anwenderreportage

Keine leeren Versprechungen

Überwachung des Roheisen-Umfüllvorganges mittels Radar-Füllstandsmessgerät: 1.400°C heiß ist flüssiges Roheisen, wenn es beim Eintreffen im Stahlwerk mit enormer Rauch- und Staubentwicklung aus Spezialwaggons und unter einer speziellen Absaugung in Pfannen fließt. Aus 15 Metern Höhe deren Füllstand zu messen, ist angesichts solcher Störeinflüsse und der reflektierenden Metalloberfläche eine messtechnische Herausforderung der Meisterklasse. Diese zu bewältigen, gelang trotz anfänglicher Vorsicht des Herstellers mithilfe der Radar-Füllstandsmessgeräte Micropilot FMR52 von Endress+Hauser mit hoher Präzision und Geschwindigkeit sowie höchster Verfügbarkeit.

Vom Hochofen gelangt das flüssige Roheisen in Rohr- oder Torpedopfannen zum Stahlwerk und fließt dort als 1.500°C heißer, flüssiger Strom in unterirdisch bereitgestellte Chargierpfannen. Deren Füllstand wird aus 15 Metern Höhe mit einem Radar-Füllstandsmessgerät Micropilot FMR52 überwacht.

Vom Hochofen gelangt das flüssige Roheisen in Rohr- oder Torpedopfannen zum Stahlwerk und fließt dort als 1.500°C heißer, flüssiger Strom in unterirdisch bereitgestellte Chargierpfannen. Deren Füllstand wird aus 15 Metern Höhe mit einem Radar-Füllstandsmessgerät Micropilot FMR52 überwacht.

Stefan Aichhorn
Anlagentechnik Stahlwerk, voestalpine Stahl GmbH

„Durch die Installation des FMR52 im Herbst 2013 stieg die Verfügbarkeit der Messeinrichtung auf 99,6 %.“

Zu den wichtigsten Werkstoffen für alle Branchen vom Hoch- und Tiefbau über den Maschinen- und Werkzeugbau bis zur Feinwerktechnik gilt der Stahl. In mehr als 2.500 Sorten werden davon weltweit jährlich rund 1,6 Milliarden Tonnen erzeugt. Seit 1941 wird in Linz Stahl erzeugt, seit 1952 mit dem hier erfundenen LD-Verfahren. Im 1973 eröffneten Stahlwerk LD-3 der voestalpine Stahl GmbH, das bis heute als eines der modernsten der Welt gilt, wird das im Hochofen erzeugte Roheisen zur Beseitigung unerwünschter Begleitelemente wie Schwefel, Phosphor, Kohlenstoff durch Sauerstoffzufuhr gefrischt.

Die Beladung der 140 t fassenden Chargierpfannen, in denen das Roheisen im Stahlwerk in den LD-Konverter gelangt, wird mittels Waage und Füllstandsmessung mit einem Radar-Füllstandsmessgerät Micropilot FMR52 überwacht.

Die Beladung der 140 t fassenden Chargierpfannen, in denen das Roheisen im Stahlwerk in den LD-Konverter gelangt, wird mittels Waage und Füllstandsmessung mit einem Radar-Füllstandsmessgerät Micropilot FMR52 überwacht.

Herbert Springer
Projektmanager Füllstand, Endress+Hauser GmbH

„Mit Antennenisolierung aus PTFE, Edelstahl-Gehäuse und Multi-Echo Tracking eignen sich die Radar-Füllstandsmessgeräte Micropilot FMR52 für die höllenähnlichen Betriebsbedingungen bei der Roheisen-Umfüllung.“

Umfüllvorgang bei 1.400°C

Vom Hochofen reist das flüssige Roheisen per Bahn in sog. Torpedopfannenwagen mit 300 Tonnen Fassungsvermögen zum Stahlwerk. Dort wird das ca. 1.400°C heiße Metall in 140 Tonnen fassende Chargierpfannen umgefüllt, in denen es per Kran zum LD-Konverter gelangt. Deren Füllgrad muss während des maximal vier Minuten dauernden Vorganges genau überwacht werden, denn die Dosierung bestimmt den Prozess und damit die Produktqualität und eine Überfüllung hätte überhaupt katastrophale Auswirkungen.

In der Vergangenheit beobachtete der Mitarbeiter den Umfüllvorgang durch ein Glasfenster in der Arbeitskabine vor Ort, von der er diesen auch steuerte. Ziel einer geplanten Umbaumaßnahme war, ihn aus seinem vorgeschobenen, einsamen und heißen Posten mitten im Geschehen in eine angenehmere Arbeitsumgebung zu transferieren und valide Füllstandswerte für die Speicherung und Weiterverarbeitung in elektronischen Systemen zu erhalten.

Der Arbeitsplatz für die Beobachtung und Steuerung des Umfüllvorganges konnte in die angenehmere Umgebung des Leitstandes integriert werden.

Der Arbeitsplatz für die Beobachtung und Steuerung des Umfüllvorganges konnte in die angenehmere Umgebung des Leitstandes integriert werden.

Infos zum Anwender

Die voestalpine AG ist ein weltweit agierender österreichischer Hersteller stahlbasierter Technologie- und Industriegüter mit Sitz in Linz, 500 Konzerngesellschaften und –standorten in über 50 Ländern und weltweit rund 46.400 Mitarbeitern. voestalpine Stahl GmbH ist die Leitgesellschaft der voestalpine Steel Division. Ihre Kernkompetenz ist die Erzeugung von Stahl im voll integrierten Stahlwerk in Linz. Im Geschäftsjahr 2012/13 beschäftigte die Steel Division 10.676 Mitarbeiter und erzielte 3.921,7 Mio. Euro Umsatz.

Bild: Fotostudio Meister Eder

Feindliche Umgebung

„Füllstandsmessgeräte gibt es viele“, sagt Anlagentechniker Stefan Aichhorn. „Wir machten uns auf die Suche nach einem, das nicht nur die feindliche Umgebung übersteht, sondern trotz Störreflexionen durch das flüssige Metall, Staub und aufsteigender, leitfähiger Dämpfe zuverlässig exakte Werte liefert, und das möglichst ohne Wartungs- oder Reinigungsaufwand.“

Nicht erleichtert wird die Aufgabe für das Gerät dadurch, dass es den Füllstand in der Chargierpfanne aus 15 m Höhe messen muss und sich zwischen dem Montageort und der Messebene ein Abdeckgitter befindet.

Das Trend-Diagramm zeigt die Korrelation der Daten aus Verwiegung und Füllstandsmessung.

Das Trend-Diagramm zeigt die Korrelation der Daten aus Verwiegung und Füllstandsmessung.

Vollmundige Versprechen

Erfreut stellte Stefan Aichhorn fest, dass fünf der sechs angefragten Messtechnik-Hersteller die Aufgabe für lösbar hielten und passende Geräte liefern wollten. Einzig Endress+Hauser hatte angesichts der widrigen Umgebungsbedingungen Bedenken über die Zuverlässigkeit einer Radarmessung.

Einer nach dem anderen mussten die Anbieter ihre vollmundigen Versprechungen zurück nehmen und eingestehen, dass ihre Geräte nicht geeignet sind. „Stellte sich bei zwei Geräten die gewählte Messmethode als für die heiße Stahloberfläche ungeeignet heraus, scheiterte ein anderes an der raschen Verschmutzung des Messaufnehmer-Horns, ein weiteres brachte es angesichts der hohen Messfrequenz (78 GHz) auf maximal 10 % Verfügbarkeit“, sagt Stefan Aichhorn. „Als keines der bemusterten Geräte auch nur annähernd befriedigen konnte und alle fünf Anbieter Rückzieher gemacht hatten, drohte das ganze Projekt zu scheitern.“

Die neue Generation Micropilot FMR52 - das frei abstrahlende 26 GHz Füllstand–Radar kann auch für Temperaturen bis 200°C eingesetzt werden.

Die neue Generation Micropilot FMR52 - das frei abstrahlende 26 GHz Füllstand–Radar kann auch für Temperaturen bis 200°C eingesetzt werden.

„Geht nicht“ gibt’s nicht

Das wollte Stefan Aichhorn nicht zulassen. „Zum Glück genießen wir in der Anlagentechnik ein recht großes Maß an Freiheiten und können uns auch experimentell an Lösungen herantasten“, sagt er. Der erfahrene Techniker ist nach seiner Fachschulausbildung an der HTL Leonding bereits seit 13 Jahren im Unternehmen und kennt aus Erfahrung die hohe Qualität und Robustheit der Geräte von Endress+Hauser. Kurzerhand montierte er im Frühjahr 2013 ein als Ersatzteil vorrätiges 26GHz Radar-Füllstandsmessgerät das für Temperaturen bis +150°C geeigneten Typs Micropilot FMR245.

„Unsere Erwartungen waren durch die Erfahrungen mit den Alternativlieferanten bereits recht bescheiden geworden. Sie wurden aber weit übertroffen“, freut sich der Mess- und Regeltechniker darüber, dass sein hartnäckiges Verfolgen des Projektzieles von Erfolg gekrönt wurde. „Obwohl die sehr starke Rauchentwicklung immer wieder zu sekundenlangen Ausfällen des Messsystems führte, konnte der Füllstand der Roheisenpfanne mit dem verwendeten 26 GHz-Radarverfahren präzise, zuverlässig und schnell erfasst werden, und das von Beginn an mit einer Verfügbarkeit von ca. 90 %.“

Die PTFE-Beschichtung des Radar-Füllstandsmessgeräts Micropilot FMR52 verhindert Ablagerungen an der Antenne und macht eine Reinigung überflüssig.
Alle Fotos wenn nicht anders angegeben: voestalpine Stefan Aichhorn.

Die PTFE-Beschichtung des Radar-Füllstandsmessgeräts Micropilot FMR52 verhindert Ablagerungen an der Antenne und macht eine Reinigung überflüssig. Alle Fotos wenn nicht anders angegeben: voestalpine Stefan Aichhorn.

Knapp 100 % Verfügbarkeit

„Eine solche Performance ist vielversprechend, aber nicht ausreichend“, sagt Herbert Springer, Produktmanager Füllstand bei Endress+Hauser. Er schlug den Umstieg auf die neue Generation Micropilot FMR52 vor. Dieses frei abstrahlende 26 GHz Füllstand–Radar kann auch für Temperaturen bis 200°C eingesetzt werden. In erster Linie für Applikationen gedacht, in denen aggressive Medien zum Einsatz kommen, weist es eine flanschbündige Antenne auf, die komplett mit chemisch resistentem PTFE (Polytetrafluoräthylen; volkstümlich Teflon) gefüllt ist. Die Materialbeständigkeit dieses chemisch resistenten Kunststoffs verhindert auch in der Anwendung bei voestalpine zuverlässig, dass sich Staub- oder Rauchpartikel anlegen. Das hält diese nicht nur zuverlässig frei von Verschmutzungen als Störeinfluss für die Messung, es eliminiert auch die Notwendigkeit von Reinigungseingriffen und hält die Installation wartungsfrei.

Wegen der zeitweilig extremen Temperaturbelastung empfahl Endress+Hauser die Ausführung im Edelstahl-Gehäuse. Dieses erfüllt die Anforderung an die Schwerindustrie und schützt durch seine Wärmeleiteigenschaften die Elektronik besser vor Hitzeschüben.

Einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit und Zuverlässigkeit der Füllstandmessung in dieser fordernden Umgebung leistet in dieser jüngsten Gerätegeneration von Endress+Hauser die Auswertung des Echosignals mittels Echosignalkurve, dem sog. Multi-Echo Tracking. Dabei werden neben dem Füllstandssignal auch alle anderen Echosignale markiert und verfolgt. So wird das Füllstandsignal auch dann erfasst, wenn es unter ausgeblendeten Störquellen im Signalpfad liegt. Somit spielen auch Einbauten wie das Abdeckgitter oder die schwankende Mächtigkeit des Roheisen-Stroms keine Rolle mehr.

„Durch die Installation des FMR52 im Herbst 2013, das wir wegen der Einfachheit der geführten Gerätebedienung ohne Unterstützung in Betrieb nehmen konnten, stieg ohne weitere Maßnahmen die Verfügbarkeit der Messeinrichtung auf 99,6 %“, bestätigt Stefan Aichhorn. „Und da das Gerät ohne Signaldämpfung oder Filter betrieben wird, ist sie genauso schnell wie das Messsignal der Waage.“

Verlässlich und unkompliziert

Die Zuverlässigkeit und die einfache Inbetriebnahme der neuen Radargeneration FMR52 werden auch von der Instandhaltung geschätzt. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet die über die gesamte Produktfamilie einheitliche Elektronik. Diese lässt sich von jedem Elektriker ohne Spezialkenntnisse freizügig tauschen, da sie die „Persönlichkeitsdaten“ des jeweiligen Gerätes aus dem im Gehäuse integrierten, nichtflüchtigen Parameter-Speicher HistoROM bezieht. „Dazu kommt der kompetente Endress+Hauser Helpdesk“, fügt Stefan Aichhorn hinzu. „Damit reicht die Anwendungsunterstützung bei der Inbetriebnahme auch in speziellen Fällen bis zur Messstelle vor Ort.“

Die Erfüllung der messtechnischen Herausforderung mit hoher Präzision und Geschwindigkeit sowie höchster Verfügbarkeit trotz widriger Betriebsbedingungen ermöglichte den Anlagentechnikern der voestalpine Stahl GmbH die gleichzeitige Verbesserung der Arbeitsbedingungen an der Anlage und der Datenqualität.

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