interview

Sind Roboter Bedrohung oder Arbeitshilfe?

Das Wissenschaftsjahr 2018 steht unter dem Motto „Arbeitswelten der Zukunft“. Klaus Bengler, Professor für Ergonomie an der TU München, war bei der Auftaktveranstaltung in seiner Funktion als Präsident der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft Teilnehmer der Podiumsdiskussion. Im Interview erklärt er, wie sich die Jobanforderungen verändern werden.

Klaus Bengler, Professor für Ergonomie an der TU München und Präsident der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft. (Bild: Eckert und Heddergott / TUM)

Klaus Bengler, Professor für Ergonomie an der TU München und Präsident der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft. (Bild: Eckert und Heddergott / TUM)

Viele Menschen haben Sorge, dass sie am Arbeitsplatz durch Maschinen ersetzt werden. Ist diese Sorge gerechtfertigt?

Derzeit werden viele unterschiedliche Szenarien diskutiert. Ich denke, es wird, was die Arbeitsplätze angeht, nicht zu einer Verringerung, sondern zu einer Veränderung kommen. Es werden bestimmte Arbeitsplätze wegfallen, aber es werden auch neue Arbeitsplätze entstehen, z. B. um Maschinen zu entwickeln, instand zu halten und zu programmieren. Vor allem die Programmierung wird in Zukunft wesentlich mehr Nutzern möglich sein als heute. Viele Menschen werden zudem in Arbeit bleiben können, weil sie durch die Roboter individuelle Unterstützung bekommen. Das Potenzial der intelligent kooperierenden Maschinen, die nach wie vor von Menschen genutzt werden und ihnen die Arbeit erleichtern, wird dabei meiner Meinung nach unterschätzt. Das heißt, die Maschine übernimmt eine Standardtätigkeit, aber der Mensch, der die Expertise besitzt, hat Verantwortung für die Aufgabe und führt sie aus. Z. B. kann ich mit einem Hebeassistenten oder Exoskelett unter Umständen noch Lasten heben, die mir sonst zu schwer wären.

Ist diese Veränderung der Jobprofile für die Mitarbeiter nicht schwierig zu bewältigen?

Tatsächlich besteht meiner Meinung nach die größte Gefahr nicht darin, dass ein Roboter jemandem den Arbeitsplatz wegnimmt. Das größere Risiko wäre, dass die Mitarbeiter nicht in der Lage sind, ihn korrekt zu bedienen, weil ihnen die notwendige Qualifikation fehlt oder das Gerät zu komplex gestaltet ist. Was verstehen wir unter "ease of use", wenn es um robotische Systeme im weitesten Sinn geht? Es stellt sich uns allen also die Frage: Wie kann ich lernen, mit der nächsten Generation von IT umzugehen? Wir sollten in diesen Technologien keine Bedrohung sehen, sondern ein Gestaltungspotenzial. Das grundlegende Interesse ist bei den meisten Menschen grundsätzlich vorhanden. Allerdings müssen die Inhalte auch entsprechend aufbereitet sein. Das ist eine Aufgabe für uns als Hochschule. Es müssen neue Lehr- und Lernformen entwickelt werden. Dabei sollten wir auch das Potenzial der virtuellen Realität sowie der erweiterten oder augmentierten Realität in Bildung und Ausbildung betrachten.

Welche Aufgabe hat die Forschung und im speziellen die Ergonomie bei der Veränderung der Arbeitswelt?

Wir sollten Technologien immer so entwickeln und gestalten, dass sie am Menschen orientiert sind. In der Forschung beschäftigen wir uns damit, wie technische Systeme gestaltet sein müssen, sodass sie nicht nur von ihren Entwicklern oder Ingenieuren, sondern von späteren Nutzern verwendet werden können. Als Ergonomen können wir hier klare Handlungshinweise geben. Z. B. kann das Interface von Maschinen so gestaltet werden, dass es sich an bekannten Prinzipien aus dem Alltag orientiert, wie etwa der Bedienung des Smartphones. Damit lässt sich schon eine Lernhürde überwinden. Aber wir sagen auch, wo dies nicht sinnvoll ist, z. B. wenn es sich um sicherheitsrelevante Systeme handelt, bei denen ein Bedienungsfehler ernste Konsequenzen haben kann.

Eine weitere Herausforderung: die Gestaltung von aussagekräftigen Bewegungsmustern. In Zukunft werden sich immer mehr Maschinen um uns herumbewegen. Beispielsweise Autos, Lieferroboter oder Haushaltsroboter. Hier ist die Frage, wie deren Bewegungsabläufe gestaltet sein müssen, damit sie die Menschen nicht stören und verwirren, sondern sich in unsere Gewohnheiten einbetten.

Herr Professor, besten Dank für das Gespräch!

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