalb kommt der zuverlässigen Ankopplung der einzelnen Messstellen an die Leitwarte eine besondere Bedeutung zu.

Vor diesem Hintergrund suchten die Betreiber nach einer Möglichkeit, um zu den fast 40 Jahre alten Messleitungen eine redundante Strecke aufzubauen, ohne dass dafür aufwändige Tiefbauarbeiten erforderlich wären.

Einfache Informationsverteilung

Im ersten Schritt sollte die Messleitung zur Kühlwasser-Einleitung auf dem Campingplatz Lahde per Funk mit dem Kraftwerksgebäude verbunden werden. Aufgrund der zu überbrückenden Distanz von mehreren Kilometern sowie der Maßgabe, dass ein analoger Temperaturwert mit hoher Genauigkeit zu übertragen ist, fiel die Wahl der Verantwortlichen auf das Funksystem Radioline von Phoenix Contact. Mit der modularen Lösung lassen sich Sensor- und Aktor-Informationen sowie serielle Daten in räumlich ausgedehnten Anlagen austauschen.

Die Verteilung der Informationen erfolgt mit nur einem Finger durch das sogenannte I/O-Mapping. Dabei wird am Eingangsmodul eine I/O-Map-Adresse eingestellt. Indem der Anwender am entsprechenden Ausgangsmodul dieselbe Adresse angibt, verbinden sich die beiden Module.

Dieser Vorgang, der beliebig oft an anderen Stationen wiederholt werden kann, ermöglicht eine einfache Verteilung und Vervielfachung von bis zu 99 unterschiedlichen Eingangsmodulen. Nach der ersten Streckenplanung durch die Mitarbeiter des technischen Supports von Phoenix Contact wurde 2014 vor Ort die optimale Position der Funkgeräte und Antennen ermittelt. In diesem Zusammenhang zeigte sich, dass der Baumbestand rund um das Messhäuschen eine direkte Sicht zum Kraftwerk versperrt und die 2,4 GHz Funksignale stark einschränkt. Es konnte keine Kommunikationsverbindung zum Kraftwerksgebäude hergestellt werden.

Die Inbetriebnahme und I/O-Verteilung erfolgt bei Radioline einfach über das integrierte Rändelrad.

Die Inbetriebnahme und I/O-Verteilung erfolgt bei Radioline einfach über das integrierte Rändelrad.

Besser im 868 MHz-Frequenzband

Das modulare Radioline-System erlaubt den Einsatz verschiedener Funkfrequenzen. Dazu wird einfach der Funkkopf gewechselt. Phoenix Contact bietet Geräte in den Frequenzen 868 MHz, 2,4 GHz für die weltweite Nutzung und 900 MHz zur Verwendung in den USA an. Den Verantwortlichen des Kraftwerks Heyden schlugen die Wireless-Spezialisten einen Test mit 868 MHz-Geräten vor. Auf dieser Frequenz breiten sich die Funkwellen besser aus, sodass im Gegensatz zur 2,4 GHz-Technologie auch Anwendungen umgesetzt werden können, in denen Hindernisse die freie Sicht zwischen den Stationen versperren.

Zwischenzeitlich sollte die zweite Messstelle ebenso per Funk angekoppelt werden. Dies, weil der Betreiber des Kraftwerks einen Umbau der Schaltanlage angekündigt hatte, der zu einer Unterbrechung der Messungen führt. Das Kohlekraftwerk wäre also nicht mehr betriebsfähig gewesen und hätte vom Netz genommen werden müssen.

„Die Inbetriebnahme der Radioline-Module hat sich einfach gestaltet“, berichtet Klaus-Dieter Klenke, Projektleiter für die Elektrotechnik im Kraftwerk Heyden. „Aufgrund der Rändelräder für die Adresseinstellung und des Tragschienen-Busverbinders zur 24V-Versorgung sowie der internen Kommunikation konnten wir die Wireless-Geräte ohne zusätzlichen Verdrahtungsaufwand oder Software installieren“. Nachdem die Antennen provisorisch befestigt worden waren, arbeitete der erste Testbetrieb nach wenigen Minuten.

Starker Baumbewuchs am Campingplatz verhindert den Einsatz von 2,4 GHz-Technik.

Starker Baumbewuchs am Campingplatz verhindert den Einsatz von 2,4 GHz-Technik.

Ständige Analyse der Qualität

Während der Testphase haben die 868 MHz-Module die Zuverlässigkeit der Funkverbindung unter Beweis gestellt, obwohl es keine direkte Sichtverbindung gab. Neben dem Baumbestand auf dem Campingplatz erwies sich die Installation einer weiteren Radioline-Komponente an dem am Wasser gelegenen Kraftwerk als Herausforderung, denn die Antenne musste nur wenige Meter über der Wasseroberfläche sowie völlig durch das massive Betongebäude abgeschattet angebracht werden.

Die Mitarbeiter des Kraftwerks können die Qualität der Funkstrecke jederzeit analysieren. Dazu sind die Radioline-Module mit mehreren Diagnose-Einrichtungen ausgestattet. So stehen für die Messung der RSSI-Empfangsfeldstärke (Receiver Signal Strength Indicator) ein LED-Bargraph, ein analoger Signalausgang sowie ein potentialfreier Relaisausgang zur kontinuierlichen Überwachung zur Verfügung. Im Rahmen der Testinstallation sind die Temperaturwerte dann permanent durch das Leitsystem erfasst und mit den entsprechenden Daten der vorhandenen kabelgebundenen Verbindungen verglichen worden. Die hohe Genauigkeit der Analogmodule von 0,02 % ergab keine Abweichungen, sodass die per Funk übertragenen Werte für den regulären Betrieb genutzt werden können.

Der provisorische Betrieb im Wasserkraftwerk konnte schnell realisiert werden.

Der provisorische Betrieb im Wasserkraftwerk konnte schnell realisiert werden.

Flexible Integration weiterer Stationen

Als Standort des Funkempfängers wurde ein fast 40 m hoher Aschesilo gewählt. Durch die zentrale, erhöhte Position können in Zukunft weitere Stationen in das Funknetzwerk eingebunden werden. Der Betreiber plant z. B. die drahtlose Überwachung der Gleisschmieranlage, um regelmäßige Kontrollen einzusparen. Die Anlage befindet sich ca. zwei km nördlich vom Kraftwerk und wird gebraucht, weil die schweren Kohlezüge beim Anliefern des Brennstoffs über eine enge Gleisschleife fahren müssen. Damit der Verschleiß an Schienen und Waggons gering bleibt, trägt die am Beginn der Schleife gelegene Gleisschmieranlage bei jeder Zugdurchfahrt Fett auf die Schienen auf. Sie muss immer ausreichend Fett vorrätig haben und im Sommer wie auch im Winter zuverlässig funktionieren. Eine Überwachung per Funk ist wirtschaftlich sinnvoll, da Störungen und Abnutzungen verhindert werden.

Mit den 868 MHz-Geräten lassen sich Distanzen von mehreren Kilometer zwischen zwei Teilnehmern überbrücken, obwohl die Antenne niedrig und durch ein Gebäude abgeschattet montiert wurde.

Mit den 868 MHz-Geräten lassen sich Distanzen von mehreren Kilometer zwischen zwei Teilnehmern überbrücken, obwohl die Antenne niedrig und durch ein Gebäude abgeschattet montiert wurde.

Als Standort des Funkempfängers wurde ein fast 40 m hoher Aschesilo gewählt.

Als Standort des Funkempfängers wurde ein fast 40 m hoher Aschesilo gewählt.

Für feste oder temporäre Installation

Aufgrund der schnellen Inbetriebnahme und des sicheren Betriebes bietet sich das Radioline-System für temporäre Applikationen ebenso wie für feste Installationen an. Integrierte Funktionen gegen eine Datenmanipulation – wie die Paket-Authentifizierung, das proprietäre Protokoll und die optional verwendbare AES-Datenverschlüsselung – erlauben den Einsatz der Funklösung selbst in kritischen Anwendungen im Bereich der Energieerzeugung und –verteilung oder der Prozesstechnik.

Durch verschiedene Funkköpfe mit lizenzfreien Frequenzen in Kombination mit den flexiblen Netzwerk-Strukturen und vielfältigen Betriebsmodi können auch große Netzwerke mit bis zu 250 Stationen und einer überbrückbaren Distanz von mehreren Kilometern zwischen zwei Teilnehmern zuverlässig umgesetzt werden.

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land