Integrierte Prozesslösung für 100 % Stärke

Industrie 4.0 als Anforderung Die Agrana Stärke GmbH verarbeitet hochwertige agrarischer Rohstoffe wie Mais, Kartoffeln und Weizen zu biologischen und gentechnikfreien Stärke- und Stärkespezialprodukten für zahlreiche Industriezweige und ist Produzent von Bioethanol als umweltfreundlichem Treibstoff. Das Siemens-Prozessleitsystem zur Ausstattung der neuen Weizenstärke-Anlage in Pischelsdorf an der Donau wurde auf die vorhandene Bioethanolanlage ausgedehnt und um ein Laborsystem desselben Herstellers erweitert. Zur vollintegrierten Produktionsstätte à la Industrie 4.0 mit deutlich gesteigerter Produktivität wurde das Werk durch ein MES-System von Siemens als darüber liegende logische Ebene zur Verbindung mit allen angrenzenden Systemen wie z. B. einem ERP-System. Autor: Ing. Peter Kemptner / x-technik

Die Stärkegewinnung aus Weizen und die Erzeugung von Bioethanol im Agrana-Werk Pischelsdorf erfolgt unter der Kontrolle einer durchgängigen Gesamt-Softwarelösung von Siemens mit SIMATIC PCS 7, UNILAB und SIMATIC IT.

Die Stärkegewinnung aus Weizen und die Erzeugung von Bioethanol im Agrana-Werk Pischelsdorf erfolgt unter der Kontrolle einer durchgängigen Gesamt-Softwarelösung von Siemens mit SIMATIC PCS 7, UNILAB und SIMATIC IT.

Josef Eisenschenk
Betriebsleiter Agrana Stärke GmbH, Werk Pischelsdorf

„Die durchgängige Automatisierungslösung führt zu einem wesentlich höheren Materialumschlag und damit zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Agrana.“

Unweit von Tulln in Niederösterreich steht direkt an der Donau das Werk Pischelsdorf der Agrana. Es ist die jüngste von fünf Anlagen, in denen der international tätige österreichische Konzern die Stärke aus den landwirtschaftlichen Produkten extrahiert, in denen sie enthalten ist. In Aschach/D. (OÖ), Szabadegyhaza (Ungarn) und Tandarei (Rumänien) wird dazu Mais verarbeitet, in Gmünd (NÖ) Erdäpfel und in Pischelsdorf Weizen.

Geliefert wird die Stärke in nativer Form oder zu einer breiten Produktpalette weiterverarbeitet an Hersteller von Lebensmitteln, Säuglings- und Kindernahrung sowie Futter- und Düngemittelproduzenten, aber auch an die Pharma- und Kosmetikindustrie. Technische Anwendungen finden sich in der Papier- und Textilindustrie sowie in der Bauchemie. Diese Branchen zählen zu den größten Abnehmern. Als weitere Form der Veredelung für verschiedene Nutzungszwecke ist am Standort Pischelsdorf seit 2008 auch eine Anlage in Betrieb, die aus Getreide Bioethanol als Treibstoffzusatz erzeugt.

Mit Softwarelösungen für die Betriebsführung in Produktionsanlagen von Siemens lassen sich durch nahtlose Integration von Produkt- und Produktionslebenszyklen in der digitalen Fabrik skalierbare, reaktionsfähige Produktionsprozesse gestalten.

Mit Softwarelösungen für die Betriebsführung in Produktionsanlagen von Siemens lassen sich durch nahtlose Integration von Produkt- und Produktionslebenszyklen in der digitalen Fabrik skalierbare, reaktionsfähige Produktionsprozesse gestalten.

Wolfgang Siegel
Projektleiter Siemens AG Linz

„Die Durchgängigkeit der Lösung von der Auftragssteuerung in SAP bis zum Lagerbestand im Auslieferungssilo sorgt für einen anpassungsfähigen Workflow mit lückenloser, zeitnaher Nachvollziehbarkeit.“

Neue Anlage ergänzt Portfolio

Ende 2013 nahm die Agrana Stärke GmbH in Pischelsdorf ihre erste Anlage für die Gewinnung von Stärke, Gluten und Kleie aus Weizen in Betrieb. Sie bringt dem Unternehmen eine optimale Ergänzung des Produktspektrums, da es nun mit Kartoffel-, Mais- und Weizenstärke alle drei in Europa gebräuchlichen Sorten aus eigener Erzeugung anbieten kann. Zudem kann durch die Kombination der Bioethanol- mit der Weizenstärkeanlage der eingesetzte Rohstoff zu 100 % verwertet werden. Seine kaskadenförmige Nutzung reicht vom Lebensmittelbereich an der Spitze über den Futtermittelbereich bis zur geringwertigsten Nutzung in Form von Biotreibstoff.

Neben Kartoffeln und Mais nutzt der österreichische Agrarstoff-Verarbeitungskonzern Agrana seit Ende 2013 in einer neuen Anlage Weizen für die Stärkeproduktion.

Neben Kartoffeln und Mais nutzt der österreichische Agrarstoff-Verarbeitungskonzern Agrana seit Ende 2013 in einer neuen Anlage Weizen für die Stärkeproduktion.

Optimale Verwertung durch Anpassung

„Beim Weizen, der per LKW, Bahn oder Schiff angeliefert wird, handelt es sich um einen natürlichen Rohstoff, dessen Stärkegehalt dementsprechend teils erheblichen Schwankungen unterworfen ist“, erklärt Josef Eisenschenk, Betriebsleiter im Werk Pischelsdorf der Agrana Stärke GmbH. „Er muss daher als größter einzelner Kostenposten nicht nur möglichst effizient verarbeitet werden, es ist auch wichtig, im Prozess auf Schwankungen der Qualität zu reagieren.“

Eine flexible Anpassung der Prozesse auf der Basis von Messdaten entlang der Prozesskette ist in der Verfahrenstechnik an sich nichts Neues, allerdings gingen die Überlegungen der Agrana-Experten bereits sehr weit in Richtung jener Konzepte, die heute unter dem Schlagwort Industrie 4.0 laufen. Das Lastenheft sah die Entnahme und Untersuchung von Proben an zahlreichen Stationen begleitend zum Produktionsprozess vor, von der Anlieferung des Weizens bis zu seiner Bereitstellung zum Abtransport.

Leitsystem-Darstellung der logistischen Manipulation der Stärke im Agrana-Werk Pischelsdorf

Leitsystem-Darstellung der logistischen Manipulation der Stärke im Agrana-Werk Pischelsdorf

Industrie 4.0 als Anforderung

„Die Prozessparameter vollautomatisch anzupassen, sodass bei schwankenden Eigenschaften der Vorprodukte und Umwelteinflüsse ohne manuelle Eingriffe ein Endprodukt mit gleichbleibenden Eigenschaften erzeugt wird, ist die klassische Aufgabe des Prozessleitsystems SIMATIC PCS 7, das wir für die Steuerung und Überwachung der eigentlichen Produktion eingesetzt haben“, sagt Wolfgang Siegel, der bei Siemens die Gesamtprojektleitung inne hatte. „Ein eigenständiges Reagieren der Anlage auf Anforderungen aus der Bioethanolanlage oder aus dem ERP-System – Agrana nutzt SAP-Software – durch Anpassung der Produktion nicht nur mengenmäßig, sondern auch bezüglich des hergestellten Endproduktes, verlangt eine umfassendere Lösung.“

Durchgängiger Gesamtprozess

Um die Durchgängigkeit aller Daten und Prozesse über die gesamte Anlage herzustellen, wurde über den Prozessleitsystemen mit dem Siemens Produktionsleitsystem SIMATIC IT eine zusätzliche Ebene eingezogen. Das System verknüpft als Datendrehscheibe die Prozessleitsysteme SIMATIC PCS 7 in der Stärkeerzeugung und in der Bioethanolanlage mit dem Siemens-Laborsystem UNILAB, das sämtliche Messeinrichtungen kontrolliert und laufend alle Kennzahlen aufzeichnet, sowie mit dem Auftragswesen im ERP-System. Zusätzlich steuert SIMATIC IT als MES (Manufacturing Execution System) die gesamte interne Warenlogistik vor und nach den automatisierten Produktionsabläufen im Zusammenhang mit Anlieferung, Lagerung und Versand.

„Damit passt sich der gesamte Workflow einerseits recht flexibel an veränderliche Bedingungen – etwa Auftragsstände oder Vorproduktqualitäten – an, andererseits ist er einschließlich aller relevanten Daten stets vollständig dokumentiert“, sagt Wolfgang Siegel. „Von der Auftragssteuerung in SAP bis zum Lagerbestand im Auslieferungssilo lässt sich so jederzeit der aktuelle Stand jedes Produktionsauftrages nachvollziehen, einschließlich aller Prozess- und Qualitätsinformationen.“

Neue Anlage benötigt neue Leittechnik

Für die Leittechnik-Ebene entschied sich Agrana für das Prozessleitsystem SIMATIC PCS 7, das sich in einigen Zuckerfabriken und in der Bioethanolanlage bereits im Einsatz bewährt hatte. Beide Anlagenteile wurden für Betrieb und Überwachung in die bestehende Leitwarte integriert. „Im Zuge des Erweiterungsprojektes haben wir das vorhandene System in der Bioethanolanlage auf die aktuelle Version hochgerüstet, sodass wir nun beide Anlagen einerseits unabhängig voneinander, andererseits aber über ein einheitliches Bedienkonzept betreiben können“, begründet Josef Eisenschenk die Entscheidung für die von Siemens angebotene Lösung. „Durch die gemeinsame Leitwarte kann das Personal optimal eingesetzt werden, zudem können wir Synergien im Bereich Instandhaltung und Trainings nutzen.“

Nachhaltige Effizienz

Dass die Techniker im international zusammenarbeitenden Siemens-Projektteam dazu allein für den Datenaustausch zwischen dem MES- und dem ERP-System eine Kommunikationsschnittstelle mit über 200 verschiedenen Datentelegrammtypen schaffen mussten, brachte zu keiner Zeit den ambitionierten Projektzeitplan in Gefahr. Ebenso wenig stellte die Einführung des Siemens-Produktionsleitsystems SIMATIC IT in der Bioethanolproduktion ohne Unterbrechung des laufenden Betriebs innerhalb nur eines Wochenendes das Team vor unlösbare Aufgaben.

„Für uns gehört die Vermeidung von Produktionsstillständen bei der Implementierung von Steuerungs- und IT-Projekten ebenso zu einer guten Projektvorbereitung wie das Erledigen der technischen Hausaufgaben“, kommentiert der Siemens-Projektleiter. Zu diesen zählte eine von den Siemens-Systemen ermöglichte Regelparametrierung zur Optimierung der Energieeffizienz der rund 600 Frequenzumrichter-gesteuerten Antriebe. Zusätzlich wird rund die Hälfte der benötigten Energie für die Beheizung der neuen Weizentrocknungsanlage aus bisher ungenutzter Abwärme aus dem Futtermitteltrocknungsbereich der Ethanolanlage gewonnen. Und in einer nächsten Implementierungsstufe sollen mittels modellprädiktiver Regelungen weitere Energieeinsparungen und eine noch höhere Rohstoffausbeute erzielt werden.

Problemlose, nachhaltige Implementierung

Nach nicht einmal einem halben Jahr Einstell- und Probebetrieb hatte die Produktion die angestrebten Produktivitäts- und Qualitätswerte erreicht. „Seit Jahresbeginn 2014 läuft die Produktion auf hohem Niveau und liefert einen sehr guten wirtschaftlichen Beitrag“, sagt Josef Eisenschenk. „Die durch adaptive Steuerung unter Einschluss von Informationen aus allen angrenzenden Systemen extrem weitgehende Automatisierung aller Prozesse führt bei unverändertem Personalstand zu einem wesentlich höheren Materialumschlag in Rohstoffannahme, Labor und Versand und damit zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Agrana.“

www.siemens.at/food-beverage

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