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Die Revolution im Schaltschrankbau – #VIDEOCAST-Interview mit GF Österreich, Wolfgang Weidinger, von Weidmüller

Fachkräftemangel, steigender Kostendruck, kleine Losgrößen, kurze Lieferzeiten, erhöhter Dokumentationsbedarf. Wie kann man diesen Herausforderungen begegnen? Um die Effizienz in den Produktionsprozessen auf das nächste Level zu heben und einen Schritt näher an die Smarte Produktion zu gelangen, rät der Weidmüller Österreich Geschäftsführer Wolfgang Weidinger zu Investitionen.

„Man darf nicht vergessen, dass es neben den vollautomatisierten Lösungen immer auch halbautomatische Lösungen gibt, die ebenfalls einen Mehrwert erzielen. Gerade für kleinere Betriebe, die ein kleineres Volumen an Klemmen bedienen, ist dieser Ansatz ein gezielt smarter Schritt in die Zukunft.“ Wolfgang Weidinger, Geschäftsführer von Weidmüller Österreich Bild: x-technik

„Man darf nicht vergessen, dass es neben den vollautomatisierten Lösungen immer auch halbautomatische Lösungen gibt, die ebenfalls einen Mehrwert erzielen. Gerade für kleinere Betriebe, die ein kleineres Volumen an Klemmen bedienen, ist dieser Ansatz ein gezielt smarter Schritt in die Zukunft.“ Wolfgang Weidinger, Geschäftsführer von Weidmüller Österreich Bild: x-technik

Herr Weidinger, die Revolution im Schaltschrankbau – so lautete Weidmüllers Slogan vor einigen Wochen, als Sie in Österreich dieses Thema an insgesamt vier Eventtagen Ihren Kunden anschaulich präsentierten und dabei gezielt auf Workshops setzten. Inwiefern greift diese Aussage auch im Zusammenhang mit dem Ziel, die Smarte Produktion zu forcieren und was genau bietet Weidmüller an Lösungen an?

Wolfgang Weidinger: Generell gesprochen ist die „Smarte Produktion“ ein weiter Begriff. Bei Weidmüller umfasst sie gezielt den Schaltschankbau. Um konkret zu werden, sind unsere Lösungen hierfür der Weidmüller RailAssembler und der Weidmüller RailLaser. Die Vorteile der Lösungen liegen dabei auf der Hand: Eine automatisierte Bestückung sowie Beschriftung von Klemmleisten tragen zur Zeitersparnis bei und trotz der Investitionskosten habe ich recht bald einen Mehrwert zu verzeichnen. Somit bin ich ein Stück weit smart unterwegs.

Weidmüller Klippon Automated RailAssembler  ist ein System zur vollautomatisierten Klemmenleistenbestückung.

Weidmüller Klippon Automated RailAssembler ist ein System zur vollautomatisierten Klemmenleistenbestückung.

Spielt bei der Frage der Investition in puncto Automatisierung meiner Arbeitsprozesse die Unternehmensgröße eine entscheidende Rolle und ab wann lohnt sie sich?

Grundsätzlich sagen wir, dass sich ab 150.000 Tragschienenkomponenten pro Jahr oder ab einer Schaltschankbaugröße von 15 bis 20 Mitarbeitern eine Anschaffung unserer Maschinen durchaus lohnt. Im Vorfeld führen wir mit den potenziellen Käufern sogenannte Investitionsanalysen durch, bei denen wir uns sehr detailliert ansehen, wie die Fertigung im Ist-Zustand läuft und wie diese automatisiert(er) ablaufen könnte bzw. wo gezielt Einsparungspotenziale vorhanden wären. Manche Daten haben Kunden grundsätzlich nicht vorliegen. So müssen diese erst gemessen werden und unsere Vorgehensweise mit dem Kunden im Vorfeld der Anschaffung macht somit durchaus Sinn.

Mit dem Klippon Automated RailAssembler gehört das manuelle Kommissionieren, Zuordnen und Positionieren, Aufrasten und Sichten der einzelnen Reihenklemmen der Vergangenheit an.

Mit dem Klippon Automated RailAssembler gehört das manuelle Kommissionieren, Zuordnen und Positionieren, Aufrasten und Sichten der einzelnen Reihenklemmen der Vergangenheit an.

Mit welchen Fragen sollte man sich als Unternehmer grundsätzlich bezüglich einer Investition auseinandersetzen?

Es werden unterschiedlichste Fragen beantwortet wie: „Wie lange brauche ich für eine Beschriftung einer Klemmleiste?“, „Was zähle ich an Arbeitsschritten noch dazu?“, „Zähle ich das Kommissionieren dazu?“, „Wer führt diese Tätigkeit durch?“, „Macht dies ein Lehrling oder doch ein Facharbeiter?“ Der Teufel liegt bei all diesen Fragen im Detail und es ist ein längerer Prozess, bei dem sich auch die Kunden mit ihrer Fertigung tiefer auseinandersetzen müssen, um letztendlich zu einer zielgerichteten Entscheidung zu gelangen.

Mit dem Greifer kann der Klippon Automated RailAssembler auch komplexere Komponenten-Geometrien handhaben.

Mit dem Greifer kann der Klippon Automated RailAssembler auch komplexere Komponenten-Geometrien handhaben.

Neben dem erwähnten Rail Assembler für die Kabelkonfektionierung bietet Weidmüller zudem den Rail Laser an. Was genau können diese beiden Lösungen in meinem Betrieb – auch in Bezug auf die Smarte Produktion – grundsätzlich optimieren?

In Zeiten voller Auftragsbücher und wachsendem Fachkräftemangel müssen Wertschöpfungsprozesse immer schneller, präziser und vor allem wirtschaftlicher erfolgen. Dies gilt insbesondere für den Schaltschrankbau. Digitalisierung und Automatisierung sind dabei wichtige Faktoren zur Effizienzsteigerung. Der RailAssembler bestückt eine Hutschiene vollautomatisch, mit Klemmen aber auch anderen Komponenten, wie zum Beispiel Relais. Somit werden einzelne Arbeitsschritte wie die Kommissionierung teilautomatisiert, andere Bereiche, wie die Bestückung, komplett automatisiert.

Der Klippon Automated RailLaser ermöglicht in Verbindung mit dem Weidmüller Configurator (WMC) eine vollautomatische Beschriftung vorbestückter Klemmenleisten. Durch die Nutzung von Reihenklemmen mit bereits aufgebrachten Markierern entfällt das Heraustrennen, Zuordnen und Aufrasten einzelner Markierer. So können bei der Kennzeichnung Zeiteinsparungen von bis zu 90 Prozent erreicht werden. Die Laserbeschriftung der Klemmleisten erfüllt zudem höchste Ansprüche an die Beschriftungsqualität.

Der Klippon Automated RailAssembler ermöglicht in Kombination mit dem Weidmüller Configurator (WMC) die vollautomatische Bestückung von Tragschienen.

Der Klippon Automated RailAssembler ermöglicht in Kombination mit dem Weidmüller Configurator (WMC) die vollautomatische Bestückung von Tragschienen.

Kommen wir bitte noch einmal zum RailLaser. Was ist sein Herzstück?

Das Herzstück des Klippon Automated RailLaser ist sein Bildverarbeitungssystem, das die Klemmenleisten vor dem Beschriften vermisst. Es bestimmt die tatsächliche Position jedes Markierers, vergleicht sie mit der theoretischen Position des digitalen Modells und nimmt entsprechende Korrekturen automatisch vor. Dadurch wird selbst bei Positionsabweichungen, die etwa durch eine Wärmeausdehnung der Komponenten oder eine bei der manuellen Bestückung falsch eingesetzte Klemme entstehen können, ein perfektes Beschriftungsergebnis gewährleistet. Das System sorgt für erstklassige Beschriftungsergebnisse in den unterschiedlichsten Anwendungen und garantiert eine hochwertige Optik der Klemmenleiste im fertigen Schaltschrank.

Der Weidmüller Klippon Automated RailLaser bietet eine direkte und dauerhafte Beschriftung der Reihenklemmen via Laser.

Der Weidmüller Klippon Automated RailLaser bietet eine direkte und dauerhafte Beschriftung der Reihenklemmen via Laser.

Das bedeutet, die Investition sieht einen klaren Wettbewerbsvorteil vor?

Ja, denn dank innovativer Weidmüller Technologien sowie einer hochwertigen Laserquelle werden schnelle und präzise Beschriftungsergebnisse auf unterschiedlichsten Materialien bei Tragschienen von bis zu 1,20 Meter Länge erzielt. In der Anwendung schaut das so aus, dass ich eine Klemmleiste einspanne und die Kamera dann in Folge mehrere Fotos von dieser Klemmleiste macht und die Bilder mit dem Digitalen Zwilling vergleicht bzw. überprüft. Der Vorteil ist der, dass ich als Anwender dadurch eine extreme Genauigkeit der Markierung habe und die Fehlerfreiheit genieße.

„In Zeiten voller Auftragsbücher und wachsendem Fachkräftemangel müssen Wertschöpfungsprozesse immer schneller, präziser und vor allem wirtschaftlicher erfolgen. Dies gilt insbesondere für den Schaltschrankbau. Digitalisierung und Automatisierung sind dabei wichtige Faktoren zur Effizienzsteigerung.“ Wolfgang Weidinger, Geschäftsführer Weidmüller Österreich Bild: fotofuerst

„In Zeiten voller Auftragsbücher und wachsendem Fachkräftemangel müssen Wertschöpfungsprozesse immer schneller, präziser und vor allem wirtschaftlicher erfolgen. Dies gilt insbesondere für den Schaltschrankbau. Digitalisierung und Automatisierung sind dabei wichtige Faktoren zur Effizienzsteigerung.“ Wolfgang Weidinger, Geschäftsführer Weidmüller Österreich Bild: fotofuerst

Vor allem der anhaltende Facharbeitermangel beschäftigt Betriebe in ihrer Planung, denn ihre Zukunft hängt auch ein stückweit davon ab, ob man Mitarbeiter findet oder gezielt ersetzen kann durch Automatisierungsprozesse. Stimmen Sie dem zu?

Dem stimme ich vollends zu. Fachkräfte werden nicht „mehr“ am Arbeitsmarkt werden in den kommenden Jahren. Im Gegenteil. Und auch wenn wir alle augenblicklich eher mit wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen haben und das Facharbeiterproblem derzeit eventuell nicht so eklatant spürbar ist, wird dieser Umstand wieder auftreten. Dann stellt sich für mich als Unternehmer auch schnell die Frage, ob ich überhaupt Aufträge annehmen kann, wenn mir das Personal fehlt. Somit ist eine rechtzeitige Investition bzw. Optimierung meiner Produktion durch die Anschaffung von Automatisierungslösungen am Shopfloor ein Riesenthema.

Dennoch steht als Erstes die Investition im Raum.

Das ist richtig. Aber man darf auch nicht vergessen, dass es neben den vollautomatisierten Lösungen immer auch halbautomatische Lösungen gibt, die ebenfalls einen Mehrwert erzielen. Gerade für kleinere Betriebe, die ein kleineres Volumen an Klemmen bedienen, ist dieser Ansatz ein gezielt smarter Schritt in die Zukunft.

Für die beschriebenen Schritte sollte das Unternehmen bereits einen gewissen Digitalisierungsgrad im Vorfeld erreicht haben, nicht wahr?

Es geht auch ohne, mit der Verwendung von reinen Weidmüllertools. Es ist aber mit mehr Aufwand verbunden, das darf man nicht vergessen.

Sind heimische Betriebe skeptischer bei Investitionen in die Automatisierung?

Ich denke, dass wir in Österreich, salopp formuliert, dazu „verdammt“ sind, über digitale Schritte und smarte Investitionen ehestmöglich nachzudenken, damit die heimischen Unternehmen am eigenen Standort in Österreich wettbewerbsfähig bleiben. Für mich bedeutet das, dass die Digitalisierung in der Planung und Automatisierung am Shopfloor ein Muss ist. Wir werden sehr stark investieren müssen, um einfach auch in Österreich weiter produzieren zu können.

Weshalb?

Der Markt verändert sich rasant, das spüren derzeit viele. Gerade Branchen, die sehr starken internationalen Druck haben, unterstreichen diese Aussagen, denn sie wissen genau, dass sie jetzt digitalisieren, optimieren etc. müssen, damit man wettbewerbsfähig bleibt. Andere Unternehmen haben teilweise die Notwendigkeit noch nicht vorliegen, die wird aber kommen.

Das bedeutet, die Produktionen und Jobs in das ferne, günstigere Ausland zu verlagern, sollte grundsätzlich vermieden werden. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass die Unternehmen handeln müssen.

Richtig. Ich möchte auch keine Angst verbreiten, aber der Druck ist schon spürbar, vor allem bei ganz kleinen Unternehmen. Und noch einmal – es ist stark branchenabhängig. Vor allem in Bezug auf das Ziel der „All Electric Society“, die besagt, dass alles was elektrisch werden kann, mittelfristig elektrisch werden soll, werden wir für alle diese Themen Schaltschränke brauchen. Und: Die Fachkräfte werden wie erwähnt in ihrer Anzahl nicht mehr. Das heißt, entweder ich schaffe mit dem gleichen Personal mehr Output oder ich muss dann irgendwann Aufträge ablehnen mit den Folgen und Risiken, die mir dadurch entstehen.

Kommen wir abschließend noch einmal zu eurem Slogan „Revolution im Schaltschrankbau – der digitale Schlüssel zur Fertigung“. Den Kern der Botschaft haben wir nun ausführlich diskutiert. Wird er – in die Glaskugel geschaut – bei den Unternehmen rechtzeitig ankommen?

Das ist schwer zu beantworten, aber die Botschaft dahinter ist einfach: Wir müssen im Schaltschrankbau digitalisieren und optimieren – jetzt. Jede Investition lohnt dabei, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und auch die Qualität der eigenen Produktion beizubehalten. Ich denke, wenn man in Österreich weiter produzieren will, ist ein gewisser Grad einer Investition in die Automatisierung und Digitalisierung einfach notwendig. Daran führt kein Weg vorbei.

Vielen Dank für das Gespräch.

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