interview

Companions für Industrie 4.0

OPC UA und POWERLINK ermöglichen schnittstellenfreie Kommunikation: Die Freiheit und Offenheit der Kommunikation zwischen allen Teilen von Produktionsanlagen ist eine Voraussetzung für das, was heute unter dem Begriff Industrie 4.0 zusammengefasst wird. Nur eine volle Datendurchgängigkeit von der Chefetage bis zur Feldebene ermöglicht den Aufbau einer „Smart Factory“ die sich rasch und flexibel auf veränderte Produktionserfordernisse einstellt. Mit der OPC UA Companion Specification für POWERLINK rückt dieses Ziel einen großen Schritt näher, denn sie ermöglicht die schnittstellenfreie Kommunikation von IT-Systemen bis hinunter zu einzelnen Sensoren. Das Interview führte Ing. Peter Kemptner / x-technik

Auf der SPS IPC Drives 2015 gaben OPC-Foundation-Präsident Thomas J. Burke (links) und EPSG-Geschäftsführer Stefan Schönegger die Entwicklung einer OPC UA Companion Specification für POWERLINK bekannt.

Auf der SPS IPC Drives 2015 gaben OPC-Foundation-Präsident Thomas J. Burke (links) und EPSG-Geschäftsführer Stefan Schönegger die Entwicklung einer OPC UA Companion Specification für POWERLINK bekannt.

OPC UA

OPC Unified Architecture, kurz OPC UA, ist ein industrielles Kommunikationsprotokoll. Es unterscheidet sich erheblich von seinen Vorgängern, insbesondere durch die Fähigkeit, Maschinendaten (Regelgrößen, Messwerte, Parameter usw.) nicht nur zu transportieren, sondern auch maschinenlesbar semantisch zu beschreiben. OPC UA ist nach IEC 62541 standardisiert und bietet komfortable Funktionen zum herstellerunabhängigen Datenaustausch. Das erleichtert Softwareentwicklern die Entwicklung komplexer Systeme mit hohen Anforderungen an die Datenkommunikation. Das begünstigt den flexiblen, modularen Aufbau von Automatisierungslösungen.

Marketing-Leiter Stefan Schönegger verantwortet die Konformität aller Systeme des Automatisierungsspezialisten B&R mit offenen Standards. Dazu zählt das Echtzeit-Ethernet POWERLINK, das das Rückgrat für die Kommunikation innerhalb der B&R-Systemwelt bildet. Zugleich ist Schönegger Geschäftsführer der Ethernet POWERLINK Standardization Group (EPSG). In dieser Eigenschaft schloss er während der SPS IPC Drives 2015 mit Thomas J. Burke, dem Präsidenten der OPC Foundation, eine Vereinbarung über die Entwicklung einer Companion Specification für OPC UA und POWERLINK. Im Interview mit x-technik AUTOMATION erläutert er, welche Vorteile diese weitreichende Weichenstellung mit sich bringt.

OPC UA ist in allen Steuerungen von B&R bereits implementiert und ermöglicht die schnittstellenlose Kommunikation mit darüber liegenden Systemen. OPC UA über POWERLINK erweitert die direkten Zugriffsmöglichkeiten bis in die Feldebene (rechts unten).

OPC UA ist in allen Steuerungen von B&R bereits implementiert und ermöglicht die schnittstellenlose Kommunikation mit darüber liegenden Systemen. OPC UA über POWERLINK erweitert die direkten Zugriffsmöglichkeiten bis in die Feldebene (rechts unten).

Stefan Schönegger
Marketing Manager, B&R

„Die Kombination aus OPC UA und POWERLINK ermöglicht größtmögliche Freiheit beim Engineering von Maschinen und Anlagen. Von welchem Hersteller die Steuerungen stammen, spielt dabei keine Rolle.“

Herr Schönegger, B&R-Hard- und Software spricht bereits OPC UA. Wie haben sie das Protokoll in ihr System integriert?

Alle aktuellen B&R-Steuerungen, Automation PCs und Panel PCs können als OPC UA Client und OPC UA Server fungieren. Die Implementierung von OPC UA Client und Server direkt auf der Steuerung erlaubt nicht nur die vertikale Kommunikation zu SCADA-, MES- und ERP- Systemen, sondern auch eine herstellerunabhängige Kommunikation zwischen unterschiedlichen Steuerungssystemen. Seit Mitte 2014 enthält die B&R-Automatisierungssoftware Automation Studio PLCopen-konforme OPC-Client-Funktionsbausteine, mit denen Programmierer OPC UA sehr einfach und unabhängig von der eingesetzten Hardware in ihre Applikationen integrieren können.

Die volle Datendurchgängigkeit von der Chefetage bis zur Feldebene ist eine Voraussetzung für Industrie 4.0. B&R setzt dafür auf OPC UA als Kommunikations-Standard auf allen Ebenen, innerhalb der Maschine getragen durch das Echtzeit-Ethernet-Protokoll POWERLINK.

Die volle Datendurchgängigkeit von der Chefetage bis zur Feldebene ist eine Voraussetzung für Industrie 4.0. B&R setzt dafür auf OPC UA als Kommunikations-Standard auf allen Ebenen, innerhalb der Maschine getragen durch das Echtzeit-Ethernet-Protokoll POWERLINK.

Was bringt das für den Maschinen- und Anlagenbau?

Die Implementierung von OPC UA auf der Steuerungsebene hat die Kommunikation zwischen den oberen Ebenen der Automatisierungspyramide über Standard-Netzwerkprotokolle vereinheitlicht. Für Entwickler von MES-, Betriebsdatenerfassungs- oder SCADA-Systemen entfällt die bisherige Notwendigkeit, zu jedem der proprietären Feldbus-Protokolle eine eigene Schnittstelle zu entwickeln. Gleiches gilt für die unternehmensweite IT mit ihren Management Information Systemen und dem Bestreben, durch Analyse der Datenflut – Stichwort Big Data – der Unternehmensführung wirksame Steuerungsinstrumente zur Verfügung zu stellen.

Für die Webvisualisierung mapp View verwendet B&R OPC UA auch innerhalb der Maschine oder Anlage. Das ermöglicht die Gestaltung von Visualisierungsanwendungen unabhängig von der Applikationsprogrammierung und entkoppelt sie von der Maschinenebene.

Für die Webvisualisierung mapp View verwendet B&R OPC UA auch innerhalb der Maschine oder Anlage. Das ermöglicht die Gestaltung von Visualisierungsanwendungen unabhängig von der Applikationsprogrammierung und entkoppelt sie von der Maschinenebene.

Beschränkt sich die bisherige Kompatibilität von B&R-Systemen mit OPC UA auf Steuerungen und Automation PCs?

Keineswegs. Das B&R-Prozessleitsystem APROL übernimmt eine Ebene über den Controllern Aufgaben der Betriebsdatenerfassung und -auswertung sowie der Gesamtanlagensteuerung. APROL ist stufenlos skalierbar und sehr leicht zu implementieren. Damit ist es nicht nur für große Anlagen in der Prozessindustrie geeignet, sondern auch für die Fabrikautomatisierung prädestiniert. Direkt auf den Linux-basierten Runtime-Servern von APROL stehen OPC UA Server und OPC UA Client für eine offene, herstellerunabhängige Kommunikation zur Verfügung. Damit können Steuerungen, HMI-Panels und SCADA-Systeme beliebiger Hersteller problemlos mit APROL Daten austauschen.

Und wenn wir schon beim Thema Bedienen und Beobachten sind: Auch die neue webbasierte B&R-Visualisierungslösung mapp View nutzt OPC UA für die Kommunikation. Dadurch haben wir die Visualisierungslogik von der Maschinenlogik entkoppelt. Gleichzeitig erlaubt die Kommunikation über OPC UA die Einbindung von Steuerungen anderer Hersteller in die Visualisierung – ideal für modulare und flexible Maschinenkonzepte.

Was ändert sich nun durch die OPC UA Companion Specification für POWERLINK?

Durch das Implementieren von OPC UA in POWERLINK-Produkte entfällt eine weitere Hürde für die Kommunikation von übergeordneten Systemen mit mechatronischen Einheiten. Die mächtigen Kommunikationsmechanismen von OPC UA nutzen den schnellen Datentransport von POWERLINK, um die Datendurchgängigkeit von übergeordneten Systemen bis in die Feldebene sicherzustellen, und das ohne Datenschnittstellen oder Übersetzungsprogramme. Zugleich erhält die Gegenstelle über OPC UA ein standardisiertes Identitätsprofil der Anlage, die aus deren POWERLINK-Struktur generiert wird.

Wie nützt das Automatisierungsentwicklern und Anwendern?

Die Kommunikationsmöglichkeiten von OPC UA in einem zweiten Schritt bis in die Feldebene zu bringen, befähigt Systeme oberhalb der Steuerungsebene, direkt mit wesentlichen Teilen der Maschine zu kommunizieren, ohne für die anzusprechenden Einheiten – etwa Motor-Steuergeräte oder I/O-Inseln – im Einzelfall spezifische Schnittstellen entwickeln und später warten zu müssen. Das hält die Kommunikation verlustfrei, weil jede Interpretation oder Übersetzung der abgefragten Informationen durch den Controller entfällt. Das vereinfacht nicht nur erheblich die Datenerfassung für die IT aus der Feldebene, es ermöglicht auch eine zeitlich unabhängige Entwicklung der Steuerungs-, Leittechnik- und IT-Programme. Nicht zuletzt wird die Entwicklung intelligenter Peripheriegeräte erleichtert, da diese nicht mehr in vielen Varianten für alle gängigen Feldbusse hergestellt werden müssen.

Was hat der einzelne Maschinenhersteller davon?

Maschinen- und Anlagenautomatisierer, die B&R-Systeme mit POWERLINK als Kommunikations-Backbone verwenden, haben die Gewissheit, dass sich ihre Produkte einfach in Gesamtautomatisierungslösungen integrieren lassen. Sie müssen sich nicht in der Applikationsprogrammierung der Maschine oder Anlage darum kümmern oder alle erdenklichen Handhabungsgeräte von vorn herein mit berücksichtigen. Ebenso einfach gestaltet sich die datentechnische Anbindung an IT-Systeme. Sie kann in vielen Fällen ohne Änderungen an getesteten und erprobten Maschinenprogrammen erfolgen.

Wird OPC UA über kurz oder lang herkömmliche Feldbusse ablösen?

OPC UA ist völlig plattformunabhängig und kommuniziert über jede physikalische Kommunikationsschicht, lokal ebenso wie über verteilte Standorte hinweg. Der Standard wird in vielen Bereichen ohne die heute verwendeten Feldbus- oder Netzwerksysteme auskommen und gängige Protokolle – etwa TCP/IP – nutzen. Allerdings ist die Kommunikation per OPC UA sehr datenintensiv und bisher nicht echtzeitfähig. Zahlreiche Automatisierungs- und Roboterhersteller arbeiten jedoch daran, OPC UA mittels Time Sensitive Networking (TSN), einer Erweiterung des Ethernet-Standards IEEE 802.1, die Fähigkeit zur Synchronisierung von Einzelmaschinen innerhalb einer Linie zu verleihen. Innerhalb von Maschinen und Anlagen behält POWERLINK jedoch auch weiterhin seine führende Rolle als deterministisches, rein softwarebasiertes und daher topologieunabhängiges Netzwerk für die schnelle Datenübertragung und die Synchronisierung zahlreicher Bewegungsachsen.

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