interview

Energiesysteme der Zukunft

Mehr denn je ist in den Medien vom schnellen Umbau der Energiesysteme die Rede und es existiert eine Vielzahl an Ideen und Strategien. Für Industrieunternehmen, deren erfolgreiches Kerngeschäft eng mit einer ökonomisch effizienten Energieversorgung zusammenhängt, wird es dabei jedoch immer schwieriger, den notwendigen Überblick zu behalten. „Um bei der Energiewende auf das richtige Pferd zu setzen, sind gerade die grundlegenden Zusammenhänge wichtig“, betont dazu Jan Oliver Kammesheidt, Vertical Market Manager Energy bei Eplan. „Bereits die Notwendigkeit zu erkennen, dass die Transformation der Energiesysteme in allen Wirtschaftsbereichen schnelle Lösungen erfordert und keine Zukunftsmusik ist, sondern jetzt angegangen werden muss, ist in der Praxis noch nicht überall angekommen.“

Um bei der Energiewende auf das richtige Pferd zu setzen, sind gerade die grundlegenden Zusammenhänge wichtig.

Jan Oliver Kammesheidt, Vertical Market Manager Energy bei Eplan

Um bei der Energiewende auf das richtige Pferd zu setzen, sind gerade die grundlegenden Zusammenhänge wichtig. Jan Oliver Kammesheidt, Vertical Market Manager Energy bei Eplan

Jan Oliver Kammesheidt ist DER Energie-Experte bei Eplan und wird in der Praxis demnach häufig mit Aufklärungsbedarf konfrontiert – nicht nur, wenn es um die fachliche Entscheidungsfindung geht. Im Interview geht der Spezialist ausführlich auf die wesentlichen Fragen des aktuellen Energienotstands und den dazu möglichen Lösungen im industriellen Umfeld ein.

Rund um das Thema Energie unterstützen Eplan und Rittal ganzheitlich mit Beratung und standardisierten, industrieerprobten und modularen Lösungen. Das Bild zeigt einen Auszug aus den Bereichen im Energiesektor, in denen Unterstützung erfolgt.

Rund um das Thema Energie unterstützen Eplan und Rittal ganzheitlich mit Beratung und standardisierten, industrieerprobten und modularen Lösungen. Das Bild zeigt einen Auszug aus den Bereichen im Energiesektor, in denen Unterstützung erfolgt.

Der Bereich Energie ist ein Schlüsselthema. Ist der Umbau der Energiesysteme zukunftsentscheidend und damit alternativlos? Welche Faktoren und Entwicklungen sind aus Ihrer Sicht entscheidend?

Der Faktor Energie bzw. Energieversorgung ist tatsächlich ein Kernthema – für Endkonsumenten wie auch für die Wirtschaft. Nur mit einer nachhaltigen und damit weitestgehend CO₂-neutralen Energieversorgung schaffen wir es, die Umweltzerstörung zu stoppen und den menschengemachten Klimawandel deutlich abzubremsen. Die Art und Weise, wie wir Energie erzeugen, verlustarm transportieren und effizient verbrauchen, sind dabei Schlüsselfaktoren. Die Zukunft liegt in einem auf erneuerbarer Energie basierenden, dezentralen Energiesystem. Die Dezentralität ergibt sich aus der erneuerbaren Erzeugung und sorgt gleichzeitig für kürzere Transportwege. Entscheidend ist aber auch, dass wir den Ressourcenverbrauch beim Bau von Erzeugungsanlagen drastisch reduzieren: Zum einen durch Langlebigkeit und zum anderen durch smarte Recyclingkonzepte. Das heißt, wir müssen zu einer Kreislaufwirtschaft kommen.

Entscheidend bei allen Maßnahmen ist, dass wir unsere Ziele auch ökonomisch effizient erreichen und energieintensive Industrien wettbewerbsfähig halten – nur so bleibt die Energiewende bezahlbar. Ich persönlich halte dazu Technologieoffenheit für entscheidend. Nach meiner Überzeugung schließen sich die genannten Ziele bzw. Entwicklungen nicht aus.

Der Begriff Energiewende fällt oft in dem Zusammenhang – was genau steckt dahinter?

Unter der Energiewende versteht man den Umbau des auch heute noch zu großen Teilen auf konventioneller Energieerzeugung basierendem Energiesystems hin zu einem dezentralen, erneuerbaren Energiesystem. Am Ende soll nahezu sämtlicher Strom erneuerbar erzeugt werden. Da aber erneuerbare Energien zumeist nur volatil Strom erzeugen, benötigen wir Energiespeicher, um Elektrizitätsnachfrage- und Angebot in Einklang zu bringen. Die Speicher nehmen überschüssigen Strom auf und geben ihn bei Bedarf flexibel wieder ab. Die Herausforderung besteht darin, diese Speicherkapazitäten aufzubauen und verschiedene Speichertechnologien miteinander zu kombinieren. Aus meiner persönlichen Sicht sollte es das Ziel sein, möglichst nah an die 100-Prozent-Lösung heranzukommen. Aber selbst wenn wir möglichst bald 90 Prozent der elektrischen Energie erneuerbar erzeugen würden, wäre schon extrem viel gewonnen.

Trotz aller Dezentralität benötigen wir dennoch leistungsfähige Energienetze, die ganz Europa miteinander verbinden. Intelligente und leistungsfähige Netze bzw. Netzkomponenten sind also ein weiterer entscheidender Faktor, um Nachfrage und Angebot über ein großes Gebiet in Einklang zu bringen. Insofern ist eine europaweite Vernetzung sehr wichtig.

Also ist die Energiespeicherung einer der Schlüssel zur erfolgreichen Energiewende?

Absolut. Ohne Energiespeicher keine Energiewende – so einfach kann man das beantworten.

Sie haben die Bedeutung leistungsfähiger Netze und Netzkomponenten bereits angesprochen. Welche konkrete Rolle spielt der Netzausbau für die Zukunft des Energiesystems?

Eine entscheidende: Zum einen fehlen uns heute noch die Kapazitäten, um überschüssigen Wind- oder Solarstrom umgehend zu den großen Verbrauchszentren zu übertragen. Zum anderen stoßen auch die Verteilnetze weltweit immer öfter an ihre Grenzen. Zu einer erfolgreichen Energiewende gehört eben auch eine Verkehrswende, und die führt dazu, dass vor allem das bestehende Verteilnetz durch die Einspeisung von Solarstrom und den zunehmenden Bedarf an Elektromobilität vor extreme Belastungsproben gestellt wird. Oder anders gesagt: Man braucht auch keine technologisch hochentwickelten Autos in Serie zu produzieren, wenn das Straßen- und Autobahnnetz für die Nutzung dafür nicht ausgelegt ist.

Die Industrie befindet sich in einer Zwickmühle, da sie einerseits Lösungen braucht, die den CO₂-Footprint senken, andererseits aber kosteneffizient arbeiten muss. Maschinen- und Anlagenbauer brauchen also schnelle Lösungen, die ihr Kerngeschäft unterstützen. Wie ist das vereinbar?

In der Öffentlichkeit wird die Erzeugung von kostengünstigem Strom und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen oft als Widerspruch dargestellt. Diesen Widerspruch sehe ich keineswegs. Letztlich kann man Strom aus erneuerbaren Energien zu einem Grenzkostensatz erzeugen, der nahezu bei null liegt. Zudem haben wir noch enorme Potenziale, was die Energieeffizienz betrifft. Einige Industriebetriebe haben die Notwendigkeit des Handelns bereits erkannt und machen aus der Not eine Tugend, indem sie selbst zu Stromerzeugern werden und damit weitere Wertschöpfung generieren. Insofern können zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Zum einen wird der CO₂-Fußabdruck deutlich reduziert und zum anderen eine ganz neue Einnahmequelle erschlossen bzw. der Stromeinkauf durch die eigene Erzeugung substituiert. Wir stehen unseren Kunden hier zur Seite und unterstützen mit standardisierten, industrieerprobten und modularen Lösungen.

Durch Standardisierung und Industrialisierung die Kosten senken und Lösungen für die Energiewende profitabel gestalten – könnte so der Fahrplan aussehen? Wie und wo genau kann Eplan hier unterstützen?

Definitiv. Wir erleben seit einigen Jahren eine Entwicklung, bei der große, zentrale Kraftwerke nach und nach durch dezentrale, kleinere Energieerzeugungsanlagen abgelöst werden. Erneuerbare Energieerzeugungsanlagen werden allesamt in kleineren und größeren Serien hergestellt. Das bedeutet, dass man mit standardisierten und damit industrialisierten Lösungen auf dem Weltmarkt agieren kann. Standardisierung und Industrialisierung sind zentrale Kompetenzen von Eplan, die branchenübergreifend zum Einsatz kommen. Auf diese Weise können Kunden ihre Prozesse kurzfristig optimieren und langfristig zukunftssicher ausrichten – unter ihnen mittlerweile sieben der zehn größten Windenergieanlagenhersteller und fünf der größten Solarwechselrichterhersteller der Welt.

Aber diese Entwicklung ist erst der Anfang. Gemeinsam mit unserem Schwesterunternehmen Rittal unterstützt Eplan beim zeit- und kostensparenden Design, dem Engineering und beim Aufbau von Energiesystemen. Mit dem weiteren Ausbau eines eigens dafür eingerichteten Vertical Market Managements können wir unseren Kunden in allen Bereichen der Energieindustrie zur Seite stehen – ob in der Energieerzeugung, -übertragung, -speicherung oder im -verbrauch – und wollen Marktführer in dem Segment werden.

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