Vollautomatische Kommissionierung mittels Ensenso 3D-Kameras umsetzbar

In der Intralogistik herrscht seit einigen Jahren ein regelrechter Robotik-Hype, sei es in Fachzeitschriften oder auf Messen. Meist handelt es sich um klassische Sechsachs-Knickarmroboter, die ihren Weg aus der Produktion in die Logistik suchen. Das Ziel: die vollautomatische Kleinteile-Kommissionierung. Haupttreiber dabei ist der Arbeitskräftemangel. Die größte Herausforderung für Unternehmen beim Einsatz von Robotern oder Greifern stellen dabei entstehende Prozessveränderungen im Gegensatz zur manuellen Arbeitsleistung dar. Da Roboter nur einen Teil der Artikel in jedem Sortiment handhaben können, entstehen parallele Warenströme und somit mögliche Risiken im Hinblick auf Warenfluss, Bestände, Synchronisation und Konsolidierung. Eine vollautomatische Lösung zur Einzelstück-Kommissionierung nimmt sich dieser vielseiteigenen Aufgabe an.

Der Roboter greift unbekannte Produkte aus Schüttgut und legt sie im Zielbehälter ab - je nach Greifobjekt 300 bis 500 Teile pro Stunde. (Bilder: psb intralogistics GmbH)

Der Roboter greift unbekannte Produkte aus Schüttgut und legt sie im Zielbehälter ab - je nach Greifobjekt 300 bis 500 Teile pro Stunde. (Bilder: psb intralogistics GmbH)

Der Pick-Roboter „autopick“ der psb intralogistics GmbH aus Pirmasens besteht im Kern aus einem Roboter mit Greifer, dem IT-Netz der Gesamtanlage sowie einem leistungsstarken Bildverarbeitungssystem – bestückt mit zwei Ensenso 3D-Kameras der IDS Imaging Development Systems GmbH.

Zwei Ensenso 3D-Kameras liefern dem System die essenziellen Bilddaten.

Zwei Ensenso 3D-Kameras liefern dem System die essenziellen Bilddaten.

Individuelle Auslegung des Greifers möglich

Das Vision-System fungiert als Auge des Roboters. Es erkennt greifbare Flächen auf den zu verarbeitenden Objekten im Quellbehälter und berechnet Greifpunkte und kollisionsfreie Bahnen für den Roboter. Dieser kann dadurch unbekannte Produkte direkt aus Schüttgut greifen und im Zielbehälter in dem Bereich mit der geringsten Befüllung ablegen. Vakuumsauger sorgen dabei für ein sanftes Fassen der jeweiligen Gegenstände. Ein vorheriges „Einlernen“ (Teach-in) der einzelnen Produkte ist nicht notwendig. Egal, ob Medizinfläschchen oder Teepackung, der multifunktionale Greifer kann für eine große Artikelvielfalt mit unterschiedlichsten Verpackungseinheiten individuell ausgelegt werden. Das System lernt mit der Zeit, welcher der verschiedenen Griffe am besten für den jeweiligen Artikel funktioniert. Die erreichbare Pickleistung für eine prozesssichere Anlage ist stark von den Eigenschaften der Greifobjekte abhängig und bewegt sich zwischen 300 und 500 Teilen pro Stunde.

Zwei 3D-Kameras vom Typ Ensenso N35 liefern dem System die nötigen Bilddaten. Sie arbeiten nach dem „Projected Texture Stereo Vision“-Verfahren. Jedes Modell verwendet jeweils zwei CMOS-Sensoren sowie einen Projektor, der Hilfsstrukturen auf das aufzunehmende Objekt projiziert – auch bei schwierigen Lichtverhältnissen. Das Verfahren folgt damit dem Prinzip des räumlichen Sehens (Stereo Vision), das dem menschlichen Sehvermögen nachempfunden ist. Das Ergebnis ist eine 3D-Punktewolke als Grundlage für die benötigten räumlichen Objektinformationen.

Multifunktionale Vakuumsauger sorgen für ein sanftes Fassen unterschiedlichster Artikel.

Multifunktionale Vakuumsauger sorgen für ein sanftes Fassen unterschiedlichster Artikel.

Hohe Auflösung & Genauigkeit

Zur Einbindung der Kameras in autopick nutzte psb intralogistics das Ensenso SDK. Neben Wizards für ein einfaches Setup und zur Unterstützung der Kamerakalibrierung der 3D-Kameras beinhaltet es die Möglichkeit zur GPU-basierten Bildverarbeitung für eine noch schnellere 3D-Datenverarbeitung. Außerdem ermöglicht es die in diesem Fall erforderliche Ausgabe einer einzigen 3D-Punktewolke aller im Mehrkamerabetrieb eingesetzten Kameras sowie die Live-Komposition der 3D-Punktwolken aus mehreren Blickrichtungen. Die Konfiguration der Kameras kann einfach und präzise auf das jeweilige Produktportfolio abgestimmt bzw. auch während des Prozesses angepasst werden. Über die Schnittstelle in das Lagerverwaltungssystem werden Griffinformationen und Kommissionieraufträge ausgetauscht. IDS stellte 2022 neue Modelle der Ensenso N-Serie für 3D- und Robot Vision vor. Diese sind in der Lage auch bei schwierigen Lichtverhältnissen statische oder bewegte Objekte aufzunehmen, da sie eine zusätzlich hohe Auflösung und Genauigkeit mitbringen.

Die erste Kamera des autobick ist über der Quellkiste installiert, um diese als Kollisionsobjekt in der Bahnplanung des Roboterarms berücksichtigen zu können. Hier werden die unbekannten Teile präsentiert und die Punktewolke für die Griffpunktsuche erzeugt. Letzteres geschieht mithilfe der Software Mikado ARC (Adaptive Robot Control) von isys vision. Sie kombiniert die 3D-Stereovision-Kameratechnik von Ensenso mit einer leicht konfigurierbaren, adaptiven Robotersteuerung. Das Ergebnis ist eine vollständige 3D-Robot-Vision-Lösung für Bin Picking und Teile-Handling mit einem autonom arbeitenden Roboter, wie ihn autopick liefert. Statt vorgegebenen, eingelernten und fest definierten Bahnen zu folgen, orientiert er sich selbständig im Arbeitsraum und reagiert auf jede Situation.

Die zweite Kamera befindet sich über der Zielkiste. Hier werden freie Ablagepositionen gesucht. Zudem wird die Z-Höhe des Kisteninhaltes ermittelt, um diese bei der Bestimmung der Ablageposition berücksichtigen zu können. Entscheidend ist eine gleichmäßige Belegung der Zielkiste sowie ein sensitives Ablegen der Produkte. Letzteres ist insbesondere bei der Kommissionierung zerbrechlicher Teile von größter Wichtigkeit. Die Bildaufnahme erfolgt asynchron zum Verfahren des Roboters, um taktzeitoptimiert arbeiten zu können.

Ausblick

Innovative Intralogistiktechnologien werden für Unternehmen immer wichtiger, um trotzdem langfristig erfolgreich zu bleiben und sich besonders in stark wachsenden Branchen, wie dem E-Commerce-Sektor, zu behaupten. Dabei hat kaum ein Wirtschaftssektor derzeit so sehr mit dem Mangel an geeignetem Nachwuchs zu kämpfen wie die Logistik. Der wirtschaftliche Nutzen von Kommissionier-Robotern ist deshalb so hoch, dass sie mittel- bis langfristig ihren festen Platz in der Kommissionierung haben werden. Die dahinterstehenden Lösungen mit Künstlicher Intelligenz werden neben dem Greifen auch noch andere Herausforderungen zu meistern lernen – selbstständig oder auch kollaborativ in der Zusammenarbeit mit Menschen, zuverlässig und präzise. Bildverarbeitung u. a. mit 3D-Kameras sorgt dabei für den entscheidenden Durchblick sowie die nötige Sicherheit.

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