Phoenix Contact Single Pair Ethernet: SPE als DNA des IIoT

Single Pair Ethernet ist zur Zeit einer der Mega-Trends der industriellen Datenübertragung. SPE verbindet die IP20-Welt der Unternehmens- und Betriebsebene mit der IP6x-Welt der Leit- und Feldebene und erschließt so neue Anwendungsbereiche. Wer die Vorteile der auf ein einziges Aderpaar reduzierten Datenverkabelung verstehen will, kommt an der Geschichte des Ethernet und der industriellen Automatisierung nicht vorbei.

SPE kann zur DNA des Industrial Internet of Things (IIoT) werden.

SPE kann zur DNA des Industrial Internet of Things (IIoT) werden.

Single Pair Ethernet auf einen Blick

SPE beschreibt die physikalischen Schnittstellen zur einpaarigen Übertragung von Daten und Leistung zwischen unterschiedlichen Kommunikationsteilnehmern. Das IEEE erarbeitet Normen für unterschiedliche Anwendungen mit Datenübertragungsraten von 10 (802.3 cg), 100 (802.3 bw) und 1.000 Mbit/s (802.3 bp) und Leitungslängen von 15 bis 1.000 Meter.

(h3)Relevante Normen

• IEC 63171-2: SPE-Steckgesichter für IP20
• IEC 63171-5: SPE-Steckgesichter für IP67
• ISO/IEC 11801-1: Allgemeine Anforderungen für Twisted-Pair- und Glasfaserkabel

Als nicht-standardisiertes Software-Protokoll ist das Ethernet in den 1970er-Jahren zur firmeninternen und lokal begrenzten Übertragung von Datenpaketen in kabelgebundenen Computernetzwerken (LAN – Local Area Network) entwickelt worden. Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) spezifizierte in den folgenden beiden Jahrzehnten das Software-Protokoll sowie den Physical Layer – darunter die physikalischen Schnittstellen wie Steckverbinder und Kabel – und legte mit der Einführung unterschiedlicher Protokolle wie 802.4 (Token Bus), 802.5 (Token Ring) und schließlich 802.11 (WLAN) den Grundstein für das moderne Internet.

Effizient verkabelt: Einpaarige und vierpaarige MICE-Schnittstellen dienen der Verkabelung von IP20- und IP6x-Anwendungen.

Effizient verkabelt: Einpaarige und vierpaarige MICE-Schnittstellen dienen der Verkabelung von IP20- und IP6x-Anwendungen.

Gemeinsame Sprache

Parallel dazu entwickelte sich, getrieben durch den verstärkten Einsatz elektrischer Automatisierungstechnik in den 1980er-Jahren, die Feldbustechnik. Der Grundgedanke war der gleiche: Unterschiedliche Kommunikationsteilnehmer sollten geordnet und in einer gemeinsamen Systematik miteinander kommunizieren. Die verschiedenen Feldbus-Protokolle wie Interbus, DeviceNet oder Profibus dienten aber nicht zur Vernetzung von Computern der Unternehmensebene, sondern zur seriellen oder parallelen Anbindung von Sensoren und Aktoren an die Steuerungs- und Leitebene.

Letztlich begründete so die parallele Entwicklung der beiden Übertragungsprotokolle die Form der noch heute gültigen Automatisierungspyramide. Die obersten Ebenen repräsentieren lokal begrenzte Computernetzwerke, über die die Produktionsgrob- und -feinplanung erfolgt. Die unteren Ebenen umfassen die Signal-, Daten- und Leistungsübertragung zur Erfassung, Steuerung und Regelung des physikalischen Produktionsprozesses.

Die Form der Pyramide ergab sich primär aus der hierarchisch-logischen Anordnung der unterschiedlichen Ebenen. Sie repräsentiert aber ebenso die bisher gültigen Rahmenbedingungen für die industrielle Datenübertragung: Hohe Übertragungsraten und geringe Strecken mittels Ethernet, geringe Übertragungsraten und hohe Strecken mittels Feldbus.

Neue Kommunikationsstandards sind die Basis für die durchgängige Vernetzung vom Sensor über die Maschine und übergeordnete Systeme bis in die Cloud.

Neue Kommunikationsstandards sind die Basis für die durchgängige Vernetzung vom Sensor über die Maschine und übergeordnete Systeme bis in die Cloud.

Auf den Kopf gestellt

Das industrielle Ethernet und vor allem das Single Pair Ethernet stellen diese Automatisierungspyramide auf den Kopf. Mit der Entwicklung Ethernet-basierter Protokolle wie EtherNet/IP, Profinet oder EtherCAT zog die Echtzeit-Datenübertragung von der Unternehmens- in die Feldebene ein.

Die physikalischen Schnittstellen wurden leistungsfähiger, aber auch elektrotechnisch komplexer, da die Datenübertragung vor Störeinflüssen wie Schmutz, Vibration und elektromagnetischer Strahlung geschützt werden musste. Hersteller von Verbindungstechnik entwickelten daher spezielle, IP6x-geschützte Ethernet-Schnittstellen, um diese gesteigerten Anforderungen der Feldebene zu erfüllen. Für die Spitze der Automatisierungspyramide – die Unternehmens- und Betriebsebene – reichten IP20-Lösungen weiterhin aus.

Paradigmenwechsel: SPE stellt die herkömmliche Automatisierungspyramide auf den Kopf.

Paradigmenwechsel: SPE stellt die herkömmliche Automatisierungspyramide auf den Kopf.

Datenübertragung hoch zwei

Bislang beschränkten sich die Standardisierungsbemühungen auf stets höhere Datenraten und höhere Anforderungen an die Verkabelungstechnik. Diese Anforderungen wurden durch immer höhere Leistungsklassen in der kupferbasierten Verkabelung – die Categories – festgeschrieben.

Das Single Pair Ethernet definiert nicht erneut höhere Bandbreiten oder Übertragungsstrecken, sondern bildet den normativen Rahmen für eine anwendungsgerecht reduzierte Verkabelung. Mit den Standards IEC 63171-2 (IP20) und IEC 63171-5 (IP67) rücken geringere Übertragungsraten von 10 bis 100 MBit/s in den Fokus. Die Datenverkabelung mit nur einem Aderpaar ermöglicht dennoch Übertragungsstrecken von bis zu 1.000 Metern. Damit erlaubt SPE erstmals Einsatzgebiete und Anwendungen, die das konventionelle Ethernet bis dato nicht zuließ, wie etwa in der Prozesstechnik. Der Vorteil für Anlagenbetreiber: Die Datenverkabelung kann auf Basis des Ethernet-Protokolls durchgängig erfolgen, baugleiche Schnittstellen und Steckgesichter können also in unterschiedlichen Umgebungen verwendet werden.

Vorteilhaft ist auch, dass einpaarige Schnittstellen deutlich kompakter sind als zwei- oder vierpaarige Geräte- und Kabelsteckverbinder. Damit unterstützt SPE den anhaltenden Trend zu kompakten, dezentralen Geräten in der industriellen Automatisierung, der Prozesstechnik, der Gebäudeautomation sowie in Telekommunikations- und Infrastrukturanwendungen. SPE kann also anwendungsneutral zur DNA des Industrial Internet of Things (IIoT) werden.

Die Datenübertragungsraten in der Feldebene und in Rechenzentren werden sukzessive standardisiert.

Die Datenübertragungsraten in der Feldebene und in Rechenzentren werden sukzessive standardisiert.

Neues Steckgesicht, bekannte Zuverlässigkeit

Für eine durchgängige Kompatibilität aller Schnittstellen hat das IEEE Arbeitsgruppen zur normativen Beschreibung unterschiedlicher Anwendungen mit Übertragungsraten von 10, 100 und 1000 Mbit/s gebildet. Phoenix Contact treibt die Normierung der entsprechenden Schnittstellen maßgeblich voran. Gemeinsam mit Marktbegleitern entwickelt der Anschlusstechnik-Spezialist geschützte und ungeschützte Steckgesichter für einpaarige und vierpaarige Leitungen. Das MICE-Modell beschreibt deren mechanische Robustheit (M1 bzw. M2/3), IP-Schutz (I1 bzw. I2/3), chemische und klimatische Resistenz (C1 bzw. C2/3) sowie die elektromagnetische Sicherheit (E1 bzw. E2/3).

Die kompakten Steckgesichter eignen sich ideal zur effizienten Verkabelung zahlreicher Kommunikationsteilnehmer – entweder über ein einzelnes Aderpaar oder über vier Aderpaare für vier Teilnehmer, die sich eine gemeinsame Leitung und Schnittstelle teilen. Dank der gemeinsamen Schnittstelle können ein- und vierpaarige Verkabelungskonzepte ebenso miteinander gemischt werden wie IP20- und IP6x-Lösungen. Mögliche Anwendungen sind das Aufsplitten achtadriger Verkabelungskonzepte in vier einzelne SPE-Stränge für vier unterschiedliche Kommunikationsteilnehmer oder das Bemessen einzelner Paare innerhalb der achtadrigen Geräteschnittstellen. Die Zweidrahttechnologie erlaubt zudem die anwendungsgerechte Versorgung der Endgeräte mit Leistungen bis zu 60 Watt über das gleiche Aderpaar (Power over Data Line – PoDL).

Zukunft der Kommunikationstechnik

Als ein Mega-Trend der industriellen Datenübertragung kann SPE aber nicht unabhängig von anderen Standardisierungsbemühungen gesehen werden. Das Grundgerüst für die Zukunft der industriellen Kommunikationstechnik entsteht parallel in unterschiedlichen Gremien und Projekten. Neue Kommunikationsstandards wie die Open Platform Communications Unified Architecture (OPC UA), Time-Sensitive Networking (TSN) oder 5G sind die Basis für die durchgängige Vernetzung vom Sensor über die Maschine und übergeordnete Systeme in die Cloud.

Die neuen Standards werden bisherigen Protokollen und Schnittstellen in Bezug auf Kosten, Datendurchsatz, Latenz und Deterministik überlegen sein. Als Technologieführer mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der industriellen Kommunikation engagiert sich Phoenix Contact daher in allen relevanten Standardisierungsgremien. Das Ziel: nicht weniger als ein neuer, herstellerübergreifender Kommunikationsstandard für die Automatisierung.

OPC UA dient heute bereits als überlagerter Kommunikationsstandard in Anlagen. Nun wird OPC UA um standardisierte Anwendungsprofile im Feld erweitert – beispielweise für I/O-, Sicherheits- oder Antriebs-Anwendungen. Darüber hinaus werden standardisierte Gerätemodelle für eine einheitliche Konfiguration und eine einheitliche Diagnose der Geräte im Netzwerk definiert.

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