SKF CASD-60: Licht ins Dunkel

Nur im Sommerhalbjahr schien im norwegischen Städtchen Rjukan direktes Sonneneinlicht. Weil das enge Vestfjord-Tal von Osten nach Westen verläuft, liegt ihr Wohnort von Oktober bis März ständig im Schatten. Nun sorgen Solar Linear Aktuatoren des Typs CASD-60 von SKF für Sonnenlicht auch in der dunklen Jahreszeit.

Künstliche Sonne am hohen Horizont: Von einem Berggrat rund 450 m oberhalb der Stadt reflektieren drei Spiegel das Sonnenlicht hinunter auf den Marktplatz.

Künstliche Sonne am hohen Horizont: Von einem Berggrat rund 450 m oberhalb der Stadt reflektieren drei Spiegel das Sonnenlicht hinunter auf den Marktplatz.

Wissenswertes über Rjukan

Rjukan befindet sich im Vestfjord-Tal, etwa 180 km westlich von Oslo. Weil das schmale Tal zwischen steilen Hängen in Ost-West-Richtung verläuft, liegt der Ort von Oktober bis März im Schatten. Noch 1907 lebten dort kaum 50 Familien. Nur 10 Jahre später, nachdem der Norsk Hydro-Begründer Sam Eyde mit dem damals weltgrößten Wasserkraftwerk einen industriellen Boom ausgelöst hatte, waren bereits 10.000 Menschen in Rjukan und Umgebung ansässig.

Durch die späteren Schwerwasser-Forschungen im Chemie- und Kraftwerk Vemor wurde Rjukan Anfang der 40er Jahre zum Schauplatz zahlreicher militärisch-geheimdienstlicher Operationen, die der US-amerikanische Regisseur Anthony Mann 1965 in seinem Film „Kennwort ‚Schweres Wasser‘“ (engl. Originaltitel: „The Heroes of Telemark“) thematisierte.

Heute „lebt“ Rjukan zu einem großen Teil vom Tourismus (Wanderer/Skifahrer). Die Gemeinde hofft, durch die „künstliche Sonne“ eine weitere Attraktion geschaffen zu haben.

Rjukan am 30. Oktober 2013: Gegen Mittag strömen alle 3.500 Einwohner der norwegischen Kleinstadt auf den Marktplatz. Die Geschäfte sind geschlossen, die Schule fällt heute aus. Über dem Ort kreisen Hubschrauber, Kamerateams aus aller Welt wuseln durch die Menge und der Bürgermeister bereitet sich auf eine Ansprache vor. An diesem Tag dreht sich alles um Sam Eyde.

Genau einhundert Jahre ist es her, dass der in Deutschland ausgebildete Ingenieur die Menschen in der Vestfjord-Schlucht mit einer kühnen Idee begeisterte: Er hatte vor, ihnen mehr Sonnenschein zu schenken. Für die Bevölkerung ein Traum, weil sich die Sonne stets von Oktober bis März aus ihrem engen Talkessel verabschiedet.

1905, erst wenige Jahre vor der Veröffentlichung dieser Idee, hatte Eyde das Unternehmen Norsk Hydro aus der Taufe gehoben. Der damals noch junge Konzern sorgte sehr schnell dafür, dass Rjukan wuchs. Durch den Bau des größten Wasserkraftwerks seiner Zeit am 104 m hohen Wasserfall Rjukanfossen siedelte sich dort immer mehr Industrie an und zahlreiche Menschen zogen zu. Um deren Arbeitskraft zu erhalten, wollte der umtriebige Konzerngründer mit Hilfe von Spiegeln auf dem Nordhang des finsteren Tals dem sechsmonatigen „Schattendasein“ seiner Angestellten ein Ende bereiten.

Über den Dächern von Rjukan: Computergesteuert lenken die drei Heliostaten mit einer Gesamtfläche von 51 m² das Sonnenlicht ins Stadtzentrum.

Über den Dächern von Rjukan: Computergesteuert lenken die drei Heliostaten mit einer Gesamtfläche von 51 m² das Sonnenlicht ins Stadtzentrum.

SKF bringt Sonnenschein ins Schattental

Was vor hundert Jahren noch nicht gelang, wird an diesem 30. Oktober 2013 endlich Wirklichkeit. Nachdem sich um 12:30 Uhr eine letzte störende Wolke verzogen hat, reflektieren drei große Heliostaten das Sonnenlicht vom 450 m höher gelegenen Nordgrat hinunter nach Rjukan. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Städtchens, dass der Ortskern während der Dunkelperiode in hellem Licht erstrahlt. Vor Freude johlend setzt die Menge auf dem Marktplatz die mitgebrachten Sonnenbrillen auf. Zu verdanken haben die Menschen dieses „blendende Ergebnis“ auch den Solar Linear Aktuatoren des Typs CASD-60 von SKF.

„Normalerweise werden diese elektromechanischen Antriebe dazu verwendet, die Module von Solarkraftwerken am Sonnenlauf auszurichten“, erläutert Markus Behn, Global Business Development Manager im Solar Energy Segment bei SKF. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die permanente, optimale Ausrichtung der Zellen zur Sonne sorgt für eine deutlich höhere Effizienz der gesamten Anlage. Zu diesem Zweck hat SKF die Solar Linear Aktuatoren mit einem ausgeklügelten Innenleben ausgestattet. Dazu gehören eine Spindel samt vorgeschaltetem Getriebe, ein Motor, die Lager, der Schmierstoff, zwei Endschalter und ein Encoder. „Die Steuerung, die unser Kunde beim Rjukan-Projekt von Deutschland aus überwacht, kommuniziert mit den Aktuatoren über ein CAN-Bus System“, ergänzt Behn.

Und es ward Licht: Der erste der drei Sonnenspiegel erhellt die Statue von Sam Eyde, Mitbegründer von Norsk Hydro, Wasserkraft-Pionier und Vater der Spiegel-Idee.

Und es ward Licht: Der erste der drei Sonnenspiegel erhellt die Statue von Sam Eyde, Mitbegründer von Norsk Hydro, Wasserkraft-Pionier und Vater der Spiegel-Idee.

Für den Einsatz in rauen Umgebungen

Sämtliche Komponenten des Antriebs befinden sich in einem abgedichteten Gehäuse. Die ebenfalls abgedichteten Schub- bzw. Schutzrohre ermöglichen auch den Einsatz unter härtesten Bedingungen. Außerdem verfügen alle SKF Solar Linear Aktuatoren über eine PTFE-Membran, die während des Aus- und Einfahrens im Aktuator einen Druckausgleich ermöglicht, dabei aber keinen Feuchtigkeitseintritt zulässt.

Dank ihrer robusten Konstruktion sind die SKF Solar Linear Aktuatoren geradezu für den Einsatz im rauen Klima rund um Rjukan prädestiniert: Auf dem zugigen Nordgrat oberhalb der Stadt treten Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern auf. In einer derart harschen Umgebung setzen die Aktuatoren insgesamt drei Spiegel mit einer Fläche von jeweils 17 m² und einem Gewicht von etwa 500 kg in Bewegung. „Die Bedingungen vor Ort stellten durchaus eine technische Herausforderung dar“, so Markus Behn. „Umso dankbarer bin ich den beteiligten SKF Kollegen aus Deutschland, Italien und China, deren gebündeltes Know-how diese Lösung überhaupt erst ermöglicht hat.“

Präzise Kraftpakete: Die robusten SKF Solar Linear Aktuatoren des Typs CASD-60 führen die drei Spiegel der Sonne nach.

Präzise Kraftpakete: Die robusten SKF Solar Linear Aktuatoren des Typs CASD-60 führen die drei Spiegel der Sonne nach.

Raue Einsatzbedingungen: Im Winter fegt oft ein eisiger Wind über die Berggipfel von Rjukan.

Raue Einsatzbedingungen: Im Winter fegt oft ein eisiger Wind über die Berggipfel von Rjukan.

Auf Umwegen zum Sonnenschein

Unter dem Strich sorgen die CASD-60 in einer Höhe von knapp 800 m über dem Meer nun dafür, dass die drei Heliostaten automatisch dem Sonnenlauf folgen und das Licht stets auf eine etwa 600 m² große Fläche ins Stadtzentrum werfen. Dort kommen – je nach Witterung – zwischen 80 und 100 % der reflektierten Sonneneinstrahlung an.

„Eine hundert Jahre alte Idee ist heute Wirklichkeit geworden“, begeisterte sich Bürgermeister Steinar Bergsland bei der feierlichen Inbetriebnahme der Spiegel. „Endlich haben wir auch im Winter ein Gefühl von Wärme und können die Sonne spüren – zumindest auf dem Markplatz, der nun wortwörtlich das helle Zentrum unserer Gemeinde darstellt.“

Nach Einschätzung von SKF ist dieses Projekt ein leuchtendes Beispiel dafür, dass moderne Solartechnik nicht nur in Sachen „Umweltschutz“ spürbare Vorteile bietet. Denn Rjukan habe gezeigt, dass sich das gebündelte Know-how von SKF auch hervorragend für eher soziokulturelle Zwecke nutzen lässt.

Den daraus resultierenden Fortschritt dürften die Einwohner Rjukans zwar ähnlich bewerten – an einer ganz bestimmten Tradition aus „dunklen Zeiten“ werden sie aber vermutlich doch festhalten: Schließlich ist ihr „Solfest“, mit dem sie seit jeher die Rückkehr des Sonnenlichts ins Tal gefeiert haben, inzwischen zu einer Art „norwegischem Karneval“ avanciert.

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