interview

Watt Drive WG20: Mehr als nur einen Zahn zugelegt

Klaus Sirrenberg hat viel mit WEG und Watt Drive vor: Seit der österreichische Getriebehersteller Watt Drive zur WEG-Gruppe gehört, ist diese ein Antriebstechnik-Gesamtanbieter. 2016 stellte WEG mit WG20 eine völlig neu entwickelte Reihe von Getriebemotoren vor. Hoch effizient und kompakt sowie weltweit einsetzbar, erschließt der Konzern damit neue, breitere Märkte als bisher. Für die Getriebeaktivitäten von WEG zeichnet seit Oktober 2016 Klaus Sirrenberg verantwortlich, seit Jahreswechsel unterstützt von René Binder als Leiter des nationalen und internationalen Vertriebs von Watt Drive. Autor: Ing. Peter Kemptner / x-technik

Klaus Sirrenberg, Geschäftsführer des WEG-Tochterunternehmens Watt Drive:

„Mit dem 2016 vorgestellten, neu entwickelten Getriebemotorenprogramm WG20 entwickelt sich WEG noch weiter zum Gesamtanbieter weltweit konkurrenzfähiger Gesamtlösungen und setzt auf diesem Gebiet neue Standards.“

Klaus Sirrenberg, Geschäftsführer des WEG-Tochterunternehmens Watt Drive: „Mit dem 2016 vorgestellten, neu entwickelten Getriebemotorenprogramm WG20 entwickelt sich WEG noch weiter zum Gesamtanbieter weltweit konkurrenzfähiger Gesamtlösungen und setzt auf diesem Gebiet neue Standards.“

Klaus Sirrenberg
Geschäftsführer des WEG-Tochterunternehmens Watt Drive

„Mit dem 2016 vorgestellten, neu entwickelten Getriebemotorenprogramm WG20 entwickelt sich WEG noch weiter zum Gesamtanbieter weltweit konkurrenzfähiger Gesamtlösungen und setzt auf diesem Gebiet neue Standards.“

Wie bereits in AUTOMATION 7/2016 zu lesen war, ist DI Klaus Sirrenberg seit Oktober 2016 Gesamtleiter der Getriebesparte von WEG. Damit ist er Geschäftsführer der Watt Drive Antriebstechnik GmbH in Markt Piesting (NÖ), der Watt Drive GmbH in Unna und der Württembergischen Elektromotoren GmbH in Balingen. Deshalb verbringt der 58-jährige passionierte Basketballspieler und Feuerwehrmann aus Wuppertal viel Zeit auf Flughäfen. Da bleibt ihm nicht viel Muße für Sport oder Ehrenamt.

Seit 1. Jänner 2017 ist René Binder für den nationalen und internationalen Vertrieb von Watt Drive verantwortlich. Er führt ein Team von rund 20 Vertriebsmitarbeitern und folgt Markus Weber nach, der nun für den Vertrieb von WEG Standardmotoren in Österreich zuständig ist.

Seit 1. Jänner 2017 ist René Binder für den nationalen und internationalen Vertrieb von Watt Drive verantwortlich. Er führt ein Team von rund 20 Vertriebsmitarbeitern und folgt Markus Weber nach, der nun für den Vertrieb von WEG Standardmotoren in Österreich zuständig ist.

Herr Sirrenberg, andere Menschen Ihres Alters denken an den Pensionsantritt, Sie starten als Mr. Getriebe von WEG noch einmal neu durch. Was motiviert Sie?

Antriebstechnik, insbesondere Getriebemotoren, begleiten mich schon seit ich im Anschluss an mein Elektrotechnik-Studium in das Berufsleben eingetreten bin. Als ich 2002 zu Watt Drive stieß, übernahm ich zunächst die Geschäftsführung der Watt Drive GmbH in Unna (Deutschland). Nachdem ich 2010 die Verantwortung über den internationalen Vertrieb von Watt Drive übernahm, wurde ich im November 2011 als Director Low Voltage Products bei der WEG Germany GmbH berufen. Nun darf ich mich der erfolgreichen Entwicklung der für WEG recht jungen Getriebesparte widmen.

Watt Drive konnte auch die Präzision der Teile noch einmal wesentlich steigern. Das wirkt sich vorteilhaft auf die Energieeffizienz aus.

Watt Drive konnte auch die Präzision der Teile noch einmal wesentlich steigern. Das wirkt sich vorteilhaft auf die Energieeffizienz aus.

Zur Auffrischung: Wie ist Watt Drive in WEG eingebettet?

Als die WEG Equipamentos Elétricos S. A. im Jahr 2011 Watt Drive kaufte, war dies der Einstieg des weltweit erfolgreichen brasilianischen Elektromotoren-, Generatoren- und Antriebsherstellers in die Getriebetechnik, eine logische Abrundung des Produktportfolios. Abgeschlossen wurde diese mit der Hinzunahme des brasilianischen Großgetriebeherstellers Cestari. Während Watt Drive die Leistungsklasse bis 20.000 Nm abdeckt, produziert Cestari Großgetriebe bis 750.000 Nm. Naheliegenderweise folgte seitdem eine Fokussierung auf die Kombination von Motor, Getriebe und Umrichter. WEG entwickelt sich immer mehr zu einem Antriebstechnik-Komplettanbieter.

Die Baureihe WG20 zeichnet sich neben einfacher, weltweiter Austauschbarkeit durch Effizienz und Zuverlässigkeit aus und wird bis zum 1. Quartal 2018mit Drehmomentklassen bis 18.000 Nm vervollständigt.

Die Baureihe WG20 zeichnet sich neben einfacher, weltweiter Austauschbarkeit durch Effizienz und Zuverlässigkeit aus und wird bis zum 1. Quartal 2018mit Drehmomentklassen bis 18.000 Nm vervollständigt.

Sie übernehmen die Leitung der WEG-Getriebeaktivitäten, zugleich gibt es auch bedeutende Neuerungen im Getriebemotoren-Portfolio von WEG. Was hat es damit auf sich?

Das führende Antriebstechnikprodukt von Watt Drive war bisher das modulare Antriebssystem MAS für Drehmomente von 50 bis 20.000 Nm. Erstmals im Jahr 2000 vorgestellt, ermöglicht der Getriebe- und Motorenbaukasten individuelle Kundenlösungen. Nicht zuletzt weil diese Individualisierung auch von allen WEG-Standorten innerhalb und außerhalb Europas durchgeführt werden kann, machen kundenspezifische Lösungen etwa ein Drittel des Gesamtumsatzes aus, den WEG mit Getrieben erzielt. Allerdings gibt es u. a. im Maschinenbau Bestrebungen zur Vereinheitlichung von Getrieben, was die Anschlussmaße betrifft. Zudem steigen die Anforderungen an die Energieeffizienz und der Kostendruck bei Stückzahlanwendungen.

Deshalb hat sich WEG mit WG20 zur Entwicklung einer völlig neuen Familie von Getriebemotoren entschieden. Diese wurde auf der Hannover Messe 2016 erstmals vorgestellt.

Die WG20-Familie wird komplett bei WEG hergestellt. Die Motoren in verschiedenen WEG-Werken, die Getriebe ausschließlich bei Watt Drive. In Markt Piesting findet auch der Zusammenbau statt.

Die WG20-Familie wird komplett bei WEG hergestellt. Die Motoren in verschiedenen WEG-Werken, die Getriebe ausschließlich bei Watt Drive. In Markt Piesting findet auch der Zusammenbau statt.

Was ist anders an der Getriebemotor-Serie WG20?

Das Getriebemotorenprogramm WG20 mit Stirnrad-, Flach- und Kegelstirnradgetrieben kombiniert die Entwicklungs- und Fertigungskompetenz von Watt Drive mit dem Motor-Knowhow von WEG. Im ersten Schritt mit Drehmomenten von 50 bis 600 Nm verfügbar, werden bis zum 1. Quartal 2018 Leistungsstufen bis 18.000 Nm folgen. Die vielseitig einsetzbaren und zuverlässigen Getriebemotoren eignen sich für eine große Bandbreite an Anwendungen. Ein wesentlicher Unterschied zu bisherigen Produkten von Watt Drive ist, dass ihre Anschlussmaße dem eingebürgerten De-facto-Standard entsprechen, dem sich immer mehr Hersteller verpflichtet fühlen.

Die Umstellung der Bearbeitungsprozesse mit neu geschaffenen Aufspannvorrichtungen ermöglicht eine nennenswerte Verkürzung der Bearbeitungszeiten bei gleichzeitiger Verbesserung der Prozesssicherheit.

Die Umstellung der Bearbeitungsprozesse mit neu geschaffenen Aufspannvorrichtungen ermöglicht eine nennenswerte Verkürzung der Bearbeitungszeiten bei gleichzeitiger Verbesserung der Prozesssicherheit.

Was bringt das Anwendern?

Als erstes bringt es Anwendern die Möglichkeit, diese Getriebemotoren problemlos auch in bestehende Maschinen oder Anlagen einzubauen oder bei Neuanlagen Alternativen einzusetzen, ohne dafür konstruktiv große Aufwände zu treiben. So können sie ihre Lieferfähigkeit absichern. Und sie können sich bei der Auswahl der Getriebemotoren auf die optimalen antriebstechnischen Kriterien konzentrieren. Auch da hat die Baureihe WG20 einiges zu bieten.

Mit welchen Eigenschaften kann die Getriebemotorbaureihe WG20 punkten?

Die Getriebe sind in einem großen Übersetzungsbereich zweistufig ausgeführt. Dadurch erzielen sie besonders hohe Wirkungsgrade, sind geräuscharm und hoch belastbar. Durch kleine Umfangsgeschwindigkeiten in der Eintriebsstufe und eine Verringerung der Planschverluste aufgrund der gegenüber bisherigen Getriebemotorenreihe MAS bis zu 75 % reduzierten Schmierstoffmenge haben sie eine äußerst geringe Verlustleistung. Das führt nicht nur zu einer Verbesserung der Energieeffizienz im Prozentbereich und damit um eine wesentliche Reduktion der Abwärme, das wirkt sich auch positiv auf die Lebensdauer aus. In den kleineren Leistungsbereichen tragen die leichten und zugleich robusten, voll gekapselten Gehäuse aus Aluminiumdruckguss zu einer weiteren Steigerung der Gesamtanlageneffizienz (OEE) bei.

Sie sagten, WEG beschreitet mit WG20 den Weg weg von kundenspezifischen Getriebemotoren hin zu Standardprodukten. Wie wirkt sich das auf die Einsetzbarkeit in unterschiedlichen Anwendungen aus?

Die Produkte der Serie WG20 haben nicht nur marktkonforme Anschlussmaße, sondern lassen sich auch auf unterschiedliche Spannungen umschalten und können in 100/120Hz Kennlinie mit konstantem Moment am Frequenzumrichter im Standard betrieben werden. Selbstverständlich tragen sie auch Zertifizierungen wie CE, UL, CSA und EAC. All dies macht sie weltweit einsetzbar, ein klarer Vorteil für eine exportorientierte Branche wie den österreichischen Maschinen- und Anlagenbau. Obwohl sie gewissermaßen als Gegenmodell zum kundenspezifischen Getriebemotor gedacht sind, können wir sie mit Komponenten aus dem bewährten Motorbaukasten wie Bremse, Encoder oder Fremdlüfter für viele Anwendungsfälle individualisiert liefern.

Wie viel Wertschöpfung aus Österreich steckt in den WG20-Getriebemotoren?

Die WG20-Familie wurde zur Gänze im Hause WEG entwickelt und wird auch – mit Ausnahme der Aluminiumdruckguss-Rohteile für die kleineren Modelle – komplett bei WEG hergestellt, die Motoren in verschiedenen WEG-Werken, die Getriebe ausschließlich bei Watt Drive, und da zum weitaus überwiegenden Teil in Markt Piesting. Hier findet auch der Zusammenbau statt, der später zusätzlich an einigen außereuropäischen Standorten für die dortigen Märkte erfolgen wird.

Sind WG20-Getriebemotoren auch kosteneffizienter als ihre Vorgänger?

Das sind sie in der Tat. Die wesentlich engeren Fertigungstoleranzen der Aluminium-Druckgussgehäuse erlauben uns die Umstellung nachfolgender Bearbeitungsvorgänge. Allein die spezifisch dafür neu geschaffenen Aufspannvorrichtungen ermöglichen eine nennenswerte Verkürzung der Bearbeitungszeiten bei gleichzeitiger Verbesserung der Prozesssicherheit. Die intelligente Gestaltung der Schnittstellen zwischen den Getrieben und den ebenfalls neu entwickelten Motoren vereinfacht und beschleunigt die Montage. All das wirkt sich zusammen mit ihrer Energieeffizienz natürlich nennenswert auf die Kosten aus.

Wie verändern WG20-Getriebemotoren die Marktposition von WEG bzw. Watt Drive?

Watt Drive war bisher ein Hersteller von Getrieben, die wie erwähnt zu einem sehr großen Teil auch kundenspezifisch hergestellt werden. Diese Getriebe wurden auch in der Vergangenheit schon mit WEG-Motoren verbunden, diese mit WEG-Softstartern oder Frequenzumrichtern angesteuert. WG20 macht WEG zum Anbieter einer breiten Palette an Standard-Getriebemotoren, teilweise auch mit motorintegrierten Umrichtern. Diese sehr einfach auszulegenden Serienprodukte werden vom Markt sehr gut angenommen und weltweit in hohen Stückzahlen verbaut. Obwohl MAS auch weiterhin eine sehr große Rolle spielen wird, bringt das Watt Drive verstärkt in die Position eines Serienprodukteherstellers. Nur damit kann das angestrebte Wachstum im zweistelligen Bereich sichergestellt werden.

Haben Sie sich da nicht eine Herkulesaufgabe aufgehalst?

„Wenn’s einfach ist, kann’s jeder“, sage ich gerne zu Menschen, die sich über Schwierigkeiten beschweren. Meine Herausforderung besteht darin, die Getriebe-Aktivitäten innerhalb des heterogenen WEG-Konzerngebildes so zu lenken, dass auf effiziente Weise effiziente Lösungen entstehen, die von den Maschinenbauern der Welt einfach zu integrieren sind. Für die Steuerung des nationalen und internationalen Vertriebs bei Watt Drive ist seit Jahreswechsel René Binder verantwortlich. Dies beinhaltet auch den weltweiten Export und den Vertrieb über die globalen WEG-Niederlassungen und die Aufgabe, das breite Motor- und Automatisierungs-Portfolio von WEG in die Vertriebsstrukturen von Watt Drive im österreichischen Markt zu integrieren. Der Maschinenbauingenieur war bereits von 1992 bis 2010 bei Watt Drive tätig und kennt daher das Unternehmen, die Position und die Herausforderungen, denen wir uns im Markt als global agierender Komplettanbieter in der Antriebstechnik stellen.

Herr Sirrenberg, herzlichen Dank für das Gespräch!

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