anwenderreportage

Produktionssteigerung per Leichtbaurobotik

Allgegenwärtiger Kostendruck zwingt Unternehmen ihre Produktionsprozesse kontinuierlich zu verschlanken und effizienter zu gestalten. Unter dem Schlagwort ”Lean Production” optimieren daher viele Unternehmen ihre Fertigung, um Verschwendung, etwa in Form von Überproduktion oder einer zu langen Durchlaufzeit zu vermeiden und damit langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Der dänische Getriebehersteller BJ-Gear A/S setzt auf dieses Verfahren und integrierte insgesamt vier Leichtbauroboter von Universal Robots an unterschiedlichen Abschnitten seiner Produktion.

Infos zum Anwender

Das dänische Unternehmen BJ-Gear wurde 1964 gegründet und produziert mit 80 Mitarbeitern ein breites Spektrum an Kraftübertragungslösungen, das Standard- und Spezialgetriebe ebenso umfasst wie kundenspezifische Getriebe. Diese werden in Produkten für den Gesundheitssektor, der Agrar- und Lebensmittelindustrie, der Energiebranche sowie in Zügen, Liften und Rollstühlen eingesetzt.
www.bj-gear.dk

BJ-Gear A/S entwickelt, produziert und vertreibt Lösungen im Bereich Kraftübertragung. Das breite Sortiment umfasst neben Standardgetrieben vor allem auch Spezialgetriebe, die nach individuellen Kundenanforderungen hergestellt werden. Aufgrund der Sonderanfertigungen gehören häufige Änderungen im Produktionsablauf sowie die Abwicklung von Kleinserien zum Alltag bei BJ-Gear. Noch vor fünf Jahren fertigte das Unternehmen daher seine Jahresproduktion von 25.000 High-End-Getrieben in unzähligen Varianten ausschließlich manuell an. Automationstechnologie war wegen zu hoher Kosten, eines immensen Platzbedarfs und hochkomplexer Programmierung bis dahin keine Alternative.

Im Zuge einer allgemeinen Optimierung seiner Produktion setzte sich das Unternehmen allerdings erneut mit dem Thema Automatisierung auseinander. Plant Manager Bjørn Sommer beschäftigt sich bereits seit rund 15 Jahren mit „Lean Enterprise“ und „Six Sigma“ – das sind Methoden für effektive Produktionsprozesse und hohes Qualitätsmanagement in der Industrie. 2005 wurde er von BJ-Gear ausgewählt, den Aufbau einer neuen Fabrik zu leiten. „Unser Anspruch war es, alle Herstellungsschritte logisch und effizient anzuordnen und die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter optimal zu nutzen. Dazu war eine Lösung notwendig, die zum einen flexibel auf unsere stark variierenden Losgrößen angepasst werden kann und mit der zum anderen monotone Handarbeiten automatisiert werden können“, erklärt Bjørn Sommer.

Zeit- und kosteneffektive Automation

Den Vorschlag, Leichtbauroboterarme des ebenfalls aus Dänemark stammenden Unternehmens Universal Robots in die Produktion zu integrieren, machte Henrik Christensen, der sich bei KJV, einem Vertriebspartner des Herstellers, auf Automation spezialisiert hat. „Der Roboterarm UR5 wiegt nur 18 Kilogramm und verfügt über 5 Kilogramm Traglast bei einer Reichweite von 85 cm. Das Besondere ist, dass der Roboter flexibel und einfach programmierbar ist und in nächster Nähe zum Menschen ohne Schutzzaun arbeiten kann“, sagt Henrik Christensen. Heute sind insgesamt vier der Leichtbauroboterarme an unterschiedlichen Produktionsabschnitten bei BJ Gear im Einsatz. Einer der Roboter arbeitet in der Lackierkabine, wo er mit einer Spritzpistole fertig montierte Getriebe lackiert.

Für seine Aufgabe ist der Roboter in der Lackierkabine vor einem Förderband mit einer Reihe von Halterungen platziert. Auf jeder Halterung befindet sich ein Getriebe. Setzt sich das Förderband in Bewegung startet der Roboter den Lackiervorgang. Je nach eingestelltem Programm trägt er über die angebrachte Spritzpistole eine bestimmte Menge Lack auf jedes einzelne Getriebe auf und bewegt sich dabei so, dass er alle einzufärbenden Winkel und Ecken des Werkstückes erreicht. Von großem Vorteil ist hier, dass der sechsgliedrige Knickarmroboter seine Gelenke um 360 Grad drehen und damit aus vielen verschiedenen Positionen spritzlackieren kann.

Zuvor lackierten zwei Mitarbeiter alle produzierten Getriebe manuell. Nun wurde einer von ihnen für andere Aufgaben bei BJ-Gear freigestellt. „Ich empfinde es als eine große Befreiung, dass nun der UR5 die meisten Lackierarbeiten, die doch sehr eintönig sind, übernehmen kann“, freut sich Getriebemonteur Frits Egelund Jensen. Nach zehn Jahren in der Lackierkabine hat der Roboter seinen Arbeitsalltag markant verändert. Jetzt benötigt Frits Egelund Jensen nur einen geringen Teil seiner Zeit, um den Roboter für neue Getriebegrößen und -typen zu programmieren und zwischen den verschiedenen Programmen umzuschalten. Stattdessen kann er sich komplexeren Tätigkeiten in der Getriebemontage widmen.

Fünf Getriebe der gleichen Größe sind ausreichend, um den Lackiervorgang mit Hilfe des UR5 zeit- und kosteneffektiv zu automatisieren. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Roboter in der Lage wäre, unsere Spezialgetriebe zu lackieren. Zuvor hatte ich noch nie mit Robotern gearbeitet und war überrascht, wie unkompliziert das Handling ist“, stellt Frits Egelund Jensen fest. Mit wenigen Klicks auf dem Touchscreen des Roboter-Controllers kann der BJ-Gear-Mitarbeiter dem Roboter den Befehl für die nächste zu lackierende Serie geben. Die unterschiedlichen Programme sind gespeichert und können bei Bedarf abgerufen oder angepasst werden. Die Programmierung selbst erfolgt über eine intuitive Benutzeroberfläche und ist innerhalb kürzester Zeit für alle technischen Mitarbeiter eines Unternehmens lernbar.

Jensens Kollege Brian Peitersen, der früher auch nur für Spritzlackierungen zuständig war, bereitet nun den Lackiervorgang für die verschiedenen Serien vor. Er platziert die Getriebe an der Fördereinrichtung, sorgt für die Schutzabdeckung der Stellen, die in rohem Zustand bleiben sollen und ist für die Qualitätskontrolle verantwortlich.

Hohe Qualität und schnelle Lieferung

Bisher fährt BJ-Gear nur jeweils eine Getriebeserie durch die Lackieranlage, wonach die Mitarbeiter eine neue Serie von Werkstücken in der Förderanlage anordnen. In Kürze soll die Spritzlackierung der Getriebe jedoch noch weiter automatisiert werden, so dass verschiedene Werkstücke ohne Unterbrechung in willkürlicher Reihenfolge lackiert werden können.

„Diese Anforderung lösen wir mittels eines aufgeklebten Chips am Getriebe, welcher die Daten des spezifischen Lackierprogramms für Größe und Form des jeweiligen Getriebes enthält. Ein in der Förderanlage installierter Chipscanner meldet dem UR5 dann, mit welchem Programm und in welcher Farbe er das Getriebe lackieren soll. Das heißt, wir können die Getriebe sofort am Förderband anbringen, wenn sie lackierbereit sind. Das optimiert den Produktionsfluss und verkürzt die Lieferzeiten“, so Bjørn Sommer.

Neuer Schwung für ältere Maschinen

Drei weitere UR-Roboter unterstützen das „Lean Production“- Modell bei BJ-Gear. Sie beladen CNC-Maschinen und sind an Waschanlagen oder Gratomaten tätig. So ist BJ-Gear in der Lage, bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl in kürzerer Zeit mehr Getriebe herzustellen. Insgesamt beliefen sich die Kosten für alle vier Roboter inkl. Installation auf weniger als 100.000 Euro – diese Investitionen haben sich in durchschnittlich knapp einem Jahr amortisiert.

„Der einzige Weg, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Produktion hier in Europa zu erhalten, ist bei gleichbleibenden Kosten mehr und schneller zu produzieren. Die UR-Roboter haben uns die Möglichkeit eröffnet, sogar in einer Produktion, die schnelle Anpassungen erfordert, Arbeiten mit kleinem Volumen und großer Komplexität zu automatisieren. Preislich gibt es keine wirklichen Alternativen zu Universal Robots. Und da unsere Mitarbeiter sehr gut mit dem ersten UR-Roboter zurechtkamen, lag es auf der Hand, noch weitere Roboter gleichen Fabrikats anzuschaffen“, stellt Bjørn Sommer fest.

Neue vollautomatische Multitasking-Maschinen sind meist um ein Vielfaches kostenintensiver als ein UR-Roboter. BJ-Gear hat stattdessen die Lebensdauer älterer, aber voll funktionsfähiger Maschinen verlängert und mit Hilfe von UR-Robotern automatisierte Produktionszellen geschaffen. Innerhalb weniger Jahre ist der Anteil automatisierter Prozesse bei BJ-Gear stark angewachsen. Ein immer größerer Teil der Bearbeitung der Rohlinge erfolgt nun gänzlich unberührt von Menschenhand, bis die fertigen Teile montagebereit sind. Dennoch musste aufgrund der Robotertechnologie kein einziger Arbeitsplatz bei BJ-Gear abgebaut werden. „Unsere Philosophie lautet, dass die Wertschöpfung für den Kunden größer ist, wenn unsere Mitarbeiter ihre Zeit für Qualitätssicherung, Innovation, Umweltbelange und Dokumentation verwenden“, betont Bjørn Sommer.

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