interview

Endress+Hauser Heartbeat Technology: Von der Feldebene bis zur Cloud

Volle Durchgängigkeit von Anlagen-, Prozess- und Instandhaltungsdaten: Sensoren und Messinstrumente sind die Sinnesorgane von Maschinen und Anlagen. Seit 50 Jahren in Österreich, bietet Endress+Hauser ein breites Spektrum an Geräten für die Feldinstrumentierung. Deren immer weitreichendere Kommunikationsmöglichkeiten erleichtern gemeinsam mit einem Dienstleistungspaket des Herstellers ihre Integration in vernetzte Anlagen. Wie weit dieses Angebot bereits im Internet der Dinge angekommen ist, erfuhr x-technik AUTOMATION von DI (FH) Ralf Willmes, Marketingmanager Digitalisierung bei Endress+Hauser. Das Interview führte Ing. Peter Kemptner / x-technik

Ralf Willmes, Marketingmanager Prozessautomatisierung Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG:

„Mit aufeinander abgestimmten Geräten, Softwaretools und Automatisierungsdienstleistungen hilft Endress+Hauser seinen Kunden, gemeinsam mit ihnen den Weg zur Industrie 4.0 zu gehen.“

Ralf Willmes, Marketingmanager Prozessautomatisierung Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG: „Mit aufeinander abgestimmten Geräten, Softwaretools und Automatisierungsdienstleistungen hilft Endress+Hauser seinen Kunden, gemeinsam mit ihnen den Weg zur Industrie 4.0 zu gehen.“

Seit Endress+Hauser vor mehr als 60 Jahren das erste vollelektronische Füllstandsmessgerät auf den Markt brachte, verbindet man das Unternehmen mit der messenden Sensorik für Prozessanlagen. Seit genau 50 Jahren mit eigener Niederlassung in Österreich präsent, decken die Messtechnik-Spezialisten das komplette Leistungsspektrum der Prozessautomatisierung aus einer Hand ab. Das reicht von Dienstleistungen für Anlagenplanung oder Kalibrierung bis zum Messdatenhosting in der privaten Cloud.

Den Kern bilden auch weiterhin Feldmessgeräte, die mittels unterschiedlichster Verfahren Füllstand, Druck, Temperatur und Durchflussmengen sowie zahlreiche weitere physikalische Größen messen. Allein zur Messung von Füllständen kommen je nach Anwendung neben hydrostatischen, radiometrischen, konduktiven und kapazitiven Messverfahren sowie Ultraschall Radarmessungen mit Frequenzen von 1, 6, 26 und 80 GHz zum Einsatz.

Feldmessgeräte von Endress+Hauser messen mittels vieler Technologien zahlreiche physikalische Größen. Allein die Vielfalt der Frequenzen bei Radar-Füllstandsmessern ist beeindruckend.

Feldmessgeräte von Endress+Hauser messen mittels vieler Technologien zahlreiche physikalische Größen. Allein die Vielfalt der Frequenzen bei Radar-Füllstandsmessern ist beeindruckend.

Herr Willmes, Kernaufgabe der Geräte von Endress+Hauser ist, Daten zu liefern. Wie haben sich deren Möglichkeiten entwickelt, Informationen weiterzugeben?

Schon die ersten Messgeräte von Endress+Hauser brachten einen Quantensprung in der Informationsbeschaffung. Erstmals mussten Füllstände nicht mühsam mechanisch ermittelt werden, sondern ließen sich ohne Öffnung des Behälters messen. Mussten die Instrumente der Gründerzeit noch visuell vor Ort abgelesen werden, stellen sie ihre Daten heute auf vielfältige Weise über unterschiedliche Kanäle zur Verfügung.

Das begann bereits früh mit der auch heute noch bedeutenden analogen Schnittstelle mit 4…20 mA Stromschleife. Ende der Achtziger kamen dazu HART und diverse Feldbusse. Das ermöglichte schon früh ein Parametrieren der Geräte von außen. Abhängig von den typischen Erfordernissen der Anwendung kommunizieren viele Geräte auch per Industrial Ethernet, über Bluetooth oder WLAN. Heute gestatten in den Geräten integrierte Webserver jederzeitigen Datenzugriff und Parametrierung vom gesamten Unternehmensnetzwerk aus. Geräte und Lösungen von Endress+Hauser sind also auch kommunikationstechnisch fit für die Industrie 4.0.

Das web-basierte Asset Management System W@M sorgt durch Schnittstellen zu führenden CAE-Tools für Durchgängigkeit im Anlagen-Engineering über den gesamten Lebenszyklus.

Das web-basierte Asset Management System W@M sorgt durch Schnittstellen zu führenden CAE-Tools für Durchgängigkeit im Anlagen-Engineering über den gesamten Lebenszyklus.

Was bedeutet Industrie 4.0 aus Sicht von Endress+Hauser?

Für mich ist Industrie 4.0 ein weites Feld an Methoden, die der Erreichung ebenso breit gestreuter Effizienzziele in der industriellen Produktion dienen. In der Fertigungsautomatisierung ist dies in erster Linie das Ziel der flexiblen Serienproduktion mit kleinen Losgrößen bis hinunter zum Einzelstück. Dort gehören Schwarmintelligenzen zu den eher revolutionären Lösungsansätzen. Anlagen der Prozessautomatisierung stellen im Gegensatz dazu wenige, oft nur einzelne Produkte her, dies jedoch mit immer höherer Effizienz der Prozesse. Gemeinsam ist beiden Welten die „Informatisierung“ der Produktionsanlagen. Diese zieht Informationen aus den immer reichlicher anfallenden Daten aus dem Prozess, um diesen präziser, effizienter und anpassungsfähiger, zugleich aber auch robuster zu steuern.

Das findet im Wesentlichen entlang von drei Datenachsen statt: Die vertikale Verknüpfung aller Ebenen der Automatisierungspyramide, von den Sensoren und Aktoren über die Steuerungs- und Leitsysteme bis zu MES- und ERP-Systemen, das durchgängige Engineering der Produktionsanlagen über deren Lebenszyklus und die horizontale Integration der Daten entlang der Wertschöpfungskette vom Vorlieferanten über den Produzenten bis zum Kunden.

Bluetooth-Kommunikation über die SmartBlue-App auf mobilen Endgeräten vereinfacht Inbetriebnahme, Betrieb und Wartung von Geräten wie dem Radar-Füllstandsmessgerät Micropilot FMR10.

Bluetooth-Kommunikation über die SmartBlue-App auf mobilen Endgeräten vereinfacht Inbetriebnahme, Betrieb und Wartung von Geräten wie dem Radar-Füllstandsmessgerät Micropilot FMR10.

Wie sind die Geräte und Systeme von Endress+Hauser für die vertikale und horizontale Integration vorbereitet?

Bereits in der Frühzeit erfolgte durch Ausstattung der Geräte mit Schnittstellen der Schritt in die Steuerungsebene. Im Lauf der Zeit setzte sich dieser Trend fort, bereits seit den 1990er Jahren funktioniert die Kommunikation unter anderem über Feldbusse direkt zu den Leitsystemen und über OPC weiter in die IT-Welt. Heute geht der Trend dorthin, die Daten nicht auf mittlerer Ebene zu konzentrieren, sondern von den Feldgeräten aus an zentrale Datensammlungen im Internet zu senden. Dabei hilft die Möglichkeit, von Browser-basierten Web-Applikationen aus direkt auf die Daten der in den Geräten integrierten Web-Server zuzugreifen. Sowohl Bei der vertikalen als auch horizontalen Datenintegration sind jedoch heute noch Informationslücken zwischen unterschiedlichen Einzelsystemen zu überbrücken.

Für beides bieten sich von der unternehmensinternen IT-Hardware weitgehend unabhängige Cloud-Lösungen hervorragend an, nicht zuletzt weil sich die Daten darüber auch standort- oder unternehmensübergreifend bereitstellen lassen. Einer der Nutzen dieser Methode ist die Möglichkeit, Big Data Analysis für die übergeordnete Zustandsüberwachung und Prozessoptimierung anzuwenden. Endress+Hauser bietet hierzu flexible Datenlösungen mit Datenhosting an. Gut geschützt vor Datenverlust und unbefugtem Zugriff liegen die Informationen dabei auf IT-Infrastruktur in Österreich.

Heartbeat-Technologie sorgt ohne Prozessunterbrechung für eine selbstständige Überprüfung der Gerätedaten und schafft so die Voraussetzungen für Predictive Maintenance.

Heartbeat-Technologie sorgt ohne Prozessunterbrechung für eine selbstständige Überprüfung der Gerätedaten und schafft so die Voraussetzungen für Predictive Maintenance.

Welche Lösungen bietet Endress+Hauser für die durchgängige Datenintegration über Systemgrenzen hinweg?

Als herstellerneutraler Systemintegrator bietet Endress+Hauser seinen Kunden komplette Automatisierungslösungen an. Diese decken die gesamte Automatisierungspyramide ab, von den Feldgeräten an ihrer Basis bis zur Anbindung an übergeordnete Systeme – etwa ERP oder MES – an der Spitze. Bei der Feldinstrumentierung setzen unsere Automatisierungsingenieure natürlich bevorzugt, wenn auch keineswegs ausschließlich, Produkte aus dem eigenen Haus ein. Als zertifizierter SAP-Systempartner kann Endress+Hauser seinen Kunden zudem große Teile der Integrationsaufgabe auch nach ganz oben abnehmen.

Ein durchgängiger Datenfluss von der Feldgeräteebene bis zum ERP-System hilft, Prozesse durch eine effektive Nutzung vorhandener Informationen zu optimieren.

Ein durchgängiger Datenfluss von der Feldgeräteebene bis zum ERP-System hilft, Prozesse durch eine effektive Nutzung vorhandener Informationen zu optimieren.

Wie tragen Lösungen von Endress+Hauser zu mehr Durchgängigkeit im Engineering und Lifecycle-Management von Anlagen bei?

Über den Lebenszyklus von Produktionsanlagen fallen von der Planung über die Inbetriebnahme und die laufende Instandhaltung bis zur Demontage massenhaft Daten an, die an sich für die Produktionsoptimierung wichtig wären. Sie sind jedoch meist in unterschiedlichen Engineering-Systemen isoliert und entziehen sich daher einer gemeinsamen Nutzung. Es wäre hilfreich, würde z. B. eine später hinzugefügte Messstelle automatisch in den Schaltplänen nachgetragen.

Bereits bisher gab es mit FieldCare ein Softwarepaket für die Konfiguration und Inbetriebnahme von Feldgeräten. Als nächste Entwicklungsstufe und ergänzend dazu ermöglicht das in x-technik AUTOMATION 6/2016 beschriebene Web-basierte Asset Management System W@M das standortunabhängige und komfortable Auswählen, Auslegen und Konfigurieren von Messtechnik-Produkten mittels Online-Tools. Dabei bildet der Produktcode die Basis zur Erstellung von Datenblättern, CAD-Modellen und Zeichnungen. Eine offene Schnittstelle ermöglicht problemlosen Datenaustausch z. B. mit der mit der ECAD-Software von Eplan. Die Anlagenstruktur wird zur späteren Wiederverwendung während des Betriebs gespeichert.

Welche Perspektiven bietet Endress+Hauser für Betrieb und Instandhaltung vor Ort?

Geräte und Systeme von Endress+Hauser sind mit standardisierten Schnittstellen ausgestattet, über die sowohl die Messdaten als auch Diagnosedaten oder z.B. Konfigurationen mit den umgebenden Systemen ausgetauscht werden. So kann auch z. B. direkt aus der Steuerung heraus eine Benachrichtigung von Instandhaltungspersonal via Email oder SMS erfolgen. Über 35 Produktlinien sind mit durchgängig einheitlicher Elektronik ausgestattet. Das bringt neben einer Vereinheitlichung des Datenformats für den Informationsaustausch mit Steuerungs- und Leitsystemen wesentliche Vereinfachungen bei Instandhaltung und Ersatzteilbevorratung. Die Zweileiter-Technik mit gemeinsamer Übertragung von Daten und Energie vereinfacht die Verkabelung.

Bereits seit einiger Zeit bietet Endress+Hauser mit den Field Xpert Handgeräten komfortable Möglichkeiten für die Inbetriebnahme, Wartung und Diagnose von Feldgeräten. Diese lassen sich mittels RFID-Transponder und NFC-Kommunikation auch in unzugänglichen Einbausituationen zuverlässig identifizieren und ansprechen. Per Bluetooth gewährt die SmartBlue-App Instandhaltern und Anlagenbedienern Zugriff mittels Smartphone oder Tablet.

Was bringen die Möglichkeiten von Datenintegration, Vernetzung und Cloud-basierten Diensten Kunden von Endress+Hauser in Betrieb und Instandhaltung?

Eine zentrale Datenhaltung an der Spitze der Automatisierungspyramide oder in der Cloud – Stichwort: Internet der Dinge – bietet die Möglichkeit, die Anlagenwartung auf neue Beine zu stellen. So könnte z. B. ein Experte mehrere Anlagen gleichzeitig überwachen und im Problemfall Lösungen finden. Die ausführende Person vor Ort käme mit weniger Fachwissen aus, weil sie von der Instandhaltungszentrale aus z. B. per Datenbrille (Augmented Reality) geleitet wird.

Die Voraussetzungen für vorausschauende Instandhaltungsarbeiten – Stichwort: Predictive Maintenance – hat Endress+Hauser mit der Heartbeat-Technologie geschaffen. Diese sorgt ohne Prozessunterbrechung für eine selbständige Überprüfung der Gerätedaten. So können z. B. Durchflussmessgeräte von Endress+Hauser über ihre digitale Schnittstelle Materialablagerungen oder Abrasionen an der Messrohr-Innenwand melden. Im ERP-System lassen sich diese Diagnosedaten dazu nutzten, zeitnah einen Instandhaltungsauftrag, wenn gewünscht sogar samt zugehöriger Ersatzteilbestellungen auszulösen. Als zentrale Vermittlungsschicht übernimmt die Middleware BPI (Business Process Integration) von Endress+Hauser die Übersetzungsarbeit und die Kommunikation zwischen den Systemen.

Endress+Hauser hat sich vom Anbieter einer Palette von Füllstandmessgeräten in den 1960er Jahren zu einem Komplettanbieter in der Prozessautomatisierung entwickelt. Geräte mit weitreichenden Kommunikationsfähigkeiten, plattformunabhängige Softwaretools und Automatisierungsdienstleistungen aus einer Hand sind wesentliche Faktoren zur Steigerung der Anlagen-Gesamteffizienz durch Informatisierung von Produktionsanlagen.

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