interview

Lapp sorgt für störungsfreie Anwendungen dank EMV

Neues Kabeldesign für Industrie 4.0-Anwendungen: Maschinen und Anlagen werden nach wie vor stärker vernetzt und das alles im Zusammenhang der sogenannten Smart Factory. Gleichzeitig steigen die Anforderungen in Bezug auf elektromagnetische Verträglichkeiten, kurz EMV genannt. Ralf Moebus, Head of Product Management Industrial Communication bei der U.I. Lapp GmbH, erklärte im Interview, wie der Verbindungsspezialist mittels eines auf der SPS präsentierten neuen Kabeldesigns eine Lösung für diese Herausforderung gefunden hat.

„Unsere Kunden wissen inzwischen sehr genau, was sie brauchen und inwiefern sie Digitalisierung in ihrem Umfeld einsetzen möchten. Wir als Lapp schaffen dabei Verbindungen.“ Ralf Moebus, Head of Product Management Industrial Communication bei der U.I. Lapp GmbH.

„Unsere Kunden wissen inzwischen sehr genau, was sie brauchen und inwiefern sie Digitalisierung in ihrem Umfeld einsetzen möchten. Wir als Lapp schaffen dabei Verbindungen.“ Ralf Moebus, Head of Product Management Industrial Communication bei der U.I. Lapp GmbH.

Herr Moebus, normalerweise begegnet man dem Problem der EMV mittels Schirmung. Auf der SPS gab es jedoch einen anderen Ansatz von Lapp. Können Sie diesen näher erläutern?

Sehr gern. Lapp hat sich dem Thema der elektromagnetischen Verträglichkeiten angenommen, einfach aus dem Bedarf heraus, der sich mit zunehmender Digitalisierung der Industrie ergibt. Unsere Lösung sieht wie folgt aus: Das Kabeldesign der Ölflex Servo FD ZeroCM wurde von uns neu gedacht. Es ist doch so, dass vor allem in Industrieanlagen, in denen frequenzumrichtergesteuerte Motoren eingesetzt werden, es zunehmend zu unerwünschten Strömen auf den Potenzialausgleichsleitungen oder Schutzerdleitungen kommt. Durch die getaktete Ansteuerung werden Störströme im Bereich von rund 3 bis 500 kHz angeregt, die über Gehäuseteile, PA-/PE-Leiter/-Netze und im ungünstigsten Fall über die Schirmung von Datenleitungen in Richtung Erdpotenzial beziehungsweise zur Quelle abfließen. Hochfrequente Ausgleichströme mit einer Amplitude von 10 A oder mehr sind dabei keine Seltenheit. Die Folgen sind unzulässig hohe Ströme auf der Schutzerde und dadurch vermeintlich fehlerhaft auslösende FI-Schutzschalter (RCD) oder Beeinträchtigung der Datenkommunikation, wenn etwa die Ausgleichsströme über den Kupferschirm einer Datenleitung fließen. Diese Fehler sind schwer zu finden, da sie keiner Systematik folgen.

Ölflex Servo FD zeroCM: Durch die zeroCM-Technologie ergibt sich eine neue Anordnung der Konstruktionselemente.

Ölflex Servo FD zeroCM: Durch die zeroCM-Technologie ergibt sich eine neue Anordnung der Konstruktionselemente.

Was bedeutet das konkret?

Lapp hat sich zum Ziel gesetzt, die physikalischen Kopplungsmechanismen innerhalb von Motor-Anschlussleitungen zu untersuchen und daraus ein neuartiges Kabeldesign abzuleiten. So ist die zeroCM-Technologie entstanden.

Kabelquerschnitt: Das neue Kabeldesign ermöglicht 100 % elektromagnetische Symmetrie.

Kabelquerschnitt: Das neue Kabeldesign ermöglicht 100 % elektromagnetische Symmetrie.

Inwiefern wurde das Kabeldesign neu gedacht?

Ganz einfach. Die drei Phasenleiter sind fortan symmetrisch angeordnet und in einer Innenlage verseilt. Ergänzend wird der Schutzleiter in einer Außenlage mit entgegengesetzter Verseilschlagrichtung um die drei Phasenleiter in einem bestimmten Schlaglängenverhältnis verseilt. Die Isolation der Leiter ist kapazitätsoptimiert und besteht aus Polyethylen, Polypropylen oder aus einer geschäumten Variante. Zwischen der Innenlage und der Außenlage liegt ein trennendes Vlies. Diese – in meinen Augen – smarte und herausragende Verseiltechnik erreicht eine optimale elektrische Symmetrie, die die magnetische Abstrahlung reduziert und die internen Kopplungen stark verringert.

Welche Vorteile ergeben sich durch diesen neuen Ansatz?

Die EMV-optimierte Kabelkonstruktion ist sehr leicht umsetzbar. Darüber hinaus bietet sie den besten Schutz vor EMV-bedingten Störströmen. Die Leitung ist vom visuellen Erscheinungsbild unsymmetrisch, jedoch erzielen wir 100 Prozent elektromagnetische Symmetrie und kommen dadurch sogar mit weniger Schirmung aus. Alles in allem kann man festhalten, dass dieser neue Ansatz der ZeroCM-Technologie zwar nicht die Ursache von EMV-Störungen verschwinden lässt, allerdings minimiert sie die Störungen und das ist das Ziel.

Gibt es hinsichtlich der Kabellängen etc. weitere Vorteile?

Der neuartige Kabelaufbau hat weiters zur Folge, dass um bis zu 80 Prozent reduzierte Ausgleichsströme am Frequenzumrichterausgang und auf parallelen Pfaden wie den Datenleitungen zu vermessen sind. Weiters sorgen reduzierte Kabel-Umladeströme für verringerte Last am und im Frequenzumrichter selbst. So lassen sich zum Beispiel längere Kabellängen verlegen, ohne den Frequenzumrichter außerhalb seiner (EMV-)Spezifikation zu betreiben. Zudem unterbindet die ZeroCM-Technologie das Entstehen von Spannungspegeln auf dem Masse-/Erdpotenzial (Ground-Voltage) auf der Verbraucherseite. Dies ist dann entscheidend, wenn empfindliche Sensorik wie Analoggeber zum Einsatz kommen.

Kommen wir bitte auf die Kosten zu sprechen. Am Rohstoffmarkt zeichnen sich seit Monaten Preiserhöhungen ab und auch bei den Lieferketten gab bzw. gibt es Herausforderungen. Wie begegnen Sie dem als Lapp?

Das ist ein wichtiges Thema. Bezüglich der Kosten können wir sagen, dass neben den beschriebenen Vorteilen der Technologie Anwender auch Kosten sparen. Der Grund hierfür ist, dass die Anlagen stabiler laufen. Alles in allem bleibt die Verkabelung gewohnt einfach, teilweise kann sich der Aufwand reduzieren. Was die Lieferkettenproblematik betrifft, haben wir auch bei unserer Kernkompetenz – dem Kabel – Beschaffungsprobleme (gehabt). Was wir bereits seit längerer Zeit im Vorfeld schon gezielt angegangen sind ist, dass wir unsere Lagerbestände erhöht haben und zudem mit mehreren Lieferanten zusammenarbeiten. Das gibt uns einen gewissen Grad an Flexibilität und wir können besser reagieren. Zudem benötigen wir bei der Herstellung der Kabel zum einen Kunststoff und zum anderen Kupfer. Diese Rohstoffe sind bezüglich des Preises am Weltmarkt stark gestiegen. Die daraus resultierenden höheren Kosten tragen unsere Kunden mit, das Verständnis ist vorhanden.

Wie schaut im Allgemeinen die Nachfrage nach Lapp-Lösungen aus? Sind Sie mit dem Geschäftsjahr zufrieden?

Wir können einen extremen Nachfrageboom verzeichnen. Elektrifizierung ist derzeit ein klarer Wachstumstreiber, denn dort, wo viel Automatisierung vorherrscht, ist gleichzeitig viel Elektrifizierung nötig und es werden Kabel gebraucht. Zudem nehmen wir aus den vergangenen Messen wie der SPS mit, dass die Nachfrage nach unseren Lösungen steigt. Die Digitalisierung der Unternehmen und der Weg zur Smart Factory nehmen gezielt Form an.

Abschließend noch eine Frage auf die neue ZeroCM-Technologie bezogen: Was folgt strategisch als Nächstes?

Lapp will sein Portfolio mit der ZeroCM-Technologie weiter ausbauen. Als Nächstes sind Hybridleitungen im Fokus.

Vielen Dank für das Gespräch!

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