interview

Den Schaltanlagenbau weiter digitalisiert dank Eplan

Als führender Hersteller von Engineering-Software für die Planung und Entwicklung von Elektroanlagen bietet Eplan zahlreiche Möglichkeiten, deren Konstruktion und Fertigung zu automatisieren. Über den Stand der Entwicklungen und derzeitige Möglichkeiten zur Einbeziehung nicht vollständig automatisierbarer Produktionsprozesse sprach x-technik mit Hans-Peter Ziegler, Business Development Manager bei Eplan.

Das zur SPS im Herbst 2022 vorgestellte Eplan Smart Mounting schließt eine bisherige Digitalisierungslücke in der manuellen Schaltschrankbestückung.
 Hans-Peter Ziegler, Business Development Manager bei Eplan Österreich

Das zur SPS im Herbst 2022 vorgestellte Eplan Smart Mounting schließt eine bisherige Digitalisierungslücke in der manuellen Schaltschrankbestückung. Hans-Peter Ziegler, Business Development Manager bei Eplan Österreich

Herr Ziegler, Eplan hat sich bereits vor einigen Jahren die Digitalisierung der Elektroplanung auf die Fahnen geschrieben. Wohin soll die Reise gehen?

Die Reise geht bei Eplan wie in allen Unternehmen der Friedhelm Loh Gruppe und mittlerweile in der gesamten Industrie in Richtung datenmodell-basiertes Arbeiten. Das betrifft sowohl das Engineering als auch die Produktion. Beide können auf diese Weise schneller zu einem vorherbestimmbar guten Ergebnis kommen und dabei notorische Fehlerquellen ausschalten.

Und sie können miteinander in einer mit traditionellen Methoden nicht realisierbaren Art und Weise konstruktiv zusammenarbeiten. Dazu bilden die gemeinsam genutzten Datenmodelle eine Basis für ein gemeinsames Verständnis, eine gemeinsame Sprache über Disziplingrenzen hinweg.

Digitale Zwillinge von Elektroanlagen entstehen in den Konstruktionsprogrammen und werden gespeist mit Daten aus Programmen wie Eplan Preplanning (Bild), Eplan Electric P8 oder Eplan Fluid.

Digitale Zwillinge von Elektroanlagen entstehen in den Konstruktionsprogrammen und werden gespeist mit Daten aus Programmen wie Eplan Preplanning (Bild), Eplan Electric P8 oder Eplan Fluid.

Was braucht es, um datenmodell-getriebenes Arbeiten zu ermöglichen?

Zunächst ist klar: Jedes Arbeiten auf der Basis von Daten kann nur zielführend sein, wenn die Qualität der verwendeten Informationen stimmt. Wenn das der Fall ist, kann daraus als zentrales Element ein Digitaler Zwilling geschaffen werden. Dieser ist mehr als nur ein 3D-Modell einer Maschine oder Anlage.

Er bildet – sinnvollerweise bereits vor der Ausdetaillierung in der Konstruktion – deren Verhalten ab. Nur so kann er als Referenz und Datenquelle für die Experten in den einzelnen Fachabteilungen dienen. Ein vollständiger Digitaler Zwilling erleichtert diesen die Arbeit und kann die Umsetzungszeiten von Projekten enorm verkürzen.

Die Standardisierung und Automatisierung mit Eplan eBUILD (Bild) und Eplan Engineering Configuration (EEC) steigert Effizienz und Geschwindigkeit im Engineering.

Die Standardisierung und Automatisierung mit Eplan eBUILD (Bild) und Eplan Engineering Configuration (EEC) steigert Effizienz und Geschwindigkeit im Engineering.

Muss man in die Erstellung gültiger Datenmodelle nicht sehr viel Arbeit investieren?

Natürlich entsteht der Digitale Zwilling nicht von alleine. Effizienzsteigerung und Komfortgewinn im Engineering stellen sich erst ein, wenn bereits ein gewisser Datenbestand in verwendbarer Form vorliegt. Allerdings gibt es mit dem Eplan Data Portal die Möglichkeit, auf vollständige mechatronische Modelle hunderttausender in der Elektro- und Fluidtechnik verwendeter Produkte zurückzugreifen, sodass man nicht nachzukonstruieren braucht, was in den Konstruktionsabteilungen der Hersteller ohnehin vorliegt.

Diese Informationen liegen in geprüfter Qualität vor und lassen sich per Drag-&-drop in die Mechanik- und Elektropläne integrieren. Im Fall programmierbarer Komponenten enthalten die Datensätze meist auch die Routinen zur Integration in SPS-Programme.

Eplan Smart Mounting beschleunigt die Montage von Komponenten im Schaltschrankbau.

Eplan Smart Mounting beschleunigt die Montage von Komponenten im Schaltschrankbau.

Wird das Data Portal weiterentwickelt?

Ich bin ein bekennender Fan der Idee hinter dem Eplan Data Portal. Diese reicht ja weit über die Effizienzsteigerung und Arbeitserleichterung in der Elektroplanung und Schaltschrankfertigung hinaus. Konsequent weitergedacht, bietet sie die Möglichkeit, datenmodell-basierte Geschäftsmodelle aufzusetzen, die sich wesentlich von den herkömmlichen unterscheiden.

Auf Sicht wird das Data Portal daher in diese Richtung weiterentwickelt. Es könnte z. B. um Funktionalität angereichert werden, die Konstrukteure auf der Grundlage von Verwendungsdaten und Fehleranalysen – vielleicht mit Unterstützung durch Künstliche Intelligenz – zielgerichteter mit den als nächstes benötigten Informationen versorgen. Das wird die unproduktiven Zeiten, die Entwickler mit dem Suchen, Bewerten und Auswählen von Komponenten verbringen, weiter reduzieren. Zudem könnten Softwaresysteme neben der Einhaltung der Normen auch die technische Korrektheit z. B. von Auslegungen überprüfen.

Die Software zeigt dem Fertigungsmitarbeiter, wo welche Komponente wie platziert werden muss.

Die Software zeigt dem Fertigungsmitarbeiter, wo welche Komponente wie platziert werden muss.

Dadurch entsteht aber noch kein Digitaler Zwilling. Was ist dafür nötig?

Digitale Zwillinge entstehen in erster Linie in den Konstruktionsprogrammen. Für Elektro- und Fluid-Planer relevant sind in erster Linie Eplan Pro Panel für die 3D-Schaltschrankkonstruktion und Eplan Harness ProD für Kabelbäume. Sie werden gespeist mit Daten aus Programmen wie Eplan Preplanning, Eplan Electric P8 oder Eplan Fluid.

Über die Eplan Plattform und/oder PLM-Software können alle Eplan-Programme mit Mechanik-CAD-Systemen sowie Steuerungssoftware-Entwicklungsumgebungen Daten austauschen. Auf diese Weise können durch das Zusammenführen der Entwicklungsarbeit in den einzelnen Fachgebieten vollständige Digitale Zwillinge geschaffen werden.

Auf derselben Datenbasis, dem Digitalen Zwilling aus Eplan Pro Panel, und mit derselben Bedienoberfläche fungiert Eplan Smart Wiring als Verdrahtungs-Navi, das den Verdrahtungsprozess übersichtlich und Schritt für Schritt visualisiert.

Alle Bilder: Eplan

Auf derselben Datenbasis, dem Digitalen Zwilling aus Eplan Pro Panel, und mit derselben Bedienoberfläche fungiert Eplan Smart Wiring als Verdrahtungs-Navi, das den Verdrahtungsprozess übersichtlich und Schritt für Schritt visualisiert. Alle Bilder: Eplan

Was sind die Vorteile dieser vernetzten Vorgehensweise?

Die digitalisierte disziplinübergreifende Kollaboration vermeidet Mehrfacharbeit, ermöglicht eine bessere Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der anderen Disziplinen und eliminiert Kommunikations- und Verständnisfehler.

Auf diese Weise lassen sich in kurzer Zeit Digitale Zwillinge mit hoher Datenqualität erstellen. Diese können bereits virtuell getestet werden, lange bevor auch nur ein Euro in den Bau physikalischer Prototypen oder auch nur in die Arbeitsvorbereitung für die Fertigung investiert wird. Und der überprüfte Digitale Zwilling kann anschließend dafür genutzt werden, Arbeitsprozesse in der Produktion zu automatisieren.

Wie und wo lassen sich dadurch Arbeitsprozesse digitalisieren?

Das funktioniert im Verbund mit den Produkten der verschiedenen Unternehmen der Friedhelm Loh Gruppe. So können Daten aus dem Digitalen Zwilling für die automatisierte Erstellung der Programme für verschiedene Maschinen von Rittal verwendet werden. Das reicht von den Maschinen der Reihe Perforex für den Blechzuschnitt bis zum Wire Terminal WT, das vollautomatisch die benötigten Drahtkonfektionen erzeugt.

Die Informationen aus Eplan Pro Panel ermöglichen dem Gerät ohne weiteres Zutun das Herstellen der Drahtkonfektionen im passenden Querschnitt, in der richtigen Länge, mit der richtigen Farbe, Beschriftung und Adernendbehandlung. Es kann diese sogar gebündelt in der für die Verlegung optimierten Reihenfolge ausgeben.

Hilft die Digitalisierung bei Eplan auch bei Produktionsschritten, die sich nicht automatisieren lassen?

Absolut. Bereits seit einigen Jahren bietet Eplan Smart Wiring Mitarbeitern Unterstützung beim Verlegen und Anschließen der Leitungen. Das webbasierte System kann ohne Softwareinstallation auf beinahe beliebiger Hardware betrieben werden, auch auf Mobilgeräten. Es bedient sich an den Daten des Digitalen Zwillings aus Eplan Pro Panel und gibt Schritt für Schritt Anleitungen zum Verdrahten.

Das bringt mehr als einen Vorteil: Nicht nur lässt sich damit eine besonders effiziente Arbeitsabfolge vorgeben. Die grafische Unterstützung des „Verdrahtungs-Navis“ macht es den Mitarbeitern leicht, die richtigen Schritte zu setzen und schwer, z. B. nach dem falschen Material zu greifen. So können – wichtig in Zeiten knapper Fachkräfte – auch weniger erfahrene Mitarbeiter ihre Leistung voll ausspielen.

Wo außer bei der digitalisierten Verdrahtung bietet Eplan noch Arbeitsunterstützung?

Das zur SPS im Herbst 2022 vorgestellte Eplan Smart Mounting schließt die bisherige Digitalisierungslücke einen Schritt vor der Verdrahtung und unterstützt die manuelle Schaltschrankbestückung. Es funktioniert nach demselben Prinzip und auf derselben technischen Grundlage wie Eplan Smart Wiring. Beide haben dieselbe Bedienoberfläche und nutzen als Datenbasis den Digitalen Zwilling aus Eplan Pro Panel.

Eplan Smart Mounting führt Produktionsmitarbeiter Schritt für Schritt durch die Montage von Schienen, Kabelkanälen und elektrotechnischen Komponenten im Schaltschrank bzw. auf der Montageplatte. Dazu zeigt die webbasierte Software per 3D-Visualisierung auf, wo welches Bauteil zu platzieren ist. Zur Vorbereitung erhalten Fertigungsmitarbeiter in Eplan Smart Mounting zudem eine komplette Auflistung aller auszuführenden Arbeitsschritte, von der Montage von Hutschienen und Kabelkanälen bis zum Anbringen elektrotechnischer Komponenten auf diese.

Wie weit reicht die Digitalisierung der Schaltschrankbestückung?

Die Digitalisierung der Produktionsprozesse – auch der Schaltschrankbestückung – ist bei Eplan keine Einbahnstraße. Produktionsmitarbeiter können direkt in Eplan Smart Mounting Kommentare hinterlegen und an das Engineering zurückspielen und so auf kurzem Weg zu konstruktiven Korrekturen und Verbesserungen beitragen. Auch Änderungen im Projekt lassen sich sehr schnell umsetzen.

Der Fertigungsauftrag lässt sich automatisiert mit dem revidierten Projekt abgleichen und aktualisieren. Die Software zeigt Bestückungsänderungen exakt an und erspart damit das manuelle Vergleichen. Zur Klärung weitergehender Fragen gewährt die Software direkten Zugriff auf den interaktiven Schaltplan. Produktionsleiter können den Status offener Fertigungsaufträge auf einen Blick einsehen und begonnene Aufträge bei Ressourcenengpässen oder Ausfall problemlos an andere Mitarbeiter übergeben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Filtern

Suchbegriff

Unterkategorie

Firmen

Inhaltstyp

Firmentyp

Land