anwenderreportage

Faulhaber CxD: Präzisionsantriebe ermöglichen automatisierte Zellanalyse

Corona hat uns eindrücklich vor Augen geführt, dass ständig neue Krankheiten zu den bereits bekannten hinzukommen, für die neue Medikamente entwickelt werden müssen. Diese Mittel müssen ebenso wirksam wie sicher sein, bevor man sie an Menschen testet. Heute lässt sich bereits im Labor sehr viel über ihre Wirkung erfahren. Automatisierte Systeme zur präzisen Zellanalyse erleichtern diese Arbeit mittlerweile deutlich. Treibende Kraft, die Kamera und Pipetten hierfür benötigen, sind bürstenlose DC-Servomotoren mit integriertem Motion Controller. Sie positionieren mit Mikrometergenauigkeit, sind ausgesprochen kompakt und arbeiten obendrein auch noch besonders zuverlässig. Der Spezialist für derartige antriebstechnische Anforderungen ist Faulhaber.

Vor der klinischen Testphase am Menschen stehen umfangreiche Labortests. Da Medikamente überwiegend in den Körperzellen wirken, können Zellkulturen stellvertretend das „Ausprobieren“ der Arznei übernehmen. (Bild: www.istock.com / peterschreiber.media)

Vor der klinischen Testphase am Menschen stehen umfangreiche Labortests. Da Medikamente überwiegend in den Körperzellen wirken, können Zellkulturen stellvertretend das „Ausprobieren“ der Arznei übernehmen. (Bild: www.istock.com / peterschreiber.media)

Shortcut

Anforderung:
Automatisierung eines Analysegerätes zur Entwicklung neuer Medikamente.

Lösung:
Bürstenlose DC-Servomotoren und Motion Controller von Faulhaber.

Nutzen:
Reduzierung der Roboterarm-Verkabelung. Exakte fehlerfreie Pipetten- und Tisch-Positionierung. Hohe Wiederholgenauigkeit im Dauerbetrieb mehrerer Tage. Datenverarbeitung direkt im Motor verhindert abstrahlende Störsignale bei der Motorkommutierung.

Vor der klinischen Medikamenten-Testphase am Menschen stehen umfangreiche Labortests. Da Arzneien überwiegend in den Körperzellen wirken, können Zellkulturen stellvertretend das „Ausprobieren“ der Arznei übernehmen. Márton Nagy, Biotechnologie-Entwickler beim Münchner Unternehmen Incyton erklärt dazu: „Wir können z. B. herausfinden, ab welchem Grenzwert eine Substanz für die Zellen giftig wird. Das gilt übrigens nicht nur für Arzneimittel, sondern z. B. auch für potenzielle Umweltgifte. Wir bringen eine bestimmte Menge der Substanz in die Nährlösung ein, in der sich die Kultur befindet und beobachten, wie die Zellen reagieren. Dann wird die Menge schrittweise gesteigert. Anhand bestimmter Messdaten und der optischen Überwachung mit dem Mikroskop erkennen wir, ab wann es für die Zellen kritisch wird. Dieser Wert lässt sich auf das Körpergewicht eines Menschen umrechnen. In der Praxis legt man dann in der Regel einen Bruchteil davon als zulässigen Grenzwert für die Dosierung fest.“ In der Pharmaforschung werden auch viele Labortests mit Krebszellen durchgeführt. Bei ihnen wird der Spieß quasi umgedreht: Man will herausfinden, welches Mittel in welcher Menge ihre Vermehrung hemmt oder sie ganz abtötet.

Das automatisierte Zellanalyse-System CYRIS FLOX kann mehrtägige Testdurchläufe ohne menschlichen Eingriff absolvieren und zugleich die Ergebnisse vollständig dokumentieren. (Bild: Incyton)

Das automatisierte Zellanalyse-System CYRIS FLOX kann mehrtägige Testdurchläufe ohne menschlichen Eingriff absolvieren und zugleich die Ergebnisse vollständig dokumentieren. (Bild: Incyton)

Infos zum Anwender

Das in München ansässige junge Unternehmen Incyton verfügt bereits über beträchtliche Erfahrung auf dem Gebiet der technischen Entwicklung von analytischen Verfahren und Geräten für Forschungszwecke. So ermöglicht Incyton es Forschern, mit ihrem Gerät CYRIS® FLOX, Veränderungen in der Zellmorphologie und im Stoffwechsel automatisch und in einer vollständig kontrollierbaren atmosphärischen Umgebung zu messen. Es verbessert die Effizienz und Arbeitsleistung durch die kontinuierliche Beobachtung verschiedener Daten.
www.incyton.com

Zellen beobachten und Messwerte ermitteln

Die Beobachtung der Zellen während solcher Labortests ist vielschichtig und vor allem zeitaufwendig. Ein einzelner Versuch dauert im Schnitt etwa drei Tage. Währenddessen werden zahlreiche Einzelmessungen vorgenommen und die Zellen in kurzen Abständen immer wieder fotografiert. Die Bildsequenzen lassen sich zu einem Zeitraffer-Film zusammenfügen, um den Verlauf des Zellwachstums zu verfolgen.

Für die Messungen werden außerdem drei physikalische Größen untersucht: Sauerstoffgehalt, pH-Wert und elektrischer Widerstand des Zellrasens, der aus einem dünnen Zellfilm besteht. Der Stoffwechsel der Zellen beeinflusst die Messwerte. Zellen verbrauchen beispielsweise in gesundem Zustand mehr Sauerstoff, als wenn sie bereits an der (Neben-)Wirkung eines zugeführten Mittels leiden. Ähnlich verhält es sich mit dem pH-Wert: Da der Zellstoffwechsel saure Substanzen produziert, sinkt er normalerweise in den sauren Bereich ab. Verringert sich die Absenkung, ist der Metabolismus gestört. Die Größe der Abweichung lässt Rückschlüsse auf den Einfluss des Medikaments zu. Der elektrische Widerstand wiederum wächst mit der Zahl der Zellen. Ein verzögerter Anstieg zeigt, wie stark die Zellen beeinträchtigt sind.

Das Kernstück des Systems ist eine durchsichtige Mikrotiter-Platte mit 24 Vertiefungen, die wie Miniatur-Petrischalen die Zellproben aufnehmen. (Bild: Incyton)

Das Kernstück des Systems ist eine durchsichtige Mikrotiter-Platte mit 24 Vertiefungen, die wie Miniatur-Petrischalen die Zellproben aufnehmen. (Bild: Incyton)

Automatisiertes Testsystem statt Handarbeit

Bisher erforderten solche Testreihen viel Handarbeit. Die verschiedenen Schritte konnten nur teilweise automatisiert werden. Mit CYRIS FLOX hat Incyton ein vollautomatisches Gerät entwickelt, das den mehrtägigen Testdurchlauf ohne menschlichen Eingriff absolvieren und zugleich die Ergebnisse vollständig dokumentieren kann.

Das Kernstück des Systems ist eine durchsichtige Mikrotiter-Platte mit 24 Vertiefungen, die wie Miniatur-Petrischalen die Zellproben aufnehmen. 24 Pipetten an einem Roboterarm versorgen die Kulturen mit Nährlösung und führen die Substanzen zu, deren Auswirkungen ermittelt werden sollen. Dabei kann für jede Pipette eine andere Zusammensetzung der Lösung gewählt werden. Jedes Schälchen hat Sensoren für Sauerstoffgehalt, pH-Wert und elektrischen Widerstand. Durch ein Mikroskop-Objektiv werden zudem in regelmäßigen Abständen die einzelnen Schälchen von unten durch die transparente Platte fotografiert.

Beim Prototyp des automatischen Testsystems, das die Gründer des Startups noch während ihrer universitären Forschungsarbeiten realisierten, waren sie zunächst mit den für Kamera und Pipetten eingesetzten Motoren unzufrieden und haben diese durch Antriebe von Faulhaber ersetzt, da diese vor allem durch ihre Kompaktheit und Zuverlässigkeit überzeugten. Als es um die Weiterentwicklung für die Serienproduktion ging, musste also kein Antriebslieferant mehr gesucht werden. Es wurden jedoch neue Ziele definiert: „Wir wollten mit möglichst wenig unterschiedlichen Motortypen arbeiten“, erinnert sich Entwicklungschef Matthias Moll. „Außerdem sollte die Verkabelung einfacher werden. Dazu haben wir uns einen Antrieb gewünscht, bei dem die Elektronik bereits integriert ist. Sie war bis dahin in einem Steuerelement des Roboterarms untergebracht, wodurch viele Kabelverbindungen in einem bewegten Element nötig waren.“ Darüber hinaus sollten die Motoren in der Lage sein, Fehler zu melden, z. B. wenn wegen Überhitzung eine mechanische Blockade droht.

Kompakt, leicht und leistungsfähig

In der Kombination mit einem integrierten Motion Controller der Reihe CxD erfüllte der bürstenlose DC-Servomotor 2232…BX4 diese neuen Anforderungen der Techniker. Hinzu kamen die hohe Leistung bei äußerst kompakter Bauform. Der gesamte Antrieb ist bei 22 mm Durchmesser nur 49,6 mm lang. Das geringe Gewicht und Volumen kam der Laboranwendung ebenfalls zugute. Die bürstenlosen DC-Servomotoren in 4-Pol-Technologie liefern ein Drehmoment von 16 mNm bei ruhigen Laufeigenschaften und niedrigem Geräuschpegel. Der dynamisch gewuchtete Rotor sorgt für einen ruhigen, rastmomentfreien Lauf. Zudem bietet die Datenverarbeitung direkt im Motor weitere Vorteile: Es gibt keine abgestrahlten Störsignale bei der Motorkommutierung, die bei langen Zuleitungen zwangsläufig vorkommen. Die als Datenpaket gesendeten Steuerungssignale der SPS bzw. die Rückmeldung vom Motor werden ebenfalls störsicher übertragen.

Insgesamt sind sechs dieser Faulhaber-Antriebe in dem Analysegerät eingebaut. Drei bewegen den Pipettierkopf im Roboterarm in drei Achsen. Sie fahren die Pipetten exakt über die Mikrotiter-Schälchen und positionieren sie knapp darüber, um die Lösung abzugeben. Ein vierter Motor treibt 24 Saugkolben an, die bis zu 200 µl Kulturmedium in die sterilen Pipettenspitzen befördern. Zwei Motoren bewegen das Mikroskop auf einen XY-Tisch unter der durchsichtigen Mikrotiter-Platte mit den Zellproben, um die Fotos aufzunehmen.

Für jede der 24 Pipetten am Roboterarm kann eine andere Zusammensetzung der Lösung gewählt werden. (Bild: Incyton)

Für jede der 24 Pipetten am Roboterarm kann eine andere Zusammensetzung der Lösung gewählt werden. (Bild: Incyton)

Kompakter bürstenloser DC-Servomotor 2232…BX4 mit integriertem Motion Controller: Der gesamte Antrieb ist bei 22 mm Durchmesser nur 49,6 mm lang und eignet sich für präzise Positionieranwendungen mit hoher Wiederholgenauigkeit. Das geringe Gewicht und Volumen kam der Laboranwendung ebenfalls zugute. (Bild: Faulhaber)

Kompakter bürstenloser DC-Servomotor 2232…BX4 mit integriertem Motion Controller: Der gesamte Antrieb ist bei 22 mm Durchmesser nur 49,6 mm lang und eignet sich für präzise Positionieranwendungen mit hoher Wiederholgenauigkeit. Das geringe Gewicht und Volumen kam der Laboranwendung ebenfalls zugute. (Bild: Faulhaber)

Präzision und Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb

„Damit man später im Zeitraffer die Entwicklung einzelner Zellen verfolgen kann, muss sich das Objektiv immer genau am selben Punkt unter dem Schälchen befinden“, erläutert Matthias Moll die Herausforderung. „Mithilfe der Faulhaber-Motoren können wir den Tisch auf zwei Mikrometer genau positionieren.“ Auch der Motor, der die Kolben des Pipettenkopfes antreibt, muss äußerst präzise arbeiten. Nur wenn die Flüssigkeitsmenge exakt den Vorgaben entspricht, können valide Testergebnisse zustande kommen.

Hohe Wiederholgenauigkeit ist bei der Zellanalyse obligatorisch. Die exakten Bewegungen müssen über die Tage des Testverlaufs in kurzen Abständen immer wieder ohne Abweichung ausgeführt werden. „Wir erwarten von den Antrieben deshalb das höchstmögliche Maß an Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb“, betont der Entwicklungschef. „Erst damit schaffen wir die Voraussetzung für eine lange ‚walk-away time‘.“ So bezeichnet man in der Laborautomatisierung die Zeit, in der ein Versuch ohne menschlichen Eingriff auskommt. „Mit unserem Analysesystem lässt sie sich von wenigen Minuten oder Stunden auf mehrere Tage ausdehnen. Die Wissenschaftler und Labortechniker können währenddessen andere Arbeiten ausführen. Die Effizienz des Laborbetriebs steigt, die laufenden Kosten sinken und das Gerät amortisiert sich schnell“, zeigt sich Matthias Moll äußerst zufrieden.

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