Virtuell gelebte Inbetriebnahme von Maschinen

One step more on the road to Industry 4.0 Durch die im letzten Jahrzehnt immer stärker werdende Trendentwicklung einer variantenreichen Gütererzeugung und der damit einhergehenden Produktion stetig kleiner werdender Losgrößen sind Produzenten gezwungen, ihre Produkte immer effizienter und wirtschaftlicher zu erzeugen. Dieser Situation vorangehend, sind ebenso Maschinenbauer gefordert, in der Entwicklung ihrer Produktionsanlagen diesen dynamischen und komplexen Prozessen zu entsprechen. Doch während sich viele Produzenten einer ganzheitlichen virtuellen Produktentwicklung bereits bedienen, findet die mechatronische Entstehung von Maschinen und Anlagen vorwiegend und ganz traditionell großteils noch auf der realen Ebene statt. Autorin: Luzia Haunschmidt / x-technik

Unter dem Slogan einer vierten Industriellen Revolution hat sich 2012 die deutsche Politik in fördernder Weise dem Fortschritt industrieller Entwicklungen angenommen, um einerseits dem globalen wirtschaftlichen Wettbewerb standhalten zu können und andererseits den steigenden Arbeitslosenzahlen auf heimischem Boden gegenzuhalten. Dazu wurden 2013 verschiedenste Projekte ins Leben gerufen – allesamt mit dem Ziel behaftet, dass die für Industrie 4.0 notwendige Automatisierungstechnik durch die Einführung von Verfahren der Selbstoptimierung, Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose und Kognition intelligenter werden soll, um die Menschen bei ihrer zunehmend komplexen Arbeit besser unterstützen zu können. Mittlerweile hat sich die Ausrufung der vierten industriellen Revolution über halb Mitteleuropa verbreitet – wenngleich die technologisch betroffene F&E-Gilde ob des Ausdrucks „Revolution“ nicht wirklich glücklich ist – steckt doch dahinter ein schon mindestens zwei Jahrzehnte dauernder evolutionärer Entwicklungsprozess in der Automatisierungstechnik, welcher die Vision einer „smarten Fabrik“ anstrebt. Kurz und gut – die denkende, sich selbst konfigurierende Fabrik steht heute schon in der Mitte ihrer Biografie!

Virtual Reality – auch für den Maschinenbauer

Es ist schon richtig, Maschinenbauer scheuen weder Kosten noch Mühen, um den Bedürfnissen ihrer Kunden zu entsprechen – maschinelle Innovationen werden Jahr um Jahr entwickelt, gilt es doch den Forderungen der Produzenten nachzukommen – nämlich der stetig variantenreicher werdenden Gütererzeugung gebührlich flexible und effiziente Maschinen und Anlagen zu liefern. Doch so sehr Produzenten klagen, dass ihre Margen immer geringer ausfallen – mit noch viel größeren Ertragseinbrüchen haben ihre Lieferanten, die Maschinenbauer, zu kämpfen. Einer der Gründe hierfür ist, dass die stetig stattfindenden Innovationen von Maschinen und Anlagen hohe monetäre Summen in der Entwicklung verschlingen – zieht man beispielsweise alleine die Inbetriebnahme / IBN einer Maschine bzw. Anlage in Betracht, so kann diese bis zu 25 % der Gesamtdurchlaufzeit eines Projektes ausmachen. Über 70 % der erforderlichen Zeit für die IBN ist für die vollständige Programmierung der Software erforderlich!

Allerdings ist nun Land in Sicht – besonders bei Anlagen, welche in bestehende Fertigungssysteme integriert werden, wie auch bei neu zu entwickelnden (Werkzeug)Maschinen kann die Inbetriebnahme verkürzt werden, indem bereits während ihrer Konstruktion mit der Programmierung begonnen wird. Ein geeignetes Mittel hierfür ist die Virtuelle Inbetriebnahme / VIBN als Teil des methodischen Engineerings. Dank dieser Methodik können Maschinenbauer endlich aufatmen – denn nicht nur die Entstehungskosten ihrer maschinellen Innovationen lassen sich auf diese Weise drastisch senken, auch die Entwicklungszeiten dürfen eine enorme Kürzung erleben!

Simulierte mechatronische Inbetriebnahme von Maschinen

So wie es über die Jahre selbstverständlich geworden ist, mechanische Maschinenkomponenten per Simulation verschiedene Tests durchlaufen zu lassen – so ist das Verständnis gegenüber der virtuellen Inbetriebnahme elektrischer Steuerungsprogramme noch recht verhalten. Doch beide Simulationsvorgänge haben sehr ähnliche Abläufe wie auch Zielvorgaben.

Vorweg genommen, versteht man unter einer virtuellen Inbetriebnahme das Einspielen, Erproben und Ändern von Planungsdaten auf einer virtuellen Maschine, bevor die erfolgreich getesteten Programme auf die reale Maschine übertragen werden. Die Basis dafür bildet eine 3D-Simulation, die das Verhalten der Maschine nachbildet, welche wiederum mit einer realen Steuerung verbunden wird.

Wenn das simulierte Maschinenmodell von der realen SPS gesteuert wird, kann die Logik der SPS vor tatsächlichem Betrieb der Anlage getestet werden. Für den Test der SPS-Software verhält sich das Computermodell genauso wie die reale Anlage. Die von der SPS kommenden Aktorsignale und Steuerworte werden interpretiert und steuern das Modell (Aktorsignale können dabei z. B. Steuersignale für Motoren oder Signale für das Öffnen bzw. Schließen von Ventilen sein). Und das Modell sendet wiederum die Sensor- und Feedbacksignale an die SPS zurück (z. B. Signale von Temperatursensoren, Feedbacksignale der Motoren oder Endschalter usw.).

Wird die 3D-Simulation der Maschine auch auf der Materialflussrechner-Ebene und ebenso auf der Produktionssteuerungs-Ebene durchgespielt, so kann die Simulation auf die gesamte Fabrik im Rahmen der digitalen Fabrik übertragen werden. Auf diese Weise wird es möglich, dass nicht nur einzelne Roboter und Maschineninseln, sondern auch komplexe Zusammenhänge hinsichtlich Materialfluss und Robotersteuerung abgebildet werden können, um eine Optimierung der Produktionsplanung vorzunehmen.

Win-Win-Situation auf der gesamten Linie

Doch die Vorteile, die man alleine durch eine virtuelle Inbetriebnahme auf der Maschinenebene erhält, sind schon enorm – ernorm vor allem vorerst für den Maschinenbauer, aber auch in Folge für den Produzenten. Denn die VIBN hat in verschiedenen Szenarien großen Nutzen. So können Entwicklungen und Tests von Steuerungsprogrammen bereits beginnen, wenn die Maschine noch nicht gebaut ist – das verkürzt die Entwicklungszeit uns senkt die Inbetriebnahmekosten. Für besonders komplexe Regelungs- bzw. Steuerungsaufgaben können die Regelalgorithmen risikolos am virtuellen Prototyp erprobt und optimiert werden. Auch eine Verbesserung der Zuverlässigkeit der Steuerungsprogramme lässt sich erreichen, indem am virtuellen Prototyp Fehlerszenarien reproduzierbar erzeugt und automatisiert überprüft werden können. Ein weiterer Vorteil findet sich darin, dass auch kritische Situationen durchgespielt werden können, die an einer realen Anlage zu gefährlich wären …

Die Liste der vielfältigen Nutzen die aus der VIBN einer Maschine oder Anlage gezogen werden, könnte noch etliche Absätze hier weiter füllen …

... doch wie die VIBN einer Maschine vonstatten geht, zeigt das Forum „Virtuelle Inbetriebnahme“ am 19. November 2014 in Wien, welches von Siemens PLM Software gemeinsam mit dem Institut für Fertigungstechnik der TU Wien und der ISILOG GmbH veranstaltet wird. Nähere Infos zu dieser Veranstaltung finden Sie, verehrte Leserinnen und Leser, in dieser Ausgabe unter der Rubrik „Messen und Veranstaltungen“ sowie unter

www.siemens.at/plm/events

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