anwenderreportage

Stöber Antriebstechnik für autonomes und elektrisches Fahrzeugkonzept U-Shift

Die urbane Mobilität von morgen ist nachhaltig, effizient und komfortabel. Wie sie aussehen könnte? Das zeigt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem autonomen und elektrischen Fahrzeugkonzept U-Shift. Das futuristische Fahrmodul lässt sich mit verschiedenen Kapseltypen sowohl zum Transport von Personen als auch von Gütern kombinieren. Stöber lieferte die Antriebstechnik unter anderem für die Hubeinheit, um die Kapseln aufzunehmen. Die Antriebsregler, Getriebetypen und Motoren überzeugen vor allem durch ihre kompakte Bauweise.

Mit dem futuristischen Fahrzeugkonzept U-Shift gehen die Verkehrsforscher des DLR neue Wege. (Bild: DLR)

Mit dem futuristischen Fahrzeugkonzept U-Shift gehen die Verkehrsforscher des DLR neue Wege. (Bild: DLR)

Shortcut

Aufgabenstellung: Entwicklung der kompletten Antriebstechnik für das Fahrkonzept U-Shift des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Lösung: Antriebsregler der Baureihe SI6 sowie EZ-Motoren kombiniert mit Planetengetriebe der Baureihe PE von Stöber.

Nutzen: Hohe Dynamik, maximales Drehmoment, platzsparend, mechanisch robust und zuverlässig.

Lkw transportieren Güter und Pkw befördern Menschen. Warum kann nicht ein Fahrmodul die Basis für beide Anwendungen sein? Mit dieser Überlegung entwickelte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das Fahrzeugkonzept U-Shift. Setzt sich das autonome Fahrmodul mit einer Personenkapsel zusammen, könnte es als On-demand-Shuttle zum Einsatz kommen oder als Hightech-Rufbus für den öffentlichen Personennahverkehr. Die Personenkapsel ist mit sieben Sitzplätzen und einem Klappsitz ausgestattet. Für einen barrierefreien Einstieg sorgt eine breite Tür mit integrierter Rampe. Die Cargokapsel dagegen bietet Platz für vier Europaletten oder acht Gitterrollwagen.

Der Getriebemotor der Baureihe PEEZ: Ökonomisch, leistungsstark, mit hoher Perfomance.

Der Getriebemotor der Baureihe PEEZ: Ökonomisch, leistungsstark, mit hoher Perfomance.

Infos zum Anwender

Die Neff Gewindetriebe GmbH in Weil im Schönbuch ist Hersteller von Kugelgewindetrieben, Trapezgewindespindeln und einem breiten Spektrum von Spindelhubgetrieben. Das Unternehmen beliefert unterschiedlichste Branchen und entwickelt neben der lagerhaltigen Katalogware auch kundenspezifische Sonderlösungen für die verschiedensten Problemstellungen.

https://www.neff-gewindetriebe.de/

Auf zuverlässige Partner gesetzt

Das Besondere ist das U-förmige Driveboard: Um die Kapsel aufzunehmen, kann sich das autonome Antriebsmodul mit seinem Hubsystem absenken, in die Kapsel hineinfahren und sie eigenständig aufnehmen. Anschließend verriegeln sich beide Komponenten automatisch. Das Fahrzeug hebt sich danach wieder an. Erforderlich ist es dabei, die Fahrzeughöhe an der Hinter- und Vorderachse wieder auf Sollniveau zu hieven – sprich die Höhe und das Niveau zu regulieren.

Der Prototyp fährt: Bedienen lässt sich das Driveboard remote und es bringt eine Geschwindigkeit von 15 Kilometern in der Stunde auf die Teststrecke. Das langfristige Ziel jedoch ist die Entwicklung eines selbstfahrenden Systems, das mit einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern in der Stunde auf offener Verkehrsfläche autonom Güter oder Personen befördern kann. Es sollte zudem tauglich sein für die Serienproduktion.

Alle beteiligten Unternehmen hatten sechs Monate Zeit für einen funktionsfähigen Prototypen. Für die Entwicklung der kompletten Antriebstechnik, bestehend aus den vorderen und hinteren Fahrwerken sowie der Verriegelung – samt Lenkachse –, beauftragte das DLR als Generalunternehmen die Neff Gewindetriebe GmbH. Der Spezialist verbaute aus seinem flexiblen Baukastensystem Spindelhubgetriebe mit Hochleistungsverzahnung, die hohe Wirkungsgrade und lange Lebensdauer ermöglichen. Dazu kamen Trapezgewinde. Für die passgenaue Antriebstechnik der elektronischen Komponenten holte die Neff Gewindetriebe GmbH die Stöber Antriebstechnik als Partner und Lieferant mit ins Boot. Verantwortlich für das Projekt war Stöber Österreich. Vertriebsleiter Alexander Pesendorfer erläutert: „Wir lieferten die Antriebskomponenten sowohl für die Hubeinheit, das Verriegelungs- und Lenksystem, die Höhen- und Niveauregulierung der Einzelradaufhängung, das Verschlusssystem, um die Kapseln zu sichern, sowie für die Servolenkung im Driveboard.“

Das futuristische Fahrmodul lässt sich… (Bild: DLR)

Das futuristische Fahrmodul lässt sich… (Bild: DLR)

An die Aufgaben perfekt angepasst

Der bayrische Automobilzulieferer Webasto SE steuerte ein Standardbatteriesystem mit der für E-Fahrzeuge typischen 400 Volt starken Gleichstromversorgung bei. Mit ihr kann das Driveboard 33 Stunden vollkommen elektrisch fahren. Sie versorgt zudem die Antriebstechnik. Um die unterschiedlichen Antriebe anzusteuern, lieferte Stöber seine Antriebsregler der Baureihe SI6. „Die nur 45 Millimeter schmalen, hochdynamischen Antriebskomponenten erfordern nur wenig Bauraum und arbeiten auch bei anspruchsvollen Bewegungen unbemerkt und zuverlässig im Hintergrund“, beschreibt Alexander Pesendorfer. „Ein einzelner SI6 kann bis zu zwei Achsen regeln. Damit mussten wir für die acht Achsen nur vier Regler verbauen. Das ist ein deutlicher Platzvorteil“, sagt der Stöber-Experte. Quick-DC-Link-Module verbinden die einzelnen Geräte sehr schnell und einfach miteinander. Damit sind weder dezentrale Einspeiseeinheiten erforderlich noch Absicherungen und Verkabelung für jede Achse. Die Baureihe erreicht kurze Ausregelzeiten bei schnellen Sollwertänderungen und Lastsprüngen. Mit den Antriebsreglern lässt sich das Fahrzeug zudem synchron über PROFINET ansteuern.

Integriert in den SI6 sind die Sicherheitsfunktionen STO (Safe Torque Off) und SS1 (Safe Stopp 1), die in dieser Baureihe nach EN 13849-1 für PL e, Kat. 4 zertifiziert sind und sich ohne produktionsunterbrechende Funktionstests nutzen lassen.

... mit verschiedenen Kapseltypen sowohl zum Transport von Personen als auch von Gütern kombinieren. (Bild: DLR)

... mit verschiedenen Kapseltypen sowohl zum Transport von Personen als auch von Gütern kombinieren. (Bild: DLR)

Leise und leistungsstarke Planetengetriebe

Um die vorderen und hinteren Einzelradaufhängungen rechts und links in der Höhe und im Niveau zu regulieren, verbaute Stöber seine EZ-Motoren. Diese wirtschaftlichen und leistungsstarken Synchron-Servomotoren erfordern nur wenig Platz, bieten ein maximales Drehmoment, eine hohe Dynamik und geringe Drehmomentwelligkeit. Sie sind zudem mechanisch robust ausgeführt und zuverlässig. Um diese für die Automation noch effizienter zu betreiben, kombinierte Stöber die Motoren mit den ökonomischen Planetengetrieben der Baureihe PE, die der Antriebsspezialist für den Economy-Bereich mit hoher Performance ausgelegt hat. Ihre hochwertige Schrägverzahnung macht sie sehr leise und laufruhig, was sich bei den fehlenden Motorgeräuschen positiv auf das Fahrerlebnis auswirkt. Besonders wichtig ist jedoch ihre ebenfalls kompakte Bauweise. Pesendorfer: „Wir konnten im Driveboard bei wenig Platz die PEEZ-Getriebemotoren sehr nah an der Lifter-Einheit verbauen.“

Ein weiterer SI6 regelt die Verriegelung des Driveboards mit der Kapsel vorn und hinten. Hier ist als Antrieb ebenfalls jeweils ein robuster EZ-Motor verbaut, der bei einem elektrischen Impuls die Verriegelung öffnet. Diese Lösung hat der Antriebsspezialist gemeinsam mit Neff entwickelt. Der vierte SI6 regelt im Driveboard die Servolenkung. Dafür hat Stöber sein Quattro-Power-Getriebe mit 4-Planeten-System PHQ gewählt. Das präzise Getriebe besitzt eine erstklassige Schrägverzahnung und eine hohe Verdreh- und Kippsteifigkeit für ein maximales Drehmoment. „Wir konnten das PHQ-Getriebe über eine Flanschwelle direkt an die Mechanik anbauen, ohne weitere Aufnahmen anschrauben zu müssen. Die fehlende Fremdlagerung spart zusätzlich deutlich Bauraum“, erläutert Pesendorfer. Die Schwenkkinematik hat Stöber über Hebel und Lenkgestänge realisiert.

Das Steuergerät lieferte der Automobilzulieferer Schaeffler Engineering. Die Lösung bietet die Freiheitsgrade und Rechenleistung, die für die Entwicklung relevant sind. Die anfallenden Ergebnisse lassen sich später in der Serie wiederverwenden.

Der Neff-Hubantrieb mit dem Stöber-Getriebemotor PEEZ.

Der Neff-Hubantrieb mit dem Stöber-Getriebemotor PEEZ.

Der äußerst schmale Antriebsregler SI6 punktet mit sehr kurzen Ausregelzeiten von schnellen Sollwertänderungen und Lastsprüngen.

Der äußerst schmale Antriebsregler SI6 punktet mit sehr kurzen Ausregelzeiten von schnellen Sollwertänderungen und Lastsprüngen.

Nah an der Serienfertigung

„Wir setzten bei dieser Anwendung unterschiedliche Getriebe aus unserem breiten Portfolio ein“, sagt Alexander Pesendorfer und ergänzt: „Alle Antriebskomponenten sind aus unserem Baukasten, individuelle Anpassungen waren nicht erforderlich – das ist ein klarer Kostenvorteil für den Betreiber.“ Um die Motoren vor Spritzwasser zu schützen, sind sie lediglich in erhöhter Schutzklasse IP 64 ausgeführt. „Wir konnten schon mit dem Prototypen zeigen, dass wir an die Langzeitziele und die Serienproduktion sehr nahe rankommen“, freut sich Martin Kirchmaier, Niederlassungsleiter von Neff Austria.

Und wie geht es mit dem Projekt U-Shift weiter? Um das Driveboard künftig komplett zu automatisieren, erforscht das DLR unterschiedliche Konzepte. Mithilfe des Prototyps sammeln die Ingenieure zudem erste Erfahrungen – etwa wie sich die Kapseln effizient einfädeln, aufnehmen und wieder absetzen lassen. Dabei entstehen immer wieder neue Aufgabenstellungen, die das Forschungszentrum mit verschiedenen Partnern lösen möchte. Im nächsten großen Schritt sollen beispielsweise die Leistung des Antriebsstrangs gesteigert, Hardware und Sensoren für das automatisierte und vernetzte Fahren eingebaut, ein neues Batteriesystem getestet sowie Fahrwerk und Hubvorrichtung weiterentwickelt werden.

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