Schunk JL1: Wo sind die Grenzen?

Robotertechnologietage – Möglichkeiten und Anforderungen der MRK: Mensch und Roboter werden in Zukunft immer öfter zusammenarbeiten – direkt, ohne Schutzzaun dazwischen, „Hand in Hand“ gemeinsam als Team. Aber wie weit ist die industrielle Mensch-Roboter-Kollaboration tatsächlich schon fortgeschritten? Wo liegen die größten technologischen Herausforderungen in diesem Bereich und wie werden diese von führenden Anbietern wie ABB, Fanuc, Kuka, Schunk, Stäubli und Yaskawa gemeistert? Allesamt Fragen, die bei den „Gripping Meets Robotics“-Robotertechnologietagen am 16. und 17. Mai diskutiert werden.

Perfektes Teamwork: Ein Cobot mit einem Schunk Co-act Greifer setzt Elektronikkomponenten in ein Gehäuse ein, der Mensch erledigt die Endmontage und führt anschließend die Funktionsprüfung durch.

Perfektes Teamwork: Ein Cobot mit einem Schunk Co-act Greifer setzt Elektronikkomponenten in ein Gehäuse ein, der Mensch erledigt die Endmontage und führt anschließend die Funktionsprüfung durch.

Termin

16. - 17. Mai 2017
Schunk Tec-Center Allhaming
www.schunk.at

„Die vergangene Auftaktveranstaltung hat uns gezeigt, dass es eine Plattform, wie die „Gripping Meets Robotics“-Robotertechnologietage braucht, um künftige Trendthemen auch für aktuelle Anwendungen greifbar und nutzbar zu machen“, erklärt „Gastgeber“ DI (FH) Christian Binder, was ihn dazu veranlasste, heuer erneut ins Schunk Tec-Center in Allhaming zu bitten. „Ergänzen statt verdrängen“ lautet beispielsweise der Titel eines Vortrags, der von DI Dr. Mathias Brandstötter, stellvertretender Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik bei Joanneum Research, gehalten wird. Denn kaum ein Gedanke erhitzt die Gemüter der Allgemeinheit im Zeitalter einer zunehmenden Digitalisierung mehr als jener, dass Roboter vermehrt als Jobkiller in Zukunft auftreten könnten. Dabei geht es bei der industriellen MRK in Wahrheit um das genaue Gegenteil: Der Roboter soll dem Menschen assistieren und bei monotonen, immer wiederkehrenden oder den Körper extrem belastenden Arbeiten unterstützend zur Hand gehen. „Effiziente Lösungen für künftig noch flexiblere und individuellere Produktions- und Montageprozesse – das ist es, was wir bei den Robotertechnologietagen präsentieren wollen. Dazu stehen jede Menge spannender Vorträge auf dem Programm, außerdem gibt es entsprechende praxistaugliche Exponate zu sehen“, verrät der Geschäftsleiter von Schunk Österreich.

ABBs YuMi ist ein kollaborativer Zweiarm-Roboter für die Kleinteilmontage. Sein inhärent sicheres Design ermöglicht eine sichere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine.

ABBs YuMi ist ein kollaborativer Zweiarm-Roboter für die Kleinteilmontage. Sein inhärent sicheres Design ermöglicht eine sichere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine.

Alle Vorträge auf einen Blick

MRK in der kreativen Industrie (Di: 09:15)
Mensch-Roboter-Kooperation – Die Zukunft hat bereits begonnen (Di: 10:00, Mi: 13:30)
Megatrend MRK: TX2 CS9 – Ein Robotersystem für alle Fälle (Di: 11:15, Mi: 09:15)
YuMi® – smart & kollaborativ (Di: 13:30)
Kollaborierendes Robotersystem MOTOMAN HC10 (Di: 14:15, Mi: 11:15)
Mensch und Roboter in Kollaboration – Ergänzen statt verdrängen (Di: 16:00)
Collaborative Automation – Dual-Arm Assembly with YuMi® (Mi: 10:00)
Der LBR iiwa und seine Funktionen in der praktischen Anwendung (Mi: 14:15)
Greifsysteme für die Mensch - Roboter - Kollaboration: Einsatzszenarien und deren Rahmenbedingungen (Mi: 16:00)

Intelligente Greifsysteme

Eine direkte Mensch-Roboter-Kollaboration erfordert auch intelligente und sichere Greifer. „Um die Szenarien der Industrie 4.0, der Mensch-Roboter-Kollaboration sowie der Service- und Assistenzrobotik zu realisieren, braucht es feinfühlige und hochvernetzte Greifsysteme, die Werkstücke selbstständig erkennen, permanent das Umfeld detektieren, sich autonom annähern und auch bei hoher Teilevarianz ein prozessstabiles und sicheres Handling gewährleisten“, beschreibt Christian Binder.

Wohin die Entwicklung geht, verdeutlich der Schunk Co-act Gripper JL1, ein intelligenter MRK-Greifer, der unmittelbar mit dem Menschen interagiert und kommuniziert. Kennzeichnend für den JL1 sind insgesamt fünf Merkmale: Erstens, ein sicherer Antrieb, der ein breites Greifkraftspektrum ermöglicht und zugleich die funktionale Sicherheit gewährleistet. Zweitens, eine Umfeld-Sensorik, die die Umgebung des Greifers erfasst. Drittens, eine Software, die die Signale der Sensoren auswertet und verarbeitet. Viertens, eine Begrenzung der Greifkraft, die unmittelbar dann erfolgt, wenn es zu einem unerwünschten Kontakt mit dem Menschen kommt. Und last but not least eine harmonische Außenkontur ohne scharfe, spitze oder schneidende Kanten.

Ähnlich wie beim Menschen, der in der Regel mehrere Sinne kombiniert um eine Situation zu bewerten, ermöglicht beim Co-act Gripper JL1 eine sensorische Aura die redundante Wahrnehmung der Umwelt. Eine spezielle Software bündelt die unterschiedlichen Informationen aus den einzelnen Sensorquellen und leitet daraus die korrekte Information ab. Via OPC UA Schnittstelle ist der Greifer darüber hinaus in der Lage, mit dem Roboter sowie mit der übergeordneten Anlagensteuerung zu kommunizieren. Damit schafft er die Voraussetzung für eine flexible Prozessgestaltung im Sinne der Industrie 4.0.

Praxisnahe Lösung eines Reifenhandlings durch den kollaborativen Roboter CR-35iA von Fanuc.

Praxisnahe Lösung eines Reifenhandlings durch den kollaborativen Roboter CR-35iA von Fanuc.

You and me = YuMi

Nomen est Omen: „You and me – wir arbeiten zusammen“, diese Aussage verbirgt sich hinter dem Namen des kollaborativen Zweiarm-Roboters YuMi® aus dem Hause ABB. Dieser smarte Helfer wurde speziell für den Einsatz in der Montage bzw. Handhabung von Kleinteilen im gemeinsamen Arbeitsbereich mit einem Menschen konzipiert. Neben Handlingsaufgaben übernimmt dieser Roboter bei Bedarf auch die Überprüfung und Verpackung von Bauteilen, was ihn für einen Einsatz in der Computer-, Elektronik-, Konsumgüter- oder Spielzeugindustrie prädestiniert.

Bei der unmittelbaren Zusammenarbeit mit Menschen nutzt YuMi ein Sicherheitskonzept, das auf dem Prinzip der inhärent sicheren Konstruktion basiert. Da man bei der Entwicklung von YuMi davon ausging, dass zufällige Kollisionen zwischen Bediener und Roboter unvermeidbar sind, wurde u. a. mit einer Leichtbauweise der mechanischen Konstruktion, mit weichen Polsterungen und mit einer geringen Traglast des Roboters alles daran gelegt, das Restrisiko einer Verletzung im Falle des Falles so niedrig wie möglich zu halten. Außerdem stoppt der Roboter dank Kollisionserkennung sofort, sollte es tatsächlich einmal zu einem unfreiwilligen Kontakt kommen.

Die Bewegungsabläufe des industrietauglichen Leichtbauroboters LBR iiwa von Kuka kommen den Fähigkeiten eines menschlichen Arms erstaunlich nahe.

Die Bewegungsabläufe des industrietauglichen Leichtbauroboters LBR iiwa von Kuka kommen den Fähigkeiten eines menschlichen Arms erstaunlich nahe.

Kollaborierende wie kooperative Robotergilde

Bei Fanuc denkt man seit jeher ganzheitlich und hat demnach in für die Fabrik automatisierende wie für Roboter technologische Entwicklungen Zug um Zug investiert. Das Ergebnis davon findet sich einerseits in der eigenen japanischen Produktion wieder – diese hat den wohl höchsten Automatisierungsgrad weltweit. Denn dort werden monatlich 5.000 Roboter auf einer vollautomatischen Montageanlage sowie 25.000 CNCs und Robotersteuerungen auf einer automatisierten Produktionslinie per intelligenter Fanuc-Roboter produziert. Andererseits finden sich auch mehr als 440.000 installierte Roboter bei zufriedenen Kunden rund um den Globus.

Ausgehend von einem Angebot der größten und breitesten Bandbreite an Robotern, welches mehr als 100 unterschiedliche Robotermodelle bietet, widmet sich auch Fanuc der MRK-Thematik intensiv. Dazu wurde auch 2015 mit dem CR-35iA der erste kollaborative Roboter mit einer einzigartigen Traglast von 35 kg vorgestellt. Diese Generation wurde nun um drei weitere Mitglieder erweitert: dem CR-4iA, dem CR-7iA und dem CR-7iA/L – welche bis zu 7 kg Traglast bewältigen.

Dass bei der Zunft der MRK-Roboter die Unterscheidung zwischen kollaborierender und kooperativer Roboter die automatisierenden Komponenten das A und O der Technologien ausmachen und auf die verschiedensten Sicherheitsapplikationen ausgerichtet sind, ist für Fanuc ein wesentlicher Entwicklungsauftrag. Diesem Anspruch widmet Ing. Thomas Eder, Geschäftsführer von Fanuc Österreich, seinen Vortrag bei den Schunk Robotertechnologietagen in Allhaming ausführlich. Dazu wird auch die praxisnahe Lösung eines Reifenhandlings durch den kollaborativen Roboter CR-35iA vorgeführt.

Die berührungsempfindliche Safety-Skin beim TX2touch-Modell sorgt für das sofortige Abstoppen der Fahrt bei direktem Kontakt zum Menschen. Der Mitarbeiter kann den Stäubli-Roboter auch durch bloßes Antippen jederzeit stoppen.

Die berührungsempfindliche Safety-Skin beim TX2touch-Modell sorgt für das sofortige Abstoppen der Fahrt bei direktem Kontakt zum Menschen. Der Mitarbeiter kann den Stäubli-Roboter auch durch bloßes Antippen jederzeit stoppen.

Nachgiebiger Helfer

Ähnlich wie bei ABBs YuMi verrät auch das Namenskürzel von Kukas LBR iiwa schon, worum es bei der Mensch-Roboter-Kollaboration geht. iiwa steht nämlich für intelligent industrial work assistent. Die Bewegungsabläufe dieses industrietauglichen Leichtbauroboters kommen den Fähigkeiten eines menschlichen Arms erstaunlich nahe: Er kann in Positions-, Momenten-, und Impedanzregelung betrieben werden. Durch die integrierte Sensorik und die Impedanzregelung verfügt der Roboter sogar über eine programmierbare Nachgiebigkeit (achsspezifisch, kartesisch) im Automatikbetrieb. Er kann also so etwas wie „fühlen“. Aufgaben werden demnach nicht mehr durch Positionsgenauigkeit gelöst, sondern über die Nachgiebigkeit.

Neue Möglichkeiten in der Zusammenarbeit von Mensch und Roboter eröffnet er auch durch eine komfortable und einfache Bedienung: Dieser Leichtbauroboter kann per Hand intuitiv und schnell in Stellung gebracht werden. Dieses handgeführte Teachen, sprich die Programmierung von Bahnen mittels „Vormachen“ durch den Menschen, verkürzt die Programmierzeit immens.

Der bei den Robotertechnologietagen in Allhaming ausgestellte LBR iiwa wurde übrigens darauf programmiert, den Besuchern Bier einzuschenken. Er tritt bei dieser Veranstaltung als „Beertender“ auf und beweist auch dabei jede Menge Fingerspitzengefühl.

Der Motoman HC10 von Yaskawa stellt die geforderte Sicherheit im direkten Kontakt mit dem Bediener durch eine ausgereifte Kraft-Momenten-Sensorik in allen Achsen sicher.

Der Motoman HC10 von Yaskawa stellt die geforderte Sicherheit im direkten Kontakt mit dem Bediener durch eine ausgereifte Kraft-Momenten-Sensorik in allen Achsen sicher.

Ohne Sonderkinematik „menschenfreundlich“

Der Beweis dafür wurde von Stäubli bereits mehrfach angetreten: Die schnellen TX2-Standardroboter beherrschen die direkte Mensch-Roboter-Kollaboration. „Wir wollten keine Sonderkinematik für MRK-Anwendungen entwickeln, sondern wir wollten auch für diesen Bereich alle Vorteile eines Industrieroboters in Sachen Genauigkeit, Geschwindigkeit, Steifigkeit, Handhabungsgewicht und einigem anderen mehr gewährleistet haben“, verrät DI David Kittl, Sales Austria bei der Robotics Division der Stäubli Tec-Systems GmbH. In seinen beiden Vorträgen am Dienstag bzw. Mittwoch Vormittag wird er die TX2 CS9-Lösung demnach als Robotersystem für alle Fälle präsentieren.

Als Exponat in Allhaming mit dabei: Ein TX2touch-Modell für die direkte Mensch-Roboter-Kollaboration. „Dank einer Safety-Skin können unsere Roboter schnell und sicher arbeiten. Diese berührungsempfindliche Oberfläche sorgt für das sofortige Abstoppen bei einem direkten Kontakt mit dem Menschen“, erklärt David Kittl. Darüber hinaus sorgt die Sicherheitssteuerung CS9 für jede Menge weiterer Safety-Features, die sich über spezielle Funktionen wie Safe Speed, Safe Stop und Safe Zone/Safe Tool für jede Applikation speziell konfigurieren lassen. Ein integriertes Safetyboard überwacht dabei sämtliche Bewegungen des Roboters in Echtzeit. Alle Sicherheitsfunktionen sind zertifiziert und erfüllen die strengen Anforderungen der Sicherheitskategorie SIL3-/PLe.

HC ist „Human Collaborative“

Beim Motoman HC10 von Yaskawa wird die geforderte Sicherheit im direkten Kontakt mit dem Bediener durch eine ausgereifte Kraft-Momenten-Sensorik in allen Achsen gewährleistet, die eine flexible Interaktion zwischen dem Roboterarm und seiner Umgebung ermöglicht. Der Prototyp mit 1,2 m Reichweite und 10 kg Handhabungsgewicht ist bereits gemäß der technischen Spezifikation ISO TS15066 freigegeben. Der Roboterarm wurde so konstruiert, dass keine Quetschbereiche vorhanden sind.

Die Programmierung des HC 10 kann als „Easy teaching“, mit der „Smart HUB“-Funktion per Handführung erfolgen. Wird der Roboter bei Berührung gestoppt, kann er direkt am Manipulator wieder aktiviert werden.

Podiumsdiskussion als Highlight

Während die industrielle MRK zumindest im Moment noch darauf aufbaut, dass der Roboter als „Diener“ des Menschen auftritt und demzufolge von eben diesem kontrolliert bzw. gesteuert wird, werden in Richtung Zukunft denkend aber auch schon ganz andere Fragen gestellt: Wie viel Freiheit soll/darf ein autonomes Robotiksystem haben? Wo liegen die moralischen bzw. juristischen Grenzen? Ist alles, was technisch machbar ist, tatsächlich sinnvoll und erstrebenswert? Diese und ähnliche Fragen werden zum Ausklang des ersten Veranstaltungstages von Persönlichkeiten aus Technik, Forschung, Wirtschaftspolitik und Recht diskutiert. Fix am Dienstag, ab 17 Uhr, am Podium mit dabei sind u. a. der Zukunftsforscher Erik Hendeler, Sebastian Schlund vom Fraunhofer Institut, Mathias Brandstötter von Joanneum Research und der Arbeits-, Sozial- und Medizinrechtler mit theologischem Hintergrund Wolfgang Mazal.

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