OPC UA TSN – Praxistest bestanden!

Brückenschlag zwischen IP-basierter IT-Welt und Fabrikautomatisierung: Maschinen- und Anlagenbauer setzen große Hoffnungen in OPC UA TSN. Während diese Hoffnungen bisher auf theoretischen Überlegungen und Technologien in der Entwicklung basierten, hat Automatisierungsspezialist B&R nun gemeinsam mit Partnerunternehmen in der Praxis bewiesen, dass OPC UA TSN alle Anforderungen für die Kommunikation von der Linien- bis zur ERP-Ebene erfüllt.

Das IIC und das TSN Testbed

Das Industrial Internet Consortium (IIC) will die intelligente Vernetzung von Maschinen, Geräten und Anlagen ermöglichen. Ein Hauptziel der Gründerfirmen GE, IBM, Intel und Schneider ist die zügige Umsetzung des Internet der Dinge (Internet of Things – IoT).

Um zu testen, welche Technologien sich für das Internet der Dinge eignen, organisiert das IIC Testbeds, bei denen diese Technologien in herstellerübergreifenden Versuchsaufbauten getestet werden. B&R ist seit 2016 IIC-Mitglied und beteiligt sich am TSN-Testbed, bei dem die Kombination von TSN und OPC UA erstmals im Industrieumfeld getestet wird.

In den vergangenen Monaten hat B&R intensive praktische Tests mit dem TSN-Netzwerkspezialisten TTTech durchgeführt. „Das Ergebnis war beeindruckend: OPC UA TSN hat unsere Erwartungen teilweise sogar übertroffen“, sagt Stefan Schönegger, Marketing Manager bei B&R. Zeitkritische Anwendungen auf Linienebene, wie die Synchronisierung von Förderbändern mit unterschiedlichen Maschinen- oder Anlagenteilen, erfordern Zykluszeiten von bis zu 2 Millisekunden. „Diesen Wert haben wir in Versuchsanlagen deutlich unterboten“, sagt Schönegger. Der gemessene Jitter erreicht bis zu 100 Nanosekunden und liegt damit gleichauf mit den besten verfügbaren Feldbussen.

OPC UA TSN

OPC UA selbst echtzeitfähig zu machen, wäre technisch durchaus möglich, jedoch mit hohem Aufwand und vielen Nachteilen verbunden. Daher haben sich zahlreiche Automatisierungs- und Roboterhersteller zusam-mengeschlossen, um einen anderen Weg zu gehen: OPC UA soll auf Time Sensitive Networking (TSN) aufsetzen.
TSN bezeichnet eine Reihe von Unterstandards, die derzeit entwickelt werden und in Zukunft innerhalb der IEEE 802.1 standardisiert werden. Ziel ist es, Ethernet echtzeitfähig zu machen. Ein großer Vorteil von TSN ist, dass auch die Automobilbranche auf diesen Standard setzt. Damit werden die nötigen Halbleiter-Baugruppen sehr schnell und vergleichsweise kostengünstig verfügbar sein.

Die übertragenen Datenmengen in Kraftfahrzeugen sind in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen. Die Bandbreite bisheriger Bussysteme reicht längst nicht mehr aus. In einem ersten Schritt hat die Automobilbranche daher den Standard 802.1 AVB (Audio Video Bridging) übernommen, der ein synchronisiertes und priorisiertes Streaming von Audio- und Videodateien ermöglicht. Damit können z. B. Daten einer Rückfahrkamera in einem Auto via Ethernet übertragen werden.

Mit dem Ziel, weitere Industrien zu erreichen und das Einsatzspektrum zu erhöhen, hat sich aus der AVB-Arbeitsgruppe die TSN-Initiative entwickelt. Ziel der Automobilbranche ist es, auch Steuerungsaufgaben und Anwendungen, die die funktionale Sicherheit betreffen, über Ethernet abzuwickeln. Dafür sind Zykluszeiten im Echtzeitbereich und ein deterministisches Netzwerkverhalten Grundvoraussetzung. Genau diese Anforderungen sind es auch, die die Linienautomatisierung moderner Produktionsanlagen erfordert.

Mit OPC UA TSN wird die Brücke zwischen der IP-basierten IT-Welt und der Fabrikautomatisierung geschlagen. OPC UA TSN ist die perfekte Lösung für alle Applikationen in der Fabrikautomatisierung. Die Synchronisierungsgenauigkeit liegt im Sub-Mikrosekundenbereich und ist damit ausreichend für Anwendungen wie Liniensynchronisation, Anbindung von SCADA-Systemen, einfache Steuerungsaufgaben oder auch den Betrieb von Förderbändern und die Anbindung von I/Os.
Die Erweiterung von OPC UA auf die Ebene der Linienautomatisierung in den kommenden Jahren wird gravierende Auswirkungen auf die Struktur von Maschinen und Anlagen haben. Die klassischen Feldbusse auf Factory-Ebene werden überflüssig.

Weniger Netzwerklast

Mit dem Buscontroller hat B&R auch eine wichtige Neuerung der OPC-UA-Spezifikationen getestet: Mit dem sogenannten Publish/Subscribe-Mechanismus (Pub/Sub) wird eine wichtige Voraussetzung geschaffen, damit OPC UA TSN die geforderte Leistung erreicht.

OPC UA arbeitet bisher mit einem Client/Server-Mechanismus. Ein Client fragt eine Information an (Request) und erhält eine Antwort von einem Server (Response). Wenn das Netzwerk viele Teilnehmer hat steigt das Kommunikationsaufkommen überproportional. Das System wird ausgebremst. Das Publish/Subscribe-Modell hingegen ermöglicht eine One-to-many- sowie eine Many-to-many-Kommunikation. Ein Server sendet seine Daten in das Netzwerk (Publish) und jeder Client kann diese Daten empfangen (Subscribe). Daher muss keine ressourcenintensive Dauerverbindung zwischen Client und Server bestehen.

Die Spezifikation des Publish-/Subscribe-Modells für OPC UA wird unter aktiver Mitarbeit von B&R derzeit von einer Arbeitsgruppe der OPC Foundation erarbeitet. „Ich gehe davon aus, dass die Spezifikation Ende dieses Jahres steht und dann zügig von vielen Herstellern in Serienprodukte implementiert wird“, zeigt sich Schönegger optimistisch.

Beim Publish/Subscribe-Modell sendet ein Server seine Daten in das Netzwerk (Publish) und jeder Client kann diese Daten empfangen (Subscribe).

Beim Publish/Subscribe-Modell sendet ein Server seine Daten in das Netzwerk (Publish) und jeder Client kann diese Daten empfangen (Subscribe).

Stefan Schönegger
Marketing Manager bei B&R

„Zeitkritische Anwendungen auf Linienebene, wie die Synchronisierung von Förderbändern mit unterschiedlichen Maschinen- oder Anlagenteilen, erfordern Zykluszeiten von bis zu 2 Millisekunden. Diesen Wert haben wir in Versuchsanlagen deutlich unterboten. “

OPC UA wird zum Standard

Was für eine Dynamik OPC UA entwickelt hat, zeigt nicht zuletzt die Arbeit vieler Standardisierungsorganisationen, die auf das herstellerunabhängige Protokoll setzen. So hat die weltweit führende Standardisierungsorganisation in der Kunststoffindustrie, Euromap, kürzlich OPC UA als die Basis zweier Euromap-Schnittstellen definiert. Weitere sind in Arbeit.

Auch die Dachorganisation der Verpackungsindustrie, OMAC, will OPC UA in den weltweiten Standard PackML integrieren und arbeitet bereits an konkreten Umsetzungen. „Ich bin selbst überrascht, wie schnell langjährige Industriestandards nun auf OPC UA umschwenken“, freut sich Schönegger. „Die Leistungsfähigkeit, die unsere Praxistests mit OPC UA TSN bewiesen haben, zeigt, dass dies der einzig richtige Weg ist.“

Beim Client/Server-Mechanismus fragt ein Client eine Information an (Request) und erhält eine Antwort von einem Server (Response).

Beim Client/Server-Mechanismus fragt ein Client eine Information an (Request) und erhält eine Antwort von einem Server (Response).

Über Herstellergrenzen hinweg

„Beeindruckend ist auch die Stabilität, mit der unsere Testaufbauten bereits jetzt laufen“, betont Schönegger. „Schließlich testen wir eine neue Technologie, deren Spezifikation im Rahmen der IEEE noch nicht einmal abgeschlossen ist.“ In Kürze sollen die Testaufbauten von B&R im Rahmen des TSN-Testbeds des IIC mit den Aufbauten der anderen Testbed-Teilnehmer zusammengeführt werden. Dabei wird überprüft, wie gut Komponenten unterschiedlicher Hersteller in einem Netzwerk mit OPC UA TSN zusammenspielen. Neben B&R beteiligen sich am Testbed National Instruments, Cisco, Schneider, Bosch, GE, Intel und TTTech.

Ressourcenschonend

Ein wichtiger Punkt für die Praxistauglichkeit von OPC UA sind die Code-Größe und der Ressourcenbedarf. „Wenn OPC UA nur auf leistungsstarken Industrie-PCs und Steuerungen laufen würde, wäre es für den Einsatz in Maschinen und Anlagen nicht geeignet“, erklärt Schönegger. B&R hat OPC UA erfolgreich in einen Buscontroller des X20-I/O-Systems implementiert und damit gezeigt, dass OPC-UA-Server und -Clients problemlos auf I/O-Ebene umgesetzt werden können. „Somit ist bewiesen: OPC UA ist für jede erdenkliche Aufgabe auf Linienebene und darüber hinaus perfekt skalierbar.“

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