anwenderreportage
VEGA Grieshaber VEGAPULS 64: Blick durch die Glaskugel
Vega-Sensoren unterstützen die intelligente Automatisierung von Destillationsprozessen: Die Natur ist die Quelle für die Produkte des österreichischen Unternehmens Unterweger, das u. a. für seine ätherischen Öle weithin bekannt ist. Das Verfahren, die Destillation, ist ebenfalls schon viele Jahrhunderte bekannt. Um dennoch den heutigen Anforderungen an Sicherheit, Effizienz und Rückverfolgbarkeit in der Produktion gerecht zu werden, ist eine moderne Automatisierung nötig. Sensoren von Vega spielen dabei eine wichtige Rolle.
Der VEGAPULS 64 muss bei der Firma Unterweger durch den Glasbehälter messen.
Shortcut
Aufgabenstellung: Automatisierung von Destillationsprozessen
Lösung: Radarfüllstandmessgeräte des Typs VEGAPULS 64 sowie Grenzschalter des Typs VEGASWING 61/63.
Vorteile: Stabile und zuverlässige Messungen, die automatisiert ablaufen, stetige Datenaufzeichnung.
Das Wort Globalisierung gab es sicher im Jahre 1886 noch nicht, als die Brüder Johann und Ignaz Unterweger Tirols erste Latschenölbrennerei gründeten. Bereits drei Jahre später präsentierten die beiden jedoch ihre Koniferenöle auf der Weltausstellung in Barcelona. Seit damals gilt der Name Unterweger auch weltweit als Qualitätsbegriff. Heute liefert das Asslinger Unternehmen ätherische Öle in 38 Länder weltweit, 95 % der Gesamtproduktion gehen in den Export.
Dabei steht das erste Produkt – das Latschenkieferöl – auch nach 125 Jahren noch weit vorne in den hausinternen „Öl-Charts“. Daneben prägen mittlerweile verschiedenste Öle von Angelikawurzel über Lavendel, Koriander, Lorbeer, Salbei und Wacholder bis zur Zirbelkiefer das Sortiment. Nicht nur in der behutsamen Auswahl der Grundsubstanzen setzt das Unternehmen hohe Maßstäbe. Ebenso sind die konsequente Analyse und Prüfung jedes einzelnen Öls Voraussetzung für Konzentrate höchster Güte.
Die Prozessbedingungen bei der Firma Unterweger sind keine einfache Aufgabe für die Sensoren. Neben hohen Temperaturen liegt zudem Ex-Zone 1 vor.
Infos zum Anwender
1886 gründeten die Brüder Johann und Ignaz Unterweger Tirols erste Latschenölbrennerei. Drei Jahre später präsentierten sie ihre Koniferenöle auf der Weltausstellung in Barcelona. In den 70iger Jahren wurde mit der Marke Waldmännlein erstmals eine Pflegeserie basierend auf garantiert echtem Latschenkieferöl entwickelt. Mittlerweile liefert das in Assling beheimatete Unternehmen ätherische Öle in 38 Länder weltweit, 95 % der Gesamtproduktion gehen in den Export.
www.unterweger-wellness.com
Steigende Nachfrage verlangt Expansion
Dank dieser Vorgehensweise zählt Unterweger zu den erfolgreichsten Osttiroler Traditionsbetrieben. Um der ständig steigenden Nachfrage gerecht zu werden, mussten die Kapazitäten erhöht werden. Schließlich liegen hochwertige Naturprodukte mehr denn je im Trend. Und so wurde in der Rekordzeit von gerade mal acht Monaten auf der grünen Wiese ein neues Produktionsgebäude mit drei hochkomplexen Vakuumdestillationsanlagen errichtet.
Dazu muss man wissen: Im Mittelpunkt der Produktionsverfahren steht die Destillation der empfindlichen Naturöle. Ein Verfahren, das sehr viel Know-how erfordert. Ohne die jahrelange Erfahrung der Mitarbeiter wäre die Herstellung der kostbaren Öle nicht denkbar. Um den steigenden Kapazitäten gerecht zu werden, sollte der Destillationsprozess automatisiert werden – eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Werner Stocker, Projektleiter Unterweger (links) und Andreas Dorer, technischer GF Micado, überprüfen, ob in der Anlage alles im Fluss ist.
Unmögliches mit Kompetenz möglich machen
Der in der Nähe beheimatete Automatisierungspartner Micado Automation GmbH, nahm sich dieser Herausforderung an. „Bei Projektstart wurde uns von externen Stellen prophezeit, dass es unmöglich sein wird, einen so komplexen Destillationsprozess sinnvoll und nachhaltig zu automatisieren“, erinnert sich Andreas Dorer, technischer Geschäftsführer der Micado Automation, noch gut an die Anfänge.
Die größte Herausforderung liegt darin, dass die einzelnen Produkte unterschiedliche Parameter besitzen. Sie unterscheiden sich in Dichte, Siedepunkt und in ihren chemischen Eigenschaften. Diesen Prozess zu automatisieren, war also mit einem gewissen Risiko verbunden. „Wir ließen uns aber nicht davon abhalten, sondern haben stattdessen eindrucksvoll bewiesen, was mit Mut zum Risiko, gezielter Planung und Kompetenz im Automatisierungsbereich alles machbar ist“, schildert Andreas Dorer. Die Umsetzung gelang: Seit September 2018 laufen alle Anlagen unaufhaltsam im 24-Stunden-Betrieb, sieben Tage die Woche und das völlig autonom. Dadurch wurden die Mitarbeiter entlastet und die Produktion mehr als verzehnfacht.
Ein wichtiger Aspekt in der Planung war die gesamte Sicherheitstechnik. Das System wurde von Grund auf mit einem redundanten und völlig unabhängigen Sicherheitssystem ausgerüstet.
Jederzeit über die Abläufe Bescheid wissen
Die Destillations-Experten bei Unterweger geben wichtige Prozessparameter im System vor und überwachen die Qualität der Naturöle. Das System zeichnet alle relevanten Prozessparameter auf und generiert vollautomatisch Produktionsberichte. „Die Werte werden schon allein aus Gründen der Rückverfolgbarkeit aufgezeichnet und visualisiert“, erklärt Dorer. Gesteuert werden die Anlagen von einer speziell entwickelten Leitzentrale mit mehr als zehn Bildschirmen. Über hochauflösende Kamerasysteme kann der Prozess komfortabel vom Leitstand, oder sogar von Zuhause überwacht werden. Zusätzlich werden die Mitarbeiter jederzeit über den Status der Anlagen per SMS informiert.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Planung war die gesamte Sicherheitstechnik. Das System wurde von Grund auf mit einem redundanten und völlig unabhängigen Sicherheitssystem ausgerüstet. Dadurch kann sowohl die Sicherheit der Mitarbeiter als auch der störungsfreie Betrieb zu jeder Zeit gewährleistet werden.
Die Qualität der Naturöle hängt von den Prozessparametern ab, die genau eingestellt und überwacht werden müssen. Sensoren von Vega leisten hier einen wichtigen Beitrag.
Viele Herausforderungen in der Füllstandmessung
Die Füllstandmessung ist für die Automatisierung in zweierlei Hinsicht entscheidend: Eine kontinuierliche Füllstandmessung ist zur Steuerung des Prozesses notwendig, und die Werte der Grenzstandmessung werden in das zweite System – die Sicherheitssteuerung – eingespeist. Bisherige Messungen waren ungenau. Teilweise wurde der Füllstand durch die Mitarbeiter kontrolliert, die eine Markierung am Tank anbrachten. „Abgesehen davon, dass diese Methode nicht besonders genau war, gab es auch keine stetige Datenaufzeichnung, von einer Verwertung der Daten in einem Automatisierungssystem ganz zu schweigen“, erzählt Andreas Dorer.
Die schwierigen Prozessbedingungen sind keine einfache Aufgabe für die Sensoren. Nicht nur, dass Destillationsprozesse bei hohen Temperaturen stattfinden – bei der Firma Unterweger sind 180° C an der Tagesordnung – die ätherischen Öle haben zudem zur Folge, dass Ex-Zone 1 vorliegt und SIL-Anforderungen berücksichtigt werden müssen. Außerdem ist die Dielektrizitätskonstante der Öle sehr niedrig. Überdies wechseln die Parameter je nach Öl. „Ein Automatisierungssystem in der Prozesstechnik hat bis dato noch keine künstliche Intelligenz, sondern muss sich an einem vordefinierten Prozessablauf orientieren. Eine Automatisierung mit vielen verschiedenen Produkten bzw. mit unterschiedlichen Parametern, welche nicht klar definiert werden können, ist daher sehr komplex“, erläutert der technische Geschäftsführer der Micado Automation.
Messung durch den Glaskolben
Die größte Schwierigkeit aus Sicht der Füllstandmessung lag darin, dass die Sensoren vakuumfest sein mussten und die Füllstandmessung durch das Glas der eindrucksvollen Glaskolben zu erfolgen hatte. Der Destillationsprozess ist geschlossen und es gab keinerlei Möglichkeit, die Sensoren nachträglich anzuschließen.
„Unterweger hatte bereits einen Sensor von Vega in Betrieb und es gab auch Kontakte zur hiesigen Hochschule. Letztendlich stellte sich aber heraus, dass nur die Vega-Sensoren mit dem niedrigen DK-Wert der Öle zurechtkamen“, nennt Dorer einen Grund dafür, dass die Wahl auf die Sensoren des Schiltacher Unternehmens fiel. Insgesamt kamen 16 Radarfüllstandmessgeräte des Typs VEGAPULS 64 sowie 21 Messgeräte des Typs VEGASWING 61/63 zum Einsatz.
Das berührungslos messende Radarfüllstandmessgerät VEGAPULS 64 zeichnet sich durch eine extrem hohe Fokussierung und große Dynamik aus. Dies liegt daran, dass der Sensor bei einer Frequenz von 80 GHz statt der bisher üblichen 26 GHz arbeitet. Dadurch ist ein sehr schmaler Messstrahl möglich – bei einer 80 mm-Antenne ergibt sich ein Abstrahlwinkel von nur 3°.
Der Dynamikbereich bei Radarsensoren liefert eine Aussage darüber, in welchen Anwendungsbereichen ein Sensor eingesetzt werden kann, sprich der Unterschied zwischen größtem und kleinstem Signal. Dadurch wird eine Signaldämpfung durch das Glas weitestgehend kompensiert. Auf die Messwerte des VEGAPULS 64 ist daher auch in ungewöhnlichen Anwendungen immer Verlass und zwar unabhängig von Ablagerungen, Einbauten oder Dichteschwankungen. Diese Eigenschaften machten sich auch bei der Messung durch den Glaskolben bezahlt.
Als zusätzliche Sicherheit kommen noch Grenzschalter zum Einsatz. Die Sensoren der Baureihe VEGASWING 61/63 sind in die Sicherheitssteuerung eingebaut und schützen zuverlässig vor Überlauf. Dabei handelt es sich um universell einsetzbare Vibrationsgrenzschalter für alle Flüssigkeiten. Unabhängig von der Montageposition detektierten diese sicher und millimetergenau den Grenzstand.
Einrichtung aus der Ferne
Im September 2018 wurden die Vega-Sensoren von Micado eingebaut und dank bekanntem plics®-Konzept ohne Probleme in Betrieb genommen. So dient wie gewohnt das Anzeige- und Bedienmodul PLICSCOM zur Inbetriebnahme und Bedienung der plics®-Sensoren und zeigt die Messwerte vor Ort an. Ein PC oder eine spezielle Software sind nicht erforderlich. Das Anzeige- und Bedienmodul kann jederzeit in den Sensor eingesetzt und wieder entfernt werden, ohne die Spannungsversorgung zu unterbrechen. „Besonders hilfreich und praktisch bei der Inbetriebnahme war die Bluetooth-Funktion“, erinnert sich Armin Hofmann, Projektleiter seitens Micado. Diese ermöglicht es, den Sensor aus einer Entfernung von ca. 25 Metern drahtlos zu bedienen. Mit dem Smartphone oder dem Tablet haben die Anwender jederzeit komfortablen Zugriff auf die Gerätebedienung des Sensors.
Seit der Inbetriebnahme der neuen Anlagen arbeiten die Füllstandsensoren von Vega reibungslos. „Der VEGAPULS 64 ist schon sehr innovativ, die Messung ist stabil und zuverlässig und die Inbetriebnahme war sehr komfortabel“, fasst Armin Hofmann rückblickend zusammen. Dabei schätzt Hofmann nicht nur die gute Beratung von Vega, sondern auch die gut aufbereiteten Unterlagen. „Die Dokumentation, Handbücher, Manuals etc. – man findet alle wichtigen Daten, z. B. Sicherheitskennwerte, sofort. Das trägt sehr zur Effizienz in der Planung bei“, bestätigt er. Damit können sich die Automatisierer bei Micado ganz darauf konzentrieren, was sie am besten können – innovative Lösungen für schwierige Aufgaben finden.
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