XTS-Flexibilität bei der Deckel-Montage
: Beckhoff
Die vollständige Automatisierung bisher manueller oder halbautomatischer Prozesse ist bei sehr kurzen Taktzeiten besonders kritisch. Da einzelne Bearbeitungsstationen in der Regel unterschiedliche Bewegungsprofile aufweisen, benötigen fest getaktete Werkstückträgersysteme entsprechend viele parallele Einheiten. Deshalb setzt Goldfuß bei der Tablettenverpackung auf das eXtended Transport System (XTS) von Beckhoff, das die hohen Bewegungsanforderungen äußerst dynamisch und mit minimaler Komponentenanzahl erfüllt: Es bildet über Softwarefunktionalität flexible Puffer.

Die Goldfuß-Montagelinie für Verschlussdeckel profitiert von der hohen XTS-Softwarefunktionalität...
Umgesetzt wurde das beispielsweise bei einer Sondermaschine, die Verschlussdeckel für Tablettendosen montiert. Diese Deckel verfügen über einen Sicherheitsverschluss und werden mit einem Trockenmittel befüllt. Der Montageprozess ist nicht nur mechanisch anspruchsvoll, sondern er muss auch die FDA-Vorschriften 21 CFR Part 11 erfüllen und eine absolut saubere und keimfreie Verpackung der Medikamente gewährleisten. Da sich die Montageautomaten hauptsächlich in Reinräumen befinden, gelten auch für die Schaltschränke der Automatisierungstechnik die Vorgaben der Reinraumstufe 8. Zu den Kundenanforderungen gehören außerdem eine hohe Ausstoßgeschwindigkeit, ein minimales Produktionsrisiko sowie eine hohe Flexibilität und Zuverlässigkeit des Prozesses.
34 Mover als Werkstückträger
Das XTS bietet neben einer hohen Geschwindigkeit auch die notwendige Flexibilität, um verschieden lang dauernde Bearbeitungsschritte beim Bereitstellen, Positionieren, Montieren, Prüfen und Ausschleusen der Teile so einzubinden, dass Taktzeiten von weniger als einer Sekunde eingehalten werden können. „Wir haben uns verschiedene Werkstückträgersysteme und fest taktende Systeme angeschaut. Doch bei einem festen Werkstückträger braucht man für alle Stationen – in unserem Fall vier Kamerasysteme, vier Bearbeitungs- und vier Montagestationen – genauso viele Systeme wie für die Engpassstation, um die geforderte Taktzeit einzuhalten. Wir wollten aber ein System realisieren, das sich unabhängig von der Anzahl der Bearbeitungsstationen aufbauen lässt. Deshalb fiel unsere Wahl auf das XTS. Da lässt sich die geforderte Flexibilität durch die Anzahl der Mover erreichen“, beschreibt Michael Müller.
Für die Sicherheitsverschlüsse werden Spritzgießteile als Schüttgut bereitgestellt, über Wendelförderer in die Anlage eingespeist, von verschiedenen Kameras geprüft, in den XTS-Movern mit entsprechenden Aufnahmen abgelegt und zum Schluss auf einer Waage kontrolliert. Alle Bearbeitungs- und Prüfstationen sind über die ovale Förderstrecke des XTS verbunden, die aus 20 geraden und 8 kurvenförmigen (45°) Motormodulen mit je 250 mm Länge besteht. Auf der insgesamt rund 7,5 m langen Strecke fungieren 34 Mover als Werkstückträger und transportieren die Verschlüsse zu den verschiedenen Bearbeitungsstationen.
Die Mover können bei der Deckel-Montagelinie innerhalb des Produktstroms beliebig gruppiert werden, d. h., die Bearbeitungsstationen einzeln oder als Gruppe anfahren. Jeder Mover lässt sich als eigene Servoachse individuell steuern, bei Bedarf aber auch mit anderen Movern bzw. Prozessabläufen synchronisieren. Dabei bewegen sich die Mover – je nach Aufgabe – unabhängig von der absoluten Position und können auch relativ zueinander verfahren. Auf diese Weise bilden sie einen flexiblen Puffer, aus dem heraus die einzelnen Bearbeitungsstationen hochdynamisch und genau entsprechend deren jeweiliger Bearbeitungsleistung angefahren werden können.
PC-based Control
Da Granulat zugeführt wird, arbeitet das System in der gesamten Einhausung mit Überdruck und vermeidet so eine zu hohe Staub- und Schmutzbelastung. Die gesamte Handhabungstechnik – also Teile greifen, hochdrücken, gegenhalten, pressen usw. – wird über Ventilinseln pneumatisch gesteuert. Eine Bandwaage prüft beim Ausschleusen das Füllgewicht. Das Gesamtsystem wird von einem Schaltschrank-PC C6930 gesteuert und über ein 19“-Multitouch-Control-Panel CP3919 – mit der Einkabelanschlusstechnik CP-Link 4 – bedient. Die XTS-Datenkommunikation erfolgt über EtherCAT, die Kamerasysteme sind über Ethernet TCP/IP angebunden. Bei den Ultraschall-Schweißeinheiten kommt die Sicherheitstechnik TwinSAFE zum Einsatz. Die TwinSAFE-Logic EL6900 realisiert Funktionen wie Not-Halt (STO) und sicheres Stillsetzen (SS1 bzw. SS2).
„Der besondere Vorteil von XTS liegt darin, dass die Antriebs- und Leistungselektronik sowie die Wegerfassung im Motormodul, also in der XTS-Schiene, verbaut ist. Demnach führen nur zwei Anschlusskabel – für die EtherCAT-Kommunikation und für die 24-/48-V-Versorgung – zum Schaltschrank. Auf einem einzelnen Schaltschrank-PC C6930, ausgestattet mit dem Quad-Core-Prozessor Intel® CoreTM i7 und der Software TwinCAT, werden die Mover als Servoachsen mit allen gewohnten Motion-Control-Funktionen wie elektronisches Getriebe oder Kurvenscheibe abgebildet. Mit ihnen lassen sich die Werkstückträger automatisch aufstauen oder ruckfrei anfahren sowie die Fliehkräfte in den Kurven begrenzen. Aufgrund der Parallelisierung mit einer Multicore-CPU erhöht sich die verfügbare Rechenleistung deutlich gegenüber der sequenziellen Abarbeitung durch einen Core, sodass sich eine solche XTS-Anwendung äußerst effizient realisieren lässt“, äußert sich Michael Müller zum einfachen und kompakten Aufbau des eXtended Transport System von Beckhoff.
Flexible Montagelinie mit reduziertem Mechanikaufwand
Die XTS-Mover fahren in der Regel nacheinander in eine Station ein. Wenn es die Taktzeit erfordert, lassen sich aber auch mehrfach ausgeführte Stationen parallel anfahren. Dauert beispielsweise ein Bearbeitungszyklus länger als eine Sekunde, muss die Zahl der Bearbeitungsstationen verdoppelt, verdrei- oder vervierfacht werden. Der Ultraschallschweißvorgang z. B. benötigt drei bis vier Sekunden. Daher verwendet Goldfuß aktuell drei Ultraschall-Schweißeinheiten, um in der Taktzeit zu bleiben. Ein vierter Platz wird für eine eventuelle Erhöhung der Taktzeit freigehalten.
Bei den Montagestationen ist es ähnlich. Hier werden vier Verschlussdeckel gleichzeitig zusammengebaut. Aufgrund der schnellen Bewegung der Mover ist die Maschine von der Teilung der einzelnen Stationen unabhängig und hält die Taktzeit exakt ein. So erreicht man eine Ausbringungsmenge von 60 Teilen pro Minute. Die schnelle Kamerastation liefert ihr Ergebnis in weniger als einer Sekunde, folglich wird sie nur einmal benötigt und von jedem Mover angefahren.
„Die Montagelinie ist jetzt so flexibel, dass Aktoren eingespart werden können. Im Vergleich zu konventionellen Systemen erfordert XTS weniger Komponenten, was den Mechanikaufwand deutlich reduziert“, lobt Michael Müller und er fügt abschließend bzw. ergänzend hinzu: „Mit dem System können wir die Bewegungsprofile taktzeitgenau optimieren und sind unabhängig von der Teilung der verschiedenen Bearbeitungsstationen. Außerdem können Module ohne großen Aufwand ausgetauscht, verändert oder ergänzt werden, falls sich neue Anforderungen an das Produkt ergeben. Die mechanischen Änderungen sind dabei minimal, da die eigentliche Anpassung per Software geschieht. Die Maschine ist zudem so modular aufgebaut, dass wir künftig auch andere Anforderungen und Branchen bedienen können.“
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