anwenderreportage

Recyclinganteil durch KI erhöhen: Institut für Textiltechnik Augsburg ITA setzt auf Antriebstechnik von Baumüller

Das Institut für Textiltechnik Augsburg ITA forscht an einer Anlage zur Herstellung von Vliesstoffen und nutzt dabei das Antriebs-Know-how der Nürnberger Baumüller Gruppe. Eingesetzt werden IoT-fähige Servoumrichter, die viele der benötigten Daten ohne Sensorik erfassen, vorverarbeiten und an eine KI-Plattform in der Cloud weitergeben können.

In dem mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt Digital Design for Recycling (DiDe4Rec) werden die Materialeigenschaften von mit Rezyklaten versetzten Kunststoffen verschiedenster Art und deren Veränderungen im sich wiederholenden Recyclingprozess erforscht.

In dem mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt Digital Design for Recycling (DiDe4Rec) werden die Materialeigenschaften von mit Rezyklaten versetzten Kunststoffen verschiedenster Art und deren Veränderungen im sich wiederholenden Recyclingprozess erforscht.

Shortcut

Aufgabenstellung: Intelligente Antriebstechnik beim Recyclingprozess von Textilfasern.

Lösung: IoT-fähige Servoumrichter von Weidmüller.

Nutzen: Daten werden schneller erhoben und analysiert als mit einer PLC; keine Belastung der Maschinensteuerung; Daten werden vom Antrieb vorverarbeitet und dann an Steuerungen oder KI-Plattformen weitergegeben

„Bis zu 20 Prozent Recyclinganteil“ – das liest man schon heute auf vielen Textilien, die in den großen Modehäusern dieser Welt angeboten werden. Das erweckt den Anschein, als wäre die Nutzung recycelter Fasern in der Herstellung von Textilien schon Alltagsgeschäft. Ganz so einfach ist es nicht, erklärt Philip Mosler, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim ITA. „Ich kann mir vorstellen, dass es sich hier vor allem um Industrieabfälle handelt, die recycelt werden“, vermutet er „da kennt man die Zusammensetzung und Materialeigenschaften genau.“ Bei der Wiederverwertung von z. B. nicht nutzbarer Kleidung aus der Altkleidersammlung ist das nicht ganz so einfach. „Als Hersteller weiß man nie, wie sich das Recyclingmaterial im Herstellungsprozess verhält, eine Bewertung der Materialqualität ist enorm teuer.“ Darum scheuen viele Hersteller den Einsatz von wiederaufbereiteten Stoffen, denn das Risiko, beim Endprodukt nicht die gewünschte Qualität zu erreichen, ist hoch. Der Grund: Ausschlaggebend für die Materialqualität ist die Faserlänge. Je länger die Faser, umso besser lässt sie sich verarbeiten. Mit jeder Aufbereitung für das Recycling in entsprechenden Shreddern werden die Materialfasern aber stetig kürzer und damit schwerer zu verarbeiten.

Philip Mosler vom ITA und Frank Kästner von Baumüller verfolgen ein gemeinsames Ziel: Die Steigerung des Rezyklatanteils in der Vliesstoffherstellung durch die Erhebung und Auswertung von Daten und den Einsatz von KI.

Philip Mosler vom ITA und Frank Kästner von Baumüller verfolgen ein gemeinsames Ziel: Die Steigerung des Rezyklatanteils in der Vliesstoffherstellung durch die Erhebung und Auswertung von Daten und den Einsatz von KI.

Infos zum Anwender

Das Institut für Textiltechnik Augsburg ITA ist ein internationaler Forschungsdienstleister im Bereich Hochleistungswerkstoffe und deren Fertigungstechnologien. Es ist Teil der ITA Group rund um das RWTH Aaachen University, einem der größten textilen Forschungsinstitute Europas.

www.ita-augsburg.com

Mit Daten den Recyclinganteil erhöhen

Hier will das ITA Abhilfe schaffen: In dem mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt Digital Design for Recycling (DiDe4Rec) werden die Materialeigenschaften von mit Rezyklaten versetzten Kunststoffen verschiedenster Art und deren Veränderungen im sich wiederholenden Recyclingprozess erforscht. Mittelfristig soll mit dem gesammelten Wissen der Anteil von wiederaufbereiteten Stoffen im Fertigungsprozess (hier am Beispiel Spritzgießen und Thermoforming) erhöht werden, ohne dass sich die Produkteigenschaften verschlechtern. Außerdem sollen Produktdesigner schon im frühen Design- und Konstruktionsprozess in der Lage sein, veränderte Materialeigenschaften einzuplanen. Das Ziel ist es, Prozess- und Maschinendaten zu sammeln und durch eine KI analysieren zu lassen. Das Projektteam will so Materialkarten erstellen, die Aufschluss über Materialeigenschaften geben und in realen Produktionsprozessen Verwendung finden.

Mit der Firma Baumüller hat das ITA für das Projekt DiDe4Rec den gesuchten Partner für das Thema intelligente Antriebstechnik gefunden. Das familiengeführte Unternehmen bringt eine hohe Flexibilität mit und ist im Forschungsprozess offen für neue Ansätze und Entwicklungsvorschläge. Die mittelständische Unternehmensgruppe ist außerdem reaktionsschnell und bringt langjährige Erfahrung in der Textilindustrie mit. Doch wie kann der Antriebshersteller dazu beitragen, dass der Recyclinganteil bei in der produzierenden Industrie steigt?

Baumüller hat die vier Hauptantriebe des Krempels mit DSC-Motoren ausgerüstet, da bei diesem Anlagenteil die wichtigsten Erkenntnisse zum Prozess erwartet werden.

Baumüller hat die vier Hauptantriebe des Krempels mit DSC-Motoren ausgerüstet, da bei diesem Anlagenteil die wichtigsten Erkenntnisse zum Prozess erwartet werden.

Maximale Datenmenge für die KI dank Drive Intelligence

Aktuell testen die Mitarbeitenden im ITA zahlreiche Materialmischungen und setzen dabei Carbon, Glasfaser, Kunststofffasern und sogar Naturfasern, wie zum Beispiel Hanf, ein. Die Anlage umfasst mehrere Maschinen verschiedener Hersteller. Am Anfang wird das Material aus den Ballen vorbereitet, dabei sollen alle Fasern aufgetrennt und vermischt werden. Die Vliesbildung erfolgt dann auf einer Krempelmaschine, durch Vernadelung werden die entstandenen Vliesstoffbahnen verbunden und der Vliesstoff verfestigt. Die kritische Kennzahl für die Produktqualität am Ende des Prozesses ist das Flächengewicht und die Gleichmäßigkeit des Vliesstoffes.

Ziel des Projektteams ist es, schon während des Produktionsprozesses so viele Daten wie möglich zu sammeln, um so Rückschlüsse auf die Materialeigenschaften zu ziehen. „Wir nutzen verschiedene Methoden, um bei laufender Produktion Daten zu sammeln“, erläutert Mosler, „dazu setzen wir zum einen klassische Sensoren ein, aber auch moderne Kameratechnologie.“ Die Integration von Sensoren und Kameras sind aber mit einem hohen Aufwand und erheblichen Kosten verbunden. Und da kommen die Antriebsexperten von Baumüller ins Spiel. „Im Antrieb erfassen wir eine große Menge an Daten,“ erklärt Frank Kästner aus der zentralen Applikation bei Baumüller. Diese Daten, u. a. zu Drehzahl und Drehmoment, Strom, Spannung oder Temperatur, können vom Antrieb vorverarbeitet und dann an andere Teilnehmer wie Steuerungen oder KI-Plattformen weitergegeben werden. Intelligente Umrichter von Baumüller werden in vielen Kundenapplikationen eingesetzt, wenn zum Beispiel Signale in „harter Echtzeit“ erfasst werden müssen, um zeitkritische Analysen wie Schwingungstests durchzuführen.

Baumüller hat hierfür die Hauptantriebe einer Krempelmaschine des Herstellers Dilo ausgerüstet, da bei diesem Anlagenteil wesentliche Erkenntnisse zum Prozess erwartet werden. Der Krempel ist dafür verantwortlich, die losen Fasern auszurichten und damit eine erste Vliesschicht zu legen.

Die Baumüller Umrichter der Familie b maXX 5000 sind mit ihrer integrierten softdrivePLC besonders für die Erfassung von Antriebs- und Prozessdaten geeignet.

Die Baumüller Umrichter der Familie b maXX 5000 sind mit ihrer integrierten softdrivePLC besonders für die Erfassung von Antriebs- und Prozessdaten geeignet.

Die neue Aufgabe der Antriebstechnik: Daten sammeln, verarbeiten, speichern

Mit den Umrichtern der Baureihe b maXX 5000 mit integrierter softdrivePLC können ohne zusätzliche Sensorik Zustände im System überwacht werden. Der Umrichter wird also zur Datenerfassung und -analyse genutzt. Mit der b maXX PLC mc haben die Antriebsexperten von Baumüller außerdem noch eine Steuerung ins System integriert, die in diesem Fall keine Motion Control-Aufgaben erfüllt, sondern zur Archivierung von relevanten Daten aus den Antrieben und als Verbindung zur KI-Plattform dient. Die Daten werden im Umrichter direkt im Reglertakt erfasst, vorverarbeitet und ausgewertet, ohne dass die Maschinensteuerung belastet wird. Der Antrieb misst also prozess- und antriebsspezifische Daten und bereitet diese Daten als Informationen auf. In der PLC mc werden die Informationen aus den Umrichtern gesammelt, zwischengespeichert, weiterverarbeitet und anschließend über eine moderne Schnittstelle wie OPC UA an andere Systemteilnehmer wie die KI-Plattform weitergegeben. Um die Datenmenge noch weiter zu erhöhen, wurden außerdem Sensoren an die Umrichter angeschlossen. Der Vorteil dabei: Im Antrieb können sehr viele Daten in einem deutlich schnelleren Zyklus erhoben und analysiert werden, als es mit einer PLC möglich wäre.

Die Baumüller Umrichter sind für diese Aufgabe besonders geeignet, weil sie mit der integrierten softdrivePLC ausgestattet sind, die ganz ohne den Einsatz einer zusätzlichen Hardware im Umrichter sowohl Steuerungsfunktionen als auch Analyseaufgaben im Reglertakt bis 125 µs übernehmen kann. Dieses Prinzip wird bereits langjährig in verschiedensten Applikationen eingesetzt. „Es ist für uns sehr spannend, unsere PLCs nicht nur für Steuerungs-, sondern wie hier auch für Analyse- und Diagnosezwecke zu nutzen. Daraus ergeben sich viele interessante Möglichkeiten und Einsatzzwecke. Dazu betreuen wir aktuell auch Kundenprojekte in verschiedenen Ländern. Das Interesse an derartigen Lösungen im Markt wird immer größer“ berichtet Kästner.

Ein selbstlernendes System

„In einem zweiten Projekt wird es dann darum gehen, wie die KI Einfluss auf den Prozess nehmen kann“, erzählt Mosler, „wir wollen so einen intelligenten und lernfähigen Antriebsstrang schaffen, der selbständig auf veränderte Materialeigenschaften reagiert.“

Die KI-Plattform soll dann ihrerseits Einfluss auf die Stelldaten zur Datenanalyse im Drive nehmen können, so dass im Endeffekt ein intelligentes Antriebssystem entsteht, welches bidirektional kommunizieren kann und sich damit auf geänderte Bedingungen schnell anpassen kann. Ein quasi selbstlernendes System, das den Einsatz von Rezyklaten in der Vliesstoffherstellung erhöhen soll und damit auch die Nachhaltigkeit weiter verbessern soll.

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.

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