Yaskawa Europe Projekt „20-20-20“: Energieeffizienz als Pflicht und Kür

Elektrische Antriebssysteme im Spiegel der europäischen ErP-Richtlinie: Mit dem Projekt „20-20-20“ verfolgt die EU ehrgeizige Ziele: Bis 2020 soll der CO²-Ausstoß um 20 % reduziert werden, der Anteil an erneuerbaren Energien 20 % betragen und die Energieeffizienz um 20 % gesteigert werden. Die europäische ErP-Richtlinie formuliert in diesem Zusammenhang die Anforderungen an die Effizienz energieverbrauchsrelevanter Produkte. Das betrifft besonders auch die energieeffiziente Konzeption elektrischer Antriebssysteme. Mit der aktuellen dritten Phase der ErP-Richtlinie gewinnt der dort formulierte „erweiterte Produktansatz“ an Bedeutung und bringt entsprechend neue Anforderungen bei der Berechnung der Effizienzklasse von Gesamtsystemen mit sich.

Die europäische ErP-Richtlinie (2005/32/EC und 2009/125/EG), auch Ökodesign-Richtlinie genannt, wurde 2005 von der Europäischen Kommission verabschiedet, um die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (Energy-related Products, ErP) auf EU-Ebene zu regeln. Dazu zählen mit Ausnahme von Verkehrsmitteln nahezu alle Strom verbrauchenden Produkte, sofern davon jährlich mindestens 200.000 Stück in der Europäischen Union in Umlauf gebracht werden. Damit betrifft die Richtlinie auch die Konzeption elektrischer Antriebssysteme.

In den bereits abgeschlossenen Arbeitsphasen zur Einführung der ErP-Richtlinie wurden vorrangig Anforderungen an die Effizienz einzelner Produkte definiert. Mit der 2015 begonnenen dritten Phase der ErP-Richtlinie gewinnt der dort formulierte „erweiterte Produktansatz“ an Bedeutung. Laut diesem wird künftig nicht mehr allein der Effizienzgrad der einzelnen Komponenten zählen, sondern zunehmend die Systemeffizienz der gesamten Anlage.

Zwei relevante Normen

Die Umsetzung der übergreifenden ErP-Direktive regeln nachgeordnete und ergänzende Richtlinien sowie harmonisierte Normen. In Bezug auf elektrische Antriebe sind dies vor allem die Europäische Norm EN 50598 und die internationale Norm IEC/EN 60034-30. Während die IEC/EN 60034-30 die Effizienzklassen von Motoren definiert, wurden in der EN 50598 die Effizienzklassen für Frequenzumrichter und das „Power Drive System“, bestehend aus Frequenzumrichter und Motor, festgeschrieben. Daneben beschreibt die EN 50598 rechnerische und messtechnische Verfahren zur Ermittlung der Systemeffizienz.

Die im Herbst 2014 genehmigte und veröffentlichte EN 50598 umfasst drei Teile, die schrittweise bis Januar 2016 umgesetzt werden sollen. Allerdings ist der Normgebungsprozess noch nicht abgeschlossen. Daher bildet die EN 50598 bis zu ihrer vollständigen Harmonisierung rein rechtlich nur eine Orientierung und Hilfe bei der Umsetzung – immerhin eine recht verlässliche. Die Norm beschreibt lt. Titel das „Ökodesign für Antriebssysteme, Motorstarter, Leistungselektronik und deren angetriebene Einrichtungen“. Darunter fallen Frequenzumrichter als Einzelkomponente (Complete Drives Module, CDM), Antriebssysteme aus Frequenzumrichter (Regeleinheit) und Motor bzw. Motorsystem (Power Drive System, PDS) sowie Antriebssysteme in Verbindung mit einer Last (z. B. einer Maschine) als sogenannte erweiterte Produkte (Extended Product).

Das hocheffiziente Gespann aus IE4-Motor und den darauf abgestimmtem Umrichter (im Bild: V1000) gewährleistet niedrigste Betriebskosten.

Das hocheffiziente Gespann aus IE4-Motor und den darauf abgestimmtem Umrichter (im Bild: V1000) gewährleistet niedrigste Betriebskosten.

Normensituation bei Antriebssystemen

Wie diese Aufführung zeigt, deckt die EN 50598 die Motoren nicht ab. Hier kommt die ursprünglich für Asynchronmotoren definierte internationale Norm IEC/EN 60034-30 zum Tragen. Die zunehmende Verbreitung anderer Drehstrommotoren machte eine Überarbeitung der Norm erforderlich. Sie wird daher durch die IEC 60034-30-1 für direkt am Netz betriebene Motoren und die IEC 60034-30-2 für am Frequenzumrichter betriebene Motoren ersetzt. Die Veröffentlichung der IEC 60034-30-2 ist für 2016 vorgesehen.

Bis zur endgültigen Neufassung der Norm können weiterhin die in der IEC/EN 60034-30 genannten Effizienzklassen für Motoren als gültig angesehen werden. Sie reichen von IE1 bis IE4. Mittlerweile sind hocheffiziente Motoren verfügbar, die alle Anforderungen dieser höchsten Effizienzklasse erreichen oder gar übertreffen, darunter alle Umrichter-angetriebenen Motoren von Yaskawa. Einzelne Anbieter der Antriebstechnik-Branche sprechen in diesem Zusammenhang irreführend von IE5-Motoren, obwohl diese Klasse in den entsprechenden Normen und Richtlinien noch gar nicht definiert ist.

Der Permanent-Magnet-Motor SPRiPM erfüllt die Hocheffizienz-Anforderungen der Effizienzklasse IE4 gemäß IEC TS 60034-31. (Bilder: Yaskawa)

Der Permanent-Magnet-Motor SPRiPM erfüllt die Hocheffizienz-Anforderungen der Effizienzklasse IE4 gemäß IEC TS 60034-31. (Bilder: Yaskawa)

Effizienzklassen

Um die objektive Betrachtung eines Systems unter dem Aspekt der Energieeinsparung zu ermöglichen, müssen sich die Zulieferer bzw. Hersteller der einzelnen Komponenten auf die Bereitstellung bestimmter Daten verständigen. Die ErP-Richtlinie definiert entsprechende Standards und Effizienzklassen. Bezugspunkt der Effizienzklasse ist dabei immer ein theoretisch definiertes Referenzgerät. Aus dem Quotienten von „tatsächlichen Verlusten eines Gerätes“ und den „Verlusten des Referenzgerätes“ ergibt sich dann die Effizienzklasse. EN 50598 und IEC 60034-30 beschreiben die mathematischen und messtechnischen Methoden zur Festlegung der Effizienzklasse für ihren jeweiligen Gültigkeitsbereich.

Für Frequenzumrichter (CDM) kennt die EN 50598 drei Effizienzklassen von IE0 (geringe Effizienz) bis IE2 (hohe Effizienz). Sie orientiert sich dabei nicht am Wirkungsgrad, sondern an relativen Leistungsverlusten: „In dieser Norm werden die auf die Nennleistung des Antriebssystems (P in %) bezogenen Verlustleistungen anstelle des Wirkungsgrades betrachtet. Diese Vorgehensweise ist nötig, um die Allgemeinheit des erweiterten Produktansatzes zu sichern“, heißt es in der EN 50598-2 im Kapitel 4.2. Liegen die gemessenen Verluste bei bis zu 25 % über oder unter dem in Teil 2 der Norm genannten Referenzwert, ist die Effizienzklasse IE1 – sind sie höher als 25 %, ist die Effizienzklasse IE0. Für die höchste Effizienzklasse IE2 müssen die Verluste dagegen um mehr als 25 % unter dem definierten Referenzwert liegen.

Kombination

Weil die EN 50598 auch den erweiterten Produktansatz verfolgt, müssen zum Errechnen der Gesamteffizienz einer Umrichter-Motor-Kombination die Effizienzklassen des Umrichters gemäß EN 50598 mit der des Motors gemäß IEC 60034-30 kombiniert werden. Die Norm legt die Berechnung der Systemeffizienz deshalb als Formel fest. Die Summe der realen Verluste von Umrichter und Motor werden dabei durch die Verluste des definierten Referenzsystems geteilt. Das Ergebnis führt zur Effizienzklasse des Gesamtsystems, die mit IES bezeichnet wird: Liegt das Ergebnis zwischen 0,8 und 1,2, ist die mittlere Effizienzklasse IES1 erreicht. Dies entspricht +/- 20 % Verlust gegenüber dem definierten Referenzsystem. Übersteigen die Verluste 120 %, gilt die schlechteste Effizienzklasse IES0. Bei Verlusten unter 80 % greift die aktuell höchste Klasse IES2.

Die Angabe der Effizienzklasse bezieht sich immer auf den Nennbetriebspunkt. Da aber die Motoren und Frequenzumrichter meist im Teillastbereich betrieben werden, wo die Effizienz geringer ist, beschreibt die EN 50589 auch einen mathematischen Ansatz zur Berechnung der Verluste in jedem beliebigen Arbeitspunkt. Dazu definiert sie sowohl für Motoren als auch für Frequenzumrichter (CDM) je acht Arbeitspunkte, für welche die Hersteller zukünftig die Verluste anzugeben haben. Für den Verbraucher wird damit die Effizienz des Motors und des Frequenzumrichters auch außerhalb des Nennbetriebspunktes transparent und vergleichbar.

Umsetzung

Die aus der ErP-Richtlinie resultierende Verordnung (VO 640/2009) hat dazu geführt, dass seit 2011 nur noch Motoren der Effizienzklasse IE2 oder besser in Verkehr gebracht werden dürfen. Seit Juli 2014 gilt für Motoren die neue Verordnung VO4/2014, nach der seit Anfang 2015 Motoren mit einer Nennleistung von 7,5 kW bis 375 kW sogar der strengeren Effizienzklasse IE3 genügen oder mindestens die Klasse IE2 erfüllen und mit einem Frequenzumrichter angesteuert werden müssen.

Die Effizienz von Motoren im Teillastbereich hängt maßgeblich von ihrer Konstruktion und Topologie. Hier gibt es unterschiedlichste Motortypen wie beispielsweise Permanentmagnet- oder Reluktanzmotoren. Alle Topologien haben unterschiedliche Eigenschaften und lassen sich entsprechend in unterschiedlichen Anwendungen sinnvoll einsetzen.

PM-Motoren für den Teillastbereich

Starke Argumente sprechen in diesem Zusammenhang für Permanentmagnet-Motoren. Der um ca. 20 % niedrigere Motorstrom führt zu geringeren Verlusten im Frequenzumrichter. Der PM-Motor zeichnet sich gerade im Teillastbereich durch relativ geringe Verluste aus. Da Antriebe vielfach im Teillastbereich betrieben werden, ergibt sich hier ein weiterer Effizienzvorteil, der die gegenüber einer herkömmlichen Asynchronmaschine etwas höheren Anschaffungskosten meist sehr rasch amortisiert. Darüber hinaus ermöglicht die PM-Topologie aufgrund der hohen Energiedichte eine kleinere und leichte Bauweise. Dies ermöglicht wiederum einen kompakteren Maschinen- bzw. Anlagenbau mit entsprechenden Vorteilen wie z. B. einfachere Montage und geringere Transportkosten.

Das hocheffiziente Gespann aus IE4-Motor und darauf abgestimmtem Umrichter gewährleistet niedrigste Betriebskosten. Eine Beispielrechnung zeigt den konkreten Nutzen: Ein angenommener Motor läuft im Rund-um-die-Uhr-Betrieb (24/7). Ersetzt man hier einen Frequenzumrichter-geregelten 30-kW-IE2-Motor mit einem Wirkungsgrad von ca. 90,7 % durch einen vergleichbaren, ebenfalls Frequenzumrichter-geregelten Motor der höheren Effizienzklasse IE4 mit einem Wirkungsgrad von ca. 93,6 %, ergibt sich allein dadurch eine Energieeinsparung von 7.621 kWh pro Jahr. Mit der Umrüstung auf einen IE4-Motor und der damit verbundenen Verbesserung des Wirkungsgrads um 2,9 % spart der Verbraucher bei einem angenommen Preis von 12 Cent pro kWh also rund EUR 900,- pro Jahr.

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