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Die Cloud war schneller da als gedacht

Gastkommentar Wer mit seinen Kunden oder Geschäftspartnern vor drei Jahren über die Cloud philosophierte, kam meist schnell zu dem Schluss, dass dieser Hype für den Maschinenbau zumindest mittelfristig keine besondere Bedeutung haben würde. Und auch heute noch begegnet einem das Argument häufig, dass die Cloud viel zu unsicher sei, um in ihr Produktionsdaten speichern und veröffentlichen zu können.

Dr.-Ing. Hans Egermeier studierte Allgemeinen Maschinenbau an der Technischen Universität München und promovierte mit Auszeichnung am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften an der TU-München über die Montagesimulation mit Virtual Reality Technologien. In dieser Zeit übernahm er als Mitglied der Institutsleitung auch Mitverantwortung für den Lehr- und Forschungsbetrieb.

Nach den beruflichen Stationen als Geschäftsführer und Anteilseigner der xmedio GmbH und als Technical Director der Rang

Dr.-Ing. Hans Egermeier studierte Allgemeinen Maschinenbau an der Technischen Universität München und promovierte mit Auszeichnung am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften an der TU-München über die Montagesimulation mit Virtual Reality Technologien. In dieser Zeit übernahm er als Mitglied der Institutsleitung auch Mitverantwortung für den Lehr- und Forschungsbetrieb. Nach den beruflichen Stationen als Geschäftsführer und Anteilseigner der xmedio GmbH und als Technical Director der Rang

Doch nun, Anfang 2017, hat sich diese Situation überraschend schnell gewandelt. Die Cloud und ihre speziellen Ausprägungen als Fog- oder Edge-Cloud sind schon Realität! Die im Herbst 2016 veröffentlichte Sonderserie in der x-technik AUTOMATION ist dafür nur einer von vielen Hinweisen. Nach nur drei Jahren stellt sich somit schon nicht mehr die Frage nach dem „ob sie kommt“, sondern es zählt vielmehr „wie und wie schnell man auf diesen bereits fahrenden Zug aufspringen kann“.

(Bild: Fotolia)

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Wer die Cloud nur als Technologie begreift, wird zu kurz springen

Technisch betrachtet, ist die Cloud eine Daten-, Kommunikations- und Serviceplattform. Die Basistechnologien wie Datenbanken, Kommunikationsschnittstellen und nicht zuletzt das Internet sind für sich einzeln gesehen nicht mehr besonders „revolutionär“ – was bedeutet: Nur weil beispielsweise eine Maschine im Falle eines Problems Daten an ein Serviceportal schickt und daraufhin ein Servicetechniker auf der Maschine eine Remote-Diagnose und in Folge ein Remote-Service durchführt, heißt das lange noch nicht, dass die gesamte Produktion über eine Cloud läuft. Wer somit glaubt, er würde damit schon seit 20 Jahren ein Cloud-Potential nutzen, verkennt deutlich deren schöpferisches Reservoir.

Das tatsächlich neue Potential einer Cloud steckt in der Vereinheitlichung und Zusammenführung unterschiedlichster Datenströme auf einer Plattform – nicht nur von einer Maschine, sondern aus verschiedensten Quellen der gesamten Wertschöpfungskette. Damit liegt auch das enorme Leistungsvermögen der Cloud nicht in der Beherrschung sogenannter Cloud-Technologien – das ist eine Grundvoraussetzung – sondern in den darauf aufbauenden Service-Leistungen, die nun technisch möglich und wirtschaftlich umsetzbar werden.

Management-To-Do-Basics für erfolgreiche Cloud-Services

Für bisher schwerpunktmäßig technologieorientierte Maschinenbauunternehmen krempelt die Cloud die Produktentwicklung um. Die Definition von nutzbringenden Servicedienstleitungen erfordert einen noch engeren Kundenkontakt und noch tiefere Einblicke in die jeweiligen Produktionsabläufe und die damit verbundenen Anliegen. Ein durchgängiges und transparentes Anforderungsmanagement vom Vertrieb bis hin zum Entwickler wird daher den Erfolg dieser neuartigen Serviceangebote maßgeblich beeinflussen.

An Stelle von überlegenen einzelnen technischen Features erhält nun System-Usability über User Experience einen hohen Stellenwert, um Cloud-Services wirtschaftlich sinnvoll nutzen zu können. Das interdisziplinäre mechatronische Engineering reicht dafür nicht mehr aus. Usability, IT und Geschäftsmodellentwicklung als neue Domäne werden integrale Bestandteile der Produktentwicklung. Das bedeutet, dass diese Unternehmensbereiche noch enger zusammenrücken. Für das Management heißt dies, dass interne Hürden weiter abzubauen sind, die Kommunikation zwischen den Teams massiv gefördert werden muss und ein Entwicklungsprozess zu installieren ist, der in kleinen Schritten einen schnellen Lernfortschritt für alle garantiert, nämlich für das Management, für das Entwicklungsteam und für den Kunden.

Nutzen und Risiko pragmatisch bewerten

Zugegebenermaßen bringt die Cloud viele Unbekannte mit sich. Wer nicht schon Mitarbeiter für diesen Bereich aufgebaut hat oder kurzfristig auf Experten zugreifen kann, wird sich schnell in einem „Henne-Ei-Problem“ wiederfinden. Ein „bisschen Cloud“ wird definitiv nicht funktionieren – und unter solchen Voraussetzungen stellt ein größeres Cloud-Investment ein deutliches Risiko dar.

Um dennoch bei relativ niedrigem Informationsstand und hohem Entscheidungsrisiko starten zu können, gibt es eine Methode mit besonders hohem praktischen Nutzen: die „Applied Information Economics“, kurz AIE (Quelle: Hubbard, „How to measure anything“). Mit diesem Verfahren können verpasste Vorteile (Expected Opportunity Loss) und die Kosten (z. B. für Analyse, Schulung oder Beratung) pragmatisch kalkuliert werden. Auf diese Weise lässt sich das Entscheidungsrisiko in einem angemessenen Rahmen definieren.

Die wesentliche Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz dieses Verfahrens ist jedoch, ein Gefühl für die eigene Unsicherheit zu bekommen – frei von bequemer Selbsttäuschung. In der Fachsprache spricht man hierzu von „kalibrierter Schätzung“ – und auch dafür gibt es Hilfe: Eine Diagnose der Selbsteinschätzung lässt sich schnell und einfach anhand eines interaktiven Beispiels für eine risikobehaftete Investition – z. B. in die Cloud – unter https://lean-dt.shinyapps.io/shinyDecisionSupport durchführen.

Dr.-Ing. Hans Egermeier

www.lean-dt.com

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