B&R X20: 1µs-Reflexe dank FPGA

Auf der SPS IPC Drives lüftete B&R das Geheimnis seiner reACTION-I/Os, die Reaktionszeiten in der Automatisierung auf 1 µs senken. Für den Speed der Klemmen sorgt ein FPGA. Allerdings ist das nur die halbe Miete; das einfache Handling der IEC-61131-kompatiblen Technologie, die in Standard-Hardware umgesetzt ist, die andere.

Geht es darum, Verknüpfungen extrem schnell zu bearbeiten, sind Field Programmable Gate Arrays, kurz FPGAs, unschlagbar. Nicht ohne Grund gibt es Anbieter, die komplette Multicore-CPUs in ihren FPGAs nachbilden. Der Nachteil – bisher jedenfalls – liegt in der komplexen Tool-Chain und Generierung des VHDL-Codes, der in den FPGA geladen wird beziehungsweise die Gatterverschaltung im FPGA bewirkt.

VHDL steht für Very High Speed Integrated Circuit Hardware Description Language und definiert modellhaft den Aufbau einer physikalischen Schaltung. Anders als die meisten Programmiersprachen, die den sequentiellen, zeitlichen Ablauf einzelner Anweisungen festlegen, beschreibt VHDL die Funktionsstruktur der verschiedenen Hardwaremodule in einem FPGA. Durch die spezifische Konfiguration der internen Strukturen können in einem FPGA verschiedene Schaltungen realisiert werden, die simultan arbeiten. Genau das macht die I/O-Module so schnell.

I/O-Modul mit schnellen Reflexen

Bei einer mittleren Anzahl von verschalteten Funktionsblöcken (ca. 10) beträgt die Abarbeitungszeit im FPGA rund 0,8 µs. Selbst bei Schaltungen mit 100 Funktionsblöcken und jeweils durchschnittlich drei miteinander verschalteten Ein- oder Ausgängen erreicht der FPGA eine Zykluszeit von 8 µs. Realistische Anwendungen benötigen jedoch wesentlich weniger Verschaltungen. Beispielsweise veranschlagt B&R für eine anspruchsvolle Einspritz-Steuerung von Spritzgießmaschinen lediglich 1 µs Zykluszeit im FPGA.

Bezogen auf das I/O-Modul und dessen Gesamt-Reaktionszeit sind weitere Komponenten zu berücksichtigen: Je nach Modul-Typ betragen die physikalischen Wandlungszeiten der digitalen Ein- oder Ausgänge weniger als 2 µs. Analogeingänge gehen mit 5 µs Wandlungszeit in die Berechnungen ein. Diese angegebenen Zeiten stellen Maximalwerte dar, in der Praxis liegt man weit unterhalb diesen Zeiten. Ein Beispiel: Die auf der SPS/IPC/Drives gezeigte Applikation liegt rein rechnerisch im Worst-Case bei 5 µs Zykluszeit. Die gemessenen Werte lagen in der Realität bei 1,3 µs. Unabhängig davon sind Reaktionszeiten in diesen Bereichen um Welten schneller als das bei klassischen Lösungen möglich wäre.

Kurze Reaktionszeiten als Inspiration: Einsatzszenarien

Neben der schnellen Umschaltung der Einspritzregelung bei Spritzgießmaschinen sieht B&R ein vielfältiges Einsatzpotenzial in den unterschiedlichsten Branchen, darunter in der Druckvor- und -nachbearbeitung, in der Verpackungs- und Abfülltechnik oder Flaschensortierung. Die Performance-Anforderungen reichen hier von wenigen Mikrosekunden bis zu 50 oder 80 µs. Das sind Anforderungen, die bisher in der Regel nur von dezidierter Hardware erreicht wurden.

Wie bei den Applikationen sind der Kombination von reACTION-I/Os mit anderen Automatisierungskomponenten keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise können die im FPGA-I/O berechneten Ergebnisse genutzt werden, um Ausgänge anderer I/O-Module zu setzen. Das funktioniert in einem Feldbusknoten über die X2X-Backplane genauso wie direkt über das POWERLINK-Netzwerk zwischen zwei I/O-Modulen (Cross Communication) oder über eine zentrale CPU. Bei diesen Szenarien sind die Zykluszeiten für die Kommunikation und das Steuerungsprogramm zu berücksichtigen.

Keine Angst vorm FPGA: Die Programmierung erfolgt in Automation Studio in FUB mit einer entsprechenden Bausteinbibliothek.

Keine Angst vorm FPGA: Die Programmierung erfolgt in Automation Studio in FUB mit einer entsprechenden Bausteinbibliothek.

Selbst bei solch umfangreichen Function Charts beträgt die Zykluszeit des FPGA weniger als 1 µs.

Selbst bei solch umfangreichen Function Charts beträgt die Zykluszeit des FPGA weniger als 1 µs.

Raus aus der Nische mit FUB-Programmierung

Diese Flexibilität ließ sich nur realisieren, weil der FPGA im Engineering-Framework wie ein Standard-Controller abgebildet beziehungsweise programmierbar ist. Für das gewohnte Handling und die Programmierung sorgt eine IEC-61131-kompatible Funktionsblock-Bibliothek, mit der die FPGA-Module im Standard-FUB-Editor von Automation Studio programmiert werden. Die Bibliothek ermöglicht den Zugriff auf digitale und analoge Signale des Moduls und den Datenaustausch mit dem zentralen Steuerungsprogramm. An logischen Operationen stehen UND, OR, XOR und NOT zur Verfügung. Ergänzt um arithmetische Operationen wie ADD, SUB, MUL, DIV sowie FlipFlop, PWM, Komparator und Zähler sind vielfältige Funktionen realisierbar.

Die per FUB erstellten Verschaltungen lassen sich wie klassischer Steuerungscode testen, bevor sie in den FPGA übertragen werden. Grundlage für die Flexibilität bildet die Fähigkeit der Engineering-Umgebung, das Steuerungsprogramm zu strukturieren und auf einzelne Hardwarekomponenten modular aufzuteilen – auch auf die reACTION-Module. Dort können durch dynamisches Nachladen Bibliotheken von Funktionsblöcken hinterlegt werden.

Zur Markteinführung der reACTION-Technologie stehen drei Module mit unterschiedlicher E/A-Konfiguration bereit: zwei X20-Module (X20RT8001 und RT8201) und ein X67-Modul. Die RT8001-Scheibe verfügt über 4 digitale Eingänge mit variablem Eingangsfilter und weitere 4 konfigurierbare digitale Ein/Ausgänge, deren physikalische Wandlungszeit unter 2 µs liegt. Das X20-Modul RT8201 hat zusätzlich zwei Analog-Eingänge (+/-10 V) mit 12 Bit Auflösung und 5 µs Wandlungszeit. Das für schaltschranklose Automatisierungskonzepte gedachte IP67-Modul (X67BC81RT) stellt 2 digitale Eingänge (24 V DC) und weitere 3 Eingänge (5 V DC) sowie vier konfigurierbare E/As bereit. Neben zwei Analog-Eingängen wurde ein Analogausgang (+/-10 V) mit 12 Bit Auflösung zusätzlich integriert.

Kommunikation ohne Grenzen: per Cross-Kommunikation über die CPU mit anderen Modulen, ohne Verzögerungen im Reaction-Modul, per Querverkehr im Netzwerk zwischen zwei Modulen oder über X2X-Link im Powerlink-Knoten (v.l.n.r.).

Kommunikation ohne Grenzen: per Cross-Kommunikation über die CPU mit anderen Modulen, ohne Verzögerungen im Reaction-Modul, per Querverkehr im Netzwerk zwischen zwei Modulen oder über X2X-Link im Powerlink-Knoten (v.l.n.r.).

Zum Start gibt es drei Varianten von X20- und X67-Modulen mit integriertem FPGA.

Zum Start gibt es drei Varianten von X20- und X67-Modulen mit integriertem FPGA.

Die schnellen I/Os ermöglichen es, künftig in vielen Applikationen leistungsoptimierte X20-Steuerungen mit integrierten I/Os und 200/400 MHz-CPUs mit entsprechend geringeren Kosten einzusetzen.

Die schnellen I/Os ermöglichen es, künftig in vielen Applikationen leistungsoptimierte X20-Steuerungen mit integrierten I/Os und 200/400 MHz-CPUs mit entsprechend geringeren Kosten einzusetzen.

FPGA-Modul ermöglicht CPU-Downgrading

Die Auslagerung schneller Prozesse in FPGA-I/Os entlastet die Steuerung und muss in Zukunft nicht mehr entsprechend der minimal notwendigen Zykluszeit spezifiziert werden. In Kombination mit den schnellen I/Os reicht nun eine weniger leistungsfähige, kostengünstigere CPU. Dieser Logik folgend hat B&R parallel zu den reACTION-Klemmen eine neue kompakte Steuerungsfamilie mit integrierten I/Os entwickelt, darunter auch eine Variante mit der neuen reACTION Technology.

Serienmäßig sind die X20-Steuerungen mit 32 digitalen und analogen I/Os on board ausgerüstet und verfügen über einen x86-Prozessor. Die digitalen I/Os teilen sich auf in 14 Standard-Eingänge, 4 schnelle Eingänge, 4 Standard-Ausgänge, 4 schnelle Ausgänge und 4 als Ein- oder Ausgang konfigurierbare Digital-I/Os. Daneben gibt es 2 analoge Eingänge, konfigurierbar für Strom- oder Spannungsmessung und einer davon wahlweise für Temperaturmessung. POWERLINK, Standard-Ethernet, CAN, RS232 und USB stehen ebenfalls als Schnittstellen zur Verfügung. Für weitere Feldbusanschlüsse kann jede CPU mit einem Interface-Modul aus dem X20-Standardportfolio erweitert werden. Lokal erweiterbar, lassen sich bis zu 250 I/O-Module direkt oder bis zu 100 m abgesetzt anreihen.

Die Kompaktsteuerung gibt es mit zwei unterschiedlichen Prozessorleistungen: 200 MHz und 400 MHz. Je nach Variante sind bis zu 256 MByte Arbeitsspeicher und 16 kByte nullspannungssicheres RAM on board. Für Applikation und Datenablage steht ein fest eingebauter Flash-Drive mit bis zu 4 GByte zur Verfügung. Die CPUs sind lüfter- und batterielos und daher wartungsfrei. Die reACTION-Technologie steht bei zwei Steuerungsvarianten zur Verfügung.

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